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Die Macht des Drachens

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„Muss ich wegen des Drachens etwas beachten?"

„Nein, das brauchst du nicht. Kämpfe einfach wie immer."

„Bist du endlich bereit?", reißt mich der Prinz aus meinem Gespräch mit Horus.

„Ich bin bereit, schon lange!"

Die Zuschauer werden stiller, auch wenn sie noch nicht ganz verstummen. Es ist ihre Neugier, die sie hierhergetrieben hat. Sie wollen im Grunde nur sehen, wie lange ich durchhalte und wer dieses lebensmüde Mädchen ist, das den Prinzen herausfordert. An einem Sieg des Prinzen zweifeln sie sowieso nicht.

Einige haben sogar Wetten abgeschlossen. Dabei allerdings geht es nicht darum, wer gewinnt, sondern, wie lange ich durchhalte. Soweit ich es mitbekomme, trauen mir einige zu, mich bis zu vier Minuten halten zu können, die Pessimisten dagegen geben mir eine halbe Minute, wenn nicht noch weniger.

Ich nehme dies aber gelassen und gehe in Position. Bei einem Kampf mit scharfen Waffen, ist es nicht auszuschließen, dass man eine Wunde abbekommt, ernsthafte Verletzungen sollten allerdings vermieden werden. Auf jeden Fall ist Konzentration wichtig.

Endlich kommt das Zeichen, den Kampf zu beginnen. Der Prinz legt gleich los und tänzelt übermütig um mich herum. Mir ist sofort klar, er will die Sache etwas in die Länge ziehen, er will das Ganze zur Show machen, die natürlich nur seinem Ego dient. Seine Absicht ist es, mich vorzuführen und mit mir zu spielen.

Er nimmt den Kampf an sich aber nicht ernst. Auch für ihn steht der Sieger bereits fest. Als er wenig später breit grinsend auf mich losstürmt, sehe ich ihm deutlich an, dass er überzeugt ist, mich schon mit diesem ersten Anlauf platt machen zu können. Es soll eine Demonstration seiner Überlegenheit sein. Ich jedoch weiche aus, greife aber meinerseits nicht an. Ich halte mich noch zurück. Nun beginne ich zu spielen.

Etwas überrascht von meinem Manöver dreht er sich wieder mir zu und mustert mich. Er hatte wohl nicht erwartet, dass ich so wendig bin und ihm entwischen kann. Die Prinzessin jubelt, als sie sieht, wie ich seinen Angriff ins Leere hab laufen lassen. Sie ist allerdings auch die Einzige.

Der Prinz und ich umkreisen uns erneut. Wir sind wie zwei Raubtiere, die einander taxieren. Er geht etwas bedachter ans Werk, unterschätzt mich aber offenbar immer noch. Ich bleibe deshalb gelassen, auch als er ein weiteres Mal angreift. Diesmal versucht er eine Finte. Er deutet an, es auf meine rechte Seite abgesehen zu haben, ändert dann aber abrupt und zielt auf links. Allerdings habe ich dieses Manöver bereits erwartet und pariere den Schlag problemlos mit meinem Schwert. Eisen kracht auf Eisen.

„Nicht schlecht!", lobt er. „Aber jetzt mache ich kurzen Prozess."

Noch während er dies sagt, springt er auf mich zu. Diesmal greift er frontal an. Er will das Ende des Kampfes mit Gewalt erzwingen. Offenbar habe ich ihm, seiner Meinung nach, schon zu lange standgehalten. Auch das Publikum wir langsam ungeduldig und wird sich dessen bewusst, dass ich es ihm doch nicht so leicht mache.

Ich aber komme seinem Angriff, den ich schon im Ansatz erkenne, zuvor, mache eine Rolle vorwärts und tauche damit unter seinem Schwert hindurch. Als ich wieder hochkomme, werfe ich einen Blick zu Mirabell. Dabei sehe ich mit Schrecken, wie ein Mann hinter ihr bereits ein Messer in seiner, hoch über dem Kopf des Mädchens erhobenen, Hand hält. Er will zuzustechen. Jeden Moment könnte die Klinge auf die Prinzessin herabsausen und sie töten. Das ist mehr als offensichtlich.

Obwohl sich die Prinzessin und ihr Angreifer mitten in einer riesigen Menschenmenge befinden, scheint niemand die beiden zu beachten. Obwohl das Mädchen von Wachen umringt ist, achtet keiner auf sie. Ich bin schockiert.

Der Mann steht direkt hinter dem ahnungslosen Mädchen, ein diabolisches Grinsen spielt um seine Lippen. Er ist überzeugt, dass ihn niemand mehr aufhalten kann, dass er am damit Ziel seines hinterhältigen Plans ist. Ihn aufzuhalten ist, das muss ich zugeben, an diesem Punkt auch nahezu unmöglich. Ich habe nur noch eine winzige Chance.

Blitzschnell ziehe ich eines meiner in der Kleidung versteckten Messer und werfe es noch in derselben Bewegung nach ihm. Es ist eine einzige, geschmeidige Bewegung. Da der Mann fast einen ganzen Kopf größer ist als die Prinzessin und etwas höher steht, bildet sein Kopf das perfekte Ziel. Ich kann aber nicht weiter beobachten, wie das Messer sein Ziel trifft. Dass es trifft, steht für mich außer Zweifel.

Ein erneuter Angriff des Prinzen verlangt wieder meine volle Konzentration. Doch diesmal spiele ich nicht mehr. Ich pariere die Attacke und gehe entschlossen zum Gegenangriff über. Ich muss ihn ruhigstellen, um mich so schnell wie möglich erneut auf das Geschehen rund um die Prinzessin konzentrieren zu können.

Als er auf mich losgeht, weiche ich zur Seite aus, greife seinen Schwertarm, drehe diesen herum und stelle ihm ein Bein. Er geht daraufhin unsanft zu Boden, seine Waffe fliegt im hohen Bogen zur Seite und ich setze sofort die Spitze meines Schwertes leicht an seine Kehle.

„Besiegt!", sage ich.

Noch im selben Atemzug nehme ich die Waffe auch schon wieder weg und drehe mich zur Prinzessin um. Nach einem Schrei von ihr, sind nun alle Augen auf das Mädchen gerichtet. Die Prinzessin schaut mit weit geöffneten Augen auf den Mann, der hinter ihr am Boden liegt. Seiner Kehle entkommt nur noch ein ersticktes Röcheln. Als sie erkennt, dass ich in ihre Richtung blicke, rennt sie mit ausgebreiteten Armen auf mich zu und versteckt sich, Hilfe suchend, hinter mir. Ich dagegen schaue in die geschockten Gesichter des Publikums.

„Was ist mit dem Mann?", will nun der Prinz wissen.

Er hat sich erhoben und klopft sich lässig den Staub aus den Kleidern. Er hat offenbar von der Bedrohung nichts mitbekommen. Er sieht nur einen Mann, der reglos am Boden liegt.

„Er wollte ... er wollte ... die ... Prinzessin ... töten", stottert der Hauptmann

„Er wollte was?", erkundigt sich der Prinz. Nun ist Besorgnis in seiner Stimme auszumachen.

„Er hatte das Messer bereits erhoben und wollte es in den Rücken der Prinzessin rammen", erklärt der Hauptmann. Er scheint sich etwas gefasst zu haben, auch wenn seine Stimme immer noch zittert. Der Schreck scheint ihm tief in den Knochen zu sitzen.

„Direkt neben einer ganzen Schar von Wachen?", will der Prinz ungläubig wissen. „Wie ist so etwas möglich?"

Nun geht er auf den zusammengekrümmten Mann zu und dreht ihn auf den Rücken. Er ist tot. Mein Messer steckt mitten in seiner Kehle, alles ist voller Blut. Ich habe eine Halsschlagader getroffen.

„Wer hat dieses Messer geworfen?"

„Sie!", sagt Mirabell. Sie deutet dabei auf mich.

„Sie?", erkundigt sich der Prinz ungläubig. „Sie hat doch mit mir gekämpft."

„Es war Lotta", bestätigt nun auch der Hauptmann. Er ist noch immer etwas blass um die Nase.

„Du hast mir aber einen Schrecken eingejagt", meint nun die Prinzessin zu mir.

„Ich?"

„Ja, wer sonst", grinst sie etwas schief. „Ich habe ja nicht mitbekommen, was hinter mir passiert. Plötzlich sehe ich, wie das Messer auf mich zufliegt. Ich habe mich reflexartig geduckt und dann das Keuchen des Mannes gehört. Erst da habe ich verstanden, dass das Messer ihm gegolten hat."

„Sei mir bitte nicht böse. Anders hätte ich ihn nicht stoppen können."

„Dir nicht böse sein? Wie könnte ich? Du hast mir schon zum zweiten Mal das Leben gerettet", sagt Mirabell und umarmt mich.

Nun kommt auch der Prinz auf mich zu und streckt mir die Hand entgegen. Etwas verwirrt nehme ich sie und schüttle sie.

„Ich muss mich bei dir entschuldigen. Ich habe dich völlig unterschätzt. Du hast nicht nur mich besiegt, du hast ganz nebenbei auch noch meiner Schwester das Leben gerettet. Du hast das verhindert, was keiner der Umstehenden rechtzeitig hat kommen sehen."

„Entschuldigung angenommen", grinse ich.

„Du hast aber eine Wette verloren", kichert nun die Prinzessin.

„Echt jetzt?", will der Prinz wissen. „Nach allem, was passiert ist, denkst du noch an die dumme Wette?"

„Wettschulden sind Ehrenschulden", grinst Mirabell. Dann wendet sie sich an die Menge. „Heute versorgt Prinz Jeson persönlich die königlichen Stallungen."

Die Umstehenden schauen etwas betreten. Nicht nur, dass ihr Prinz eine Niederlage von einem Mädchen hat einstecken müssen, er muss nun auch noch die Stallungen ausmisten. Mir aber werfen sie anerkennende und bewundernde Blicke zu.

Plötzlich kommt Xilia auf mich zu gerannt. Sie strahlt über das ganze Gesicht. Es ist ein ehrliches Lachen, das ihre Erleichterung beweist.

„Du hast es geschafft, du hast es geschafft. Du bist die Beste!", jubelt sie. „Und du hast ganz nebenbei auch noch der Prinzessin das Leben gerettet. Das ist eine echte Meisterleistung. Wo hast du nur so kämpfen gelernt?"

„Das ist eine lange Geschichte", antworte ich.

Ich beuge mich hinunter und betrachte den Mann, der die Prinzessin hat töten wollen. Er kommt mir bekannt vor. Aber im Moment fällt mir nicht ein, woher. Ich ziehe das Messer aus seinem Hals, putze es an seinem Hemd ab und stecke es wieder an seinen Platz.

Kapitel 10

Schnell hat sich der versuchte Anschlag auf die Prinzessin im Schloss herumgesprochen. Wer es nicht selbst gesehen hat, dem hat es irgendjemand erzählt. Es gibt kein anderes Gesprächsthema.

Bewundernd wird dabei erzählt, dass ich während des Kampfes gegen den Prinzen das Messer geworfen und unglaublich präzise getroffen habe. Dass ich den Kampf gegen den Thronfolger dabei auch noch gewonnen habe, scheint alle zu überraschen. Niemand hätte so etwas einem Mädchen zugetraut.

Die Prinzessin dagegen weicht mir nicht mehr von der Seite. Sie hat Angst, auch wenn sie dies nie zugeben würde. Allerdings kenne ich sie inzwischen gut genug und sehe es ihr an. Ich kann ihr das aber auch nicht verdenken. Wie soll ein 12-jähriges Mädchen verstehen, dass ihr jemand nach dem Leben trachtet. Sie hat ganz sicher niemandem etwas zuleide getan.

„Bleibst du?", erkundigt sie sich schüchtern.

Wir haben uns inzwischen von der Menge gelöst und ich begleite sie ins Schloss zurück. Sie schaut mich dabei mit einem derart flehenden Blick an, dass ich es nicht übers Herz bringen könnte, nein zu sagen. Dieses Mädchen hat Angst und vertraut nur mir. Zudem ist sie mir mit ihrer liebenswerten Art ans Herz gewachsen. Auch, wenn wir uns noch gar nicht lange kennen, so schätze ich ihre aufrichtige Art.

„Dir zuliebe!", antworte ich.

Sie schaut mich an. Erst mit etwas Verzögerung wird ihr bewusst, was genau ich damit meine. Sie schaut mich ungläubig an. Sie hat offenbar nicht erwartet, dass ich meine Meinung noch ändere. Plötzlich aber schlingt sie die Arme um meinen Hals und drückt mich fest an sich.

„Danke!", haucht sie mir ganz leise, aber ehrlich ins Ohr. „Danke!"

Dann fließen Tränen, Tränen der Erleichterung. Ich spüre, wie es in meiner Halsbeuge nass wird. Ich lege meine Hand auf ihren Rücken und streiche beruhigend darüber.

„Schon gut. Ich bin da und werde auf dich aufpassen."

Ich bringe sie zurück in ihr Zimmer, damit sie sich umziehen kann. Auch ich husche kurz in meine Räume, wo Xilia bereits ein Kleid für mich bereithält. Ich überlege kurz, entscheide mich dann aber doch, es anzuziehen. Im Grunde habe ich keine andere Wahl. In meinem verdreckten Anzug kann ich nicht noch einmal zum Essen mit der königlichen Familie erscheinen.

„Hätte ich nicht mit eigenen Augen gesehen, was du getan hast, ich würde es wahrscheinlich immer noch nicht glauben", meint Xilia. Tiefe Bewunderung liegt in ihrer Stimme.

„Das hätte doch jeder getan", antworte ich ausweichend.

„Die Hälfte der Wachen steht herum und keiner bekommt mit, dass die Prinzessin ermordet werden soll? Eine Schande ist das!", empört sie sich.

„Sie waren auf den Kampf konzentriert", versuche ich sie zu verteidigen.

„Du etwa nicht? Du hast sogar selbst gekämpft und das auch noch gegen den Prinzen."

„Ich bin Schlimmeres gewohnt."

Meine Zofe schaut mich tadelnd an. Ich verstehe nicht ganz, was ich Falsches gesagt haben könnte.

„Kannst du nicht einfach nur zugeben, dass du etwas Großartiges geleistet hast, dass du die Heldin des Tages bist und das so was von verdient?"

„Ich bin es nur nicht gewohnt. Da, wo ich herkomme, war alles, was ich gemacht habe, nie gut genug. Ich hätte es immer noch besser machen sollen."

„Dort bist du aber nicht mehr. Hier schätzt man deine Leistungen."

Dabei nimmt sie mich in den Arm. Ich lasse mich in die Umarmung sinken und genieße sie. Es ist so neu für mich, Zuneigung zu erleben, dass ich es fast nicht glauben kann. Es ist aber echt schön.

„Ich habe mir immer eine Freundin wie dich gewünscht", sagt sie. „So stark, so mutig, so unerschrocken und trotzdem bescheiden."

„Auch ich bin stolz, eine Freundin wie dich zu haben", versichere ich ihr.

Ich genieße es noch etwas, die Wärme und die Zuneigung von Xilia zu spüren. Dann löse ich mich von ihr und mache mich auf den Weg, Mirabell abzuholen und mit ihr zum Mittagessen zu gehen.

Kaum betreten wir das Speisezimmer, springt die Königin auf und kommt eilig auf ihre Tochter zu. Sie mustert sie von Kopf bis Fuß und zieht sie dann in eine stürmische Umarmung.

„Geht es dir gut, Liebes? Mein Gott, ich habe gehört, was passiert ist."

Die Prinzessin grinst ein wenig schief, wendet den Kopf in meine Richtung und zwinkert mir zu. Sie hat offenbar den Schock bereits ganz gut weggesteckt. Sie ist wirklich tapfer.

„Ach das", meint sie gelassen. „Das war ja echt unerhört! Ich habe mir die Haare waschen müssen. Sie waren voller Blut des Angreifers. Lotta hätte echt besser aufpassen können, damit es nicht so spritzt."

„Wie, das Blut des Angreifers?", will die Königin mit geweiteten Augen wissen.

„Der Mann stand direkt hinter mir, das Messer, das Lotta geworfen hat, ist nur ganz knapp über meinem Kopf geflogen und blieb dann in seinem Hals stecken. Das Blut hat nur so gespritzt und alles auf mich. Das war echt eine wilde Sauerei, kann ich dir sagen", erklärt sie.

„Der Angreifer war so nahe?", will nun auch der König wissen.

Auch er hat sich erhoben und ist auf seine Tochter zugegangen. Bei seiner Frage mustert er mich mit Dankbarkeit im Blick.

„Ich hatte das Messer schon so gut wie im Rücken stecken", erklärt Mirabell. Ich habe den Verdacht, sie bauscht die Sache diesmal tatsächlich etwas auf.

„Ich habe gehört, du warst dabei, gegen Jeson zu kämpfen?", will der König wissen. Damit wendet er sich direkt an mich.

„Das hat sie und hat mich auch noch besiegt", kommt eine Stimme von der Tür her. Es ist der Prinz.

„Dich besiegt, wie geht das denn?"

„Frag sie! So etwas habe ich noch nie erlebt. Zu Beginn hat sie nur mit mir gespielt, dann ist das mit dem Angreifer passiert, den sie ganz nebenbei getötet hat und dann hat sie mit mir einfach kurzen Prozess gemacht, um wieder schnell bei Mirabell zu sein. Ich hatte von Anfang an nicht die geringste Chance, gegen Lotta zu gewinnen."

Während er das sagt, schaut er mich anerkennend an. Seine Eltern kommen daraufhin auf mich zu. Die Königin umarmt mich.

„Ich könnte mir nicht vorstellen, meine Tochter auf so tragische Weise zu verlieren. Danke!"

„Gern geschehen."

„Lotta bleibt, sie hat eingewilligt, meine Leibwächterin zu werden", jubelt Mirabell plötzlich los.

Dabei nimmt sie meine Hand und führt mich vor mir her hüpfend zum Tisch. Ihre Eltern schauen lächelnd zu. Dann wende ich mich an den König und die Königin.

„Ich werde Mirabell auch Unterricht geben, wie sie sich selbst verteidigen und mit Waffen umgehen kann"; sage ich entschlossen.

„Sie ist ein Mädchen. So etwas ziemt sich nicht für eine Prinzessin", wirft der König ein.

„Das war keine Bitte, das ist eine Bedingung", sage ich ernst. „Der beste Schutz ist, wenn Mirabell sich auch selbst zu verteidigen weiß."

„Na gut, von mir aus", lenkt der König ein.

Er scheint es zwar nicht gern zu sehen, will aber auch nicht, dass ich im letzten Moment doch noch einen Rückzieher mache. Als ich mich neben die Prinzessin setze, zwinkert sie mir zu und formt mit dem Mund ein stummes `Danke`.

Auf Drängen von Mirabell nehmen wir bereits am Nachmittag das Training auf. Sie kann es nicht mehr erwarten. Ich bin überrascht, dass sie ohne zu murren, meinen Anweisungen folgt. Wir einigen uns darauf, vor allem am Anfang, an ihrer Kondition zu arbeiten, sie aber auch in Selbstverteidigung und im Umgang mit Waffen auszubilden. Meine Befürchtung, sie könnte sehr schnell schlappmachen, tritt nicht ein. Sie ist diejenige, die mich immer wieder zum Weitermachen drängt. Ich bin ehrlich erstaunt.

Beim Abendessen ist Mirabell dann aber doch überraschend ruhig. Das Mädchen ist wohl müde. Sie zieht sich auch recht bald zurück und macht sich auf den Weg zu ihrem Zimmer. Ich begleite sie dorthin, will aber selbst noch nicht schlafen gehen. Deshalb mache ich mich, nachdem sie sich in ihren Gemächern eingeschlossen hat, auf den Weg in den Garten. Ich liebe die Natur und möchte zudem so schnell wie möglich alle Bereiche des Schlosses kennen lernen. Dabei spielt der Garten eine wichtige Rolle, da er mit seinen zahlreichen Büschen und Bäumen gute Verstecke für mögliche Eindringlinge und Angreifer bietet.

Meine Besichtigung des Gartens fällt dann aber anders aus, als dies bei den edlen Damen der Fall wäre. Es mutet wohl doch etwas befremdlich an, wie ich mit meinem Kleid zwischen den Büschen herumsuche und nicht über die mit Kies bestreuten Wege flaniere. Mein Kampfanzug ist noch bei der Reinigung und umschauen will ich mich, so schnell wie nur irgend möglich. Deshalb muss das Kleid herhalten.

Da ich mich nun entschlossen habe, vorerst hier zu bleiben, werde ich mich schleunigst um meine Garderobe kümmern müssen. Wie mir Xilia erklärt hat, bekomme ich die Kleidung gestellt und muss nur anschaffen, was ich brauche. Natürlich sollte auch die passende Kleidung für die verschiedensten Anlässe dabei sein, hat sie mir erklärt.

Um meine Kleidung kann ich mich auch morgen kümmern, im Moment suche ich den Garten ab und konzentriere mich auf diesen. Ich will ihn mir so gut wie möglich einprägen. Plötzlich nehme ich neben mir eine Bewegung wahr. Innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde habe ich ein Messer in der Hand. Mit wenigen Bewegungen bin ich hinter dem Mann und habe ihn fest im Griff. Als mir jedoch klar wird, dass ich keinem geringeren als dem Prinzen die Klinge an die Kehle halte, ist mir das dann doch ein wenig peinlich.

„Verzeihung, ich war wohl etwas voreilig", entschuldige ich mich.

„Man ist nie vorsichtig genug, vor allem nicht nach dem heutigen Tag. Der Fehler war meiner. Ich hätte mich nicht von der Seite her, anschleichen sollen. Vor allem nicht bei dir."

Ich lasse ihn los und stecke das Messer weg. Etwas unwohl streiche ich mein Kleid glatt und setze mich in Bewegung, um auf den Kiesweg in der Nähe zu kommen. Er folgt mir.

„Ich wollte mit dir sprechen", durchbricht der Prinz das entstandene Schweigen.

„Worüber?"

„Wie hast du es geschafft, gegen mich zu kämpfen und gleichzeitig den Angreifer zu entdecken. Die Hälfte der Wachen war anwesend und keiner hat etwas mitbekommen. Erst als der Mann zusammengesackt und Mirabell ein Schrei entkommen ist, wurden plötzlich alle auf das Geschehen aufmerksam. Aber da wäre es längst zu spät gewesen."

„Ich bin es gewohnt."

„Was bist du gewohnt?"

„Meine Umgebung ständig im Auge zu behalten und schnell zu reagieren."

„Warum?"

„Man weiß nie."

„Du hast eine gute Ausbildung durchgemacht?"

„Eine harte, eine sehr harte sogar."

„Jetzt erzähl schon!"

„Es gibt nicht viel zu erzählen."

Etwas genervt geht er weiter. Erst jetzt fällt mir auf, dass wir stehen geblieben sind. Langsam setzen wir nun unseren Weg fort. Dabei schweigen wir beide und es wird allmählich etwas peinlich. Aber was soll ich ihm schon erzählen? Ich bin ganz sicher nicht bereit, meine Lebensgeschichte vor ihm auszubreiten. Sie ist nichts, auf was ich stolz wäre und mit dem ich hausieren gehen will. Es geht ihn auch nichts an.

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