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Zeit der Not 01

Geschichte Info
Eine Familie im Umbruch.
12.1k Wörter
4.5
54.3k
7
Geschichte hat keine Tags

Teil 1 der 12 teiligen Serie

Aktualisiert 06/11/2023
Erstellt 02/16/2022
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Vorbemerkungen:

Diese Geschichte entspringt ausschließlich meiner Phantasie.

Ähnlichkeiten mit Institutionen und/oder lebenden oder toten Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt

©sirachibald

Die Geschichte handelt von einer Familie im Umbruch.

In ihr beschreiben die Protagonisten die Geschehnisse in Form von Berichten jeweils aus ihrer Sicht. Dabei kommt es -besonders bei der Wiedergabe von "wörtlicher Rede"- leider auch zu Wiederholungen, was einerseits anders nicht möglich war und was ich andererseits zu entschuldigen bitte.

Ach, eins noch:

Es geht nicht sofort in die "Vollen"!

Wer meine Geschichten kennt (und mag?) weiß, daß ich es langsam angehen lasse

***************************************************************************

Zeit der Not 01

I

Bericht Carsten

Gut ein halbes Jahr ist mein siebzehnter Geburtstag nun her. Seit ihm hat sich in meinem Leben so viel geändert, daß ich es irgendwie loswerden, mich irgendwem mitteilen muß.

Mein Problem ist dabei jedoch so heikel, daß ich mich nur jemandem offenbaren könnte, von dem ich weiß, daß er mein diesbezügliches Vertrauen nicht mißbraucht. Da mir insoweit noch die richtige Menschenkenntnis fehlt, schreibe ich, um ja nichts zu vergessen, zunächst einmal alles auf.

Ich werde dazu meinen Computer, genauer gesagt ein Textverarbeitungsprogramm verwenden. Das hat zwei Vorteile. Zum einen kann ich einfach mal so, sozusagen ins Unreine schreiben und, sollte sich die Notwendigkeit ergeben, den Text bei Bedarf auch wieder abändern. Zum anderen verbrauche ich auf diese Weise kein Papier und, was wichtiger ist, ich kann den Text -wenn auch nicht mit absoluter Sicherheit- so doch aber wesentlich einfacher vor unbefugter Einsichtnahme schützen, als es mir möglich wäre, wenn ich Papier beschriebe.

Doch bevor ich nun wirklich "einsteige", will ich mich kurz vorstellen:

Ich heiße Carsten. Meinen Nachnamen zu erwähnen, spare ich mir. Klar, daß ich in meinem Alter noch zur Schule gehe. Meine Freunde, denen "Carsten" zu lang ist, nennen mich schlicht und ergreifend Cas (englisch ausgesprochen natürlich, also Cäs!). Auch meine Schwester Sarah, sie ist nur ein Jahr jünger als ich, nennt mich so. Unsere Eltern, die wir je nach Lust und Laune mal Papa, Mama, Mami, Mutti, Vati, Dad, Paps, Mam, Muttsch und so nennen, heißen mit ihren Vornamen Andre und Kathja. Als sie mich kriegten, waren sie noch sehr jung. Mutti wohl gerade erst neunzehn und Papa irgendwo bei einundzwanzig.

Im Zuge meiner "Aufklärung" haben wir uns mal darüber unterhalten: Als ich "gemacht" wurde -wie das im einzelnen vor sich geht, wußte ich allerdings schon lange- gab es zwar schon die Pille. So rückständig aber, wie die Moralvorstellungen seinerzeit noch gewesen sein müssen, gab es sie nur für erwachsene Frauen, die keine Kinder mehr kriegen wollten. Einem jungen Mädchen, das Mam damals ja noch war, wurde sie schlichtweg verweigert. Und so kam, was -nach Papas Worten- kommen mußte. Der Kondom (Präser sagten die beiden), den die beiden benutzten, ging während des "Aktes" -ja, so nannten die beiden es- kaputt und das war der Grund dafür, daß ich neun Monate nach dem "Unfall" das Licht der Welt erblickte.

Klar war, daß die beiden heiraten mußten. Mußten! Was ein Blödsinn: Zu heiraten, nur, weil die Eltern des Mädchens und des Jungen und die sogenannte Allgemeinheit darauf bestehen zu müssen meinten und nur, weil ein Kind unterwegs war. Die beiden hätten es lassen sollen. Es wäre meiner Einschätzung nach für beide besser gewesen. Ich wäre auch so bei einem von ihnen, wahrscheinlich bei meiner Mutter, groß geworden. Der andere hätte eben Alimente gezahlt. Manch unbehagliche Situation wäre vermieden worden und wohl auch die Tatsache, daß unsere Eltern heute zwar noch verheiratet sind, so, wie es den Anschein hat, jedoch nur auf dem Papier. Es vergehen manchmal Tage, in denen sie kaum ein Wort miteinander reden. Sie streiten sich zwar nicht, sie haben sich aber auch kaum etwas zu sagen. Ein richtiges Zusammenleben ist das nach meinem Empfinden nicht. Nein, das stelle ich mir anders vor, ganz anders!

Dabei sind die beiden, jeder für sich betrachtet, liebenswerte und liebevolle, verständnisvolle Menschen.

Jetzt ist es schon soweit, jetzt weiß ich nicht, wie ich meine Gedanken und Gefühle beschreiben soll. Meine Mam und mein Paps, sie sind viel, viel mehr für mich, als ich es beschreiben kann. Auch, wenn ich es ihnen gegenüber wahrscheinlich nie zugeben, es ihnen möglicherweise auch nie sagen würde: Ich liebe sie. Ich liebe meinen Paps; er ist der beste der Welt. Und die gleichen Empfindungen hege ich gegenüber meiner Mutter. Manchmal gehen diese Gefühle noch ein ganzes Stück weiter. So weit, daß sie sogar in gewissen Träumen...... aber lassen wir das. Obwohl ich solche Träume gar nicht haben möchte; sie kommen von allein und.... und ich schäme mich dafür.

Wie Sarah über das alles denkt, weiß ich nicht; wir haben noch nicht darüber gesprochen. Dafür ist das Küken ja auch noch ein bißchen zu jung. Aber ich liebe auch Sarah, meistens jedenfalls. Manchmal, ja, manchmal hasse ich sie auch, könnte sie, wenn sie ihren Sturkopf aufsetzt, sogar "fressen". Umbringen! Aber wenn ihr jemand was will, wenn ihr irgendein Blödmann gegen ihren Willen zu nahe tritt.... Nun, dann geht es zur Sache. Neulich erst noch. Himmel, habe ich dem Ar....loch, das meine Schwester auf die mieseste Tour anmachte.... Himmel..... habe ich dem was auf die Nuß gegeben.

Dabei bin ich gar nicht so stark oder groß. Das letzte Mal, als ich wegen so 'nem blöden Schnupfen beim Arzt war, wurde ich auch gemessen und gewogen. Damals, vor etwas über einem Jahr, war ich einen Meter achtundsiebzig groß und wog einundsiebzig Kilo. Es gibt größere, stärkere und schwerere Mitschüler. Ich habe jedoch einen großen Vorteil: Ich bin schnell. Als Sarah wegen dieses Burschen heulend zu mir kam, wurde ich so richtig wütend. Was hatte dieser Kerl aus meiner Parallelklasse mit meiner Schwester zu schaffen? Wieso nahm er sich das Recht heraus, sie mit unflätigen Worten anzumachen, ihr anzubieten, sie zu "ficken"? Schwein das! Ich war so wütend, daß ich alle Angst und alle Vorsicht vergaß. Der Bursche nahm sich sowieso zuviel heraus, glaubte aufgrund seines Alters und vor allem seiner Körperkräfte alle kujonieren zu dürfen und zu müssen, die ihm nicht gewachsen waren. "Big Chief" ließ er sich nennen, "Big Chief"!!

Na, ich hin zu ihm, der mich um fast einen Kopf überragt. Als ich ihn zur Rede stellte, grinste der Sitzenbleiber, der nur deshalb in meiner Parallelklasse ist, weil er vor zwei Jahren in der zehnten Klasse eine "Ehrenrunde" gedreht hat, hämisch auf mich herunter. Ich merkte, er wollte nicht diskutieren. Und sich entschuldigen? Das schon gar nicht. Er war eindeutig auf Zoff aus.

Ich könnte nun viel erzählen von eingeschlagenen Zähnen, blauen Augen, und davon, wie gefährlich die Sache für mich war. Ich mache es kurz:

Was hatte er Sarah angeboten? Sie zu ficken? Seinen dreckigen, stinkigen Schwanz wollte er in meine Schwester stecken? Jeder andere vielleicht. Dieser Saukerl jedenfalls nicht. Das wollte ich ihm abgewöhnen, ein für alle Mal. Der sollte keine Mädchen mehr anmachen. Nicht meine Schwester, nicht andere Mädchen.

Schließlich hatte ich ihn soweit, daß er in aller Öffentlichkeit vor Sarah kniete und laut und deutlich sagte:

"Ich bitte um Entschuldigung. Ich werde so etwas ganz bestimmt nicht noch einmal tun."

Zweimal redete ich ihm diese Sätze vor und erst, als ich ihm ein weiteres Mal weh getan hatte, bequemte er sich endlich, diese Worte zu sagen. Die Angst vor weiteren Schlägen in seinem Blick werde ich nie vergessen.

Die Demütigung war eine vollständige. "Big Chief" war anschließend überhaupt nichts mehr, weder "Big" noch "Chief" und wandelte sich ganz überraschend von einem Ekelpaket in einen annehmbaren Schulkameraden, der allen Mitschülern und Mitschülerinnen respektvoll begegnete und der ganz besonders mich schon aus weiter Ferne grüßte. Keiner hatte mehr Schwierigkeiten mit ihm und selbst die Lehrer wunderten sich.

Ich selbst bin seither der ungekrönte "Herrscher" in der Schule, was ich aber eigentlich gar nicht sein will. Doch ich kann nichts machen. Man "reißt" sich nun mal um meine Freundschaft, ich werde um meine Meinung in diesem oder jenem Zusammenhang gebeten und und und. Ganz besonders bei den Mädchen komme ich gut an und selbst Sarahs Benehmen mir gegenüber hat sich gewandelt. Manchmal himmelt sie mich, ihren 'großen Bruder', geradezu an, so, daß es mir manchmal schon peinlich ist. Aber wenn sie mit mir schmusen will, wird mir die ganze Sache denn doch zu arg. Sie hat etwas an sich.... ich weiß nicht was. Wie auch immer... ich bekomme regelmäßig sonderbare Gefühle, wenn sie mich umarmt, sich an mich drängt und wenn ich ihren heißen Atem auf meinen Wangen fühle.

Ja, ich gebe es zu, ich werde steif, mein Glied richtet sich auf und ich bin dann immer fürchterlich erregt. Manchmal genügt dieses Wort als Zustandsbeschreibung nicht. Geil ist dann das richtige Wort. Ich bin dann manchmal so geil, daß ich auf die Toilette laufen und mir einen von der Palme schütteln muß.

Ich muß Sarah das abgewöhnen. Wenn sie auch sonst noch in vielen und für viele Dinge zu jung ist, um mit mir, ihrem Bruder, zu schmusen, in dieser Art noch dazu, dazu ist sie entschieden zu alt.

So, ich denke, ich habe zumindest einen kurzen Einblick in meine Familie und in meine derzeitigen Lebensumstände gegeben. Fange ich nun mit dem eigentlichen Zweck meines Schreibens an.

Ich glaube, daß alles mit meinem Computer angefangen hat. Mit ihm und mit meiner Neugier.

Zu meinem 17. bekam ich von meinen Eltern einen niegelnagelneuen PC mit allem Drum und Dran geschenkt. Mein Papa, selbst ein Computer-Freak, hatte ihn ausgesucht und nicht gespart.

Ach ja, habe ich schon gesagt, daß wir nicht arm sind? Papa verdient in seiner Firma eine "schöne Stange Geld" wie er immer sagt und Mutti ist von zu Hause aus recht begütert. Ihre Großmutter hat ihr ein eigenes kleines Vermögen hinterlassen, das diese wiederum von ihrem Vater, meinem Ururgroßvater also, einem ehemals großen Landwirt geerbt hatte. Muttis Vorfahre hatte die Zeichen der Zeit erkannt und seine Ländereien verkauft. Das Geld, das er dafür bekam, hatte er geschickt und gut angelegt und mit der Zeit waren trotz Inflation und Geldentwertung aus einigen zehntausend Mark, "Goldmark", wenn ich das richtig verstanden hatte, einige hunderttausend geworden. Dieses Vermögen besteht nunmehr aus Anteilen an der Firma, die Vati seit einigen Jahren leitet.

Vaters Familie war eine nicht unbedingt mit irdischen Gütern gesegnete, dafür aber eine hochangesehene Arztfamilie. Nur so läßt sich wohl erklären, daß meine Eltern zusammengefunden haben und auch, wenn sie mußten, heiraten durften. Paradox, nicht? Obwohl das alles schon in der Neuzeit stattgefunden hat, galt damals auf dem Land noch die Devise Geld zu Geld. Wäre mein Paps der Sproß einer armen Familie gewesen, die nicht in dem Ansehen gestanden hätte, in dem sie nun mal stand, Muttis Eltern hätten ihre Einwilligung nie gegeben. In diesem Fall wäre ich tatsächlich als Kind einer ledigen Mutter aufgewachsen und Sarah hätte es wohl nie gegeben.....

Also, der Computer....

Als ich ihn auspackte -ich ahnte angesichts des Umfangs des Paketes natürlich sofort, was sich darin befand- war ich happy. Ich.... ich war nun Besitzer dieser tollen "Maschine". Kein anderer meiner Mitschüler hatte einen so modernen, schnellen Rechner.

Hatte ich vorher immer bei Uwe gesessen, wo wir gemeinsam auf seiner Uralt-Maschine Spiele spielten oder uns als "Hacker" versuchten, massenweise Raub-Kopien von Spielen herstellten und und und, so saß nun er bei mir und gemeinsam vervollständigten wir unsere Kenntnisse auf der Betriebs-System-Ebene und der verschiedensten Software.

Schade nur, daß Uwe, mit dem ich mich prächtig verstanden hatte, nein, daß Uwes Eltern schon kurze Zeit später -natürlich mit Uwe- nach München verzogen.

Da Uwe und ich uns so gut verstanden hatten, hatte ich kaum andere Bekanntschaften aufgebaut und deshalb stand ich plötzlich irgendwie allein da. Das war gerade die Zeit, in der die Dinge mehr und mehr in Bewegung kamen und in deren Folge ich mich mehr und mehr von anderen zurückzog. Oder war es umgedreht, zog ich mich zurück, weil "die Dinge" mich so fesselten, mich so für sich vereinnahmten, daß ich für anderes keine Zeit mehr hatte?

Wie auch immer, es begann damit, daß ich auf der Festplatte von Vaters PC herumzustöbern versuchte.

Seit Papa seinen Computer -auch das jeweils neueste Modell- besitzt und oft auch zu Hause daran arbeitet, fragte ich mich, was er da eigentlich tut.

Er spielt keine Spiele. Im Gegenteil, immer, wenn ich ihn in seinem Arbeitszimmer aufsuchte, war eine Textverarbeitung, eine Tabellenkalkulation oder eine Datenbank auf seinem Schirm zu sehen. Er arbeitete wirklich daran, besprach mit mir auch so manche Anwendung, die er schreiben wollte und fragte, wie denn diese oder jene Formel am besten zu programmieren sei, wie ein bestimmtes Makro für die Textverarbeitung wohl "aussehen" müsse und so weiter und so fort.

Oft aber griff er, wenn ich sein Zimmer betrat, schnell zur Maus, klickte, zog, und nach einem kurzen Flackern des Bildschirms erschien eine andere Anwendung. Es war ganz klar: Papa befaßte sich an seiner "Kiste" mit Dingen, die ich nicht sehen sollte. Und gerade das war es, was mich neugierig werden ließ.

An einem Abend, als er und Mutter einen auswärtigen Besuch machten, von dem sie erst spät in der Nacht nach Hause kommen würden, war die Gelegenheit günstig und wohl deshalb, weil sie günstig war, konnte ich meine Neugier nicht mehr zügeln. Vorsichtig, damit Sarah, die sich in ihrem Zimmer aufhielt, nichts bemerkte, schlich ich mich über den Flur in Papas Arbeitszimmer und gleich darauf lagen meine Finger auf der Tastatur.

"Scheiße," entfuhr es mir ungewollt, als der Computer nicht bootete. "Password" leuchtete mir eine Anzeige entgegen. Ganz oben, noch bevor das BIOS eingelesen wurde, war ein Paßwort einzugeben. Da würde selbst eine bootfähige Diskette nicht helfen.

Ich versuchte es mit den Namen, Vornamen, Geburts- und sonstigen Daten aus unserer Familie; es half alles nichts, ich kam nicht ins System.

Aus der Traum. Nichts ging, nichts würde gehen, es sei denn, ich würde die Kiste zum Händler schleppen und die BIOS-Chips auswechseln lassen bzw. sie selbst auswechseln. Das war etwas, wovor ich mich nicht bange machte. Ein solches Vorgehen aber kostete Geld und vor allem Zeit. Zeit, die ich nicht hatte. Soviel Zeit, daß ich unter der Schreibunterlage und in sonstigen Papieren nachsehen konnte, ob er das Paßwort irgendwo aufgeschrieben hatte -manche Leute tun das- hatte ich aber noch. Doch auch meine diesbezüglichen Bemühungen hatten keinen Erfolg.

Folglich ging ich leise und unhörbar den umgekehrten Weg über den Flur zurück in mein Zimmer. Jetzt erst recht neugierig. Welche Geheimnisse versteckten sich in Form von Bits und Bytes auf Papas Rechner? Was tat er so lange, manchmal bis spät in die Nacht an der "Kiste"? Soviele verschiedene Anwendungen für das Büro konnte man doch gar nicht schreiben. Und daß er nicht im Internet-Systemen herumsurfte, war auch klar. Die Telefon-Rechnungen, die er in einem Ordner aufbewahrte, waren zum einen nicht sehr hoch und zum anderen waren sie immer ziemlich gleich hoch. Darüber hinaus wußte ich, daß Mutti viel telefonierte und auch Sarah einige Zeit am Tag mit ihren diversen Freundinnen sprach. Was also tat Papa immer so lange?

Meine eigene Kiste in dieser Hinsicht untersuchend, rief ich das BIOS-Setup wohl an die zwanzig mal auf, aber außer, daß ich wußte, wo ich welche Einstellungen hinschreiben mußte, fand ich keinen Weg, der es mir erlaubt hätte, sie so zu verändern, daß ich das Paßwort umgehen konnte. Auch der Set-up - Aufruf war ja paßwortgeschützt. Ja, wenn ich schon "hinter" dem BIOS gewesen wäre, dann hätte es eine Möglichkeit gegeben. Aber so? Nichts zu machen. Der Zufall, nur ein Zufall konnte mich in den Besitz des Paßwortes bringen. Der Zufall oder besser, eigenes intensives Nachdenken.

Acht ASCII-Zeichen verlangte das Ding. Nur acht von zweihundertsechsundfünfzig! Die hohe Anzahl der Kombinationsmöglichkeiten dieser ASCII-Zeichen, sie stellten das eigentliche Problem dar. Auf der anderen Seite reduzierten sich die Möglichkeiten auf wahrscheinlich nur einige zehn, da ein Paßwort, an das man sich ja auch erinnern können muß, meistens eine sinnvolle Kombination dieser Zeichen und zumeist einen Namen oder ein bestimmtes Datum ist. Wilde, unzusammenhängende, nicht sinnvolle Kombinationen vergißt man eben zu leicht.

In den folgenden Tagen schrieb ich aus unseren Familienpapieren alle möglichen Namen und Daten heraus und schrieb sie auch gleich in mehreren Versionen, in umgekehrter Reihenfolge zum Beispiel, in der Mitte beginnend und nach links bzw. rechts sich fortsetzend und, besonders auch Daten in der englischen Schreibweise, also Monat, Tag und Jahr auf das Papier. Auf diese Weise stellte ich mir einige fünfzig Kombinationen zusammen, wobei ich mir sicher war, daß sich darunter auch die richtige befand.

Als sich eine neue Möglichkeit ergab ungestört an Papas Kiste zu sitzen, machte ich mich an die Arbeit. Meine Finger flitzten nur so über die Tasten und.... auch Essig!

Auf diesem Weg würde ich also nicht in Vatis "Kiste" einbrechen können. Wie aber dann?

Nach einigen Tagen kam mir eine andere Idee, die ich auch sogleich in die Tat umsetzte. Zunächst kaufte ich mir einige Meter Kabel, verschiedene Schalter, einen Elektronik-Lötkolben, Lötzinn und und und. Damit bastelte ich dann erst einmal an meinem eigenen Gerät herum.

Ja, es klappte! Nach tagelangem Experementieren, dem Verlegen von Kabeln, des Einbauens von Schaltern und sonstiger elektronischer Bauteile, des Ein- und wieder Auslötens von elektrischen Anschlüssen usw hatte ich -aus Versuchsgründen- zunächst meinen eigenen Computer mit Erfolg manipuliert. Ich konnte nun zwei Tastaturen benutzen. Durch einen Schalter konnte ich von einer auf die andere umschalten.

Was an meinem Gerät funktionierte, funktionierte schließlich auch an Papas Maschine. Insgesamt dauerte es aber doch so an die drei Wochen, bis ich -unsichtbar- die Leitungen und Anschlüsse verlegt und eingebaut und seine Tastuatur schließlich so mit der meinen und der entsprechenden Schnittstelle verkabelt hatte, daß nach dem Umlegen des Schalters die Buchstaben- und Zahlenkombinationen, die Vati über seine Tastatur in sein Gerät eingab, auch auf meinem Bildschirm erschienen.

Lustig fand ich dabei, daß auf seinem Bildschirm -programmgesteuert- nur kleine Sternchen erschienen, während auf meinem Schirm der Klartaxt zu lesen sein würde.

Einziges Problem war nur noch, daß ich den Zeitpunkt, in dem Papa seine Kiste "hochfuhr" nicht verpassen durfte. Mein Computer mußte bereits gebootet und der Schalter in die entsprechende Lage gebracht worden sein, wenn Papa sein Paßwort eingab.

So, wie ich es mir ausgerechnet hatte, geschah es. Wenige Tage später war ich im Besitz von Papas Paßwort und kurz darauf gelang es mir während seiner Abwesenheit ein vollständiges Backup seiner Datendateien zu machen.

Doch Vati hatte noch eine "Schweinerei" eingebaut. Während ich einige Dateien über die entsprechenden Programme ohne weiteres laden konnte, waren andere wiederum mit einem Paßwort geschützt. Nein, nicht mit dem System-Paßwort, mit einem anderen!

Das war nicht weiter schlimm, führte meine Kiste doch die Befehle aus, die Papa auf seiner Tastatur eingab. Wollte er zum Beispiel mit "Windows" arbeiten, gab er den entsprechenden Befehl ein, drückte "Enter" und schon wurde das Programm geladen. Doch nicht nur auf seinem Rechner, auch auf meinem.

Ich hatte jedoch keine Lust die ganze Zeit über am Bildschirm zu hocken und untätig zuzusehen, welche Anwendungen er sich mit der Tabellenkalkulation oder dem Textverarbeitungsprogramm schrieb. Und, wie der Teufel es wollte, beschäftigte er sich in den ersten Tagen nachdem ich in den Besitz seines Paßwortes gekommen war, nicht mit seinen "geheimen" Dateien. Und selbst wenn er sich damit befaßt hätte, hätte ich nur so lange in sie hineinsehen können, wie er selbst sich damit abgab.