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Die einsame Highland Farm - Okt. 23

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Immerhin war unser Markierungsstock nicht über Nacht von dem zwischenzeitlich starken Wind flach gelegt worden, so dass wir die verdächtigen zwei Quadratmeter problemlos wiederfinden konnten. Die Gerichtsmedizinerin wies zunächst den Forensik-Fotografen an, wie er die Fundstelle dokumentieren sollte, dann begann das Team, systematisch die bemoosten Steine zu säubern.

Dr. Maczkowski schaute der Arbeit ihrer Mitarbeiter mit skeptischer Mine zu. „Wenn dies tatsächlich eine Grabstelle ist, ist sie mit Sicherheit so alt, dass sie mit Euerm Fall nichts zu tun hat", berichtete sie nach einiger Zeit der DCI. „Aber Eure Vermutung, dass hier jemand beerdigt worden ist, ist nicht von der Hand zu weisen. Wir werden jetzt schrittweise die Steine von dem einen Ende her anheben und schauen, was wir finden."

Das Team hatte etwa ein Viertel der Steine angehoben, als sie unter der sehr torfigen Erdschicht etwas ausmachten, was anders aussah. Die Gerichtsmedizinerin und die DCI inspizierten den Fund.

„Ich glaube, wir graben gerade eine Moorleiche aus", sagte Dr. Maczkowski plötzlich, nachdem sie mit einem Pinsel weitere Erdreste beiseite gewischt hatte und auf eine etwa zwanzig Quadratzentimeter große Fläche blickte, die in der Tat wie mumifizierte Haut aussah. Dann richtete sie sich auf und sah die DCI an. „Wir sollten unsere Arbeiten sofort abbrechen und diese Stelle gegen Regen und Wind schützen. Wir müssen das Archäologen-Team von der Highland-Universität hinzuholen. Hier liegt anscheinend ein älterer Leichnam. Ich vermute mal, dass diese Leiche für unsere Kriminalpolizei nicht relevant ist."

DCI Lady Redburn schaute ihre Freundin erstaunt an. „Wie kommst Du zu dieser Einschätzung?"

„Ich habe schon mehrere Moorleichen gesehen, teilweise über eintausend Jahre alt. Das Moor konserviert und mumifiziert menschliche Überreste in erstaunlicher Weise. Und das kleine, frei gelegte Stück lässt mich ziemlich sicher sein, dass wir es hier mit einer Moorleiche zu tun haben. Da brauchen wir Fachleute, um nichts kaputt zu machen."

„Gut. Und was soll ich jetzt tun?"

„Diese Stelle sichern Und dann telefonieren wir beide und schauen wie schnell die Professoren mit ihren Assistenten hier sein können." Sie schaute den DS an. „Sie haben erzählt, dass ihr Metalldetektor angeschlagen hat?"

„Ja. Ziemlich eindeutig."

„Dann ist es vermutlich noch sinnvoller, die Wissenschaftler zu holen. Vielleicht haben wir hier aus Versehen eine wichtige Entdeckung gemacht."

Vier Stunden später erschienen Frau Professor Campbell-Smith und ihr erster Assistent Dr. John Simpson auf unserer Farm und fuhren mit uns ohne Pause zu unserem Fundort. Die beiden Wissenschaftler vom historischen Institut der University of Highlands and Islands waren spürbar aufgeregt, der Bericht der Gerichtsmedizinerin hatte in der Tat bei ihnen die Hoffnung geweckt, einen historisch-archäologisch wichtigen Fundort zu begutachten. Ich durfte die Gruppe zum Fundort begleiten und aus einiger Entfernung bei der Arbeit beobachten. Die zwischendurch angeregte Unterhaltung konnte ich aufgrund der Entfernung jedoch nicht verfolgen, dann kamen die Wissenschaftler, die zwei Kriminalpolizisten und die Gerichtsmedizinerin zu mir zurück.

„Wir haben die Hoffnung, dass wir hier ein Grab aus Wikingerzeit aufgefunden haben", erläuterte mir Frau Professor. „Das bedeutet, dass wir ab morgen mit einem Team der Universität hierher kommen, um diesen Ort systematisch zu untersuchen. Dazu bedarf es einer ganzen Menge Technik, denn Moorleichen können nicht einfach der Atmosphäre ausgesetzt werden. Sonst gehen sie schnell kaputt." Sie schaute die DCI an. „Diese Grabstelle hat mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nichts mit Ihrer Arbeit zu tun, Lady Redburn. Geben Sie uns Grünes Licht, dass wir morgen früh hier mit unserer Arbeit beginnen dürfen?"

Die DCI nickte. „Machen Sie das. Und berichten mir bitte, was Sie finden. Ich habe jetzt einen Kriminalfall ohne Leiche und eine Leiche ohne Kriminalfall. Wird immer doller." Sie grinste etwas grimmig. „Jetzt müssen wir nur noch unser Torso finden." Sie schaute wechselweise ihren DS und mich an. „Und wo finden wir den jetzt?"

Ich dachte kurz nach. „Wenn wir unterstellen, dass der Stofffetzen, den der DS gesichert hat, von Ihrer Leiche stammt, halte ich es für möglich, dass der heftige Regen der letzten Tage und die starke Wasserströmung im Loch Durran und dem kleinen Fluss, der in den Naver-Fluss einmündet und von dort ins Meer geht, den Leichnam mitgespült hat."

„Das heißt, sie halten es für möglich, dass unser Torso bereits das Meer erreicht hat?"

Ich schüttelte meinen Kopf. „Eher nein. Sowohl im Durran River als auch im River Naver gibt es einige Stellen, die selbst bei diesem Hochwasser relativ flach sind. Die sind wie natürliche Staumauern, hinter denen sich Pools gebildet haben, die perfekte Standorte für Angler sind." Ich grinste die beiden Kriminalpolizisten an. „Eigentlich müssten sie mit einigen Uniformierten die ganze Strecke vom Ausfluss aus Loch Durran bis zur Meeresmündung abschreiten und die Gewässer nach dem Leichnam absuchen."

„Oh mein Gott", rutschte es der DCI heraus. „Was für eine Entfernung wäre das?"

„Ungefähr dreißig Meilen."

Jetzt grinste die DCI ihren Sergeant an. „Schnappen Sie sich die kleine PC, die mit Ihnen hier Wache hält und zwei weitere Uniformierte und machen Sie sich auf die Suche. Dreißig Meilen müssten sie in höchstens drei Tagen abgesucht haben."

Der DS schaute ziemlich bedröppelt drein. Wir hatten Ende September rund zwölf Stunden Helligkeit, dass hieß, zwölf Stunden harte Sucharbeit in nassem, rutschigem und mühsam zu begehenden Gelände. Die DCI hingegen klatschte fast vergnügt in ihre Hände. „Für genügend Beschäftigung ist in den nächsten Tagen gesorgt. Also, ran an die Arbeit."

Ich berichtete meiner Partnerin am Nachmittag über meine Erlebnisse und Erkenntnisse.

„Das bedeutet, dass wir noch tagelang, möglicherweise sogar wochenlang Polizisten als auch Wissenschaftler hier auf der Estate haben?"

Ich nickte.

„Und wo wollen die schlafen und essen?"

„Ich habe gehört, dass das Universitätsteam versuchen will, ein freies Ferienhaus am Altnaharra Hotel zu mieten."

„Und unser schnuckeliges Polizeipärchen bleibt hier, bis sie ihre Leiche gefunden haben?"

„Weiß ich nicht."

„Gut. Dann stelle ich mich mal darauf ein, dass wir hier für einige Zeit eine Großküche betreiben müssen. Ich setze mich jetzt gleich ins Auto und fahre nach Wick in den großen Tesco und in Thurso zu Lidl zum Einkaufen. Für eine halbe Kompagnie haben wir wahrhaftig nicht genug Vorräte, selbst wenn Andrew und ich jetzt ein paar Hirsche schießen würden und Ludmilla und Ekatarina sie schnellstens verarbeiten." Mit diesen Worten erstellte sich Mary einen beachtlichen Einkaufszettel, bat Ekatarina, ihr beim Einkauf zu helfen und machte sich auf den vier bis fünfstündigen Weg. Ludmilla würde für die anwesende Mannschaft eine ordentliche gehaltvolle Soljanka zubereiten, die angesichts des dauerfeuchten Wetters ausreichendes Aufheizpotential haben würde. Dafür waren noch alle Zutaten im Hause, insbesondere wenn man das Rindfleisch durch eigenes Wildfleisch ersetzte. Der süß-saure russische Eintopf wirkte Wunder. Die frustriert und durchnässten Polizisten, die die erste Suchetappe entlang unseres über die Ufer getretenen kleinen Flusses erfolglos abgeschlossen hatten, unsere litauischen Handwerker, die zwar in trockenen, aber immer noch ungeheizten Häusern ihrem langen Handwerkstag nachgegangen waren als auch Andrew und ich, die den ganzen Tag draußen gewesen waren, tauten am Esstisch regelrecht auf. Es entspann sich eine wilde Diskussion über die Ereignisse und Erlebnisse der letzten Tage.

„Stellt Euch vor", berichtete ich von der Grabuntersuchungsstelle, „die Wissenschaftler sind sich ziemlich sicher, dass es sich um ein tausend Jahre altes Wikingergrab handelt und erhoffen sich interessante Grabbeigaben bei unserer Moorleiche."

„Wenn wir jetzt noch unsere wirkliche Leiche finden, hat sich der ganze Aufwand hier mehr als gelohnt", hoffte DS MacLeod. „Sonst stehen wir von der Kriminalpolizei ziemlich dumm da."

Am übernächsten Morgen wurde seine Hoffnung belohnt. Morgens um sechs Uhr läutete sein Mobiltelefon und die DCI teilte ihm von ihrem Zuhause aus mit, dass sich ein Angler vom Unterlauf des River Naver gemeldet hätte, weil er einen unheimlichen Fang an seiner Angel hätte. „Ich glaube, wir sind doch noch fündig geworden", klang Lady Redburn hoffnungsvoll. „Machen Sie sich sofort auf den Weg. Sie können den Angler von der Straße aus sehen. Dort steht auch sein schwarzer Toyota Pick-up-Truck. Ich alarmiere die Spurensicherung und Dr. Maczkowski und komme so schnell wie möglich zum Fundort."

DS MacLeod alarmierte PC Douglas, die in der Koje oberhalb des Fahrerhauses schlief, versorgte beide noch mit einem starken Kaffee und machte sich in unüblich schneller Fahrt auf den Weg zu dem Angler.

Am Fundort angekommen traf er auf einen sichtbar schockierten älteren Mann, der sich als pensionierter Lehrer der örtlichen High School in Bettyhill vorstellte. „Ich habe ‚meinen Fang' sicher am Haken und bis aufs Ufer gezogen", berichtete er, „aber ich habe mir diese menschlichen Überreste nicht näher angesehen. Schrecklicher Anblick!"

Er wies mit der Hand auf einen unnatürlich aussehenden Haufen, zu dem der DS und seine begleitende Polizistin direkt hinüber liefen.

„Schon mal eine Wasserleiche gesehen?" fragte Andrew MacLeod vorsichtig die neben ihm laufende Polizistin.

„Nein. Meine Erfahrung mit menschlichen Leichen ist sehr begrenzt. „Nur ältere Leute, die eines natürlichen Todes gestorben sind. Und ein Jagdunfall, der war sehr blutig, hat aber überraschenderweise überlebt."

„Wenn es Dir zu viel wird, kannst Du gern wieder zum Angler gehen und seine Personalien aufnehmen."

„Nein. Das gehört wohl zum Polizeiberuf dazu", bliebt Amy Douglas standhaft und ging weiter mit.

Es war in der Tat der tagelang gesuchte menschliche Torso, den der alte Lehrer statt Wildlachs oder Wildforelle am Haken hatte. DS MacLeod betrachtete die Leiche sorgsam von allen Seiten und machte einige Fotos mit seinem iphone, berührte den aufgeschwemmten Torso aber noch nicht einmal mit seinen Schutzhandschuhen. „Die Durchsuchung der Bekleidung überlassen wir lieber der Spurensicherung", drehte er sich zu PC Douglas um, die mittlerweile schneeweiß im Gesicht geworden war.

„Gut, dass ich nur einen Kaffee zum Frühstück hatte", gestand die junge Polizistin leise. „Ich glaube, ich hätte sonst gleich alles wieder von mir gegeben. Sieht ja wirklich widerlich aus."

„Stimmt." DS MacLeod nickte nachdenklich. „Ist schon brutal, wie manche Menschen ihr Leben beenden. Beziehungsweise beendet bekommen." Er deutete mit der Hand auf den Torso. „Ist im Übrigen eine Frau."

Die beiden Polizisten und der Angler mussten noch eineinhalb Stunden auf die Verstärkung in Form von DCI Lady Redburn und dem Forensik-Team warten. In der Zwischenzeit heizte der Angler den beiden Beamten mit einem starken, heißen Tee aus seiner Thermoskanne ein, der sich als Gemisch von ungefähr einem Teil starken Assamtees und einem Teil örtlichen Whiskys herausstellte.

„Der wärmt tatsächlich", stellte der Sergeant anerkennend fest.

„Meine beste Mischung", lachte der alte Lehrer zurück. „Jedenfalls hat mich diese Mischung seit 30 Jahren vor jeder Erkältung bewahrt."

Die Untersuchung des Leichenfundes nahm eine weitere Stunde in Anspruch. „Auch ohne Kopf und Hände kann ich bereits sagen, dass wir es mit einer circa dreißig Jahre alten Frau zu tun haben. Schwarzhaarig, wenn sie ihre Kopfhaare nicht gefärbt hatte. Jedenfalls ist ihre Intimbehaarung pechschwarz. Die Kleidung ist Qualitäts-Outdoor-Bekleidung, Burberry-Jacke, nicht ganz billig. Mehr kann ich Dir sagen, wenn ich sie in Inverness auf dem Tisch habe. Im Übrigen war sie mit Sicherheit tot, als man ihren Körper verstümmelt hat."

„Die Verstümmelung zieht ziemlich professionell aus", stellte die DCI fest. „Jedenfalls wollte man uns die Identifizierung erheblich erschweren, wenn wir den Leichnam je gefunden hätten." Die DCI lächelte in die Runde. „Wer hätte auch erwarten können, dass just in diesem Augenblick zwei auf Bodenkampf spezialisierte Jagdflugzeuge über den Transport hinwegdonnern."

„In der Tat ein unglaublicher Zufall", antwortete Frau Dr. Maczkowski. „Bin gespannt, ob für diese Frau überhaupt eine Vermisstenanzeige vorliegt, wenn wir wissen, wer sie ist."

Eine halbe Stunde später waren der menschliche Torso im Wagen der Gerichtsmedizin verladen und der alte Lehrer nach Hause entlassen. „Wir fahren jetzt noch einmal zur Farm und reden erneut mit allen Anwesenden." Sie schaute ihren DS an. „Und Sie schauen sich mal alle Outdoor-Jacken und Regenhüte der Farmleute an. Immerhin haben wir ein Luftaufklärungsfoto von mindestens zwei Tatverdächtigen. Auch wenn nur aus der Vogelperspektive."

Auf Durran Farm teilten sich DCI Lady Redburn und DS MacLeod auf, um auf der Basis der neuen Erkenntnisse mit allen Bewohnern Einzelgespräche zu führen. Dabei berichteten sie von den ersten Erkenntnissen, die sie aus dem verstümmelten Leichenfund gewonnen hatten.

„Das Mordopfer war eine Frau", begann Lady Redburn ihre Gespräche mit Mary, den beiden Ukrainerinnen als auch Marja. „Wir wissen aber erst nach der gerichtsmedizinischen Untersuchung, ob bei diesem Mordfall sexuelle Spuren an der Frau festzustellen sind oder ob es sich um einen anders motivierten Mord handelt. Jedenfalls war der Torso in qualitativ hochwertiger Outdoor-Kleidung gekleidet. Mal sehen, ob uns das bei der Identifikation und Aufklärung hilft."

Insbesondere bei Ekatarina führten diese Informationen und die Befragung, die durchaus den Charakter eines Verhörs hatte, zu fast panikartiger Reaktion. „Hier rennen also mindestens zwei Frauenmörder frei herum?" fragte sie die DCI mit weit aufgerissenen Augen. „Kommen die auch hierher?"

„Vermutlich nicht, Frau Sharigyn, aber ganz ausschließen können wir es auch nicht, weil wir bisher praktisch nichts über das Opfer und die möglichen Mordmotive wissen. Aber wir werden diese Farm weiter unter Aufsicht halten, um das ausschließen zu können."

De Worte der DCI wirkten aber nur wenig beruhigend. Nach ihren Kriegserfahrungen in Mariupol und ihren eigenen zwei Vergewaltigungserlebnissen war Ekatarina äußerst furchtsam und misstrauisch geworden. Sie hatte so gehofft, diese Erfahrungen bei ihrem Umzug in die Einsamkeit der Highlands hinter sich gelassen zu haben. Und nun dies!

Ansonsten fragte die DCI die vier Frauen noch einmal nach ihren Aufenthaltsorten an dem Tag der Luftaufklärung der Tat; sie machte dies freundlich und routiniert, ließen doch die Bilder der RAF sehr stark die Vermutung zu, dass es sich bei den Menschen, die das verstümmelte Opfer auf ihrer Ladefläche hatten, um Männer handeln würde.

Hingegen war die Vernehmung der vier Männer durch DS MacLeod, der PC Amy Douglas als stille Zuhörerin und Beobachterin mit in die Gespräche genommen hatte, schwieriger. Andrew MacKenzie, der Wildhüter und die beiden litauischen Handwerker hatten es vergleichsweise einfach. Sie hatten ganztägig belastbare Alibis, da sie stets zu zweit bei ihrer Arbeit in Gelände beziehungsweise auf den Baustellen gewesen waren. Hingegen war das Gespräch mit Walter deutlich härter, fast provozierend, insbesondere weil der DS den Eindruck gewonnen hatte, dass Walters Outdoor-Bekleidung und sein Hut dem eines der Männer auf dem Foto gleichen würden.

„Sie haben angegeben, dass sie an dem Vormittag vollkommen allein in ihrem Kraftwerk und ihrem Sägewerk Wartungs- und Reparaturarbeiten ausgeführt haben?" schaute der DS in seinen Unterlagen nach. „Hat sie irgendjemand dabei gesehen?"

„Natürlich nicht. Es ging ja jeder seinen eigenen Aufgaben nach."

„Wie lange bräuchte man von ihren Kraftwerk am Ufer des Lochs bis zu der Stelle, bei der die Fotos geschossen wurden?"

Walter zuckte mit den Schultern. „Kommt darauf an, ob sie laufen oder fahren."

„Und wenn Sie mit so einem Geländefahrzeug fahren würden?"

„Kann ich nicht sagen. Wir besitzen kein derartiges Fahrzeug. Nur einen alten, klapprigen Land Rover und noch einen älteren Traktor. Dazu Marys Quad."

„Kennen Sie jemanden in dieser Region, der ein solches Fahrzeug besitzt?"

Walter zuckte mit seinen Schultern. „Ich hatte bisher so gut wie keinen Kontakt zu benachbarten Estates. Deshalb kann ich die Frage nicht beantworten."

DS MacLeod schaute ihn nun scharf und durchdringend an. „Kann man mit ihrem Sägewerk auch menschliche Gliedmaßen abtrennen?"

Walter lachte leise auf. „Natürlich. Jedes Sägewerk kann das. Schauen Sie sich doch die Gliedmaßen von Sägewerksarbeitern an? Die haben jede Menge von Verletzungen."

„Kann ich mir nachher das Sägewerk anschauen?"

„Natürlich. Aber wenn sie nach Blutspuren suchen, muss ich Sie enttäuschen. Das Sägewerk ist sauber und seit dem Probebetrieb im Frühjahr nicht in Betrieb gewesen."

„Ich möchte mir das trotzdem gern selber anschauen."

„Gerne." Walter Zustimmung klang grimmig. „Sofort oder später?"

„Wenn wir hier fertig sind." DS MacLeod schaute wieder in seine Notizen. „Haben Sie eigentlich je Probleme mit Frauen gehabt?"

Walter schaute den DS wie ein ungläubiger Ochse an. „Wie meinen Sie das?"

„So wie ich das gesagt habe."

Walter holte tief Luft. Er hatte mittlerweile verstanden, dass der DS ihn aufgrund von für ihn nicht nachvollziehbaren Gründen auf der Liste von Verdächtigen hatte. „Denken Sie, ich habe irgendwelchen Hass auf Frauen, ermorde sie und verstümmele sie mit unserem Sägewerk?"

„Ich tue nur meine Pflicht, alle Aspekte zu untersuchen."

„Dann tun sie Ihre Pflicht und suchen die Mörder. Hier auf Durran Farm ist die von ihnen beschriebene Frau nie gewesen."

Die Befragung endete in einer fast feindseligen Atmosphäre. Auf dem Weg zum Sägewerk überlegte Walter angestrengt, wie er zur fraglichen Uhrzeit nachweisen konnte, dass er sich unter keinen Umständen am Tatort aufgehalten haben konnte. Während der DS mit seiner PC das wirklich saubere Sägewerk inspizierte, hatte er plötzlich einen Einfall und holte sein iphone hervor.

„Sie haben mich nach meinem Alibi für den Zeitpunkt befragt, an dem der Jagdflieger unsere Estate überflogen hat. Können Sie mir die exakte Uhrzeit angeben?"

DS MacLeod schaute in seine Notizen. „Die eingestempelte Uhrzeit auf dem Foto ist 11.32 Uhr."

Walters Gesicht hellte sich auf und er begann, breit zu grinsen. „Dann habe ich doch ein Alibi." Er tippte mehrfach auf sein iphone und hielt es dann DS MacLeod hin. „Ich habe ab 11.28 Uhr für 17 Minuten aus unserem Kraftwerk einen Whatsapp-Videocall mit einem Pumpenhersteller geführt, weil wir über ein bestimmtes Ersatzteil für unser Jahrzehnte altes Kraftwerk diskutieren. Hier sehen sie die Daten dieses Videocall. Sie können Mr. James MacDonald unter dieser Telefonnummer erreichen und sich den Call bestätigen lassen." Der DS griff zu seinem Notizblock und notierte sich die Daten. „Das hilft uns sehr. Vielen Dank." Irgendwie hatte Walter das Gefühl, dass sein Tonfall immer noch grimmig war.

Nach dem gemeinsamen Abendessen, bei dem immer noch die gespannte Atmosphäre zwischen dem DS und Walter zu spüren war, zogen sich die beiden Polizisten umgehend in ihren Campervan zurück. Auch die litauischen Handwerker verschwanden frühzeitig. Dann platzte Walter in der kleinen Runde der Kragen. „Dieser Blödmann hatte mich tatsächlich auf seiner Liste der Tatverdächtigen", erzählte er hörbar stinkesauer.

„Und wie hast Du Dich da heraus manövriert?"

„Ganz einfach. Ich hatte per reinem Zufall ein elektronisches Alibi, weil ich zum Zeitpunkt des Überflugs mit einem Pumpenhersteller in Glasgow einen Videocall hatte." Jetzt lehnte sich Walter entspannter zurück. „Der war richtig enttäuscht, als ich ihm das mit meinem iphone beweisen konnte. Von mir aus könne die Polizisten morgen verschwinden. Hier können die sowieso nichts aufklären."