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The Beautiful Black Bull 06

Geschichte Info
Zurück in der Gegenwart und das Novemberwochenende Teil 01.
18.3k Wörter
36.2k
19

Teil 6 der 8 teiligen Serie

Aktualisiert 02/29/2024
Erstellt 01/04/2022
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Freitag 27 Februar 2022

14:12 Uhr - Zurück in der Gegenwart

- Frank -

Ein Geräusch hatte mich aufhorchen lassen. Ich kehrte mit meinen Gedanken zurück aus jenem erotischen Neuland und war wieder in der Abgeschiedenheit des heimischen Arbeitszimmers gestrandet. Suchend wand ich den Blick in Richtung Beistelltisch und sah das leuchtende Display meines Handys. Eine Nachricht war eingegangen. Ich rollte mich auf die Seite, griff nach meinem Smartphone und öffnete den Messenger.

„Bienchen hat sich mit ihrem Köfferchen und einem süßen Grinsen bei deinen Eltern einquartiert ... wir haben den Abend für uns und können es in Ruhe durchdenken ... Fahre jetzt zur Konferenz in die Schule ... bin gegen halbsechs zu Hause ... bis nachher ... ;-* ."

Tief durchatmend legte ich das Mobiltelefon zur Seite. Mit den Händen hinter dem Kopf verschränkt, ließ ich den Blick schweifen und erwanderte das Interieur meines Büros. Auf dem Schreibtisch lag die Smartwatch angeschlossen an die Ladestation. Die digitalen Ziffern leuchteten dunkelgrün. 14:12 Uhr! Drei Stunden war es her, dass ich mich geistesträge mit ein paar Blatt Papier in die Couch gewälzt hatte, um Stichpunkte für das Gespräch mit Nicole zu notieren. Inzwischen war jene bleierne Lethargie verflogen.

Die Erinnerung an die Anfänge unseres exotischen Abenteuers waren in einem bunten Reigen durch meinen Kopf gerauscht. So lebendig und kraftvoll als wäre alles gestern erst passiert. Eine überwältigende Reise in die Vergangenheit. Gedächtnisschätze, deren wildes Schäumen bis in die Zurückgezogenheit dieses heimischen Refugiums brandeten und mich unvermittelt mit einem beißenden Kribbeln in die Gegenwart entließen. Es waren die Erinnerungen an eine Zeit, die inzwischen fünf Monate zurücklag, als unser Abenteuer einer Art experimenteller Ordnung folgte. Inzwischen war diese Ordnung nicht mehr als ein hohles Konstrukt, deren Regeln eine nach der anderen gefallen waren. Ich sah erneut auf das Handydisplay und las ein zweites Mal jene Zeile, deren Worte wie Fanfarenstöße durch meine Eingeweide zuckten.

„... Wir haben den Abend für uns und können es in Ruhe durchdenken ...".

Rastlosigkeit ergriff von mir Besitz. Unsere Liaison mit Aman hatte eine Dynamik entwickelt, die uns schon vor vielen Wochen enteilt war. Inzwischen glich diese konspirative Ménage-à-trois einer gordischen Verschlungenheit, deren Entflechtung aussichtslos schien. Ein weiterer Signalton ertönte. Das digitale Banner auf dem Touchscreen zeigte den Eingang einer Sprachnachricht an. Ich tippte auf den Bildschirm und hob das Smartphone an mein Ohr. Aus dem Hintergrundrauschen eines fahrenden Autos schälte sich die träge und ausgelaugte Stimme von Nicole.

„... Ich bin so müde Frank, ... so müde! ... Wünschte, ich könnte jetzt gleich zu dir nach Hause kommen und mich in deine Arme fallen lassen. ... Ich habe eben Aman eine Sprachnachricht gesendet und ihm gesagt, dass es vorbei ist! ... Wir brauchen es nicht mehr durchdenken! ... Ich will es dir ... und unserer Familie nicht zumuten! ... Ich kann gar nicht glauben, dass ich dir einen solchen Vorschlag gemacht habe. ... Es tut mir leid Frank, ... es tut mir so leid!..."

Die mentale Erschöpfung, die überdeutlich in Nicoles heisererem Wispern mitschwang, brach am Ende in haltlosem Schluchzen auseinander. Es war herzzerreißend. Ich schluckte schwer, spielte die Nachricht ein zweites Mal ab und dann ein drittes Mal. Ein Glitzern schwoll in meinen Augenwinkeln an. Zwei flüssige Mikrobäuche, die zitterten, immer größer wurden und sich über die Lider zu wölben begannen. Ich wischte sie mit einer Fingerspitze hinfort. Gedankenverloren starrte ich eine Weile auf das Display und drückte dann den Aufnahmebutton, um meiner Frau eine Antwort zu senden.

„Wir haben Minusgrade! Bitte sei vorsichtig und fahre langsam! ... Es ist sehr glatt! ... Ich bin hier wenn du kommst und dann reden wir ... ganz in Ruhe! ... Alles wird wieder gut ... meine kleine Tinkerbell!"

Nachdenklich legte ich das Handy bei Seite, setzte mich auf und massierte mit kreisenden Bewegungen meine pochenden Schläfen. Erleichtert atmete ich auf. Ihre Worte waren ein ehrliches Bekenntnis an unsere Ehe, unsere Familie unser gemeinsames Leben. Nichts phrasenhaftes haftete ihnen an. Und doch spürte ich eine unterschwellige Enttäuschung in mir aufkeimen. Warum war das so? Nicole hatte Aman den Laufpass gegeben. Eine gute Entscheidung! Oder etwa nicht? Ich schloss die Augen und ließ meine Fantasie einen Moment in die Zukunft schweifen. Ich sah lustvolle Harmonie, die aus einer polyamoren Auenlandblase heraus tropfte. Eine naive Wunschvorstellung, die an der Realität zerschellen würde. Oder gab es einen Weg? Lohnte es sich vielleicht doch, über Nicoles Vorschlag nachzudenken?

„Verdammt! ... Fuck you Aman!"

Während mein Fetisch die buntesten Bilder malte und dabei mit meinem Verstand um die Entscheidungshoheit rang, spürte ich wie machtvoll Eifersucht und Erregung in mir tobten. Sogar jetzt zögerte ich, die Notbremse zu ziehen. Jene teuflische Mixtur war wie ein Rauschmittel, das mit vollkommener Reinheit durch meine Venen floss. Dabei fühlte ich mich Nicole näher als je zuvor, obwohl ein Teil von ihr im Laufe der Monate immer weiter aus unserer Zweisamkeit heraus gedriftet war. Ein unauflösbares Paradoxon, dem ich in masochistischer Weise verfallen war. Ich liebte meine kleine Tinkerbell. Ein Leben ohne sie wäre undenkbar und trotzdem konnte ich nicht aufhören, über ihren unfassbaren Vorschlag nachzudenken. Der Fetischteufel versprühte sein restliches Gift und hielt mich in quälender Ambivalenz gefangen.

Ich setzte mich auf, zog mit einem Kugelschreiber eine Linie durch die Mitte eines Blattes und schrieb in die linke Kopfzeile das Wort „Pro" und in die rechte das Wort „Kontra". Einen langen Moment sinnierte ich, versuchte abzuwägen und jene auf uns zustürmenden Herausforderungen zu skizzieren, die unweigerlich Einzug halten würden, sollten wir diese Abenteuerreise unter den neuen Vorzeichen weiterführen. Der tobende Wirbel aus Worten und Empfindungen wollte sich nicht in strukturierte Formen gießen lassen. Mit fahrigen Fingern zerriss ich das Papier und schwang mich fluchend aus der Couch. Ich schritt auf das Panoramafenster zu, welches vom Boden bis hoch zur Zimmerdecke ragte. Tonnenschwere Gedanken walzten durch meinen Kopf flankiert von einem Gefühlschaos, das wie ein Rudel Wölfe an meinem strapazierten Geist zerrte. Ich fluchte in mich hinein und ließ ein kämpferisches Flüstern hervorzischen.

„Dieses Abenteuer ist ab heute vorbei! ... Es ist ... BEENDET! ... Goodby African Giant!"

Mein Blick streifte durch den schneebedeckten Garten. Seit einigen Tagen hatte sich ein winterlicher Zauber auf das Land hinabgesenkt, wie ein Schleier, der jede Sünde bedeckte und alles in weiße Unschuld tauchte. Sonnenstrahlen flammten durch die klirrend kalte Luft und übersäten jenes Idyll mit glitzerndem Lichtschein. Zwischen den hölzernen Gerippen kahler Bäume war eine Schneise entstanden. Die großen Schatten werfenden Birken, die unseren Garten an der südwestlichen Schmalseite säumten, waren im November umgelegt worden. Sie lagerten inzwischen fein säuberlich zu Feuerholz aufgestapelt unter der Carportüberdachung. Zukünftig würde der Sonnenuntergang nicht mehr von blätterbehangenen Baumkronen gefiltert werden. Bis in den späten Abend hinein konnte man jetzt bei einem Glas Wein die sommerliche Wärme genießen.

Es hatte sich einiges in unserem Garten verändert. Aman war nicht nur ein begnadeter Künstler und passionierter Gärtner, sondern darüber hinaus auch ein geschickter Handwerker. Das Prunkstück seines Schaffens war die Saunahütte, die sich unmittelbar neben der Terrasse aus der kristallen Winterpracht erhob. Eine Wellness-Oase im heimischen Garten. Ein afrikanisches Denkmal und Schauplatz einer bis dato einzigartig ausschweifenden Silvesternacht, die ich niemals wieder vergessen würde.

Aman investierte viel Mühe in unseren Garten und darüber hinaus in Nicole. Dafür wurde er auf eine Weise belohnt, deren malerische schwarzweiß Ästhetik sich in unzähligen Bildern unauslöschlich in mein Gedächtnis gebrannt hatte. Mit anzusehen, wie Nicole in jenem kohleschwarzen Muskelgebirge versank und sich in den kraftvollen, baumwurzelartigen Armen lustvoll rekelte, hatte in mir eine Begierde empor gebracht, der ich hoffnungslos verfallen war.

In einem permanenten Für und Wieder, einer quälenden, inneren Zerrissenheit lotete ich ständig aus, ob die Liaison zwischen meiner Frau und diesem afrikanischen Hünen in kontrollierten Bahnen verlief. Das gestrige Ereignis führte mir vor Augen, dass ich mich die ganze Zeit über selbst belogen hatte. Etwas Tiefgreifendes jenseits körperlicher Wollust hatte sich in den letzten Wochen vollzogen und stellte das bodenständige Leben, welches Nicole und ich jahrelang geführt hatten auf den Kopf. Mit einem langen Atemzug versuchte ich das sprühende Kribbeln in meinem Bauch wegzuatmen. Ich schob die aufblühenden Erinnerungen bei Seite und flüsterte erneut. „Es ist vorbei! ... Aus und vorbei! ... Aus! ... Aus ... Aus!".

Gebetsmühlenartig wiederholte ich dieses schlichte Glaubensbekenntnis und hoffte damit, jenen unüberwindbar scheinenden Fetisch in Schach halten zu können. Mein Blick spazierte die Hecke entlang, welche unser Grundstück von der Scheunenvilla abgrenzte. Ein Meer aus orangerotem Blattwerk, das wie Winterfeuer unter einer Schicht aus Schnee empor züngelte. Mittig jener natürlich gewachsenen Begrenzung war eine kleine hölzerne Pforte eingelassen. Ein unscheinbarer Durchlass, der einen verstohlenen Pfad zwischen den Grundstücken öffnete, verborgen vor den neugierigen Augen der übrigen Nachbarschaft.

Entstanden war jener kleine Weg aus einer Bequemlichkeit heraus. Um schnell zwischen den Gärten hin und her zu gelangen, zwängten sich Aman und sein Trupp ausgewählter Helfer immer wieder an einer Stelle durch die Hecke, an welcher der Bewuchs von je her licht war. Auf diese Weise hatte sich eine kleine Schneise gebildet, die inzwischen durch eine improvisierte Pforte geschlossen worden war. Eine permanente Verbindung zweiter Welten, die unterschiedlicher kaum sein konnten und doch einander auf magische Weise anzogen. Schon länger wurde dieser halb verborgene Durchgang nicht mehr nur für den Arbeitseinsatz genutzt. Nein! Seit einigen Wochen wurde er auch für einen anderen Zweck regelmäßig frequentiert ... von beiden Seiten.

Das Ereignis des gestrigen Tages geisterte noch immer wie ein Schreckgespenst in meinem Kopf umher. Trotz ihres Bekenntnisses zu unserer Ehe wusste ich, dass Nicole litt. Das Ende dieses Abenteuers, das sie Aman soeben per Sprachnachricht verkündet hatte, änderte nichts an jenen Worten, die meine Frau gestern mit heisere Stimme durch fettleibige Dunstschwaden geflüstert hatte, während sie und unser afrikanischer Nachbar in postorgiastischem Schweiß marinierten. Die nächsten Wochen und Monate würden für Nicole und somit auch für mich ein Jammertal werden. Die Tatsache, dass dieser Hüne gleich nebenan wohnte, erschwerte diese Situation zusätzlich.

Plötzlich ließ die Weckautomatik meines Handys eine zufällig ausgewählte Melodie erklingen. Ein melancholisches Echo vergangener Tage, das erinnerungsschwer aus der Handybox dröhnte. Es war wie in einem schlechten Liebesfilm. Aus der Düsternis eines sich anbahnenden finalen Aktes vermeintlich immerwährender Zweisamkeit erhob sich ein elegisches Hintergrundsäuseln. Es rührte jenen Gefühlsquark noch einmal kräftig durch und verlieh ihm am Ende die Viskosität wässriger Theatralik. Das rührselige Publikum versank in einem Strom aus Tränen und suhlte sich voller Hingabe in jenem Elend, welches schluchzend über die Leinwand flimmerte.

Ich blickte von meiner erhöhten Position auf das Erdgeschoss der Scheunenvilla hinab. Über die Hecke hinweg taxierte ich das gekippte Fenster „seines" Zimmers, mit der dahinter hängenden, abgewetzten Decke. Ich fragte mich, warum es ausgerechnet dieses Lied sein musste. Schwermütig dröhnte die Musik durch den Raum und schlug treffsicher wie ein Cruisemissile in mein aufgewühltes Sentiment ein.

Ich sah Nicoles große, blaue Augen vor mir, während wir eng umschlungen zu genau dieser Melodie tanzten. Unsere Lippen trafen sich. Es war unser erster Kuss. Der Moment, der den Nukleus eines Ewigkeitsversprechens in sich trug, aus einer Zeit in der es nur uns beide gab. Schmerzhaft wurde mir bewusst, dass es diese Art der Zweisamkeit vermutlich nie wieder geben würde. Egal, ob dieses Abenteuer beendet war oder nicht. Unsere Ehe hatte ihre Unschuld für immer verloren. Ich lauschte dem Gesang und spürte, wie die Rührseligkeit filmischen Kitsches auch mich erfasste ...

„... And now I Don't know why, ... she wouldn't say goodbye, ... but then it seems that I, ... had seen it in her eyes, ... and it might not be wise, ... I'd still have to try, ... with all the love I have inside, ... I can't deny. ... I just can't let it die‚ ... cause her heart's just like mine, ... she holds her pain inside..."

Das sanft schnarrende Timbre brannte in meiner Seele, während es seinen klaffenden Liebesschmerz über einen weiten Bogen von fast vier Oktaven hinweg besang. Ein packender Reigen sich verdichtender Schwingungen, die punktgenau in mein Herz trafen. Die Stimme aus der Box setzte zum Refrain an. Das sanfte Schnarren stieg mit der Kraft einer Mondrakete zu schriller Härte empor, die in endlose Weiten gerichtet schien und deren wütender Schmerz ungehört verhallte...

„... So if she's somewhere near me, ... I hope to God she hears me, ... there's no one else, ... could ever make me feel I'm so alive. ... I hope she'd never leave me, ...please God you must believe me, ... I've searched the universe and found myself within' her eyes...

Die Erinnerung an unseren ersten Kuss trieb wie ein Messer in meine Brust. Zwei dicke Tropfen sickerten wie Seelenblut aus jenem erinnerungswürdigen Moment unberührter Zweisamkeit in die fetischverzerrte Gegenwart hinein und meine Wangen hinab. Ein tränenseliger Kummer, der wie Krebs wucherte. Ich verspürte das Verlangen, ihn aus meinem Fleisch heraus zuschneiden. Doch gleichzeitig gierte ich nach jenem wollüstigen Eifersuchtsschmerz, wie ein Süchtiger der auf Entzug war. Es gab nichts, dass eine solch intensive Lebendigkeit in mir hervorbrachte, wie die Momente, in denen mein Fetisch mich an meine Leidensgrenzen heran führte und Bestandsgarantien ihrer unverrückbaren Gültigkeit beraubt wurden. Besitzansprüche fluktuierten in einer lustvollen Parallelwelt und rissen dabei tiefe Wunden in die Wirklichkeit. Eine rauschhafte Gefühlsdichte, die ihres Gleichen suchte.

Langsam schlenderte ich zurück zur Couch und ließ mich wieder auf die ledernen Sitzkissen fallen. Mit einem Fingertipp auf den Touchscreen beendete ich die Weckfunktion und würgte den nächsten Song auf der Playlist ab. Meine Gedanken kreisten in die nachfolgende Stille hinein. Ich pflügte im Geiste durch jenes einschneidende Erlebnis des gestrigen Tages und durch das anschließende Gespräch mit Nicole.

Es waren beichtvolle Stunden gewesen, in denen meine Frau alle Heimlichkeiten und vermeintlichen Sünden offenbarte, die seit jenem ersten Besuch in der Scheunenvilla vorgefallen waren. Unser Abenteuer hatte sich zu einer neuen Lebenswirklichkeit verdichtet, deren Anzeichen ich aus egoistischen Gründen zu lange ignoriert hatte. Zu erleben, wie wir jener tradierten Monogamie entflohen und unsere erotischen Fantasien Wirklichkeit werden ließen, war etwas, worauf ich nicht mehr verzichten wollte. Fatalerweise hatte ich dabei meine Augen vor solchen Dingen verschlossen, die nicht hätten ignoriert werden dürfen.

Mit sichelförmigen Trümmerfeldern unter den Augen hatte Nicole heute Morgen das Haus zusammen mit Maja verlassen um zur Arbeit zu fahren. Ich hatte einen Homeofficetag eingelegt. Der Abschiedskuss an der Haustür war wohltuend und gleichzeitig kaum zu ertragen. Aufrichtige Liebe schwang darin mit und doch hatte sich etwas grundlegendes verändert. Schmerzvoll erkannte ich, dass unsere konspirative Ménage-à-trois einer monatelangen Verpuppung entschlüpft war. Aus monogamer Zweisamkeit hatte sich der vollendete Flügelschlag eines dreiköpfigen Schmetterlings seinem sündigen Kokon entwunden. Eine unauflösbare körperliche und geistige Verschmelzung, die meinen Fetisch in Gänze erfasste. Eine Triade, die ich in der Fantasie immer herbei gesehnt hatte, die aber nie für die Wirklichkeit bestimmt war. Der totale Kontrollverlust.

In all den Monaten mit Aman gehörte es zu unserem Liebesspiel, dass Nicole mich mit ihrer Erzählkunst in den sexuellen Wahnsinn trieb. Zahllose Andeutungen hatten zwischen uns eine Fantasiewelt erschaffen, die meinen Fetisch, jedes Mal aufs Neue, zum Glühen brachte. Doch mit dem gestrigen Tag hatten Vorstellung und Wirklichkeit sich untrennbar miteinander verwoben. Nicoles Beichte hatte alles ans Licht gebracht.

Bilder meißelten sich in mein Gedächtnis, reihten sich zu einzelnen Sequenzen aneinander und schufen neue Erinnerungen. Eine Art „Extended Version" dessen, was ich zu wissen geglaubt hatte. Es war ein wahrgewordener, feuchter Fetischtraum, wie ich ihn mir nicht besser hätte vorstellen können. Doch die Schockwellen, die sich bis in die Wirklichkeit ausgebreitet hatten, türmten Hindernisse auf, die jetzt unüberwindbar schienen. Um uns herum reihten sich die Sackgassen aneinander. Einzig der Vorschlag Nicoles schuf eine Möglichkeit der Vorstellung bodenständiger Lebensgemeinschaft, adieu zu sagen und dieses Abenteuer weiter zu führen. Doch der Preis dafür war hoch.

Mein Verstand wankte. War Nicoles Entscheidung, einen Schlussstrich zu ziehen, zu voreilig? Ich schmorte in der von mir selbst geschaffenen und unauflösbar scheinenden Zerrissenheit, deren Pendel zwischen Vernunft und Triebhaftigkeit hin und her schlug. Ich wand mich von der Panoramascheibe ab und tastete mit einem Blick nach dem Handy, das ich auf dem Beistelltisch abgelegt hatte. Nach kurzem Zögern gab ich dem Sprachassistenten eine Anweisung.

„Hey Siri!"

„Ja Frank!"

„Spiel - This I love, von Guns N' Roses - in Dauerschleife!"

„Ich spiele jetzt - This I love, von Guns N' Roses im Wiederholmodus!-"

„Brav Siri, ... brav!"

„Gerne Frank!"

Noch war Zeit alles zu durchdenken! Stunden würden vergehen, bevor Nicole von ihrer Konferenz nach Hause zurückkehrte. Die Stimme meines Jugendidols ertönte. Dieses Mal in einer Endlosschleife. Ich schloss die Augen und sah im Geiste die Neufassung unseres bisherigen Abenteuers. Jene „Extendit Version" die all die Heimlichkeiten enthielt, welche sich nach dem ersten Besuch in der Scheunenvilla zugetragen hatten.

In Gedanken spulte ich die Zeit zurück bis zu jenem denkwürdigen ersten Novemberwochenende. Das sanft schnarrende Timbre aus der Handybox flutete den Raum mit erinnerungsschwerem Gesang. Ich setzte meine Reise durch die vergangenen Monate weiter fort und flüchtete aus der Unerträglichkeit einer im Ungewissen schwebenden Gegenwart.

„... And now I Don't know why, ... she wouldn't say goodbye, ... but then it seems that I, ... had seen it in her eyes, ..."

...

Freitag 05 November 2021

Ein denkwürdiges Wochenende

07:38 Uhr - Konspirative Momente

- Nicole-

Langsam bog ich von der Hauptstraße ab hinein in das kleine Wäldchen. Der Wagen bewegte sich entlang eines Teppichs aus braungelben, rottendem Laub und abgefallenen Zweigen. Kahle Äste und lange, dünne Sträucher umrankten das Auto wie knöcherne Klauen. Sie ließen ihre hölzernen Krallen über die Karosserie hinweg streicheln. Ein zärtliches Schleifen auf Metall, das dumpf knirschend in den Innenraum drang. Zwischen den dunklen Baumrinden waberte dichter Morgendunst. Eine weiße Nebelwand, die alles verschluckte, was sich außerhalb eines Radius von wenigen Metern befand. Ich reduzierte das Tempo weiter, damit keine Kratzer in den Lack hinein schrammten. Vor mir öffnete sich eine unscheinbare Lichtung am Ende der Sackgasse. Der Wagen rollte aus und ich stellte den Motor ab.