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Die Wikingerfibel Teil 01

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„Dann lass uns kämpfen, nur so können wir herausfinden, wer der Stärkere von uns beiden ist."

Ich lege meine Felle ab und stehe nun in Jeans und Hoody vor dem Mann. Er lässt seinen Blick belustigt über meinen Körper und vor allem über meine Kleidung gleiten.

Als wir Aufstellung nehmen, wird es um uns herum still. Sören stellt sich mir breitbeinig entgegen und hält das Schwert lässig in der Hand. Ich dagegen bin hoch konzentriert und nehme Kampfhaltung ein, so wie es sein soll.

„Mach sie fertig!", rufen einige Dänen. Es sind durchwegs Männer. "Gegen eine Frau kannst du gar nicht verlieren."

Sören gibt einen belustigten Laut von sich und lacht hämisch auf. Er hat keinen blanken Schimmer davon, wie gut ich kämpfen kann. Während er noch den Kopf gedreht hat, um sich effektheischend zu seinen Landsleuten umzublicken, stürme ich los und versetze ihm mit dem Fuß, den ich hochreiße und dabei auch etwas in die Höhe springe, einen kräftigen Tritt gegen die Brust. Ich treffe ihn perfekt. Überrascht torkelt er zurück und kommt beinahe zu Fall.

Er kann sich im letzten Moment noch abfangen und tritt mir nun etwas entschlossener gegenüber. Ich kann aber erkennen, dass ihm mein Tritt, gegen das Brustbein, die Luft genommen hat und er immer noch Schwierigkeiten beim Atmen hat.

„Wie kämpfst du denn?", lacht er. „Wie ein Mädchen."

„Das Mädchen wird es dir schon zeigen", ruft Lifa hinter mir.

Ich muss schmunzeln. Diese junge Frau hält echt große Stücke auf mich. Aus dem Augenwinkel heraus bemerke ich aber auch, dass Greta dem Kampf neugierig folgt. Ich kann dabei aber weniger Sorge als vielmehr Neugier in ihren Augen erkennen. Sie scheint keine Angst zu haben, mit mir gehen zu müssen. Ich habe fast den Eindruck, sie hofft es sogar.

Diesmal greift Sören an. Dabei fuchtelt er mit dem Schwert wild durch die Luft. Wirklich kämpfen scheint er nie gelernt zu haben. Ich aber weiche geschickt aus und lasse seinen Angriff ins Leere laufen. Als er dabei an mir vorbeistürmt, versetze ich ihm noch schnell einen Tritt in den Hintern. Meine Leute lachen laut auf, die Dänen bringen ein überraschtes „Oh" oder „Ah" zustande.

„Hast du Angst vor mir?", höhnt er.

Er hat sich schon wieder umgedreht und steht mir erneut gegenüber. In seinen Augen lodert der pure Kampfwille. Offenbar haben ihn meine Tritte und Demütigungen hart getroffen und nun in Rage versetzt.

„Warum sollte ich Angst vor dir haben?"

„Weil du ausweichst."

„Ich warte nur auf den richtigen Moment. Ich will dich ja nicht töten."

„Zu gütig von dir."

„Das denke ich auch. Aber Greta sollte nicht ihren Vater verlieren. Das will ich ihr nicht antun."

„Greta braucht sich keine Sorgen zu machen", kontert er. „Ich werde dich bald besiegt haben. Dann ist dieser Spuk vorbei."

Damit geht er erneut auf mich los. Diesmal allerdings weiche ich nicht aus. Ich pariere seinen Schlag, drehe mich zur Seite weg und versetze ihm einen Hieb gegen den Oberschenkel. Eine blutende Wunde ist die Folge.

Er gibt einen Schmerzensschrei von sich und dreht sich humpelnd wieder zu mir um. In seinen Augen lodert nun blanker Hass. Von einer Frau im Kampf verletzt zu werden, schmeichelt ganz sicher nicht seinem Ego.

Mit Gebrüll und ohne zu überlegen, geht er erneut, stark humpelnd, auf mich los. Diesmal weiche ich wieder aus, stelle ihm aber ein Bein, über das er strauchelt und der Länge nach in den Staub fällt. Bevor er sich erheben kann, habe ich den Fuß in seinem Kreuz und drücke die Spitze des Schwertes gegen seinen Rücken. Wenn ich jetzt zustechen würde, wäre er tot.

„Ergib dich!", fordere ich ihn auf.

„Niemals!"

„Bitte Papa, du hast keine Chance", ruft Greta.

„Gegen eine Frau? Dass ich nicht lache!"

Das Mädchen kommt langsam nach vorne. Sie blickt mir flehend in die Augen. Ich kann sehen, dass sie ihren Vater liebt. Dieser rührt sich nicht und liegt vor uns im Dreck. Er weiß genau, dass ich zustoße, sollte er sich erheben wollen. Das weiß auch Greta. Als sie mit wenigen Schritten vor mir steht, blickt sie mir geradewegs in die Augen.

„Bitte nimm mich und verschone meinen Vater", sagt sie.

„Wenn er sich ergibt, habe ich kein Problem damit."

Greta geht neben ihrem Vater in die Hocke. Sie greift sich das Schwert und als er es nicht sofort loslassen will, fordert sie ihn dazu auf.

„Du hast keine Chance und ich will nicht, dass du verletzt oder getötet wirst."

„Aber sie wird dich mitnehmen", meint er verzweifelt.

„Diese Frau wird mir kein Leid zufügen. Sei vernünftig!"

„Woher willst du das wissen. Das ist eine Kriegerin. Eine ganz harte noch dazu."

„Sie wird mir nichts zuleide tun. Ich weiß es. Sie ist nicht hier, um zu töten, sonst hätte sie dich schon längst erledigt. Ich weiß aber auch, dass ich dich liebhabe, Papa."

Nach diesen Worten, die auch mich berühren, lässt er das Schwert los, Greta nimmt es vorsichtig und tritt damit auf mich zu. Die Waffe hält sie so, dass mir klar sein muss, dass sie mich nicht angreifen will.

„Nimm das Schwert und verschone meinen Vater, ich bitte dich."

Ich nehme mein Schwert vom Rücken des Mannes und gebe Lifa ein Zeichen, Greta das Schwert abzunehmen. Ich mache zwei Schritte von Sören weg und ziehe seine Tochter hinter mich.

„Ich hatte nie die Absicht, jemanden von euch zu töten. Ich wollte reden", stelle ich klar.

Sören erhebt sich schwerfällig. Sein Bein blutet und ich sehe, dass er humpelt. Ich schaue zu Greta.

„Habt ihr Schnaps?"

„Wozu brauchst du jetzt Schnaps?", will diese überrascht wissen.

„Hol mir welchen!", weise ich sie schroff an.

Greta läuft los und kommt mit einem Krug zurück. Daraufhin schicke ich sie los, mir ein Stück sauberen Stoff oder Leinen zu bringen. Auch das macht sie.

„Habt ihr einen Stuhl?", frage ich.

Auch ein Stuhl wir mir gebracht. Ich weise Sören an, sich hinzusetzen und gebe zwei von meinen Männern die Anweisung, ihn festzuhalten.

„Was hast du mit meinem Vater vor?", will Greta besorgt wissen. Sie schaut mich mit Angst in den Augen an.

„Ich werde seine Wunde verarzten, damit er das Bein nicht verliert."

„Du willst was tun?", erkundigt sie sich verwundert. Aber auch alle Umstehenden holen überrascht Luft und schauen mich irritiert an.

„Ich füge deinem Vater kein Leid zu. Ich versuche ihm zu helfen", versichere ich ihr.

Ich gehe vor ihm in die Hocke, schneide mit einem Messer die Hose an der Stelle etwas weiter auf, an der sich die Wunde befindet und schaue mir diese genauer an. Dann schneide ich die lederne Hose so ab, dass sie oberhalb der Verwundung endet. Ich brauche bessere Sicht auf die Wunde. Alle Umstehenden schauen mir neugierig zu.

„Jetzt wird es etwas brennen. Das ist aber gut", sage ich zu Sören.

Ohne auf eine Antwort zu warten, schütte ich großzügig Schnaps über die Wunde. Der Mann schreit auf und stemmt sich den beiden Wikingern entgegen, die ihn festhalten. Sie sind jedoch deutlich stärker als er und halten ihn entschlossen an Ort und Stelle.

„Es ist schon fast vorbei", beruhige ich ihn.

Ich reiße vom Leinenstoff, den mir Greta reicht, einen passenden Streifen ab und umwickle damit die Wunde. Mit einem weiteren, viel schmaleren Streifen, fixiere ich den improvisierten Verband.

„Wo ist Fiona?", rufe ich.

„Hier, Wikingerfrau."

„Ich heiße Alva", stelle ich klar. „Dein Mann hat eine Wunde, die man jeden Tag reinigen und neu verbinden sollte. Wir müssen vermeiden, dass sich die Wunde entzündet und eitert. Also verwende jeden Tag Schnaps. Er kann von mir aus vorher auch einen kräftigen Schluck trinken. Aber auf die Wunde muss auch einer, damit sie richtig gesäubert wird."

„Das machen wir nie so", wirft Greta ein. Sie scheint allmählich die Scheu vor mir zu verlieren.

„Glaub mir, so ist es besser. Schmutz und Verunreinigungen in der Wunde können schlimme Folgen haben."

„Ich weiß. Hoffentlich kommt mein Vater durch deine Versorgung der Wunde durch. Ich habe schon Männer gesehen, die an so etwas gestorben sind."

„Keine Sorge, wenn deine Mutter die Wunde fleißig mit Schnaps reinigt, dann schafft er es."

Ich lege meine Hand auf ihre Schulter und versuche sie zu beruhigen. Ihr Blick ist voller Dankbarkeit auf mich gerichtet.

„So, nun wollen wir reden. Sören ist wohl euer Dorfvorsteher? Wer hat noch etwas zu sagen?"

„Der Ältestenrat", meint Sören.

„Habt ihr einen Versammlungssaal?"

„Ja, hier hinten in dem Haus."

Dabei deutet er auf genau jenen Bau, von dem ich gedacht habe, dass er zu diesem Zweck dient. Ich muss schmunzeln, weil alles nach Plan läuft.

„Alle Frauen und Kinder dürfen zurück in ihre Häuser. Weglaufen hat keinen Sinn, unsere Leute haben das Dorf umzingelt. Wer sich uns aber nicht widersetzt, hat auch nichts zu befürchten", sage ich laut.

Zunächst passiert gar nichts. Alle bleiben unsicher stehen und können nicht glauben, dass sie zurück in die Häuser dürfen.

„Schick die Frauen und Kinder schlafen. Dann komm zu mir in den Versammlungssaal", weise ich Greta an.

„Da darf ich nicht hinein."

„Wenn ich es sage, dann darfst du."

„Aber ich bin eine Frau?"

„Na und? Ich doch auch", lache ich.

„Wenn du meinst", antwortet sie unentschlossen.

Mein Verhalten scheint sie etwas zu überfordern. Sie macht sich aber dennoch auf den Weg und scheucht ihre Landsfrauen und die Kinder zurück in die Häuser. Mir gefällt die Kleine, sie macht es sehr gekonnt.

„Sören und der Rat kommen mit mir. Die anderen dürfen zuschauen, wenn sie sich ruhig verhalten. Auch meine Leute kommen mit, um aufzupassen", gebe ich Anweisung.

Ohne auf eine Antwort zu warten, gehe ich auf das Gebäude zu und stoße die Tür auf. Es riecht etwas muffig in dem Raum. Er könnte öfters gelüftet werden, denke ich noch bei mir. Man merkt wohl, dass hier Frauen nicht hereindürfen.

Ich schaue mich um und erkenne eine lange Tafel. Drum herum stehen zahlreiche Stühle. Einer davon, genau am Kopf des Tisches, sieht imposanter aus und ist sicher für den Dorfvorsteher oder wie das hier heißt, bestimmt. Ohne Zögern gehe ich darauf zu und lasse mich drauffallen.

Sören und der Rat der Ältesten bleiben gleich hinter der Tür stehen. Sie schauen sich unsicher um.

„Na los, kommt schon. Wir haben nicht die ganze Nacht Zeit. Setzt euch!", weise ich die Männer an.

Sören setzt sich als erster in Bewegung. Er kommt auf mich zu und bleibt neben mir stehen.

„Das ist mein Platz", meint er etwas schroff.

„Heute nicht. Setz dich dahin", antworte ich. Dabei deute ich auf den Stuhl zu meiner Linken.

Er aber reagiert nicht sofort und bleibt zunächst stehen. Er schaut mich weiterhin auffordernd an. Ich aber lache ihm geradewegs ins Gesicht.

„Im Moment habe ich hier das Sagen. Damit steht mir auch dieser Platz zu", sage ich vergnügt.

Nur widerwillig gibt er nach, weil er wohl kapiert, dass ich nicht nachgebe, und setzt sich auf den Stuhl, den ich ihm zugewiesen habe. Sein Niedersitzen ist das Zeichen auch für die anderen Mitglieder des Rates, am Tisch Platz zu nehmen. Als sich einer auf den Stuhl zu meiner Rechten niedersetzen will, bremse ich ihn aus.

„Der ist schon besetzt", sage ich schroff.

Daraufhin kommt Hakon auf mich zu und will sich zu meiner Rechten niederlassen. Ihn weise ich jedoch an, einen Stuhl weiter Platz zu nehmen, danach kommt Fjell. Wir drei sind die einzigen Wikinger, die mit am Tisch sitzen.

Ich weise Lifa an, sich einen Stuhl zu holen und ihn zu meiner Linken hinzustellen und sich draufzusetzen, was sie auch etwas unsicher tut. Zwischen mir und Sören schient sie sich nicht sonderlich wohlzufühlen.

In dem Moment kommt Greta in den Raum, schaut sich unsicher um, so als würde sie fürchten, gleich wieder verjagt zu werden. Erst auf einen Wink meinerseits hin, kommt sie auf mich zu. Ich bemerke, wie ihr Vater sie ansieht und kurz davor ist, etwas zu sagen. Er hält sich dann aber doch zurück.

„Setz dich hierhin!", weise ich sie an.

Dabei deute ich auf den Stuhl zu meiner Rechten. Sie schaut mich unsicher an, rührt sich aber im ersten Moment nicht.

„Das sollte mein Platz sein", mischt sich nun Hakon ein.

„Hier sitzt Greta!", bestimme ich.

„Warum?", will Hakon wissen.

„Ich habe meine Gründe. Setz dich Greta!"

Erst nach erneutem Zunicken, nimmt sie auf dem Stuhl Platz. Alle beobachten dies mit Argwohn. Auch Sören verfolgt das Geschehen mit sichtlicher Ablehnung.

„Was hat meine Tochter hier am Tisch zu suchen?", will er wissen.

„Ich will es so. Reicht dir das als Erklärung?", fahre ich ihn an. Zum Glück versteht er, dass ich keine Widerrede dulde.

Lifa links von mir grinst. Sie hat vermutlich keine Ahnung, warum ich Greta neben mir haben will, ich weiß jedoch, dass sie mir voll vertraut. Deshalb beuge ich mich zu ihr hin.

„Greta kennt die Dänen. Wenn ich eine Frage habe, wird sie sie mir am ehrlichsten beantworten", flüstere ich ihr zu.

Verstehend nickt das Mädchen mir zu und muss grinsen. Fjell beobachtet uns neugierig und als er Lifa's Reaktion sieht, grinst auch er. Er hat zwar keine Ahnung, vertraut uns aber.

„Meine Herren, wir sind hier, weil wir Nahrung brauchen", sage ich. Daraufhin geht ein Raunen durch den Saal. „Die Wikinger sind es gewohnt, ein Dorf zu überfallen, alle niederzumetzeln und sich zu nehmen, was sie brauchen."

„Die Männer?", entkommt es Greta. Ich muss schmunzeln.

„Vermutlich liegt es genau daran, die lieben Männer. Sie wollen immer alles mit Gewalt lösen, wir Frauen verwenden lieber unser Köpfchen", grinse nun auch ich. Ein Murren geht durch die Männerschar. Nur wenige lachen.

„Nein, ich glaube, sie haben es bisher nicht anders gekannt. Sie haben es von ihren Vätern gelernt und auch diese wiederum von ihren Vätern."

„Warum führt eine Frau die Männer an?", will Sören wissen.

„Weil sie mir vertrauen, so einfach ist das", erkläre ich. „Das bringt uns nun aber zur Frage, wie wir weiter vorgehen. Ich habe euch gesagt, wie es normalerweise abläuft und werde nun einen neuen Vorschlag unterbreiten. Wenn alle einverstanden sind, habt ihr wenig zu befürchten.

Also, ihr liefert uns so viel Lebensmittel, wie ihr entbehren könnt, ohne im Winter Hunger leiden zu müssen. Bin ich damit zufrieden, dann verladen wir alles, ziehen weiter und niemandem passiert etwas. Bin ich aber der Meinung, ihr gebt uns nicht genug, lasse ich die Männer übernehmen."

„Wir haben ja selber nichts", jammert Sören sofort.

„Wir können euch nichts geben", fügt ein anderer schroff hinzu.

„Wie ihr wollt", antworte ich gelassen.

Grata schaut mich besorgt an. Dann springt sie auf und schaut vorwurfsvoll in die Runde.

„Bei euch hakt's wohl!", ruft sie den Männern am Tisch zu. „Ihr wollt wirklich das Leben eurer Frauen und Kinder aufs Spiel setzen, wegen etwas Getreide und ein paar Schafen und Schweinen?"

Ich muss grinsen. Dieses Mädchen hat echt Mumm. Das wird auch belohnt, denn die Männer ziehen beschämt die Köpfe ein.

„Aber wir können doch denen nicht alles in den Rachen werfen", meint Sören kleinlaut.

„Vater, du hast Alva gehört. Sie lassen uns das, was wir zum Leben brauchen. Wir hatten im letzten Jahr eine reiche Ernte und auch die Schafe und Schweine haben sich gut vermehrt."

Ich beobachte die Auseinandersetzung zwischen Vater und Tochter und freue mich, dass sie sich so vehement für eine friedliche Lösung einsetzt. Sören unternimmt noch einen kläglichen Versuch, aber Greta bleibt entschlossen.

„Greta, du übernimmst bitte die Aufteilung der Lebensmittel. Was hier bleibt und was wir mitnehmen", bestimme ich.

„Ich soll zur Verräterin werden?", wirft sie ein. Ich sehe deutlich, wie schockiert sie ist.

„Du wirst deine Leute retten und nicht verraten. Wer etwas anderes sagt, der hat die Lage völlig verkannt und sollte lieber still sein. Wenn ich die Männer machen lasse, dann bleibt hier kein Stein auf dem anderen", halte ich dagegen. „Du bist die einzige, der ich zutraue, eine vernünftige Aufteilung zu finden, damit beide Seiten zufrieden sein können. Das heißt, dass am Ende alle heil aus der Sache herauskommen. Das ist für mich ganz bestimmt kein Verrat."

Kapitel 6

Eine Woche später sind bereits zahlreiche Lebensmittel auf die Schiffe verladen worden und wir sind kurz davor aufzubrechen. Hakon ist überglücklich, wie unser Raubzug bisher verlaufen ist, weil er noch nie so viel erbeutet hat. Wenn es nach ihm ginge, würden wir gleich die Heimreise antreten. Ich dagegen will etwas nach Westen segeln, um ein weiteres Dorf aufzusuchen. Auf unseren Schiffen ist noch genügend Platz.

„Wir können doch auch so schon die Rückreise antreten?", meint er.

„Wir kehren erst mit randvoll beladenen Schiffen heim. Wenn wir schon diese lange Reise auf uns nehmen, dann sollte es sich auch richtig lohnen", halte ich dagegen.

Da mir auch die Mannschaft zustimmt und auch noch Lust hat, ein weiteres Dorf zu überfallen, entscheiden wir uns dafür. Die Männer sind vor allem davon begeistert, dass sie erst gar nicht haben kämpfen müssen. Auch, wenn sie sehr von sich und ihrer Kraft eingenommen sind, so wissen sie genau, dass jeder Kampf auch die Gefahr in sich bringt, verletzt zu werden.

Ich stehe am Ufer und blicke auf das Meer hinaus, wo die beladenen Schiffe deutlich mehr Tiefgang aufweisen als noch bei unserer Ankunft. Plötzlich tritt jemand neben mich. Es sind Lifa und Greta.

„Worüber machst du dir Gedanken?", erkundigt sich Lifa.

„Ich denke über mein Leben nach", antworte ich ehrlich.

Das habe ich auch. Mir ging gerade eben noch durch den Kopf, wie es sein kann, dass eine Architektin aus der Neuzeit, den Wikinger-Überfall auf ein Dorf in Dänemark anführt. Aber ich finde das Abenteuer schön und aufregend. Es ist eine echte Auszeit von meinem sonstigen Dasein. Das kann man nicht abstreiten. Etwas ungewöhnlich, aber eine echte Auszeit. Ich habe mich auch langsam an dieses neue Leben gewöhnt. Ausspannen mal ganz anders, überlege ich schmunzelnd.

„Was wird aus mir?", sinniert auch Greta.

„Möchtest du hierbleiben?", frage ich frei heraus.

„Du hast doch gesagt, du willst mich mit dir nehmen", wirft sie ein. „Ich bin doch dein Preis aus dem Kampf mit meinem Vater."

„Ich muss aber nicht darauf bestehen."

„Was? Du willst mich nicht mehr?"

Fast schon enttäuscht wirkt sie, als sie mich alarmiert anschaut. Sie mustert mich aus großen Augen. In ihnen liegt ein stummes Flehen. Deshalb wende ich mich nun ganz ihr zu und schaue ihr tief in die Augen.

„Greta, du bist eine großartige Frau. In den letzten Tagen hast du bewiesen, dass du Führungsqualitäten hast, dass du vernünftige Entscheidungen treffen und durchsetzen kannst. Ich könnte mir vorstellen, dich hier als neue Ortsvorsteherin zurückzulassen."

„Ich soll meinen Vater ablösen? Das würde er nie zulassen."

„Ich würde schon nachhelfen."

Es entsteht eine kurze Pause. Greta scheint nachzudenken. Dabei schaut sie aber die ganze Zeit Lifa und nicht mich an.

„Wenn ich wählen darf, möchte ich mit euch mitkommen. Ich habe mich mit Lifa angefreundet und möchte nicht mehr ohne sie leben."

Nun bin ich es, die etwas überrascht dreinschaut. Als ich zu Lifa blicke, fällt mir auf, dass sie einen deutlichen Rotton im Gesicht hat.

„Ihr seid ein Paar?", frage ich.

„Noch nicht wirklich. Aber wir mögen uns", antwortet Lifa schüchtern.

„Außerdem möchte ich noch viel von dir lernen. Ich habe noch nie eine Frau wie dich getroffen", ergänzt Greta.

„Na dann, stechen wir gemeinsam in See."

Noch am nächsten Tag ist es dann auch soweit. Greta verabschiedet sich etwas steif von ihrem Vater, der mich dabei böse anblickt. Ihre Mutter nimmt das Mädchen liebevoll in den Arm.

„Pass auf dich auf, bei diesen Wilden. Ich lasse dich nur ungern ziehen."

„Vater hat den Kampf verloren", meint Greta schulterzuckend.

Dabei macht sie ein derart bedauerndes Gesicht, dass selbst ich beinahe auf ihr Theater hereingefallen wäre. Wenn ich nicht genau wüsste, dass es anders ist, würden mir beinahe die Tränen kommen, wie dies bei ihrer Mutter auch wirklich der Fall ist. Diese wirft ihrem Mann einen vorwurfsvollen Blick zu. Ich kann mir das Lachen kaum verkneifen. Das kleine Biest ist echt mit allen Wassern gewaschen.

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