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Die Macht des Drachens

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„Du hast einen Drachen als Seelenverwandten?", frage ich in die Stille hinein. Ich will das Thema wechseln.

Abrupt bleibt er erneut stehen und mustert mich. Ich habe ihn überrumpelt. Wieder einmal mustert er mich und scheint zu überlegen. Sein Gesichtsausdruck wechselt von überrascht, zu erschrocken, von Stolz zu unsicher. Eine ganze Achterbahn an Gefühlen spiegelt sich in seinen Augen wider. Es ist mehr als offensichtlich, dass er mit so einer Frage ganz und gar nicht gerechnet hat.

Er wird vermutlich davon ausgehen, dass niemand etwas von der Sache um die Seelenverwandtschaft weiß. Dass nun ausgerechnet ich ihn darauf anspreche, dürfte für ihn mehr als überraschend sein und ihn leicht überfordern. Er stellt sich sicher die Frage, wie ich davon wissen kann, dass es so etwas überhaupt gibt. Dass ich dann auch noch den Verdacht äußere, dass er mit einem Drachen verbunden ist, wirft ihn vermutlich ganz aus der Bahn.

Es dauert dann auch einige Zeit, aber allmählich bekommt er seine Überraschung wieder in den Griff und versucht, ein möglichst nichtssagendes Gesicht zu machen. Ich sehe genau, wie er eine Maske aufzieht und versucht einen nichtssagenden Gesichtsausdruck anzunehmen. Dazu ist es allerdings schon zu spät.

„Wie kommst du auf so einen Blödsinn?", meint er angriffslustig.

Statt einer Antwort ziehe ich den Ärmel an seinem rechten Handgelenk zurück und entblöße die Tätowierung in Form eines Drachens. Sie ist deutlich kleiner als meine. Das hat wohl etwas mit der Macht des Drachen zu tun.

„Das habe ich mir stechen lassen", lügt er.

„Jetzt wird es lustig", meint Horus.

„Warum kannst du seinen Drachen sehen, dieser dich aber offenbar nicht?"

„Weil ich mächtiger bin und mich verbergen kann."

„Warum glaube ich dir das nicht?", lächle ich den Prinzen an.

Noch während ich das sage, ziehe ich den Ärmel an meinem rechten Handgelenkt zurück. Bisher hatte ich meine Tätowierung vor ihm verborgen. Das war aber keine Absicht, sondern einfach nur Zufall, dass ich in seiner Nähe immer lange Ärmel anhatte. Sein Blick fällt nun auf meinen Drachen und sofort werden seine Augen rund und deutlich größer.

„Du bist auch ..."

„Ich bin auch", grinse ich.

„Hast du mein Tattoo gesehen?"

„Mein Drache hat deinen gespürt."

„Meiner hat mir nichts gesagt."

„Weil er ihn nicht gesehen hat. Horus kann sich verbergen."

„Hast du Lust zu fliegen?", will er plötzlich wissen. Damit wechselt er komplett das Thema und diesmal überrumpelt er mich. „Ich bin immer nur allein geflogen. Zusammen muss es viel schöner sein."

„Das ist möglich", stottere ich.

„Dann komm!", ruft er voller Begeisterung.

Noch bevor ich richtig verstehe, was er vorhat, nimmt er einfach meine Hand und zieht mich hinter sich her. Ich schaue etwas verwundert, weil ich nie erwartet hätte, dass er mich einfach mit sich zieht. Ich nehme an, die Begeisterung hat dazu geführt, dass er alle Höflichkeiten hat fallen lassen. Für ihn erscheint es unglaublich schön, seine Leidenschaft endlich mit jemand anderem teilen zu können.

Er läuft auf einen Wald am Rande des Gartens zu, wir zwängen uns durch das Unterholz und ich bleibe mit meinem Kleid mehrere Male an Zweigen oder Ästen hängen. Es ist mühselig, ich muss es immer wieder losmachen, bevor ich weiterlaufen kann.

Der Weg durch den Wald ist zum Glück nicht lang. Schon bald lichtet er sich und wir gelangen auf eine große, freie Fläche. Jeson stellt sich hin und gibt mir zu verstehen, genügend Abstand zu ihm einzunehmen.

Ich kann fast nicht so schnell schauen, da steht auch schon der Drache neben ihm und er zieht sich in diesen zurück. Ich bin fasziniert, wie schnell er das kann.

„Wir können das auch so schnell", grinst Horus.

Wenig später steht er neben mir. Ich suche bereits nach der Energie und auch ich bin verschwunden. In dem Moment höre ich, wie Jesons Drache überrascht nach Luft schnappt.

„Du bist ja riesig", höre ich ihn.

„Hallo, ich bin Horus. Und wer bist du?", übernimmt mein Drache das Gespräch.

„Ich bin Savier."

„Freut mich."

„Wollen wir los?"

„Übernimmst du die Führung, du kennst dich hier aus."

„Gerne!"

Während die beiden Drachen losfliegen, entspanne ich mich. Ich weiß, dass ich Horus vertrauen kann und genieße es, die Welt von oben zu sehen. Es ist ein unglaubliches Gefühl, so weit oben zu sein und zu sehen, wie die Welt weit unten vorbeizieht. Alles wirkt dann klein und friedlich.

Savier zeigt uns viele schöne Plätze. Ich habe den Eindruck, er genießt es, endlich nicht allein fliegen zu müssen. Ich schätze, er hat sich immer nach einem Kumpel gesehnt. Er hat zwar mächtig Respekt vor Horus und dessen Dimension, er ist aber auch ein wenig übermütig und neckt meinen Drachen.

Nach etwa zwei Stunden will Savier zurückfliegen. Mir allerdings kommt im letzten Moment eine Idee.

„Horus, könnten wir den Weg über den Pass abfliegen? Ich möchte schauen, was dort los ist."

„Wenn du meinst."

Ich weiß selbst nicht, warum mich das plötzlich interessiert. Es ist mehr ein Bauchgefühl, das mich zu dieser Frage veranlasst und ich bin erleichtert, als Horus abdreht und Savier ihm folgt. Wir nähern uns dem Gebirge. Schon aus der Ferne kann ich den Pass und die Straße dorthin erkennen.

„Wir können nicht gesehen werden? Bist du dir da ganz sicher?", frage ich Horus.

„Wir nicht, weil ich ein Schattendrache bin. Savier sollte etwas zurückbleiben", antwortet Horus.

„Ich würde nämlich gerne kurz auch auf die andere Seite."

„Ich warte auf euch", meldet sich Savier. Er hat unser Gespräch mitverfolgt.

Horus fliegt knapp über den Pass auf die andere Seite. Dabei fällt mir auf, dass sich zahlreiche Kutschen direkt neben der Grenzstation befinden. Das ist jedoch sonderbar und deutet auf hohen Besuch hin. Normalerweise kommen nur selten Kutschen hier durch, weil es zu mühsam für die Pferde ist und wenn, dann fahren sie nach der Kontrolle auch gleich wieder weiter. Niemand hält sich gerne länger als erforderlich an der Grenzstation auf.

„Können wir landen, damit ich mich anschleichen kann? Ich möchte schauen, was da los ist."

„Das könnte für dich aber gefährlich werden."

„Ich habe einen Drachen, der mich beschützt. Einen sehr mächtigen Drachen sogar."

Widerwillig setzt Horus in der Nähe des Passes zur Landung an. Ich löse mich von ihm und schleiche über Stock und Stein in Richtung des Blockhauses, in dem die Wachen, aber auch Büros und der Kommandant untergebracht sind. Vorsichtig beobachte ich das Geschehen, kann aber nicht wirklich etwas entdecken.

„Ich muss näher ran."

„Sei vorsichtig."

„Das verspreche ich."

„Gut, ich bin in der Luft. Wenn du Hilfe brauchst, musst du nur denken, dass ich kommen soll."

„Das mache ich."

Ich bekomme noch mit, wie sich mein Drache wieder in die Lüfte schwingt und setze meinen Weg vorsichtig fort. Absolut lautlos nähere ich mich der Grenzstation von der Hinterseite. Da die Hütte knapp vor einer steilen Felswand erbaut wurde, habe ich dahinter perfekten Schutz. Allerdings muss ich mich quer in den Spalt zwängen, da er nur wenige Zentimeter breit ist. Ein Mann mit Bauch hätte hier unmöglich Platz. Auch deshalb wird niemand vermuten, dass hier jemand spioniert.

Ich bewege mich den Spalt entlang und sehe, dass aus einem Fenster Licht scheint. Es wirft das typische Bild gegen die Felswand, die an dieser Stelle erleuchtet ist. Schon von weiter weg kann ich Stimmen hören. Schnell schleiche ich näher und entdecke, dass das Fenster einen Spalt offensteht. Deshalb kann ich die Stimmen so gut hören, überlege ich. Mit etwas Mühe schaffe ich es, mich ganz nah am Fenster gegen die Wand zu zwängen und kann so hören, was drinnen gesprochen wird. Es ist zwar unbequem und ich hoffe, dass ich nicht entdeckt werde, weil ein Entkommen aufgrund der Enge schwierig werden könnte, aber nur so komme ich an Informationen.

„Sie ist garantiert nicht hier durchgekommen", beteuert eine Stimme, die ich nicht kenne.

„Wo soll sie sonst hingehen? Ich muss sie finden", sagt eine zweite Stimme.

Diese Stimme erkenne ich allerdings auf Anhieb. Es ist König Borsin persönlich. Ein kalter Schauer läuft mir über den Rücken. Ich dachte, ich wäre ihn ein für alle Mal los und nun befindet er sich nur wenige Meter von mir entfernt.

Mir drängt sich aber sofort die Frage auf, was ihn hierhergetrieben hat. Dass der König selbst bis zum Grenzposten reist, ist mehr als ungewöhnlich. Die Fahrt hier herauf ist auch in der Kutsche beschwerlich. Es muss für ihn ausgesprochen wichtig sein und das kann nicht allein mit meinem Verschwinden zusammenhängen. Normal würde er einen Boten schicken, es sei denn, der Inhalt des Gesprächs ist dermaßen brisant, dass absolut niemand davon erfahren darf.

„Ausgerechnet jetzt muss dieses Miststück ausbüchsen, jetzt wo wir sie am dringendsten brauchen", schimpft er.

Es entsteht eine kurze Pause. Ich kann das Schnauben hören, das Borsin ausstößt und mir sein Gesicht gut vorstellen. Er bekommt, wenn er richtig verärgert ist, einen Blick, der jedem Angst macht. Mein Verschwinden scheint seine Pläne ja gehörig durcheinander zu bringen.

„Adamin ist auch noch nicht zurück. Er sollte doch nur diese Göre von Prinzessin töten. Was kann daran schon so schwer sein? Keine Ahnung, warum er nicht schon längst wieder zurück ist und Bericht erstattet. Er ist doch hoffentlich nicht aufgeflogen. Das kann ich mir allerdings nicht vorstellen, so schlecht wie die Wachen in Noresia ausgebildet sind", ärgert sich der König.

„Warum hast du ausgerechnet ihm diesen Auftrag erteilt?"

„Eigentlich wollte ich Nummer 15 schicken, aber die ist ja abgehauen. Da musste ich improvisieren. Adamin war doch immer zuverlässig."

„An Nummer 15 reicht er aber bei weitem nicht heran", meint die mir unbekannte Person mit deutlich erkennbarer Bewunderung in der Stimme.

„Ich habe sie auch ausgebildet, wie niemand anderen vor ihr."

„Diese verdammte Flucht bringt alles durcheinander."

„Wenn ich sie erwische, dann kann sie etwas erleben. Ich habe sie lange und perfekt ausgebildet, damit sie meine wichtigsten Aufträge ausführen kann. Sie könnte alles schaffen, schließlich hatte ich noch großes mit ihr vor. Aber nein, sie muss abhauen. So ein undankbares Weib!"

„Bist du dir aber sicher, dass die Prinzessin von Noresia dieser mächtige Drache ist?"

„Wer soll es sonst sein? Die Bücher sprechen eine deutliche Sprache, es wird eine Prinzessin kommen, die den mächtigsten Drachen zum Seelenverwandten hat. Sie wird die Länder einen, regieren und Wohlstand für alle bringen", erklärt Borsin.

„Du würdest deine Macht verlieren, deshalb ist dir die Kleine so wichtig."

„Anders ist diese Weissagung wohl nicht zu verstehen."

„Das müssen wir verhindern."

„Du sagst es, mein Freund!", meint der König. „Ich muss zurück. Halt die Augen offen."

„Das mache ich. Darauf kannst du dich verlassen."

„Ich weiß, du bist mir treu ergeben wie ein Sohn."

Ich höre, wie einer der beiden zum Fenster kommt. Ich verharre ganz still und drücke mich noch dichter an die Hauswand. Dabei hoffe ich innständig, dass er mich nicht entdeckt. Er muss nur kurz herausschauen und schon bin ich aufgeflogen. Aber er macht es nicht, zum Glück.

„Du weißt, du kannst dich immer auf mich verlassen", versichert der andere.

Dann höre ich, wie das Fenster geschlossen wird und atme erleichtert aus. Erst jetzt wird mir bewusst, dass ich den Atem angehalten habe. Als auch noch das Licht im Raum erlischt, gehe ich davon aus, dass die beiden gegangen sind. Ich entspanne mich sichtlich.

Ich verharre noch einige Zeit an meinem Platz hinter der Hütte, schleiche mich dann weg, zurück zum Platz, an dem mich Horus abgesetzt hat und rufe ihn über Gedanken.

Kapitel 11

Mein Drache schwingt sich in die Lüfte und wir drehen ab, um auf direktem Weg zurück nach Noresia zu zurückzukehren. Schon bald treffen wir auf Savier und fliegen zurück zum Schloss. Dabei fliegen die beiden Drachen deutlich schneller als sonst. Sie wollen nur noch heim. Wir landen auch wenig später auf der Lichtung, von der aus wir gestartet sind. Wir lösen uns von den Drachen und diese ziehen sich in uns zurück.

Ich sage immer noch kein Wort, weil ich viel zu sehr in Gedanken bin. Auch als wir den Wald durchqueren, um in den Garten zu gelangen, sage ich nichts. Erst als wir dabei sind, das Schloss über einen Seiteneingang zu betreten, halte ich den Prinzen am Arm zurück.

„Wir müssen reden!", sage ich.

„Jetzt? Hast du eine Ahnung, wie spät es ist?"

„Das ist egal. Wesaria steckt hinter dem Anschlag auf Mirabell."

„Wesaria? Warum?

Nun ist auch er stehen geblieben und schaut mich mit geweiteten Augen an. Ich ziehe ihn wieder etwas zurück und wir setzen uns auf eine Bank in der Nähe. Mir ist klar, dass es fast 3 Uhr nachts ist. Aber mit wem soll ich sonst über diese Dinge reden? Niemand weiß, dass wir Drachen als Seelenverwandte haben. Da ist es mir egal, dass ich den Prinzen immer noch für eingebildet halte, auch wenn sich sein Verhalten mir gegenüber nach meinem Sieg deutlich verändert hat. Sein erstes Auftreten hat sich allerdings in meinem Hirn festgesetzt und er wird sein Image wohl nicht so schnell los. Der erste Eindruck zählt. Aber gerade pfeife ich darauf. Ich habe ein Problem, genau genommen haben wir beide ein Problem.

Ich erzähle ihm alles, was ich gehört und beobachtet habe. Er hört mir aufmerksam zu und unterbricht mich nicht. Als ich zu der Stelle komme, an der von der Prinzessin mit dem mächtigen Drachen die Rede ist, holt er tief Luft und schaut mich überrascht an.

„Ich glaube nicht, dass Mirabell die Prinzessin ist, die einen Drachen zum Seelenverwandten hat. Da muss sich Borsin täuschen."

„Er täuscht sich, das denke ich auch. Horus hätte den Drachen deiner Schwester mit Sicherheit gespürt. Kann es allerdings sein, dass sie ihn nur noch nicht getroffen hat?"

„Das wäre möglich, aber trotzdem wäre es sehr ungewöhnlich. Dann wären in derselben Familie zwei Kinder, die Seelenverwandte haben. Ich verstehe schon nicht, dass es mit dir einen zweiten auf demselben Kontinent gibt."

„Kann es sein, dass es auf einem anderen Kontinent eine Prinzessin gibt, die in der Weissagung gemeint sein könnte?"

„Nicht, dass ich wüsste. Ich kenne aber nicht alle", meint er nachdenklich. „Was ist mit dir?"

„Ich bin keine Prinzessin", werfe ich ein. „Ich kann nicht gemeint sein."

„Aber wer sollte sonst dem König von Wesaria gefährlich werden? Lydia aus der Antarktis oder Ramona aus Südamerika können Borsin nie die Macht streitig machen. Die sind doch viel zu weit weg. Die anderen doch auch."

„Keine Ahnung. Aber wir müssen wachsam sein und gut auf deine Schwester aufpassen. Borsin wird früher oder später erfahren, dass sein Anschlag misslungen ist und er wird es mit Sicherheit erneut versuchen. Er hängt zu sehr an seiner Macht."

„Damit hast du sicher recht, aber heute können wir sowieso nichts mehr unternehmen. Deshalb sollten wir jetzt schlafen gehen!", bestimmt Jeson.

„Jawohl, mein Prinz", kichere ich.

Wir gehen dann auch wirklich schlafen. Ich liege allerdings noch lange wach. Mir geht die Weissagung nicht mehr aus dem Kopf. Von einer solchen Prophezeiung habe ich noch nie gehört. Irgendwie freut es mich ja, dass Borsin's Tyrannei offenbar auch einer höheren Macht nicht gefällt. Dass aber deshalb ein junges und unschuldiges Mädchen in Gefahr gerät, finde ich auch nicht in Ordnung.

Ich gleite nach langem Überlegen schließlich doch in einen unruhigen Schlaf. Dabei träume ich von Borsin. Er sitzt auf seinem Thron und gibt Anweisungen. Er verhält sich so, wie ich ihn kennen gelernt habe. Ihn am Abend gesehen zu haben, scheint mich bis in den Schlaf zu verfolgen.

Xilia weckt mich am Morgen und bringt mir meinen Kampfanzug gewaschen und sauber mit. Ich bin froh darüber, dass ich ihn wiederhabe und ziehe ihn auch sofort wieder an.

„Mein Gott, wie sieht denn dieses Kleid aus", jammert plötzlich meine Zofe. Sie schlägt dabei die Hände über dem Kopf zusammen. Der Schreck ist ihr ins Gesicht geschrieben.

„Es hat gestern etwas ... gelitten", gestehe ich kleinlaut.

„Etwas gelitten, nennst du das?", schimpft sie. „Dieses Kleid ist komplett zerstört. Der Saum ist zerrissen, an der Seite hat es einen langen Riss und am Po ist es schmutzig, als wärst du über einen dreckigen Weg gerobbt."

„Es war nicht ganz so, aber vergleichbar", gestehe ich.

„Du warst gestern doch nur im Garten? Hast du dich im Rosenbeet gewälzt?"

Bei ihrem geschockten Blick muss ich laut auflachen. Das hat jedoch zur Folge, dass sich ihr Blick noch etwas mehr verfinstert. Deshalb versuche ich abzulenken.

„Meine liebe Xelia ...", beginne ich.

„Jetzt brauchst du mir auch nicht zu schmeicheln", schimpft sie. Dabei stemmt sie die Hände in die Hüften.

„Gut, dann eben anders. Wie du mitbekommen hast, bleibe ich vorerst hier und beschütze die Prinzessin."

„Ja, und was willst du mir damit sagen?"

„Ich brauche Kleidung."

„So, so. Kleidung, die etwas aushält", grinst sie.

„Ja, so kann man sagen", gebe ich kleinlaut zu. Ich schaue etwas beschämt zu Boden.

Nun grinst sie von einem Ohr zum anderen. Ich habe selten einen Menschen so vergnügt sehen. Es wirkt schon fast überheblich.

„Was ist?", frage ich.

„Alles schon organisiert", meint sie nur.

„Was hast du organisiert?"

„Ich war mit deinem Anzug in der Schneiderei."

„In der Schneiderei, ach so. Ja und?"

„Zunächst wollten sie mich gleich wieder rauswerfen. Mein Anliegen hat sie aufgebracht und sie waren beinahe gekränkt. Doch dann habe ich ihnen damit gedroht, dass ich die Königin informieren werde und dass das, was ich haben möchte, für die Heldin ist, die der Prinzessin das Leben gerettet hat. Da sah die Sache dann schon ganz anders aus", grinst sie, sichtlich mit sich zufrieden.

„Die Heldin, du übertreibst maßlos."

„Hast du etwa nicht zweimal der Prinzessin das Leben gerettet?"

„Schon gut. Was aber hast du erreicht?"

„Sie fertigen zwei neue Anzüge für dich an. Genau so und mit den selben Taschen und Verstecken, wie bei deinem. Es werden zwei Kopien dieses Kampfanzuges angefertigt. Dazu bekommst du natürlich auch noch mehrere Kleider für verschiedene Anlässe, mit dabei ein Ballkleid und ein Cocktailkleid."

„Ein Ballkleid und ein Cocktailkleid? Für mich?"

„Fürs erste."

„Wozu soll ich das brauchen?"

„Wenn du die Prinzessin auf einen Ball oder zu sonst einer Veranstaltung begleiten musst, solltest du angemessene Kleidung tragen."

„Und das hast du alles heute schon organisiert? Du bist ein Genie!"

„Endlich erkennt das jemand!", kichert sie.

Ich nehme sie in den Arm und hauche ihr ein „Danke" ins Ohr. Sie ist wirklich die Beste.

„Natürlich kriegst du auch Unterwäsche und alles, was eine Frau sonst noch braucht. Bist du eher der erotische Typ oder stehst du mehr auf Liebestöter?"

„Liebestöter?"

„Ja, du weißt schon, die Unterwäsche, die jeden Mann in die Flucht schlägt", grinst sie breit.

„Über solche Wirkungen von Unterwäsche habe ich mir bisher nie Gedanken machen müssen", antworte ich ehrlich. „Sie muss für mich vor allem praktisch sein. Das ist wichtig."

„Gut, dann lasse ich von allem etwas kommen. Dann sehen wir weiter."

Da ich inzwischen angezogen bin, verabschiede ich mich von Xelia und mache mich auf den Weg zur Prinzessin. Diese ist noch nicht richtig wach und ich setze mich deshalb auf den Rand ihres Bettes. Sie hat mir zwar dir Tür geöffnet, ist dann aber direkt wieder zum Bett gelaufen und hat sich wieder in ihre Decke gekuschelt.

„Wir müssen auf dich gut achtgeben. Aus einem mir unerklärlichen Grund, hält dich der König von Wesaria für eine Bedrohung seiner Macht. Er steckt hinter den Anschlägen auf dich und wird es mit Sicherheit erneut versuchen."

„Woher weißt du das?", will das Mädchen wissen. Sie gähnt herzhaft.

„Ich war gestern noch mit deinem Bruder unterwegs und dabei konnte ich Borsin zufällig belauschen."

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