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Wenn die Nachtigall erwacht 02

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Die Drohne lag breitbeinig schmachtend vor Miriam auf dem Bett und bot sich an. Miriams Lippen zitterten, das Ziehen in ihren Brustwarzen entlockte ihr einen gehauchten Laut. Jung, gesund und willig: Welche Königin konnte da widerstehen?

Die Blaue Königin schmiegte sich an den nackten Leib der Drohne und bedauerte für einen gehauchten Moment, nicht so leben zu können, wie es ihre Art bevorzugte. Sie presste ihre blauen Lippen auf den schwarz glänzenden Mund der Drohne und schob ihre Zunge sinnlich vor. Für einen Augenblick glaubte diese, den Kuss ihrer Königin zu empfangen, doch Miriam verwehrte ihr diesen Wunsch und beließ es bei einem gewöhnlichen Kuss. Sie blickte der Drohne tief in die Augen, aufrichtig, wissend, aber blind für die Bilder im Inneren, da sie zum damaligen Zeitpunkt die visionäre Bildsprache ihrer eigenen Art nicht sehen konnte.

Miriam fühlte die genetischen Schlingen und trennte Menschliches vom Rest, wie ein Blinder, der eine Bombe nach Gefühl entschärfte. Diese Rückentwicklung, zurück zum Menschen, war nur innerhalb der ersten Stunden möglich, bevor sich die genetischen Veränderungen unwiederbringlich manifestierten. Die Drohne wand sich unter dem intensiven Kuss, ahnte eine erneute Veränderung, und schüttelte den Kopf.

‚Du bist mit freiem Willen geboren, du wirst nichts vermissen, wenn du ausgeschlafen hast.'

Miriams Gedanken erreichten den vernebelten Geist der Drohne und trafen auf Abneigung und Entsetzen.

‚Ich will nicht', flehte das Geschöpf und war bereits wieder mehr Mensch als das Andere, denn das Andere würde sich nie dem Willen der Königin widersetzen.

Das Geräusch von splitterndem Holz zerstörte Miriams Konzentration. Hastig gerufene Befehle und Feuersalven durchbrachen die Stille. Ein Mob aufgebrachter Feldarbeiter stürmte das Haus, Gewehrkugeln schlugen Splitter von Ziegelsteinen aus der Wand. Miriam rettete sich mit einem Satz aus dem Fenster und fühlte heißes Blut auf ihren Rücken spritzen. Das Hausmädchen starb, kurz bevor es von Miriam gerettet werden konnte.

***

Ein Fluchtreflex zuckte durch Miriam, als sie aufwachte.

»Sssch, alles gut«, sagte Sven und strich ihr durch die Haare.

»Hab ich geschlafen?«, fragte Miriam, blinzelte und versuchte, sich zu orientieren. Sie waren noch im Park unter der großen Linde, und sie lag in Svens Armen.

»Ja, du bist kurz eingenickt. Sorry, das passiert mir öfter bei Frauen«, flüsterte Sven und zwinkerte ihr zu.

»Entschuldigung, die letzte Nacht war sehr kurz«, sagte Miriam und rieb sich die Augen.

»Du hast im Schlaf so friedlich ausgesehen, dass ich dich gar nicht wecken wollte.«

Miriam saugte sich an seinen Lippen fest. Andere Mädchen mochten solche Erfahrungen früher machen, sie verliebte sich zum ersten Mal im Ruhestand.

*

Sie fütterten Enten mit altem Brot, das ein findiger Händler am Seeufer verkaufte, aßen Eis und leckten es sich gegenseitig von der Nasenspitze, lachten, küssten und scherzten, bis die Bäume lange Schatten warfen.

»Bist du vorhin zufällig am Museum vorbeigekommen?«, fragte Miriam schüchtern.

»Hm, war wohl der gleiche Zufall, der dich dort hingeführt hat«, sagte Sven. Er legte seinen Arm um ihre gesunde Schulter und zog sie auf der Parkbank nahe zu sich heran. Miriam senkte ihre Lider und genoss die tief stehende Sommersonne auf ihrem Gesicht.

Der Mund mit den orangefarbenen Lippen erschien vor ihrem geistigen Auge. Die Lippen waren nicht mehr so voll und glänzend wie heute Mittag, sondern wirkten spröde und rissig. Der Mund formte ein einziges Wort: ‚Hunger!'

»Darf ich dich zum Essen einladen?«, fragte Sven.

»Ja ... gerne, woher wusstest du ... «

»Du hast doch eben gesagt, dass du Hunger hast.«

»Oh! Ist mir gar nicht aufgefallen.«

*

Sie saßen bei Burger King und Sven staunte, als ein Burger nach dem anderen in Miriams Mund verschwand.

»Ich hole mir noch ein paar Apfeltaschen, möchtest du auch welche?«, fragte Miriam. Sven schüttelte ungläubig mit dem Kopf. Er rang mit seinem Menü und konnte sich nicht vorstellen, je wieder Hunger zu haben.

»Wo futterst du das alles hin?«

»Hm?«, antwortete Miriam und verschwand kurz, um ihren Nachtisch zu holen.

Als sie wiederkam, setzte sie sich neben Sven und schmiegte ihren Kopf in einer vertrauten Geste an seine Schulter.

»Essen ist etwas Wunderbares, aber mit jemandem zusammen zu essen, ist das Tollste überhaupt«, gestand Miriam kauend. Ihr Atem roch nach Apfelaroma.

»Es gibt außer essen noch so einiges, was zu zweit Spaß macht«, flüsterte Sven mit einem charmanten Lächeln. Er wischte sich den Mund ab und schob das Tablett zur Seite. Miriam kicherte, blickte dann aber verlegen unter den Tisch.

»Mit dir essen zu gehen, macht wirklich Spaß. Ich möchte dich mal in ein richtiges Restaurant einladen«, sagte Sven, als er erkannte, dass Miriam nachdenklich wurde. Sie blickte ihn mit großen grünen Augen an, bannte ihn mit einem unbefangenen Lächeln und fragte: »Ein Restaurant mit Tischdecken und richtigem Geschirr?«

»Ja!«

»Wo man das Essen gebracht bekommt und mit Besteck isst?«

»Ja, und die Getränke sind in echten Gläsern«, lachte Sven verwundert.

»Ganz schön mutig«, antwortete Miriam und blickte ihn über die hochgezogene Schulter an.

»Baby, mit dir würde ich mich das trauen.«

Miriam schloss die Augen und wartete zwei Atemzüge, dann fühlte sie Svens Lippen auf ihren. Sie schmolz in seinen Armen und schob ihre Zunge ungestüm vor. Sven hauchte erschrocken und ging dann auf das Spiel ein. Es war ihr zweites Treffen mit Sven und sie hatte seinen Schwanz noch nicht einmal gesehen. Einem Teil von ihr kam das schrecklich ineffizient vor. Aber das Mädchen in ihr erwachte aus einem viel zu langen Schlaf und hoffte, dass längst vergessen geglaubte Wünsche in greifbare Nähe rückten.

Als sich Miriam auf seinen Schoß setze, ihr Becken lustvoll kreisen ließ und ihn leidenschaftlich küsste, machte sich Sven kurz Sorgen, ob das Ärger mit den anderen Gästen oder der Restaurantleitung geben könnte. Dann schloss er seine Arme um ihre schlanke Taille und zog sie fest zu sich heran.

»Du bist der Hammer!«, hauchte Sven zwischen zwei feuchten Küssen.

»Ich spüre es«, flüsterte Miriam und presste ihr Becken fest gegen Svens Schoß, rieb mit ihrem Unterleib über die harte Beule in seiner Hose und küsste ihn, bevor er die Situation zerreden konnte.

Mit geschlossenen Augen konzentrierte sie sich nur auf das Spiel ihrer Zungen und fand es unglaublich frustrierend, dass sie hier in dem Fast-Food-Restaurant nicht weitergehen konnte. Sie wollte sich und Sven ausziehen, seine Haut auf ihrer spüren und ...

»Wir werden heute keinen Sex haben«, dachte sie laut.

»Nein«, sagte Sven und es war nicht eindeutig, ob er das fragend oder als Bestätigung ihres Gedanken sagte. Miriam fuhr mit ihren Fingern in das wuschelige Haar seines Hinterkopfes und presste ihre Lippen für einen weiteren langen Kuss auf seine. Ihre Beckenbewegungen rieben quälend intensiv über seine Erektion, und Sven keuchte in ihren offenen Mund: »Das ist so geil, dass es wehtut.«

»Meinst du, mir geht es besser?«, fragte Miriam, »soll ich aufhören?«

»Nein, aber bei dem Tempo kommt es mir in der Hose ... «

»Versprochen?«, fragte Miriam tollkühn und atmete erregt aus. Sie senkte ihren Kopf, wie ein Raubtier, seinen Lippen entgegen, saugte an seiner Unterlippe, und schob ihre Zunge erneut in seinen Mund. In diesem Moment erschien vor ihrem inneren Auge das Bild der orangefarbenen Lippen. Diesmal waren die Lippen spröde und rissig, wie bei einem Verdurstenden kurz vor dem Tod. Die Mimik dieser Lippen signalisierte höchste Not und flehendes Bitten. Die Geräusche dieser Vision erstarben in einem jämmerlichen Wimmern.

Miriam beendete den Kuss mit Sven so abrupt, dass er sie mit offenem Mund und vorgestreckter Zunge verwundert anschaute. Die Pupillen ihrer grünen Augen waren vor Erregung geweitet und doch umspielte Furcht ihre Augenlider.

»Ich muss los!«, sagte Miriam und rutschte von Svens Schoß auf den Sitzplatz neben ihm.

»Habe ich was falsch gemacht?«, fragte Sven, da er Miriams Verhalten nicht nachvollziehen konnte.

»Nein«, sagte Miriam mit gesenktem Blick, »ich glaube, du kannst gar nichts falsch machen, du musst nur ein wenig Geduld mit mir haben.«

»Geduld?«, stutzte Sven und schaute wie ein überfahrenes Reh.

Sie nickte verlegen und biss sich auf die Unterlippe, gleichzeitig rutschte sie unruhig auf ihrem Sitzplatz herum.

»Ich habe noch nicht so viel Erfahrung mit ... «, Miriam atmete aus und blicke ihn direkt an, »ich will dich so bald wie möglich wiedersehen, aber jetzt muss ich dringend nach Hause.«

Als Miriam aufstehen wollte, legte er seine Hand auf ihren Arm.

»Ich habe nicht mal deine Telefonnummer.«

Miriam lächelte verlegen, kramte in der Hosentasche ihrer abgeschnittenen Jeans und drückte Sven eine SIM-Karte in die Hand.

»Frag nicht warum, ich erkläre es dir später: Meine Nummer ist auf der Karte gespeichert, verwende nur diese Karte, wenn du mich anrufst.«

*

Sven blickte ihr nach, als sie mit geschmeidigen Bewegungen aus dem Restaurant joggte und im Gewirr der Passanten unterging. Er drehte die SIM-Karte ungläubig in seiner Hand und steckte sie in die Hosentasche. Dann räumte er den kleinen Berg aus Verpackungsmüll auf sein Tablett, um den Tisch halbwegs sauber zu hinterlassen. Er blieb noch sitzen und wartete, bis seine Erektion auf ein erträgliches Maß abgeschwollen war. Seine sorgsam arrangierte Strubbelfrisur war einem wirren Chaos gewichen, und in seinem Kopf sah es nicht viel anders aus.

***

Miriam fehlte die Geduld, auf die nächste S-Bahn zu warten. Sie rannte die zwei Stationen, die sie hätte fahren können. Nach einige Minuten öffnete sie ihre Wohnungstür, eilte den Gang entlang und blickte besorgt in den Raum mit der Pflanze. Die Blüte hing leicht nach unten und die Blätter sahen an den Spitzen verwelkt aus, aber es zogen sich fein verästelte blaue Linien über den orangefarbenen Grundton. V'nyx der IV. würde seinen orangen Farbton niemals ganz aufgeben, aber er war ihr ein Stück weit entgegengekommen.

»Ein Kompromiss ist, wenn keiner zufrieden ist«, sagte Miriam und ging vor V`nyx dem IV. in die Knie. Ihre Speicheldrüsen sonderten die Essenz des heute gesammelten Spermas ab, sie sammelte es in ihrer Mundhöhle, spitzte die Lippen und schob der Blume ihren Kopf entgegen. In einem letzten Aufgebot der Kräfte schnellte die Blüte den Lippen der Königin entgegen, schob ihren Stempel in den Mund und nahm das Geschenk entgegen.

Miriam empfand Glück und hauchte erregt durch die Nase aus. Sie schloss ihre samtweichen Lippen um den kleinen Stempel und ... zuckte erschrocken, als sich die Blütenblätter an ihr Gesicht schmiegten. Die eben noch welken Spitzen krallten sich mit beachtlicher Kraft an ihren Wangen fest.

‚Mistkerl!', dachte sie, ‚so schwach warst du also doch nicht.'

‚Ich muss dir etwas zeigen', erklang die Stimme von V'nyx dem IV. in ihrem Kopf. Miriam fühlte sich überlegen und verharrte aus Neugier, als die detailreichen Bilder der Anderswelt vor ihr erschienen.

*

Die dichte Vegetation aus bizarren Pflanzen erschien in dunklen Grautönen. Warum waren sie nicht satt schwarz oder bunt, wie früher? Nackt, in der Erscheinung der Blauen Königin, irrte sie durch das fremde Land. Augen folgten ihr in der Dunkelheit auf ihrem ziellosen Weg durch die ungewohnt feindselige Umgebung. Ein Geräusch ließ sie aufblicken, eine Berührung in der Kniekehle weckte den Fluchtinstinkt. Sie rannte! Die blaue Königin irrte durch die Nacht mit grauen Gefahren, wich Schlingen und herabfallenden Ranken aus. Fleischige Zweige peitschten gegen ihren Leib, trieben sie in unwegsameres Gelände. Sie taumelte, fiel nach vorne über in eine morastige Pfütze und wurde von Wurzeln am Boden gehalten.

Dunkle Wesen kamen aus den Schatten. Fremde Gestalten gierten mit ihren stumpfen Augen auf die blauen Linien der Königin. In der Gruppe wagten sie sich näher und streckten ihre Hände nach ihrem Leib aus. Miriam fühlte Angst und Unverständnis, wand sich in ihrer Fixierung und begriff die Ausweglosigkeit dieser Situation. Als Drohne hatte sie die fordernden Spiele genossen, sich unbefangen und neugierig, mit Lust auf alles eingelassen, was ihr diese Welt abverlangte. Diesmal hatte sie etwas zu verlieren -- ihre Farbe! Zungen leckten über ihren Körper, zogen feuchte Spuren über ihren Rücken und kreisten über die prallen Pobacken.

In einem impulsiven Kraftakt bäumte sie sich auf. Die dunkle Masse wich erschrocken zurück. Es gelang ihr jedoch nicht, sich aus der Falle zu befreien, der Kreis schloss sich wieder enger um die zappelnde Königin. Sie versuchte, einem der Wesen in die Augen zu blicken, um Kontakt mit ihm aufzunehmen. Aber ihr Geist empfing nur wirre Gedanken. Das Blau verblasste, die Kraft schwand aus ihrem Leib. Sie sank der Einfältigkeit entgegen.

»V'nyx, du hinterlistiges Biest!«, rief sie erschöpft. Sie war sich sicher, dass der Cerebrat, so klein er auch war, ihr eine Falle gestellt hatte.

***

In eigener Sache:

Ich bin, wie wahrscheinlich alle Autoren, geil auf Kommentare. Eine der größten Triebfedern ist die Frage: "Was werden die Leser dazu sagen?"

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16 Kommentare
AnonymousAnonymvor mehr als 2 Jahren

Hat alles um einen neugierig zu machen wie es weitergeht+++

Riddick47Riddick47vor mehr als 3 Jahren

ich bin gespannt, wie sich die junge Liebe entwickelt....

AnonymousAnonymvor mehr als 5 Jahren
Super

Hab die Story gerade gefunden, bis hierher absolut super.

Gefällt, Sieht nach komplexem Hintergrund aus, sehr schön!

fun68fun68vor etwa 6 Jahren
Eine der besten erotischen Sci-Fi Geschichten.

Vielen Dank für deine Fantasie und das Können, diese in Worte fassen zu können.

Obwohl ich ein Kopfkino Mensch bin, würde ich mir wünschen das solche Geschichten verfilmt werden.

LG

AnonymousAnonymvor mehr als 7 Jahren

Toller Spannungsbogen

Auden JamesAuden Jamesvor etwa 8 Jahren
@ Autor: „Auden, you saved my day“ (04/28/16)

Es freut mich, dass du meine Suada nicht als Zeit- und Speicherplatzverschwendung, sondern als „eine der wertvollsten Textanalysen“ aufnimmst, die du bis dato erhalten hast. Ich hoffe, dass es nicht die letzte gewesen sein wird, die dich – ob von mir oder jemand anderem – erreicht!

Was M. Twains Diktum anlangt, so habe ich damit – ausnahmsweise – so meine Probleme, denn ich halte Adjektive nicht per se für verachtenswertes Teufelswerk. Eine Untersuchung von V. K. Ashok et al. aus dem Bereich der statistischen Stilometrie („Success with Style“) liefert nämlich das – für viele vielleicht überraschende – Ergebnis, dass (neben einigen anderen nicht weniger überraschenden Faktoren) die mehr oder minder reichhaltige Verwendung von Adjektiven den Schreibstil erfolgreicher – sowohl im kommerziellen als literaturbetrieblichen Sinne – Literatur auszeichnet. Die Untersuchung galt zwar der englischsprachigen Literatur, aber die nahe sprachliche Verwandtschaft des Englischen und des Deutschen legt, denke ich, den heuristischen Schluss nahe, dass die Ergebnisse jener Untersuchung im Wesentlichen auch auf die deutschsprachige Literatur übertragbar sein dürften; was, wie ich finde, durch den bis heute ungebrochenen Erfolg der englischsprachigen Literatur auf dem hiesigen Buchmarkt gestützt wird.

In Bezug auf das konkrete Problem der Verwendung von Adjektiven, das sich dem Autor von Erzähltexten stellt, vertrete ich die – an K. R. Popper angelehnte – These, dass es darauf ankommt, die Adjektive so zu verwenden, dass es nicht auf sie ankommt. Anders gesagt: Sie sollten ihren – entscheidenden – Beitrag zur organischen Einheit der Sprachtextur eines Erzähltexts leisten; sie sollten jene Einheit jedoch nicht durch vorlautes Auftreten stören oder gar z e r stören.

Was das wortwörtliche Ausbuchstabieren von Sinneserfahrungen angeht, so finde ich, dass viele der betreffenden Autoren schlechterdings zu wenig auf die Einbildungskraft des Lesers vertrauen. In diesem Urteil stimme ich gewissermaßen mit A. Gide überein, der in seiner Poetologie des r e i n e n Romans ja bekanntlich für den Verzicht auf jegliche äußere Beschreibungen der Figuren plädierte. Und ist das eine (Sinneserfahrungen) nicht letztlich die Bedingung der Möglichkeit des anderen (äußere Erscheinungsbild der Figuren)? Und wenn also der Leser selber das andere zu übernehmen vermag, was durch das eine, das ebenso wie das andere in ihm selbst gründet, erst möglich wird, so – der logische Schluss – vermag er notwendigerweise auch das eine selber zu übernehmen. Es sei denn, zugegeben, es fehlte ihm schlechterdings an Einbildungskraft. Aber wer diese seinen Lesern generell absprechen wollte, der, denke ich, erginge sich in nichts anderem als anmaßender Geringschätzung!

Zu den „Kronblättern“: Ich stimme dir insofern zu, als jene Stelle eine der heikleren Stellen in meinem Entwurf einer Neufassung des ersten Abschnitts darstellt. Nur ist es so, dass die „hohen Hacken“ im Original der physiognomischen Andersartigkeit der Protagonistin – wie viele andere der von dir gewählten Beschreibungen ihres Äußeren notabene auch – n i c h t gerecht wird; in jenen „hohen Hacken“ liegt, wie ich finde, zu viel Mensch und zu wenig „Blaue Königin“ (was m. E. im Übrigen auch für die – wohl dem Fetischhintergrund geschuldete – Übernahme so profaner Materialien wie Latex etc. gilt). Die „Kronblätter“ waren mein Versuch, der Blauen Königin an jener Stelle im Text ein Quäntchen mehr der ihr gebührenden Andersartigkeit zu verleihen; er mag, so wie es dir scheint, gescheitert sein.

An „Sven“ stört mich nicht seine Rolle als „sidekick“, auch nicht die – von dir behauptete – Atypizität der Rollenverteilung in seiner Beziehung zu „Miriam“; letztere sehe ich zudem überhaupt nicht, denn, anders als du behauptest, füllt „Miriam“ in ihrer Zweisamkeit mit „Sven“ doch die typische Rolle der ‚schwachen Frau‘ aus, ich meine, sie schläft ja schließlich sogar – buchstäblich – in seinen Armen, an seine starke Schulter gelehnt ein! Und ein „klassischer Sidekick“ kann, denke ich, auch – oder gerade dann! – „wertvolle Beiträge“ zur Handlung liefern, wenn er vom Autor n i c h t als „love interest“ des Helden missbraucht wird. Das ist m. E. im vorliegenden Fall umso schlimmer, als jener Missbrauch so überflüssig wie in seinen narrativen Auswirkungen unstimmig und klischeebeladen ist!

Deinen Vergleich mit dem „Boléro“ von M. Ravel halte ich, obgleich ich weiß, worauf du hinauswillst (frei übersetzt: das Beste kommt zum Schluss), sowohl für unvorteilhaft als auch unzutreffend; ich meine, es gibt nicht wenige – ernstzunehmende – Stimmen (darunter die des Komponisten selbst!), die sich eher abfällig über besagtes Werk geäußert haben, und irgendwelche strukturellen Ähnlichkeiten (z. B. die fortwährende Wiederholung eines Leitmotivs analog zum Ostinato-Rhythmus der Musik) sind schlechterdings nicht vorhanden. Aber abgesehen von diesem Einzelfall halte ich Vergleiche zwischen Musik und Literatur generell für gewagt; es sei denn, es handelte sich um so einschlägige Bücher wie „Der Scherz“ von M. Kundera oder „Holzfällen“ von T. Bernhard; andernfalls, fürchte ich, wäre der Weg von der bloßen Unvorteilhaftigkeit zur peinlichen Prätention nicht weit.

In diesem Sinne

Auden James

_Faith__Faith_vor etwa 8 JahrenAutor
Auden, you saved my day

Ha! Da soll noch mal einer sagen, Auden James würde keine konstruktive Kritiken schreiben. Das ist eine er wertvollsten Textanalysen, die ich je bekommen habe, zumal sie auch mit einem üppigen Beispieltext versehen ist, der wirklich einige Untiefen weniger hat als mein Original.

Tausend Dank Auden!

Als Resümee vermerke ich für mich, dass Mark Twains Regel auch im Fetischbereich gilt. "Wenn du ein Adjektiv findest, töte es. Nicht alle, aber die meisten."

Gerade weil mir bei großartigen Kollegen dieses Genres immer wieder auffällt, dass sie durch den massiven Einsatz von Adjektiven eine besonders emotionale Dichte erzeugen (wollen), bin ich immer wieder versucht, dies auch auf diesem Weg zu schaffen. Es geht bei Fetischen um intensive Sinneserfahrungen, wie z.B. Farbe, Geruch, Geschmack, Haptik, Optik, ...

Alles Dinge die eben besonders gut durch Adjektive vermittelt werden können. Nun gut, den gezügelten Umgang mit Adjektiven nehme ich als Hausaufgabe mit.

Wenn ich nur ein einziges Wort in Deiner Neufassung kritisieren dürfte, wären es die "Kronblätter". Über dieses Wort bin ich so arg gestolpert, dass ich mir mental die Knie aufgeschlagen habe. Ich musste Googeln, habe dann verstanden was du meinst, war aber nicht zufrieden damit.

Hach ja, Sven hat ein schweres Los. So wie alle Männer die neben einer Superheldin bestehen müssen. Wenn sich Luise Lane an Supermanns Brust schmiegt ist alles gut. Aber wehe ein (normaler) Mann muss sich neben einer starken Frau beweisen. Sven ist ein klassischer Sidekick der im Laufe der Handlung noch wertvolle Beiträge leisten wird.

Sehr schön, dass Du zum Ende dieses Teils erkannt hast, dass man diese Geschichte weiterlesen muss. (So interpretiere ich dein Fazit einfach mal aus meinem subjektiven Blickwinkel) :-))

Wenn ich die Gesamthandlung mit einem Musikstück vergleichen müsste, würde ich es mit Maurice Ravels Bolero vergleichen und wir haben zum Ende dieses Teils nicht einmal zwei Minuten von dem Stück gehört...

lg

Faith

Auden JamesAuden Jamesvor etwa 8 Jahren
∴ { ◊ ◊ 2 STERNE ◊ ◊ }

.

Auden JamesAuden Jamesvor etwa 8 Jahren
Kitsch oder Kunst, das ist hier die Frage (des Autors an seinen schärfsten Kritiker)

Auf die inständige Bitte des Autors hin habe ich nun auch den zweiten Teil der „Nachtigall“ gelesen, wobei ich, wie von ihm erbeten, den kritischen Blick vorrangig auf den ersten Abschnitt legte. Zur besseren Übersicht werde ich diesen zunächst nach Absätzen gegliedert durchgehen, um sodann den sämtliche Kritikpunkte synthetisierenden Entwurf zu einer neuen Fassung des gesamten ersten Abschnitts anzufügen:

§ 1: Der erste Absatz geht grob in Ordnung, bis auf einige überflüssige Kleinigkeiten („Bewegung ihres Arms“), den ersten Satz (welche Jalousie weist nur eine einzige Spalte auf?) und das Satzfragment: „Glatt, glitschig und warm von den Fußspitzen bis zum Hals -- heiß zwischen den Schenkeln.“ Das ist mir zu unbestimmt und als Fragment buchstäblich zu stilbrüchig an dieser Stelle; der Gedankenstrich („--“) ist deplatziert, hier wären ein Semikolon oder ein einfaches Komma angebrachter gewesen. Und der Ausdruck „Ansatz ihrer Spalte“ kann ohne Verlust auf „ihre Spalte“ gekürzt werden.

§§ 2-3: Es finden sich viel zu viele Attributionen („schmachtende Kussmund“, „feuchtem Hochglanz“, „Ausruf höchster Erregung“), die das eher kurze und triviale Geschehen (Masturbation) unangemessen und unelegant (da durch die Adjektivüberlastung holprig zu lesen) aufblähen und fast bis zur Unkenntlich übersteigern. Die Bilder („Wellenschläge“, „Flammen“) passen zudem nicht zusammen. Das liest sich fast schon wie eine Parodie, die es doch ganz sicher nicht sein will!

§ 4: Der kitschige Euphemismus: „Knospen“ (statt Brustwarzen) ist das abschreckende Aushängeschild dieses Absatzes, der mit vielen bedeutungsarmen Adjektiven („ölig glänzende“, „guten“, „leichter“, „straff“, „emporstehend“) überhäuft dem geneigten Leser mit unangemessenem Nachdruck vermitteln will, was dieser sich leicht und ohne Weiteres vorstellen kann. Die Formel „mit sinnlichem Genuss“ kann ohne Verlust gestrichen werden.

§ 5: Was soll der Satz: „Mit einem verträumten Blick betrachtete sie ihre Füße, neigte den Kopf zur Seite und schloss kurz die Augen, um sich ein verspieltes Detail ins Bewusstsein zu rufen“, wenn das für seine Aussage zentrale Detail danach nicht erschlossen wird? Die Beschreibung der Fußbekleidung erscheint redundant; erst metaphorisch bezeigt („nach innen gewölbter Kelch“), dann profan ausbuchstabiert („ein Großteil ihres Gewichts lastete auf den Fußballen“), als ob der Autor am notwendigen Vorstellungsvermögen des geneigten Lesers zweifelte.

§§ 6-9: Es finden sich zunehmend weniger unangemessene Adjektive bzw. Attribute. Die direkte Rede fördert den Lesefluss. Das „Selbstgespräch“ wirkt erzähltechnisch ungeschickt (alternativ vielleicht erlebte Rede?), aber es ist besser als nichts.

§§ 10-11: Beim Umgang mit flüssigem Stickstoff reicht Fingerspitzengefühl oftmals nicht aus; falls nicht Miriams gesamte Physiologie „außerirdisch“ sein sollte, wären Tieftemperaturhandschuhe zur sicheren Handhabe anzuraten. Sie öffnet den Stickstofftank zwar, aber schließt ihn nicht mehr: nicht empfehlenswert! Kleinere Interpunktions- und Formulierungsunvollkommenheiten sind ohne Probleme ausbesserbar.

§§ 12-22: Die stärksten Absätze des Abschnitts. Der Schlusssatz bildet einen angemessenen „cliffhanger“, der den Leser neugierig macht, was mit Miriam passiert ist und was aus ihr werden wird. Formulierungskleinigkeiten (z. B. indirekte Wahrnehmung) sind schnell ausgebessert.

-- Neue Fassung --

§ 1

Sonnenlicht drang in Streifen durch die Spalten der Jalousie und zog sich quer über Miriams Gesicht. Sie erwachte und wollte ihre Hand schützend vor die blinzelnden Augen halten. Der Latexkokon, der ihren Körper umschloss, hinderte sie daran. Miriam rollte sich zur Seite und ertastete träge ihren Körper. Sie gurrte vor Lust, als ihr die beengende Situation bewusst wurde, und schob ihre Hand zwischen die zusammengepressten Beine. Von den Fußspitzen bis zum Hals war alles glatt, glitschig und warm; zwischen den Schenkeln verdichtete sich die Wärme zur Hitze eines offenen Feuers. Ihr Zeigefinger fuhr über den Venushügel, tauchte in ihre Spalte und kreiste um den pochenden Kitzler.

§ 2

Sie formte einen Kussmund und schloss ihre Augen. Das Blau ihrer Lippen glänzte wie ein Spiegel im sich verstärkenden Sonnenlicht. Die verführerischen Lippen entspannten sich begleitet von einem kaum hörbaren Schmatzen. Ihr geöffneter Mund formte ein verlockendes Oval. Er lockte in seinem entspannten Zustand mit aller Macht, die optisch vermittelbar war, nach Zuwendung, nach Penetration; gierte nach heißem Sperma, im Austausch für Sinneserfahrungen, die in keinem Verhältnis zur geleisteten Spende standen.

§ 3

Miriam leckte sich die Lippen und ihre Zunge hinterließ auf ihnen funkelnde Tröpfchen wie auf hochglanzpoliertem blauem Lack. In einem langgestreckten Stöhnen bäumte sich ihr stramm umhüllter Körper auf. Ihr Becken zuckte und sank zurück auf die Matratze. Die Fingerkuppe umkreiste ihren Kitzler ein letztes Mal, kam zur Ruhe und verharrte zwischen den Beinen. Miriam genoss die abklingenden Wellenschläge der lüsternen See in ihrem Leib, aber ihr Durst nach Sperma war keineswegs gestillt. Die Hitze breitete sich stärker aus als zuvor.

§ 4

Widerwillig schälte sie sich aus dem Kokon. Bei jeder Bewegung streichelte ein Lufthauch die ölige Oberfläche ihrer Haut. Von über einem Liter Babyöl war nur ein Film auf der Innenseite des Kokons übriggeblieben; den Rest hatte ihre Haut über Nacht aufgenommen. Sie glänzte saftig schwarz. Miriam griff nach ihren Brüsten, aber das stramme Fleisch entglitt ihr. Sie bekam nur die harten Brustwarzen zu greifen und schloss ihre Augen, um das spitze Ziehen zu genießen.

§ 5

Sie schob ihre Beine aus dem Bett. Mit dem ersten Schritt, den sie machte, hallte das helle Klacken hoher Absätze durch den Raum. Es waren i h r e Absätze, die verführerisch über den Boden nagelten; n i c h t die Absätze irgendwelcher Schuhe. Anstatt einer zierlichen Ferse ragte ein nach innen gewölbter Kelch dem Boden entgegen und lief in einem fingerdicken blauen Stängel aus, der ihren Mittelfuß stützte, während ihr Ballen das restliche Körpergewicht trug. Die unbedeckten Zehennägel leuchteten dunkelblau.

§ 6

In ihrer ganzen Pracht schritt sie nackt, auf steilen Kronblättern fußend, durch ihre Unterkunft. Auf dem Weg zur Küche blickte sie durch die offene Tür in den Raum, in dem der Pflanzkübel stand – und erstarrte in ihrer Bewegung. Aus der Oberseite der Datenkapsel, die sie erst vor wenigen Stunden eingepflanzt hatte, ragte ein kurzer fleischiger Stiel mit einer handtellergroßen, orangefarbenen Blüte.

§ 7

»Fuck!«, keuchte Miriam und erkannte den Grund für ihren ungewöhnlich großen Spermadurst: In ihrer Abstellkammer wuchs ein Cerebrat!

§ 8

»Fuuuuck!«, rief Miriam, als ihr bewusst wurde, was das für Konsequenzen haben würde. Mit hastigen Schritten eilte sie aus dem Raum. Das war doch klar gewesen! Wenn man die Dinger in feuchte Erde steckte, schlugen sie Wurzeln; dann wählten sie ihre pflanzliche Erscheinungsform. Warum hatte sie gestern nicht daran gedacht, als sie ihn einpflanzte?

§ 9

Miriam griff sich an die Stirn, als ihr die Erkenntnis kam. Sie hatte zwar der unmittelbaren Verlockung der Datenkapsel widerstehen können, war ihrer Macht dann aber doch erlegen – auf subtilere Weise.

§ 10

In der Küche stand ein großer Stickstoffbehälter, in dem sie eine Notration Sperma lagerte. Sie öffnete den Deckel. Weiße Stickstoffschwaden waberten über den schwarzen Glanz ihrer Arme. Miriam war in der Lage, ihren Spermabedarf aus eigener Kraft zu decken; für den Fall der Fälle wollte sie aber einen Notvorrat besitzen. Das Schwierigste war die Beschaffung des Behälters gewesen; den Stickstoff und die Spermaproben konnte man im Internet bestellen.

§ 11

Miriam zog eines der Fläschchen aus dem flüssigen Stickstoff. Sie hielt die Spermaprobe mit den Spitzen ihrer Fingernägel und schloss den Deckel des Tanks schnell wieder, um sich keine Erfrierungen zu holen. Sie legte das das Fläschchen vorsichtig auf die Küchentheke und suchte eine weitere Substanz, die sich in der hinteren Ecke ihrer Küche befand. Nach kurzer Zeit kam sie zurück in den Raum, in dem V'nyx der IV. die Strahlen der aufgehenden Sonne genoss. Miriam wusste nicht, warum sie den Namen des Wesens kannte. Die Information war plötzlich in ihrem Bewusstsein, hielt sie aber nicht von ihrem Vorhaben ab.

§ 12

Sie stellte eine große Flasche Chlorreiniger und das Fläschchen mit dem tiefgefrorenen Sperma auf den Boden neben dem Kübel. Dann baute sie sich selbstbewusst vor der Blüte auf, stemmte eine Hand in die Seite und belastete das gegenüberliegende Bein.

§ 13

»Siehst Du das?«, fragte sie provokant und zeigte auf ihre Lippen. »Die sind blau!«

§ 14

Die Blüte drehte sich ein Stück zur Seite, zeigte Miriam im Rahmen ihrer Möglichkeiten die kalte Schulter und provozierte die Blaue Königin damit erneut.

§ 15

Mit dem Finger, der in einem königsblauen spitzen Nagel auslief, zeigte sie erst auf den Chlorreiniger, dann auf die Spermaprobe.

§ 16

»Du kannst dir aussuchen, womit ich dich füttere. Wenn du auf deiner orangen Farbe beharrst, wird es deine letzte Mahlzeit sein.«

§ 17

Die Blüte schloss sich zu einer tropfenförmigen Knospe.

§ 18

»Du musst nicht gleich einschnappen; denk über mein Angebot nach!«, sagte Miriam und kniete sich neben den großen Blumentopf.

§ 19

Die Blüte öffnete sich wieder und ließ ihre Blattspitzen rhythmisch kreisen. Miriam beobachtete den pulsierenden orangefarbenen Stern und näherte sich ihm langsam. Die wabernden Konturen der Blüte nahmen ihr gesamtes Sehfeld ein – so etwas Faszinierendes hatte sie noch nie mit eigenen Augen gesehen. Nur in der visionären Welt ihrer Art war ihr bislang etwas Ähnliches begegnet – damals, als sie noch über die Fähigkeit verfügte, diese Welt sehen zu können. In einer Bewegung, schneller als ein Wimpernschlag, huschte die Blüte vor und schmiegte sich an Miriams Gesicht.

§ 20

Der kleine Stempel, der aus der Mitte hervorragte, schob sich sanft zwischen ihre Lippen. Miriam fühlte die Blattspitzen auf ihren Wangen. Das Pflänzchen war noch schwach, sie hätte sich losreißen können, aber gerade weil sie sich überlegen fühlte, verharrte sie mit gespitzten Lippen.

§ 21

›Blaue Königin, hm?‹, sagte die Stimme, die in Miriams Kopf ertönte. Die Stimme klang dunkel und knorrig.

§ 22

›... blinde Königin – dumme Königin!‹ In der Stimme schwang eine herablassende Überheblichkeit, die sich Miriam nicht länger gefallen lassen wollte. Sie versuchte, sich der schwachen Umklammerung zu entziehen, als ein dumpfer Schmerz ihr in den Hals fuhr und die Kraft zur Gegenwehr nahm. Die Blüte löste sich von ihr, aber der Schmerz wurde schlimmer. Ihre Kehle brannte; sie rang um Atem und verlor das Bewusstsein.

-- Ende der neuen Fassung --

Nachdem ich so weit gelesen hatte, dachte ich mir, dass ich auch den Rest des Texts lesen könnte; was ich dann auch tat. Und was folgte, gefiel deutlich besser als der erste Abschnitt! Als Hauptgrund ist die Zurücknahme der ‚sprachlichen Überlastung‘ zu nennen, die noch in den §§ 1-5 des ersten Abschnitts den Lesefluss ein ums andere Mal erheblich störte. Außerdem zog das Erzähltempo in der Mitte rasant an, was mit dem Haupthandlungsort – einem Ferrari F12 – in diesen Passagen passend zusammenfiel. Einzig die Frage, ob der Perspektivwechsel von Miriam zum Autohändler wirklich notwendig gewesen wäre, ist von meiner Warte aus nicht eindeutig zu beantworten. Zu diesem, in meinen Augen mit Abstand stärksten Teil des Texts, noch zwei Detailanmerkungen:

Zitat: „[Sie] streichelte sich nachdenklich über ihren Hals hinter der zierlichen, eng anliegenden Ohrmuschel.“ Warum das doppelte Attribut „zierlichen, eng anliegenden“? Ist es so wichtig für den geneigten Leser zu erfahren, dass Miriams Ohrmuschel nicht nur „zierlich“, sondern auch „eng anliegend“ ist? Außerdem: Ist nicht hinter der Ohrmuschel – für gewöhnlich zumindest – der Hals schon zu Ende? Tasten die Finger dort nicht das Os temporale und damit die Härte des Schädelknochens? Oder unterscheidet sich Miriams Physiognomie (auch) in dieser Hinsicht signifikant von der des modernen Menschen (dann sollte dies allerdings, was es nicht wird, im Text auch deutlich werden)?

Zitat: „Er war zu jung für einen Herzinfarkt, aber die Gelegenheit wäre günstig gewesen.“ Inwiefern wäre ein Herzinfarkt als Beifahrer „bei über 250 Stundenkilometern“ auf der Autobahn „günstig gewesen“?

Die anschließende Episode (bzw. der gesamte „sub plot“) mit Sven überzeugte mich hingegen nicht. Die starke Anziehung, die Miriam ihm gegenüber vorgeblich verspüre, wirkt auf mich – vorsichtig formuliert – untermotiviert. Das „zufällige“ Zusammentreffen – im Wortsinn – der beiden unterstreicht in meinen Augen nur den ‚erzwungenen Status‘ ihrer Beziehung, die vom Autor, so hat es den Anschein, seinen Figuren geradezu aufoktroyiert wird, nur um dem Hollywoodklischee gemäß eine Liebesbeziehung in seiner phantastische Abenteuergeschichte unterzubringen. Nicht weniger Klischee ist der „love interest“ der Heldin, besagter Sven, der Informatikstudent, der – natürlich (dem Hollywoodklischee genügend)! – überhaupt nicht wie ein Informatikstudent daherkommt. Was vielleicht als Ironie gedacht war, stellt sich somit als abgegriffen und witzlos heraus.

Glücklicherweise wird diesem ärgerlichen, weil: unglaubwürdigen und ironisch gescheiterten romantischen Einschub seitens Heldin noch vor dem Schlussteil des Texts ein Ende gesetzt.

Jener Schlussteil schließt dann glücklicherweise wiederum an den Mittelteil des Texts an. Tempo und Spannung werden angezogen und – endlich, bin ich geneigte zu sagen! – lotet der Autor auch die phantastischen Erzählsituationen aus, die die „Anderswelt“ der Vorstellung des geneigten Lesers nachgerade aufdrängelt. Und was dem Schluss des ersten Teils noch so schmerzlich fehlte, findet sich nun am Ende dieses zweiten Teils: ein gelungener „cliffhanger“! So stellen sich dem geneigten Leser die drängenden Fragen: Was wird mit Miriam geschehen? Ist sie V’nyx dem IV. tatsächlich in die Falle gegangen? Wer die Antwort wissen will, kommt nicht umhin weiterzulesen. Sehr gut!

Fazit: Der zweite Teil macht Vieles um vieles besser als der erste Teil. Einige Unvollkommenheiten, die verblieben oder neu hinzugekommen sind, verhindern jedoch eine höhere Wertung. Aber dessen ungeachtet verblasst das gesamte sonstige aktuelle Textangebot im dt. LIT gegenüber dem erzählerischen Schwung und Einfallsreichtum dieser Geschichte! Eine klare Leseempfehlung.

–AJ

_Faith__Faith_vor etwa 8 JahrenAutor
Sammelantwort

@fliegender Amboss: danke, freut mich wenn es spannend UND erregend ist, so war es geplant. Beim Lesen der Vorläufer bitte Nachsicht walten lassen, das waren holprige Anfänge.

@Anonymous 1 - 3: danke und kein Angst, es geht weiter.

@maclake: danke, und: ja, ich schreibe weiter. Immer dann, wenn mir was erzählenswertes einfällt.

@balubaer1262: danke für die Punkte.

lg

Faith

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