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Die Rettung aus der Gosse

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Er schätze uns sogleich richtig ein und fragte:

"Oder wollen Sie lieber in diesen anderen Teil, da stehen zwei Wohnmobile aus Holland, deren Insassen sind auch bei dem Kongreß."

Herr Kroll war zunächst einverstanden, dorthin zu fahren, ich konnte ihn aber gerade noch bremsen.

"Warum wollten Sie denn nicht in jenen Teil zu den Holländern?", fragte Herr Kroll, als der Campingplatzwärter uns allein gelassen hatte.

"Wegen der Diskretion! Es muß sich unter den Kollegen -- wer weiß, wer doch noch beim Kongreß ist -- es muß sich doch nicht herumsprechen, daß wir hier zusammen -- im Wohnmobil sind, aus welchen Gründen auch immer."

Ich hatte mir gerade noch den Ausdruck "zusammen schlafen" verkneifen können.

"Jetzt denken Sie aber an alles! -- Ich bocke jetzt das Wohnmobil auf, damit die Reifen nicht dauerbelastet werden", belehrte mich Herr Kroll in Campinggebräuchen, "Sie können sich dabei gern solange innen umziehen."

"Ist es nicht besser, ich bleib solange draußen, dann haben Sie weniger hochzukurbeln."

"Sie sind ja nicht so schwer, aber etwas leichter wäre es schon."

So kurbelte Herr Kroll an den vier Ecken und mußte so lange probieren, bis der Wagen absolut waagerecht stand. Dann holte er irgendwoher ein zwanzig Meter langes ausrollbares Kabel hervor, verschwand damit in der Dunkelheit, kam nach einigen Minuten wieder und klärte mich auf:

"Damit wir den Saft nicht aus der Autobatterie ziehen."

Daraufhin fischte sich Herr Kroll eine Badehose aus seinem Gepäck und verschwand in Richtung Duschräume. Ich zog mich im Wohnmobil aus, einen Bikini an und verschwand zu den Frauen.

Wir kamen ungefähr gleichzeitig zurück, und jetzt folgte die Prozedur des dezenten Anziehens des Pyjamas. Herr Kroll machte es mir vor: Pyjamajacke an und zugeknöpft -- sie mußte lang genug sein und war es auch -- Badehode aus -- Pyjamahose an -- fertig.

"Ich leg mich schon mal in meine Kombüse und seh nicht zu, wie Sie sich umziehen. Aber Sie können es ja genauso machen."

Damit kletterte Herr Kroll mit Hilfe einer kleinen Leiter, die er irgendwo aus den vielen Abseiten hervorgezaubert hatte, in seine Schlafkoje, sagte schon im Halbschlaf: "Gute Nacht, Frau Knaack!", und man hörte ihn nach weniger als einer Minute schnarchen. Er war ja auch erst heute, wie er sagte, mit der Fähre von Italien herübergekommen.

Ich zog schnell und ohne auf etwaige Blicke zu achten meinen Bikini aus und den Pyjama an, machte das Licht aus, legte mich hin und bin wohl auch sofort eingeschlafen nach diesem aufregenden Tag.

Irgendwann in der Nacht wachte ich von einem dumpfen Schlag auf. Als ich ganz wach geworden war, erkannte ich den Grund: Herr Kroll hatte sich wohl im Schlaf bewegt und war mit dem Kopf an die niedrige Wagendecke gestoßen. Er rieb sich lachend die entstehende Beule; zum Glück war mit seiner starken Brille nichts geschehen, die er aufgelassen oder, müde wie er war, vergessen hatte abzunehmen.

Ich sagte:

"Das geht doch nicht, Herr Kroll, Ihre Beule wie Ihre Beule, aber es ist doch nicht auszudenken, wenn Ihre Brille zerbricht. Kommen Sie doch hierher neben mich, das Bett ist breit genug, und wir sind doch, wie Sie so richtig sagten, erwachsene Menschen!"

"Ja, es ist wohl doch besser!", sagte Herr Kroll noch im Halbschlaf, raffte sein Kopfkissen und seine leichte Decke zusammen, kletterte die Leiter herunter und legte sich auf das Bett neben mich, ganz dicht an die Kante.

"Nun rutschen Sie schon etwas näher, Sie fliegen ja bei der nächsten Bewegung auf den Boden!"

Als wir diese schwierige Prozedur hinter uns hatten, sagte ich zu Herrn Kroll:

"Wir liegen ja nicht zusammen im Rinnstein, aber nebeneinander im Bett, wie sind also Kameraden, und Kameraden duzen sich für gewöhnlich. Also, ich bin die Melanie."

"Ich bin der Siegfried, genannt Siggi, angenehm. Und wo ist das Schwert, Brünhilde?"

"Unsere Müdigkeit! Morgen ist ein anstrengender Tagungtag, du sagst, du hast einen Vortrag --"

"Erst übermorgen --"

"Ach ja, richtig! Und zum Anstoßen aufs Du und zum Näher-Kennenlernen wird auch noch Gelegenheit sein."

"Denk bitte nicht, daß ich dich deshalb aufgelesen hab!"

"Nein, Siggi, natürlich nur, damit wir uns fachlich austauschen. Fangen wir gleich an. Hast du mal die Hetärengespräche von Lukianos gelesen?"

"Du hast schon eine Art, einen scharf zu machen. Aber ich lese aus der Ars amatoria in der letzten Klasse in der letzten Stunde vor den Ferien."

"Du wirst lachen: ich auch."

"Na, dann schlaf schön!"

"Du auch!"

Und gab ihm frecherweise einen Kuß; im Dunkeln traf ich Siggis Nasenspitze.

"Und nochmal tausend Dank für die Übernachtungsmöglichkeit!"

Am Morgen wachte ich trotz vergessenem Wecker rechtzeitig auf. Ich weckte Siegfried neben mir:

"Aufstehen, Siggi, es ist schon halb acht!"

"Guten Morgen, Frau Knaack", antwortete Siggi verschlafen.

"Siggi, wir haben uns doch letzte Nacht geduzt -- aber noch nicht angestoßen."

"Ach ja, richtig! -- Wie hast du geschlafen?"

"Prima! -- So, nun hops mal raus, dann brauch ich nicht über dich rüberzusteigen."

"Ich weiß nicht -- ob das geht -- ich hab nämlich --"

"Was hast du?"

"Vielleicht bist du schockiert --"

"Ach, du hast eine Morgenlatte! Das macht doch nichts, das kommt immer mal vor, hab ich schon mal gesehen. Von mir aus kannst du gern aufstehen! Vielleicht bin auch ich schuld und hab im Schlaf irgendwohin gefaßt."

Siggi rappelte sich aus dem Bett mit seiner großen spitzen Nase in der Pyjamahose.

"Du bist auch eine --, aber wie komme ich zu den Duschen?"

"Das weiß ich nun auch nicht, ob das unter euch Campern so was Schlimmes ist. Geh auf das kleine Klo hier im Wagen oder, wenn du es noch aushältst, mach erst das Frühstück und geh dann! Ich geh schon mal zum Duschen!" -- nahm meinen Bikini, mit dem ich zurückkommen wollte und ging zu den Waschräumen.

Ich ließ mir ziemlich viel Zeit, und als ich zurückkam, hatte Siegfried schon das Wageninnere zu einem Tisch mit Bänken umgebaut, der Frühstückstisch war noch nicht fertig gedeckt, aber eine Kaffeemaschine gurgelte schon vor sich hin, und auf einer der Gasflammen kochten zwei Eier. Siegfried selbst war schon verschwunden.

Ich zog schnell meinen Bikini aus und einen Slip an und suchte aus meinem Koffer die weiße Bluse und den weißen Rock heraus, den ich heute anziehen wollte. Da klopfte es an der Tür und Siegfried fragte:

"Kann ich reinkommen?"

"Natürlich darfst du!" und machte Siegfried die Tür auf.

Als er mich noch so barbusig sah, zuckte er zurück und sagte:

"Entschuldige, Melanie, das hab ich nicht gewußt, daß du noch nicht fertig bist, Ich warte dann erstmal draußen."

"Nun komm schon, Siggi, wir sind doch -- aber ich wiederhole mich. Wir haben auch nicht mehr viel Zeit. Oder soll ich rausgehen, wenn du dich anziehst?"

"So?"

"Nein, nicht so! Ich bin gleich fertig, aber zieh dich doch hier an. Ich hab sogar auch schon nicht angeschnallte Phalli gesehen!"

Beim Anziehen und Tischdecken in dem engen Raum hatten wir natürlich häufigen unbeabsichtigten Körperkontakt. Nach dem vierten "Entschuldige" von Siegfried streckte ich den Po extra heraus, und als Siegfried wieder mit ihm kollidierte, sagte:

"Jetzt entschuldige ich mich einmal und du bitte nicht wieder! Was sollen wir mit unseren Pos und Bäuchlein machen, ohne fünfzig Kilo abzunehmen!?"

Wir setzten uns lachend zum Frühstück und verspeisten die Herrlichkeiten, die Siegfried aus dem kleinen Eisschrank hervorgezaubert hatte, dann war es Zeit zum Aufbruch.

Siegfried beschloß, nicht bequem mit dem Taxi zum Kongreßzentrum zu fahren, sondern mit dem Wohnmobil:

"Dann können wir am Nachmittag nach den Vorträgen vielleicht noch ins nächste Dorf fahren und Schafs- und Ziegenkäse kaufen -- oder zu einem nicht so überlaufenen Strand fahren."

"Gute Idee!"

"Ja -- ,gute Idee` -- aber so einfach losfahren, das geht nicht. Hast du nie gecampt? --"

"Ich hab mich gerade heute morgen ausgiebig gekämmt!"

"Du bist ein kleiner Scherzkeks, Melanie -- ein schöner Kalauer übrigens -- und du weißt ganz genau, was ich meine. Such es dir aus: Willst du hier den Tisch wieder zu einem Bett umbauen oder das Geschirr abspülen und in die Oberschränke versorgen oder das Kabel holen und zusammenrollen oder die Füße hochkurbeln?"

"Mit dem weißen Dress -- und den Stöckelschuhen im Gras?"

"Ich mach es schon!"

Und in Windeseile erledigte Siegfried dieses riesige Arbeitspensum außer dem Geschirr, das ich vorsichtig abspülte, um mich nicht naß zu machen.

Am Kongreßzentrum war der Parklatz natürlich schon voll, und Siegfried parkte sein Gefährt leicht illegal halb auf einem Gehweg.

"So große Autos schleppen die nicht ab -- vielleicht muß ich ein paar Drachmen Strafe zahlen."

"Dein Wort in Gottes Ohr!"

"Du sollst den Namen des HErrn nicht unwürdig führen! Sag lieber wie in ,Dr. Murkes gesammeltem Schweigen`: ins Ohr des höheren Wesens, das wir verehren!"

Zuerst schleppte mich Siegfried noch einmal ins Tagungsbüro, wo er den Titel seines Vortrags ändern und mich als Koreferentin eintragen ließ.

"Und bitte geben Sie uns eine schriftliche Bestätigung", verlangte er.

"Auf deutsch -- oder wenigstens auf englisch!" fügte ich sicherheitshalber hinzu.

"Morgen können Sie das Papier abholen", erwiderte die wenig begeisterte Sekretärin in gelangweiltem Ton.

Da die Vorträge, die uns interessierten, in verschiedenen Sälen gehalten wurden, trennten sich erst einmal unsere Wege. Siegfried machte einen durchorganisierten Plan: "Der letzte Vortrag, der mich interessiert, dauert bis vier und deiner, wie ich verstanden hab, bis um drei. Vielleicht sehen wir uns in der Mittagspause im Restaurant, sonst komm dann nach drei in den Hörsaal C!"

"Okay, bis nachher!"

Huch, machte ich erstmal nach über zwölf-, ja, sechzehnstündigem ununterborchenem Zusammensein und sogar -schlafen mit Siggi, "hast du wieder mal einen Mann aufgegabelt oder dich aufgabeln lassen, Melanie! Du kannst es doch nicht lassen!" -- "Ohne Siggi", sagte ich zu mir selbst, "hättest du wahrscheinlich auf der Parkbank übernachtet oder im Obdachlosenasyl oder bei der Heilsarmee, Siggi ist nett und sympathisch ohne fiese Draufgängerallüren, und ist es so schlimm, wenn wir uns einige Tage -- und Nächte, gib es zu, Melanie! -- miteinander vergnügen?"

Ich hörte am Vormittag eine Reihe langweilig vorgetragener Beiträge zu eigentlich interessanten Fragen der vergleichenden Sprachwissenschaft und machte einige Herren durch intelligente Fragen zu einzelnen Vorträgen auf mich aufmerksam.

Als ich in der Mittagspause im Selbstbedienungsrestaurant mein Essen zusammengestellt hatte, sah ich nirgendwo einen Bekannten sitzen, auch nicht Siegfried, und so setzte ich mich an einen noch freien Tisch. Es dauerte gar nicht lange, und es setzte sich einer der Herren aus meinem Hörsaal mit seinem Essen neben mich und begann, mich auf englisch nach meinem Woher und Wohin auszuqetschen. Das Gespräch war wenig ergiebig und versiegte bald.

Inzwischen war Siegfried im Restaurant erschienen, in lebhaftem Gespräch mit einer feschen, mit mir etwa gleichaltrigen Dame. -- "Melanie, du kennst Siggi noch nicht einmal einen Tag und wirst doch nicht etwa eifersüchtig werden?!"

Als die beiden an der Theke fertig waren, sah mich Siegfried; sein Gesicht hellte sich noch mehr auf, und er sagte zu seiner Begleiterin:

"Come here, Patricia, to this table!``

Die beiden steuerten wirklich meinen Tisch an.

Jetzt wurde es an meinem Tisch lebhaft. Siegfried stellte uns vor:

"Patricia Dexter, Kollegin aus Providence, Rhode Island" -- er sagte das auf deutsch! -- "Frau Melanie Knaack, Kollegin aus Hamburg."

Ich begann, englisch mit Frau Dexter zu reden, aber sie unterbrach mich bald:

"Sie können gern deutsch mit mir reden; ich verstehe das gut, aber beim Sprechen mache ich vielleicht ein paar Fehler. Und, dear Melanie, nennen Sie mich gern Patricia!"

"Ich kenne Patricia schon lange von einem Kongreß", klärte mich Siegfried auf, "und sie schickt mir manchmal Bücher aus Amerika, das ist viel billiger, als wenn ich sie in Deutschland im Buchgeschäft bestelle."

"Wenn Sie mal was aus den States haben wollen: Schreiben Sie oder rufen Sie an, ich schicke es Ihnen dann, und in einer Woche haben Sie's."

"Und wie ist es mit der Bezahlung?"

"Postanweisung, Scheckkarte, wie Sie wollen! -- Oh, entschuldigen Sie mich, da hinten wartet mein Mann!"

"Der ist Professor in dem Städtchen", klärte mich Siegfried auf.

Eifersucht wieder völlig unnötig, Melanie -- wie immer!

Die Nachmittagsvorträge waren noch langweiliger, und auch bei den Literaturwissenschaftlern, deren Vorträge sich Siegfried anhörte, war es nicht besser.

Als wir die Vorträge dieses ersten Kongreßtages endlich überstanden hatten, gingen wir erstmal ein Eis essen, und ich heiterte Siegfried auf, indem ich das Englisch des zuletzt gemeinsam gehörten Vortrags nachmachte, der Siegfried so sehr interessiert hatte.

Dann gingen wir zum Wohnmobil, und wirklich steckte etwas unter dem Scheibenwischer! Aber es war kein Strafmandat, sondern die Reklame eines Busunternehmens für Ausflüge, und wir freuten uns über die vielen Orthographiefehler, die wir entdeckten -- auch im Neugriechischen schreibt sich "Delphoí" mit oi und nicht einfach mit i, obwohl die Aussprache heute dieselbe wäre.

"Hast du eigentlich auch den Ausflug nach Delphoí [sprich: Delfí] in drei Tagen gebucht?" fragte Siegfried.

"Ja! Dann fahren wir da ja auch zusammen hin! -- Und der Ausflug zwei Tage später nach Olympia?"

"Da hab ich mich nicht angemeldet. Da muß ich morgen nochmal ins Kongreßbüro, vielleicht sind noch Plätze frei."

"Geh doch jetzt schnell, vielleicht haben die noch auf. Wir sind ja noch praktisch beim Zentrum, und bis dann wird die Kiste sicher auch nicht mehr abgeschleppt."

So gingen wir noch einmal ins Kongreßzentrum. Das Tagungsbüro war noch geöffnet, die Damen gelangweilt wie immer, aber es waren noch Plätze, und so würden wir auch die Fahrt nach Olympia gemeinsam unternehmen.

Dann fuhren wir ins zweite Nachbardorf, kauften einen Kilobrocken Schafskäse, verstauten ihn im Eisschrank und legten uns noch eine Stunde zum Sonnen an den Strand. Wie gut, daß wir uns im Wohnmobil Bikini und Badehose anziehen konnten, jetzt schon mit weniger Schamhaftigkeit ohne peinliches Achten darauf, daß in allen Phasen des Umkleidens alle heiklen Körperteile bedeckt sind.

Nach dem Sonnen und einem kurzen Bad im Meer wollten wir in unserem Gartenlokal essen. Wir trockneten uns in der warmen Sonne ab, indem wir einmal am Strand entlangliefen. Dann verschwanden wir im Mobil und schmissen das nasse Badezeug ins Abwaschbecken -- die Nässe würde nach unten abtropfen. Dabei konnte es nicht ausbleiben, daß wir einige Sekunden nackt waren, allerdings Rücken an Rücken beziehungsweise real Po an Po. Ich zog ein luftiges Strandkleid, Siegfried einen weißen Tennisdress an. Während des Umkleidens konnte sich Siegfried nicht mehr zurückhalten:

"Weißt du, Melanie, was für eine Topfigur du hast?"

"Ach nee, und du könntest etwas abnehmen, aber du hast ein liebes Gesicht."

"Mit dem Abnehmen hast du ja soooo recht. Aber das Essen schmeckt so gut."

Dabei drehte er sich fertig angezogen um und streichelte sanft meinen Arm.

"Du Frechling betatscht eine halbnackte Frau", tadelte ich lächelnd -- denn ich war noch nicht ganz fertig -- und gab ihm einen sanften Kuß auf die Stirn, "und nochmal vielen Dank für alles."

"Ich hoffe, das war noch nicht alles!"

"Das hoffe ich auch."

Wir fanden im Lokal unseren Tisch in der Weinlaube, wie bestellt, frei und bestellten unserem Heißhunger entsprechend eine große Portion Lammbraten und einen Liter Retsina. Das Knistern verschlug uns ziemlich die Sprache, schließlich faßte ich das heiße Eisen an:

"Siggi, was macht eigentlich deine Frau?"

"Sie ist Bibliothekarin in Marburg. Sie heißt übrigens Herta."

"Und hast du Kinder?"

"Eine Tochter, Hildegard, die studiert Germanistik in Greifswald."

"Greifswald?"

"Hat einen guten Ruf und ist möglichst weit vom Elternhaus entfernt -- die jungen Leute, du weißt ja. Sie wohnt da mit ihrem Freund Dirk, ein lieber Kerl. -- Und dein Mann?"

"Ist Geschäftsmann, Im- und Export, Hamburger Geschäftsführer einer über 300 Jahre alten Düsseldorfer Firma. -- Weiß deine Frau, daß du eine andere Frau im Wohnmobil schlafen läßt?"

"Gegenfrage: Weiß dein Mann, daß du nicht im Hotel wohnst? Hat er vielleicht da mal angerufen?"

"Ich glaube nicht. Wir haben uns ziemlich auseinandergelebt."

"Wieso das? Der muß ja blöd sein mit so einer tollen Frau."

"Ich hab wohl zu früh geheiratet. Ich konnte nicht verkraften, daß er fremdging -- darüber hatten mich meine Eltern nicht aufgeklärt -- erst zu Huren, und dann hatte er auch noch Freundinnen."

"Und jetzt?"

"Jetzt leben wir ziemlich nebeneinander her. Und -- ehe du noch weiter bohrst: Ich habe in Hamburg auch noch einen Freund."

"Weiß der, daß du nicht im Hotel bist?"

"Nein! Das braucht er auch gar nicht zu wissen, der würde sich viel mehr aufregen als Dieter -- das ist mein Mann. -- Aber sag, was sagt nun Deine Frau, wenn du hier --"

"Herta ist tolerant. Sie kennt es schon, daß ich bei Tagungen und Ähnlichem Frauen im Mobil habe. Nach allem, was sie überhaupt dazu sagt, glaube ich, sie würde sich freuen, wenn sie wüßte, daß eine Frau wie du mir Gesellschaft leistest und nicht eine Dame von ,Haus- und Hotelbesuche`."

"Meinst du wirklich?"

"Ja, das meine ich wirklich! -- Übrigens hat Herta mit dieser Form der Untreue angefangen und will sich vielleicht deshalb mit Toleranz revanchieren: Wir waren noch nicht ein Jahr verheiratet, da hat sie auf einer Tagung jeden Tag mit ihrem Professor geschlafen in der Hoffnung, eine Assistentenstelle zu kriegen --"

"Und hat sie sie gekriegt?"

"Ja -- und ich erinnere mich noch daran -- sie hat nie wieder so geweint als dann, als sie es mir gebeichtet hat. Das hätte sie gar nicht zu tun brauchen, denn ich als junger unerfahrener Schnösel hatte gar keinen Verdacht und hätte sicher auch nichts gemerkt. Blöd war es dann nur immer, wenn ich diesen geilen Prof traf, das ließ sich nicht immer vermeiden, und mir sein wissendes Grinsen ansehen und sein joviales Gequatsche anhören mußte: ,Na, junger Mann, wie geht es ihnen denn, ich hab gehört, Sie sind jetzt an der Albert-Schweizer-Schule?` Fürchterliche Situationen für einen ganz jungen Mann, immer zu denken: Dieser alte Bock hat meine Herta gevögelt! Ich mußte Herta natürlich verzeihen, und da hat sie mir erlaubt, mir in solchen Situationen -- und nur dann -- ein leichtes Mädchen zu nehmen."

"Du hattest aber wohl nicht immer nur leichte Mädchen?"

"Einmal hat sich eine fünfzigjährige Studienrätin an mich geschmissen, die einen Vortrag von mir toll fand -- er war auch wirklich gut. Abgesehen von ihrer stürmischen Art -- ich war damals Anfang dreißig -- war sie ganz lieb und eine Wucht im Bett."

"Und du hoffst, daß auch ich eine Wucht im Bett bin?"

"Entschuldige, Melanie, das ist mir jetzt in der Fahrt so rausgerutscht. Ich würde mich natürlich freuen, um ehrlich zu sein -- aber wirklich nur, wenn auch du willst."

"Heute sicher nicht, wenn du darauf gehofft haben solltest, es ist aber hoffentlich der letzte meiner Tage. Ich will nicht, daß deine Matratze Blutflecken kriegt -- Ich schlage vor --"

"Hast du wirklich ,hoffentlich` gesagt?"

"Das ist mir jetzt auch so rausgerutscht. Natürlich habe ich üüüüberhaupt keine Lust! -- Mach nicht so ein triefäugiges Gesicht, Siggi! Ich wollte vorschlagen: morgen, wenn wir den Vortrag hinter uns haben."

Wir fielen uns selig über den Tisch hinweg in die Arme, küßten uns und schmissen dabei die leere Retsina-Karaffe auf den Boden. Wir boten dem herbeieilenden Kellner an, die Karaffe zu bezahlen, aber er sagte mit gespielt trockenem Ton:

"Verliebte bezahlen so was nicht! -- Soll ich noch etwas Wein bringen?"