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Zu Schön, Um Wahr Zu Sein? 06

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"Ich brauche keinen Babysitter!" Bence war schon wieder fit genug, um zu maulen. Beide Frauen ignorierten seinen Einwand.

"Ja, das können wir auf jeden Fall organisieren. Danke, Frau Doktor."

Damit schob der Pfleger Bence bis zum Ausgang, wo er wartete, bis Heike das Auto geholt hatte und ihn direkt vor der Tür einsteigen ließ.

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Sandra hatte von all der Aufregung nichts mitbekommen. Sie schuftete längst wieder als Tierpflegerin, auch wenn sie immer noch eine Stütze am Knie trug. Henning arbeitet im Moment noch mit ihr zusammen, würde aber ebenfalls Ende Oktober hier weg sein. Sie vertrugen sich, sprachen freundlich miteinander, gingen sich aber eher aus dem Weg. Sie hatten ihre Beziehung nie offiziell beendet, aber streng genommen hatte sie auch niemals offiziell begonnen. Privat hatten sie sich seit Sandras Abfahrt zur Reha nie wieder getroffen, an Sex war gar nicht zu denken. Sandra fand es schade, hatte sich aber inzwischen an den Gedanken gewöhnt, dass Henning nur eine Sommerliebe gewesen war.

Heute jedoch hatte sie sich frei genommen. Am Vorabend hatte Lukas sie angerufen und gefragt, ob sie mit ihm wegfahren konnte. Wohin, wollte er ihr nicht verraten. Sie hatte Lukas in den letzten Wochen ein paar Mal getroffen. Er war nett zu ihr und er tat ihr gut. Also war sie von ihrer Wohnung zu Joe in die Küche hinuntergegangen und hatte ihn gefragt, ob sie kurzfristig am nächsten Tag ausfallen konnte. Er hatte nichts dagegen gehabt. Henning war ja noch da.

Sandra hatte also am Morgen zwei Thermobecher mit Kaffee befüllt, war zum Tierheim gefahren, hatte beim Umsteigen in Lukas' Auto einen der Becher an ihn weitergereicht und sie waren losgefahren.

Lukas hatte nicht mit einem Kaffee gerechnet und freute sich mehr darüber, als im Grunde gerechtfertigt war. Er hatte Sandra schon in ihren lange zurückliegenden Zeiten als Tierschutzaktivisten gemocht und festgestellt, dass sich daran nichts geändert hatte. Was sie von ihm hielt, wusste er jedoch nicht so genau. Er wusste, dass sie frisch getrennt war und so fand er diesen Freundschaftsbeweis wirklich nett.

"Wann verrätst du mir, wo wir hinfahren?"

Lukas lächelte sie an. "Ich kann es dir erzählen, wenn du willst. Es ist kein Geheimnis, ich wollte dir nur etwas zum Nachdenken geben. Irgendwie muss ich doch erreichen, dass du nachts an mich denkst."

Sandra lachte. "Ok, aber die Nacht ist um, du kannst es mir jetzt sagen."

Sein Lächeln erstarb. "In Engstal ist ein Fall von Animalhording bekannt geworden. Wir sollen schauen, wie viele Tiere wir nehmen können. Nachdem es anscheinend auch Nutztiere gibt, dachte ich, du könntest prüfen, ob welche zu euch passen und du redest dann mit Joe und Hannes."

"Ach du Scheiße!", war Sandras einziger Kommentar. Nach dem Eintreffen auf dem völlig verwahrlosten Bauernhof wiederholte sie die Worte immer und immer wieder. Es war schrecklich. Im Wohnhaus gab es eine Unzahl von Katzen und Hunden, verschreckt, verschmutzt und viele von ihnen schwer krank. Im Stall lagen noch die Kadaver mehrerer verdursteter Rinder. Ein paar Schafe und drei Alpakas hatten etwas mehr Glück gehabt. Sie waren auf der Weide untergebracht gewesen und hatten jetzt im Herbst zumindest bei Regen Wasser bekommen. Sie alle waren in einem grauenhaften Zustand. Falls sie noch zu retten waren, stand ihnen vermutlich ein Winter ohne Freigang bevor, denn Sandra konnte sich nicht vorstellen, dass auch nur eines der Tiere ohne Schur sauber zu bekommen war.

Sie machte Fotos, damit sie ihre beiden Chefs informieren konnte, während Lukas die Transportboxen in seinem Auto mit immer mehr Katzen befüllte. Die Hunde wurden von einem anderen Tierheim eingesammelt und Helfer aus dem Ort hatten sich mit gespendetem Heu eingefunden, das sie auf der Weide in den Raufen verteilten.

Am Heimweg waren beide sehr schweigsam. Wie konnte es immer wieder so weit kommen, ohne dass es jemandem auffiel?

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Heike hielt vor der Unterkunft von Bence und Antal. Die Brüder teilten sich ein Zimmer des langgestreckten, ebenerdigen Gebäudes. Antal war bereits da und half Bence aus dem Wagen. "Bruder, du siehst echt nicht gut aus."

"Danke, das hilft mir jetzt wirklich." Bence ging langsam auf sein Zimmer zu.

Antal öffnete die Tür und ließ Bence und Heike vor sich eintreten. Erschöpft setzte Bence sich aufs Bett.

"Gut", sagte Heike. "Es sieht so aus: Bence hat neben den sichtbaren Verletzungen wahrscheinlich auch eine Gehirnerschütterung. Er darf also die nächsten 24 Stunden keinesfalls alleine bleiben und soll nie länger als eine Stunde schlafen. Ich rede mit Zlatko, er soll sich mit dir abwechseln oder jemanden schicken, der das kann. Wenn Bences Kopfschmerzen stärker werden oder er Schwindelgefühle hat, rufst du bitte sofort den Arzt an. Auch wenn du merkst, dass er verwirrt oder seltsam wird."

"Er könnte noch seltsamer werden?"

Heike musste grinsen, als Bence einen seiner Sportschuhe nach Antal warf. "Ich lasse euch jetzt alleine, aber bitte melde dich unbedingt, wenn einer von euch etwas braucht. Du hast morgen natürlich keinen Dienst, bleib bei Bence." Damit ging sie.

Antal drehte sich zu Bence um, der begonnen hatte, sich mühsam auszuziehen. Seine linke Hand war dick verbunden, da der Schnitt in der Handfläche genäht worden war. Außerdem waren der Ring- und der kleine Finger in einer Schiene aneinandergeklebt worden.

"Warte, ich helfe dir." Antal zog Bence das Sweatshirt über den Kopf und half ihm aus der Hose. Nur mit Pants und Socken bekleidet kletterte Bence ins Bett und schloss die Augen.

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Auch heute traf sich die Familie zu einem schnellen Mittagsimbiss in Joes Küche. Jeder wollte wissen, was passiert war. Heike berichtete alles, was sie wusste. Als Antonia erfuhr, dass Bence der Verletzte war, raste ihr Herz, auch wenn sie sich Mühe gab, sich ihre Aufregung nicht zu deutlich anmerken zu lassen.

"Zumindest kann ich die beiden jetzt auch unterscheiden, wenn sie nicht nebeneinander stehen. Sein Gesicht ist völlig zerschrammt, das wird noch eine ganze Weile zu sehen sein."

"Aber Tante Heike! Sie sind doch ganz leicht zu unterscheiden! Antal ist Linkshänder."

Felix und Hannes stöhnten übertrieben laut auf. "Also wirklich, Antonia!", rief Hannes. "Musstest du ihr das verraten?"

Antonia zog den Kopf ein und sah schuldbewusst von einem zum anderen. "Entschuldigung", sagte sie kleinlaut. Heike nahm sie in Schutz. "Hört doch auf!", tadelte sie die beiden Männer. "Toni wollte mir helfen. Sie kann doch nicht wissen, dass ihr euch seit drei Jahren darüber lustig macht, dass ich den Unterschied nicht bemerkt hatte."

Noch bevor das Gezanke zu einem echten Streit ausufern konnte, begann Joe zu sprechen.

„Schluss damit, es gibt zwei wichtigere Themen, über die ich mit euch reden will."

Augenblicklich war es still und alle Blicke richteten sich auf ihn. Joe wurde nervös und räusperte sich mehrmals. Heike sah zu ihren Brüdern, die aber offenbar genauso ratlos waren wie sie, dann wieder zu ihrem Vater.

„Ja, also", Joe atmete tief durch, „wahrscheinlich ist es zumindest für manche von euch keine Überraschung..." Wieder räusperte er sich. Teresa ahnte, worum es bei einem der beiden Themen ging, aber was er wohl noch zu verkünden hatte? Endlich sprach Joe weiter: „Ihr wisst, dass ich nach dem Tod eurer Mutter untröstlich war. Ich hätte nie gedacht, dass ich das Glück haben würde, noch einmal eine gute Frau zu finden. Doch genau so ist es geschehen." Nun lächelte er. „Seit dem Sommer sind Ulrike und ich ein Paar."

Er seufzte tief, jetzt war es gesagt. Er war sicher, dass seine Kinder nicht negativ reagieren würden und er hatte damit recht.

Heike war die Erste, die sich von ihrer Überraschung erholt hatte. „Papa!", sie sprang auf und beugte sich von hinten über den sitzenden Mann. Sie presste ihre Wange an seine, legte ihre Arme um einen Hals und küsste ihn. „Ich freue mich so für dich!" Gerührt tätschelte Joe Heikes Arm, dann befreite er sich vorsichtig und stand auf, um die Glückwünsche seiner Söhne entgegenzunehmen. Beide umarmten ihren Vater herzlich und klopften ihm auf die Schulter. Auch Tess drückte ihn an sich und küsste ihn auf beide Wangen. Dann gingen die Fragen los, alle redeten durcheinander, während Antonia noch als Letzte Joe gratulierte.

„Warum hast du uns das so spät erzählt? Der Sommer ist längst vorbei!"

„Wo ist Ulrike, hättet ihr das nicht gemeinsam erzählen wollen?"

„Ist sie schon geschieden?"

„Wann wird sie zu dir ziehen?"

Joe machte sich daran, die ganze Geschichte zu erzählen und die Fragen zu beantworten, soweit es darauf überhaupt schon eine Antwort gab.

„Und was ist das zweite Thema?" Hannes hatte genug von all der Romantik.

„Ja, das zweite Thema." Joe lehnte sich vor, legte seine Hände auf dem Tisch ineinander und sprach dann weiter. „Eigentlich ist es im Moment nur eine Idee, noch kein Plan. Ich möchte, dass ihr jetzt gar nicht wirklich viel dazu sagt, sondern nur einmal darüber nachdenkt. Cajetan wird seinen Hof mit Ende des Jahres aufgeben. Seine Kinder wollen den Betrieb nicht im Nebenerwerb übernehmen und für den Vollerwerb ist er zu klein. Da brauche ich euch nichts erzählen, ihr kennt seine Flächen."

Alle außer Antonia nickten. Cajetan war ein ehemaliger Schulkollege und Freund von Joe. Sein Hof lag nicht ganz so weit außerhalb des Dorfes wie der Apfelhof, sondern stand am südlichen Ortsrand. Seine Felder jedoch bildeten mehr oder weniger einen Viertelkreis um das Dorf herum und stießen im Osten an Joes Grundgrenze.

„Na ja, Cajetan hat mir das Vorkaufsrecht angeboten und ich habe mir Folgendes überlegt." Joe dachte kurz nach, bevor er weitersprach. „Heutzutage ist es wichtig, ein zweites Standbein zu haben. Wir hoffen, dass der Klimawandel unsere Obstbäume nicht so schnell beeinflusst, aber wir können es nicht wissen. Außerdem wird es immer wichtiger, Wälder mit Laubbäumen aufzuforsten und auch in den Städten werden immer mehr Bäume für Schatten und Sauerstoff gebraucht. Was haltet ihr davon, auf Cajetans Hof eine Baumschule aufzuziehen? Er würde nur das Wohnhaus behalten, sämtliche Wirtschaftsgebäude und Geräte wären beim Kauf dabei. Wie gesagt, denkt es durch, wir reden ein andermal darüber. Jeder von euch hat einen anderen Blickwinkel und bringt ein anderes Wissen mit. Der Preis wäre sehr fair, aber bis eine fertige Baumschule hier steht, bräuchten wir trotzdem noch einen Batzen Geld von der Bank, soviel ist einmal klar."

Sofort begann eine Diskussion und jeder teilte den anderen ungefragt und ungehört seine Ansicht mit, aber grundsätzlich waren alle begeistert.

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Nach dem Essen schwang sich Antonia auf eines der Fahrräder, von denen es am Hof mehrere zur freien Verfügung gab und rief Heike und Felix zu: "Ich schau mal nach dem Patienten." Weg war sie.

Hannes runzelte die Stirn. "Sieht sie sich schon als neue Personalchefin oder hattest du recht und es gibt zwischen ihnen eine Verbindung?"

Heike ging ins Büro. "Sie ist nur nett." Mehr sagte sie nicht, freute sich aber diebisch, dass sie etwas beobachtet hatte, das ihrem Bruder nicht selbst aufgefallen war. Sie hoffte nur, dass keine Probleme entstanden, die sie Nina beichten musste. Auch wenn Antonia erwachsen war, würde sie immer Ninas und Heikes kleines Mädchen bleiben.

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Antal hatte sich leise mit Bence unterhalten, der in einem Kissenberg lehnte, als es an der Tür klopfte. Er stand von seinem Stuhl auf, öffnete und sah sich erstaunt Antonia gegenüber.

"Hallo!", grüßte sie schüchtern. Wortlos machte er einen Schritt nach hinten und ließ sie eintreten. Er war nicht glücklich über ihr Erscheinen. Er hatte nichts gegen sie persönlich, aber sie war dazu geeignet, Antals Hoffnungen und Pläne zu durchkreuzen, wenn Bence mit ihr etwas anfing und das den Bossen nicht gefiel. Er war froh gewesen, dass Bence in den letzten Wochen aufgehört hatte, ständig von ihr zu reden. Er konnte ohnehin nicht verstehen, was sein Bruder in dem Mädchen sah. Sie war hübsch, blond, schlank, fröhlich - alles schön und gut, aber verdammt, sie war kaum mehr als ein Kind.

Bences Gedanken hätten denen seines Bruders nicht unähnlicher sein können. Sein Herz machte einen Sprung und raste dann weiter. Sie war hier! Es war kein zufälliges Treffen, sie war tatsächlich extra für ihn hier. Es schien auch nicht dienstlich zu sein, zumindest hatte sie keine Papiere mit. "Antonia! Hallo! Wie geht es dir?"

"Wie es mir geht? Viel wichtiger ist, wie es dir geht! Hast du Schmerzen?"

Sie sah Bence krampfhaft ins Gesicht, um nicht auf seine nackte Brust zu starren. Seine Decke reichte nur bis über den Nabel.

"Jetzt nicht mehr, wo du hier bist", schmeichelte er ihr.

Antal war neben der Tür stehengeblieben und verdrehte die Augen, während er Antonia beobachtete.

"Brauchst du etwas? Kann ich dir was besorgen oder irgendetwas für dich tun?", fragte sie soeben.

Antals breites süffisantes Grinsen hinter ihr sah sie nicht.

"Du könntest mich ein bisschen unterhalten. Ant? Lässt du uns eine Weile alleine?"

Auch Antonia sah nun zu ihm. Antal nickte. "Ok. Ich bin in einer Stunde wieder da. Er darf nicht alleine bleiben und nicht einschlafen, ja?" Sie stimmte zu. "Kein Problem."

Antal seufzte, als er hinausging. "Und überanstrenge ihn nicht..."

"Nein, ich bin vorsichtig."

Beide Männer waren sich Antonias Unschuld und Arglosigkeit mehr als bewusst. Ihr war die Zweideutigkeit der Unterhaltung nicht einmal aufgefallen.

Sie setzte sich auf den Stuhl, der neben dem Bett stand und musterte dabei unauffällig Bences Oberkörper. Zwischen ihren Beinen kribbelte es. Zu gerne hätte sie die ausgeprägten Muskeln auf der breiten Brust berührt. Es juckte sie in den Fingern, herauszufinden, ob die braunen Haare darauf sich weich oder eher rau anfühlten.

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Inzwischen hatte Lukas Sandra wieder zum Hof zurückgebracht. "Kommst du noch mit zu den Eseln? Wir könnten dann gleich schauen, wie die Boxen umgebaut werden müssten, um die Alpakas einstellen zu können. Die Weide muss auch zumindest anfangs geteilt werden. Es gibt keine Garantie, dass sie sich vertragen."

"Sandra, bleib realistisch. Joe und Hannes wissen noch gar nichts von den Tieren und du baust in Gedanken schon um. Rede doch zuerst einmal mit ihnen."

"Nein, man muss es umgekehrt machen. Alle möglichen Probleme schon vorher zu bedenken und praktisch mit einem fertigen Plan zum Gespräch zu gehen, erhöht die Chancen beträchtlich. Die beiden haben viel zu tun, sie haben weder Zeit noch Lust, sich mit Details auseinanderzusetzen. Es gibt zwei mögliche Szenarien: Joe sagt sofort Nein oder es kommt für ihn in Frage, dann schickt er mich zu Felix. Für den ist wichtig, dass ich eine ungefähre Kostenschätzung mithabe und auch schon weiß, wie viel zusätzliche Arbeitszeit nötig ist."

Lukas pfiff anerkennend. "Tja, wenn du so sicher bist, komme ich gerne mit." Freundschaftlich legte er ihr am Weg einen Arm über ihre Schulter.

Als alles besprochen war, stellten sie sich zum Zaun und schauten den Eseln beim Grasen zu. Die Stimmung war friedlich und die Tiere gut gepflegt und zutraulich. Sandra wurde sentimental.

"Unseren geht es so gut und so vielen anderen nicht. Es ist ungerecht, dass wir nicht alle retten können."

„Ich weiß", erwiderte Lukas. "Wir können nur an denen, die wir übernehmen, so viel wie möglich wieder gut machen. Es gibt ein schönes Sprichwort: ‚Du kannst die Welt nicht retten. Rette den Garten.' Wenn jeder tut, was realistisch in seiner Macht steht, ist schon viel geschehen. Bei uns beiden ist es eben der Tierschutz."

Sie verlagerte ihr Gewicht etwas nach links und lehnte sich mit der Schulter an Lukas' Oberarm. Der drehte sich zu ihr und nahm sie in den Arm. Gemeinsam sahen sie schweigend weiter den Eseln zu. Es fühlte sich so gut an, diesem Bär von einem Mann einen Teil ihrer Sorgen abgeben zu können.

Auch Lukas fühlte sich mit Sandra in seinen Armen sehr wohl. Sie hatte ihren Kopf an seine Brust gelehnt und er konnte sein Kinn darauf abstützen. Sie war ziemlich groß und doch überragte er sie noch fast um Haupteslänge. Dafür war sie im Gegensatz zu ihm sehr schlank. Sie trug eine dicke Jacke, die bei jeder Bewegung leicht raschelte. Nach einigen Minuten rieb sie mit der Wange über seinen grob gestrickten Pullover und fragte: „Ist dir nicht kalt ohne Jacke? Durch Stricksachen bläst doch der Wind durch."

Lukas lachte. „Nein, mir ist nicht kalt. Ich habe mich im Gegenteil gerade gefragt, was du im Winter trägst, wenn du jetzt schon die Daunen anhast."

„Einen Mantel, der aussieht wie diese Jacke, nur ist er doppelt so lang. Weißt du, wie ich meine?"

„Ja, weiß ich. Sieht aus wie ein Schlafsack, bei dem unten die Schuhe rausschauen."

Sandra kicherte. „Ja, so in der Art. Und ich hoffe, du weißt, dass ich keine Daunenjacke trage. Sie ist mit irgendeiner Kunstfaser gestopft."

„Ja, dachte ich mir. Aber diese überbreiten Jacken heißen bei mir alle ‚Daunenjacke'. Damit weiß jeder, was gemeint ist."

Aus einer plötzlichen Zärtlichkeit heraus hätte Lukas gerne Sandras Scheitel geküsst. Doch er kannte sie nicht gut genug, um einschätzen zu können, ob sie da viel mehr hineininterpretieren würde, als er damit hätte ausdrücken wollen. Lukas war einfach ein Schmusebär und Sandra eignete sich definitiv ausgezeichnet zum Kuscheln.

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„Ich freue mich, dass du gekommen bist, Antonia." Bence lächelte. „Ich hatte in den letzten Wochen das Gefühl, dass du mich nicht sehen wolltest."

Antonia senkte den Blick auf ihre Hände. „Wollte ich auch nicht. Aber andererseits wollte ich dich ständig sehen. Darum war ich immer wieder bei den Pflückern. Weil es für solche Besuche aber keinen Grund gab, bin ich immer gleich wieder gegangen."

Er hatte also richtig vermutet und er war erleichtert, dass er nicht der einzige war, der sich Vorwände gesucht hatte, um sie wenigstens sehen zu können. Aber verstehen konnte er es immer noch nicht.

„Warum wolltest du nicht mit mir sprechen?"

Sie zuckte schweigend mit den Schultern.

„Antonia? Sag mir bitte nur, ob ich beim Sommerfest etwas falsch gemacht habe. Habe ich dich gekränkt?"

Antonia schüttelte den Kopf, immer noch mit dem Blick auf ihren Händen. Bence konnte sehen, dass sie rot geworden war. Er wartete eine Weile, doch sie sagte nichts.

„Willst du es mir nicht erklären?"

Kopfschütteln, dann ein Nicken. Bence hatte keine Ahnung, was er damit anfangen sollte.

„Du willst, aber du kannst nicht?"

Ein Nicken.

Bence legte seine Hand auf Antonias ineinander verkrampfte Finger. Sie zog eine Hand unter seiner hervor und strich mit den Fingerspitzen vorsichtig zwischen seinen Schürfwunden entlang. Ganz unversehrt war auch die rechte Hand nicht geblieben. Seine Geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Bence war es gewohnt, Entscheidungen zu treffen und Probleme zu lösen. Einfach abzuwarten war wirklich nicht seine Stärke. Er seufzte leise. Antonia sah zu ihm auf und er lächelte vorsichtig.

„Kannst du dich erinnern, was im Baumhaus passiert ist?", fragte sie leise.

Was für eine dämliche Frage. Als ob er das jemals wieder vergessen könnte. Aber vermutlich war es nur der Gesprächseinstieg, also nickte Bence.

„Ich fand es so aufregend und dann hast du gelacht. Da bin ich mir vorgekommen wie die letzte Idiotin. Du hattest sicher bisher nur Freundinnen mit Erfahrung. Was hat denn an meinem Verhalten nicht gestimmt?"

Das also war es gewesen. Bence schloss kurz die Augen und lehnte den Kopf nach hinten. Dann sah er Antonia wieder an. Ihr Gesicht glühte in einem dunklen Rot, aber sie hielt seinem Blick stand.

„Es tut mir so leid, mein Lachen hatte überhaupt nichts damit zu tun, dass du etwas falsch gemacht hättest oder an dir etwas falsch war. Ganz im Gegenteil. Die ganze Sache war für mich auch nicht so einfach. Das Paar unten im Gras war schon sehr anregend und du warst extrem sexy."

„War ich nicht."

Bence zog die Brauen hoch. „Wie kommst du auf so einen Schwachsinn?"