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Unschärferelation

Geschichte Info
Die Unschärferelation ist nicht nur ein Thema in der Physik.
11.9k Wörter
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Vorwort des Autors.

Diese Geschichte bietet keinen „Tiefgang", sondern ist allein dem Spaß am Leben, dem Glück, der Enttäuschung und der Überraschung gewidmet.

Ich freue mich über jede Kritik, wenn sie nicht anonym veröffentlicht wird. Sofern anonym eine negative Kritik eingestellt wird, behalte ich mir vor, diese zu löschen.

Wer Wert auf viele explizite Beschreibungen körperlicher sexueller Handlungen legt, wird enttäuscht werden. Wer das nicht will, möge bitte andere Geschichten lesen. Es gibt viele, auch gute Geschichten, die sich vornehmlich der Beschreibung der körperlichen Lust widmen.

Die Handlung und die Personen dieser Geschichte sind erfunden und somit fiktiv. Alle Personen, wenn sie existieren würden, aber das tun sie ja eben nicht, wären volljährig.

Protagonisten:

Ulrike Schulte - Alter 47

Daniel Schulte - Ehemann von Ulrike, Alter 60

Wolfgang Meyer - Liebhaber von Ulrike, Alter 55

Gabriele Fürst - persönliche Assistentin von Daniel, Alter 26

Freitag, der 3. März 2023, gegen 23 Uhr.

Ulrike Schulte saß in der U-Bahn, die sie nach Hause nach Ahrensburg, einer Kleinstadt im Speckgürtel von Hamburg brachte. Sie hatte die Augen geschlossen und lächelte ein wenig. Ulrike schien mit sich im Reinen zu sein. Dabei hatte doch der Abend so schlecht begonnen, denn statt mit ihr in die Oper zu gehen -- der Termin dafür stand bereits seit Wochen fest -- hatte ihr Gatte Daniel Schulte entschieden, heute mit seinen Kollegen einen für die Eigentümer der Bank wichtigen Geschäftsabschluss zu feiern.

Daniel war Vorsitzender des Vorstands einer größeren regionalen Geschäftsbank und hätte natürlich auch einen anderen Termin bestimmen können. Ulrike war sich sicher, dass es zwar eine Feier gab, ihr Mann diese aber mit seiner persönlichen Assistentin in einem vertrauten Tête-à-Tête zelebrieren würde.

Diese Affäre war unter den Eheleuten ein gut gehütetes Geheimnis, über das sie nicht mehr sprachen, nachdem sie die Spielregeln, wie sie mit Affären umgehen wollten, in langen Gesprächen mündlich festgelegt hatten. Sie einigten sich schließlich auf ein Gentlemen Agreement, das nunmehr seit über zwei Jahre problemlos andauerte.

Die Vereinbarung sah vor, dass sie sich trotz Daniels Affäre nicht scheiden lassen würden, denn das hätte ihm wahrscheinlich seinen Job, und ihr den Lebensstandard gekostet. Die Bank gehörte einer kirchlichen Stiftung, und der „Ehrenkodex" seines Arbeitgebers sah keine Scheidung vor. Allerdings akzeptierten die Eigentümer heuchlerisch Verstöße gegen das sechste Gebot, du sollst nicht ehebrechen.

Des Weiteren nahm Ulrike pflichtgemäß an allen offiziellen Terminen der Bank teil, zu denen der Vorstand mit Ehefrauen geladen waren.

Und zu guter Letzt akzeptierte sie, dass ihr Mann eine Affäre mit seiner um fast 35 Jahre jüngeren Assistentin hatte. Woher sie von dieser Liebschaft wusste? Ein von Daniel geschasster Mitarbeiter meinte, es ihr sagen zu müssen, und übergab ihr als Beweis einige Daniel kompromittierende Fotos und Videos. Er hatte wohl auf einen Skandal gehofft, hervorgerufen dadurch, dass Ulrike das Verhältnis öffentlich machen, und sich scheiden lassen würde. Als sie ihm allerdings für die Beweise nur dankte, verbunden mit dem Hinweis, dass sie nichts veranlassen würde, was die Position ihres Gatten schaden könnte, und er ein toter Mann wäre, würde er von sich aus die Affäre publik machen, war das Gespräch beendet. Ulrike war eine taffe und intelligente Frau, und der Informant nahm ihre Drohung ernst.

Daniels Teil der Übereinkunft sah vor, seiner Frau weiterhin und fortdauernd den Lebensstandard zu bieten, den sie sich in ihrer 30-jährigen Ehe gemeinsam erarbeitet hatten, und bei allen familiären und privaten Festen den perfekten Ehemann zu spielen. Sie besprachen allerdings nicht, ob Ulrike sich auch einen Liebhaber suchen könnte.

Ulrike ging davon aus, dass ihr Arrangement in fünf Jahren, wenn die Befristung von Daniels Vorstandsvertrag mit Erreichen seines fünfundsechzigsten Lebensjahres auslaufen würde, neu „verhandelt" werden müsste. Sie war davon überzeugt, dass seine persönliche Assistentin Gaby Kraft ihm spätestens zu diesem Termin den Laufpass geben würde. Ohne den Machtbonus, den ein Vorstandsvorsitzender eines renommierten Kreditinstitutes innehat, und mit dem er sie während seiner Amtszeit protegiert hatte, würde er zu seinem Ausscheiden aus dem Berufsleben nur ein alter Mann mit einem gewissen Vermögen sein.

Auch als Vorstandsvorsitzender eines Kreditinstitutes verdiente er keine Millionen. Seine Betriebsrente war zwar üppig, aber im Falle einer Scheidung würde er, mangels eines ihm begünstigenden Ehevertrages, die Hälfte seines Vermögens und seiner laufenden Einkünfte an Ulrike abtreten müssen.

Sie bezweifelte deshalb, dass er sich mit seiner Verrentung von ihr scheiden lassen würde, und ging davon aus, dass sie weiterhin „getrennt zusammen" wohnen, und ihre geübte platonische Ehe weiterleben würden.

Es bestand aber auch die Möglichkeit, dass sie sich wieder zusammenraufen, und den Lebensabend als Ehepaar gemeinsam verbringen würden. Schließlich hassten sie sich nicht, und verhielten sich zueinander, auch wenn kein Dritter anwesend war, stets freundlich und fürsorglich. Kurzum, sie war für alle Möglichkeiten offen, solange sie ihre Freiheiten behielt.

Und ihre wichtigste Freiheit war, dass sie mit ihrer privaten Zeit machen konnte, was sie wollte. Und sie wollte heute in die Oper. Wolfgang Amadeus Mozarts Oper „Così fan tutte" stand auf dem Programm. Die Handlung des Bühnenwerks dreht sich, positiv formuliert, um Liebe, Treue und Ehrlichkeit. Andere würden sagen, die Themen sind Betrügen, Verwirren und Belügen.

Ulrike hatte sich gefreut, dass Daniel mit ihr die Aufführung besuchen wollte, und war entsprechend enttäuscht, dass er davon am Abend des geplanten Opernbesuches Abstand nahm. Die Enttäuschung darüber währte allerdings nicht lange. Sie entschloss sich, statt zuhause Trübsal zu blasen, die Aufführung allein -- ohne ihren Ehemann -- zu besuchen. Sie kleidete und schminkte sich dem Anlass entsprechend elegant, und fuhr zu gegebener Zeit mit der U-Bahn in die Stadt.

In der Pause nach dem ersten Akt stand Ulrike -- ohne eine Begleitung -- etwas verloren in der Lobby der Staatsoper, als ein Mann ihr ein Glas Sekt reichte, und sie ansprach: „Ich heiße Wolfgang Meyer, bin ledig und ein bekennender Opern-Fan. Und nicht nur die Aufführung hat es mir heute Abend angetan. Sie sind mir in der Menge der Anwesenden aufgefallen. Ich würde Sie gerne kennenlernen. Aber fangen wir unser Gespräch damit an, dass wir auf einen weiterhin schönen Opern-Abend trinken." Damit stieß er mit ihr an.

Ulrike war aufgrund dieser direkten Ansprache überrascht. Sie hatte es schon lange nicht mehr erlebt, auf Empfängen von anderen Männern als den Kollegen ihres Mannes, angesprochen zu werden. Ihr war bewusst, dass sie für Männer, die auf der „Jagd" nach einer Frau für eine Nacht waren, kein Zielsubjekt mehr war. Ihre 48 Lebensjahre hatten erste Spuren in ihrem Gesicht hinterlassen. Durch ihr intensives Training in einem Fitness-Studio und durch ausgewogene Ernährung war sie so schlank und fit wie mit Mitte 30. Ihre kleinen Brüste waren so straff wie eh und je. Wenn sie Männerkleidung getragen hätte, wäre sie auf den ersten, aber nur auf den ersten Blick auch als ein jugendlicher, schöner Mann durchgegangen. Allerdings belegte ihr schulterlanges, blondes, leicht gewelltes Haar, der freche Pony, der lang genug war, um die feinen Linien auf ihrer Stirn etwas zu verdecken, dass sie eine Frau war. Ulrikes Haar betonte ihr schönes Gesicht, und verliehen ihr ein jüngeres Aussehen. Das dezente Make-up unterstrich dies noch.

Ulrike trug ein einfaches, schwarzes Etui-Cocktailkleid, das ihr bis zur Mitte ihrer Oberschenkel reichte, und ihre schlanken und festen Beine gut zur Geltung brachten. Die hautfarbenen Strümpfe und ihre schwarzen High Heels streckten diese optisch. Ihre gesamte Körperhaltung wirkte dadurch noch femininer. Ulrikes Erscheinung war damenhaft elegant.

Ulrike sah den Mann schweigend einige Sekunden an, der sie weiterhin freundlich anlächelte. „Ich bin verheiratet", begann sie eine Antwort, und schellte sich sofort einen Dummkopf für diese blöde Ansage. Sie wollte dem Mann nicht unterstellen, dass er es nur darauf abgesehen hatte, sie „abzuschleppen."

„Das habe ich mir gedacht", antwortete Wolfgang, und sah demonstrativ auf den Ring an ihrem rechten Ringfinger. Und lachend fügte er hinzu: „Ich bin kein Mann für eine Nacht, auch wenn die Frau so schön ist, wie Sie es sind. Meinen Namen kennen Sie ja schon. Bitte erzählen Sie mir doch mal, wie ich Sie denn ansprechen darf."

„Oh, wie unhöflich von mir. Entschuldigen Sie bitte. Ich heiße Ulrike Schulte", antwortete sie.

„Darf ich Ulrike zu Ihnen sagen?", fragte Wolfgang.

„Warum nicht?", war ihre knappe Antwort.

Mit den Worten: „Lassen Sie uns doch ein wenig durch das Gebäude schlendern", hielt er ihr seinen Arm zum Unterhaken hin.

Sie schaute ihn an, lächelte, und nahm sein Angebot war. Wer sie sah, und nicht kannte, musste annehmen, dass die beiden ein Paar waren, so harmonisch bewegten sie sich zusammen, so anscheinend vertraut unterhielten sie sich.

Als die Glocke sie daran erinnerte, dass für den zweiten Akt die Zuschauer wieder zu ihren Plätzen zurückkehren sollten, fragte Wolfgang sie: „Neben Ihnen ist doch der Platz ihres Gatten frei. Darf ich mich zu Ihnen setzen?"

„Nur, wenn wir uns ab sofort duzen", war ihre zustimmende Antwort.

Als Wolfgang nach der ersten Viertelstunde des zweiten Aktes schüchtern ihre Hand ergriff, und sie in seiner festhielt, wehrte sie sich nicht dagegen. Ganz im Gegenteil empfand sie die zarte Berührung als angenehm. Wann immer sie sich im restlichen Verlauf der Oper ansahen, und sie taten es oft, lächelten beide.

Nach der Aufführung holte Wolfgang ihre beiden Mäntel von der Garderobe ab, und half Ulrike, den ihren anzuziehen. Gerade als sie fragen wollte, was sie denn noch unternehmen könnten, bedankte sich Wolfgang für den unterhaltsamen Abend, und verabschiedete sich von ihr, und sprach die Hoffnung aus, dass sie sich bald wiedersehen würden. Damit ließ er sie vor dem Opernhaus stehen, und ging in Richtung Innenstadt, wohl zu seinem Auto.

Ulrike schaute ihm konsterniert hinterher, und fragte sich, ob sie „im falschen Film" wäre. Erst machte ihr dieser Mann den Hof, war galant, freundlich, und machte ihr Komplimente in einer Art und Weise, die ihr zu verstehen gaben, dass er diese sogar ehrlich gemeint hatte, und dann ging er ohne große Worte, und ohne den Austausch von Kontaktdaten, seiner eigenen Wege -- ohne sie.

Ulrike war enttäuscht, nein, sie war wütend. Erst hatte sie sich von ihrem Mann einen Korb geholt, als dieser den gemeinsamen Abend absagte, und dann ließ sie dieser Kerl stehen. Ulrike beglückwünschte sich selbst, dass sie nicht die Gelegenheit bekommen hatte, ihm zu sagen, dass sie an ihm interessiert wäre. Sie fragte sich in Gedanken, ob es an ihr liegen würde, dass kein Mann sich mit ihr länger beschäftigen möchte. War sie zu alt? War sie zu hässlich? Hatte sie sonst einen Makel, den nur Männer sahen, und nicht sie selbst? Sie hatte keine Antwort auf diese Fragen. Traurig machte sie sich auf den Weg zur U-Bahn, um die Heimfahrt anzutreten.

Im Laufe der Zugfahrt schlug das Pendel ihrer Gefühle um. Sie erinnerte sich, wie Wolfgang sie angeschaut hatte, wie er ihr das Gefühl gegeben hatte, etwas Besonderes zu sein. Er hatte doch gesagt, dass er sie nicht „abschleppen" wollte. Der Mann war ein Gentleman. Sie schloss ihre Augen für den Rest der Fahrt, und in Gedanken an ihn lächelte sie.

Kurz vor Ahrensburg wurde sie in ihren Gedanken unterbrochen. „Fahrkartenkontrolle!", rief ein uniformierter Mann, und fünf Kontrolleure gingen durch die Sitzreihen, und ließen sich von den Fahrgästen die Fahrkarten zeigen. Als einer von ihnen vor ihr stand, griff Ulrike in ihre rechte Manteltasche, und holte, zu ihrer Verwunderung, zwei Karten hervor, statt der erwarteten eine. Sie erkannte in einer der vermeintlichen zwei Billete eine Visitenkarte, die sie sich intensiv anschaute, nachdem ihre Fahrkarte kontrolliert worden war.

Auf der Rückseite der Karte war in einer lesbaren Handschrift vermerkt: „Durch dich wurde es heute für mich zu einem besonderen Abend. Ich habe ihn genossen, und freue mich auf ein Wiedersehen. Da ich deine Telefonnummer nicht habe, liegt es an dir, mich anzurufen." Mangels Platzes auf der Karte war der Text nicht unterschrieben.

Ulrike wendete die Visitenkarte, und las Wolfgangs Namen, seine Mobilfunknummer und seine E-Mail-Adresse. Es war eine hochwertige Karte mit Prägung. Sie führte die Karte -- wie ein Kleinod -- an ihre Nase, und bemerkte einen dezenten, männlich-herben Duft. Also hatte er doch Interesse an ihr, sagte sie zu sich selbst, nur um sich sofort zu fragen, wie viele Stunden und Tage sie warten sollte, ihn zu kontaktieren, ohne den Eindruck zu hinterlassen, sie hätte es nötig.

Wenige Minuten später erreichte die U-Bahn Ahrensburg. Ulrike fuhr mit einem Taxi nach Hause. Sie fand ihr Heim leer vor. Ihr Mann war offensichtlich noch auf seiner „Feier." Sie hatte ihn auch nicht erwartet.

Ulrike goss sich ein Glas Grauburgunder ein, und setzte sich ins dunkle Wohnzimmer auf die Couch. Sie spielte einige Minuten gedankenverloren mit der Visitenkarte, nahm dann ihr Handy zur Hand, und wählte Wolfgangs Rufnummer. Mit dem ersten Freizeichen realisierte sie, dass es bereits nach null Uhr war. Sie wollte sofort auflegen, war aber offensichtlich nicht so schnell, denn sie hörte Wolfgangs Stimme: „Guten Morgen, Ulrike. Ich habe deinen Anruf nicht so schnell erwartet, aber erhofft. Du bist eine großartige Frau, wunderschön, intelligent, geist- und humorvoll. Ich möchte dich wiedersehen. Was sagst du dazu?"

Ulrike schwieg für ein paar Sekunden. Dann redete sie: „Wolfgang, wir kennen uns doch erst seit ein paar Stunden. Trotzdem weiß ich, dass ich dich mag, aber ich bin verheiratet. Auch wenn ich mit meinem Mann nur noch wie eine Mitbewohnerin, und nicht wie eine Ehefrau zusammenlebe, ist er dennoch für mich weiterhin mein Ehemann. Dazu kommt, dass er in der Öffentlichkeit steht. Unsere Beziehung ist kompliziert, aber eigentlich auch ganz einfach. Bevor es mit uns weitergehen kann, in welche Richtung auch immer, muss ich mit ihm klären, wie er dazu steht, wenn ich mich mit einem anderen Mann privat treffe. Ich rufe dich an, wenn ich das Gespräch geführt habe, ohne dir einen Zeitplan dafür geben zu können. Einverstanden?"

„Ulrike, natürlich bin ich damit einverstanden. Ich finde dich sehr sympathisch und interessant. Dass du eine wunderschöne Frau bist, sagt dir bestimmt jeder Mann, der dich sieht. Ich werde dich nicht drängen, und auf deinen Anruf warten." Er wünschte ihr noch einen guten Schlaf, und beendete dann das Telefonat.

Am nächsten Tag.

Daniel Schulte kam ausnahmsweise pünktlich zum Abendessen nach Hause. Ulrike hatte ihn darum gebeten, da sie mit ihm etwas besprechen wollte. Über das Thema hüllte sie sich allerdings in Schweigen.

Er fand seine Frau in der Küche vor. Ulrike war dabei, sein Lieblingsessen zuzubereiten. Sie stand mit dem Rücken zu ihm, so dass er sie beobachten konnte, ohne dass es ihr hätte auffallen können. Ulrike hatte sich ein wenig aufreizend gekleidet. Sie trug High Heels, Nylonstrümpfe, einen schwarzen Bleistiftrock und eine weiße Bluse. Schulte sah ihr fasziniert zu. Nach viel zu langer Zeit erkannte er mal wieder, wie gut seine Frau aussah. Zusammen mit dieser Erkenntnis fühlte er sich auch zu ihr hingezogen. Langsam näherte er sich Ulrike, die weiterhin konzentriert kochte. „Guten Abend, Ulrike", begrüßte Schulte sie, als er unmittelbar hinter ihr stand. Erschrocken drehte Ulrike sich um, und fiel ihrem Mann fast in die Arme. „Ich habe dich gar nicht gehört!", war ihre Antwort auf seine Begrüßung, nur um zu ergänzen, „es ist schön, dass du da bist. Das Essen ist gleich fertig. Nimm dir einen Drink und entspann dich. Ich brauche noch ein paar Minuten. Ich rufe dich, wenn das Essen auf dem Tisch steht."

Schulte hauchte seiner Frau einen flüchtigen Kuss auf ihre Lippen, schaute ihr anschließend für einige Sekunden tief in die Augen, und verließ dann die Küche. Ulrike sah ihm erstaunt hinterher. In Gedanken verloren fuhr sie mit einem Finger die Konturen ihrer Lippen nach, wohl nach der Suche des soeben erhaltenen Kusses. Eine solche Zärtlichkeit hatte sie schon lange nicht mehr von ihrem Mann genießen können.

Eine Stunde später hatten sie ihr Mahl beendet. Ihr Tischgespräch war belanglos, bis Daniel seiner Frau mitteilte, dass er gleich noch einmal „losmüsste." Sie nickte bejahend und wissend, als sie ihm antwortete: „Daniel, ich bin mir sicher, dass du gleich noch zu deiner Geliebten fährst. Du musst es nicht immer so verklausulieren. Ich habe dein Verhältnis schon seit Langem akzeptiert. Wir haben darüber -- und wie wir mit unserer Ehe umgehen -- intensiv gesprochen. Ich hatte dir seinerzeit gesagt, dass ich vorerst nicht vorhabe, es dir gleichzutun, und mir einen Galan zu suchen. Das ist jetzt schon einige Jahre her, und ich hatte bislang nicht das Bedürfnis, an meiner Meinung dazu etwas zu ändern. Ja, bislang. Ich möchte dir sagen, dass ich gestern in der Oper einen Mann kennengelernt habe, der mich interessiert. Er hat mich um ein weiteres Treffen gebeten, und ich habe vor, ihm diese Bitte zu erfüllen. Ich glaube, dass er es wert ist herauszufinden, ob er für mich ein guter Freund, ein Seelenverwandter werden kann, vielleicht sogar ein Freund mit Zusatzleistungen. Bevor du fragst, ich habe nicht vor, an unserem Arrangement etwas zu ändern. Ich werde meine Pflichten dir gegenüber weiterhin erfüllen, so wie du die deinen mir gegenüber erfüllst. Du bist mein Ehemann, und ich werde keine gravierende Änderung in unserer Beziehung vornehmen, ohne vorher mit dir darüber gesprochen zu haben." Ulrike schaute ihrem Mann einige Sekunden still an. Dann fragte sie ihm: „Was sagst du dazu?"

Jetzt war es an Daniel, seine Frau intensiv zu betrachten. „Ganz ehrlich, Ulrike, dein Vorhaben kommt etwas überraschend für mich", begann er seine Antwort, „da muss ich erst ein paar Mal tief durchatmen. Ich halte fest: Meine Frau plant, sich eine männliche Begleitung zuzulegen." Daniel nickte ein paar Sekunden gedankenverloren, und führte dann weiter aus: „Ganz ehrlich? Es gefällt mir nicht." Dann sah er seine Frau wieder ein paar Sekunden intensiv an, und relativierte dann seine zuvor getätigte Aussage: „Aber wer bin ich, dir dein Vorhaben zu untersagen? Natürlich bin ich eifersüchtig auf diesen unbekannten Mann. Wahrscheinlich ist aber nur mein männlicher Stolz ein wenig angekratzt? Doch ich werde mich nicht wie ein Gockel aufspielen, der keinen anderen Hahn im Kreise seiner Hennen duldet. Du bist frei, deine eigenen Entscheidungen zu treffen, so wie ich es mit den Meinen mache. Ich danke dir, dass du mir von deinem Vorhaben erzählt hast, und ich bin mir sicher, dass du und ich uns weiterhin gut verstehen werden, und keiner von uns irgendeinen Blödsinn in der Öffentlichkeit macht, der meine Karriere gefährden könnte. Du bist und bleibst nicht nur nach außen, sondern auch in meinen Gefühlen, meine Frau."

Daniel schaute seine Frau an, die mit dem Kopf zustimmend nickte. Dann schloss er: „Damit ist ja alles gesagt. So, nun muss ich mich aber auf den Weg machen. Ich komme schon zu spät zu Gabriele. Warte nicht auf mich, ich werde wohl erst zum Frühstück wieder zuhause sein." Damit stand er auf, nahm seine Papiere und die Autoschlüssel, und wollte gerade das Haus verlassen, als er sich umdrehte, seine Frau, die ihm „auf den Fersen" gefolgt war, zu sich heranzog, und ihr einen zärtlichen Kuss gab. Das Ehepaar verharrte in der Umarmung einige Sekunden, dann löste sich Daniel von seiner Frau, lächelte sie an, und ging zu seinem Wagen. Ulrike schaute ihm noch eine Zeitlang nach. Dann schloss sie die Tür hinter sich, holte sich ein Glas Wein, und setzte sich ins Wohnzimmer. Sie fühlte sich gut. Ihr Smartphone lag vor ihr auf dem Couchtisch. Sie hatte Wolfgangs Kontaktdaten bereits eingespeichert, und mit einer Kurzwahltaste versehen.