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Die Wikingerfibel Teil 01

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„Warum musst du nachdenken?", erkundigt sie sich schüchtern.

„Wie wir am besten vorgehen. Dir ist schon klar, dass wir die Welt aus den Angeln heben."

„Ja, aber sie haben doch schon zugestimmt, dass du das Kommando übernimmst."

„Bei mir hatten sie keine andere Wahl."

„Dann darf ich nicht mit?"

Ich kann deutlich hören, wie enttäuscht sie ist. Das Mädchen tut mir leid. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie große Hoffnungen in mich gesetzt hat und nun schon wieder enttäuscht wird, glaubt sie zumindest.

„Ich werde mit Hakon sprechen. Irgendwie kriege ich es hin, dass du mitdarfst. Sag aber keinem etwas davon. Mehr Frauen an Bord werden sie sicher nicht akzeptieren."

„Du meinst, ich darf?"

„Sagen wir mal so, ich tue alles, damit es geht."

Nun ist sie ganz aus dem Häuschen. Sie fällt mir regelrecht um den Hals und einen Moment habe ich beinahe Angst, wir könnten dabei das Gleichgewicht verlieren und in die Tiefe stürzen, so heftig ist ihre Reaktion.

„Ich habe gesagt, ich tue, was ich kann. Versprochen habe ich noch nichts."

„Wenn du es willst, dann kriegst du das auch hin", grinst sie breit. „Du bist die Beste!"

Langsam löst sie sich von mir und will sich erheben. Da fällt mir etwas ein.

„Lifa?"

„Ja?"

„Wo willst du jetzt hin?"

„Weiß nicht, nach Hause?"

„Zu deinem Vater?"

„Wo soll ich sonst hin?"

Sie ist zwei Schritte von mir entfernt stehen geblieben und schaut mich fragend an. Ich überlege fieberhaft. Nach Hause kann sie vermutlich nicht, ohne dort auf ihren wütenden Vater zu treffen.

„Zu Hause bist du nicht mehr sicher. Dein Vater lässt dich sicher nicht wieder gehen. Am besten ist, du kommst mit mir!"

Ich erhebe mich nun auch und gehe auf die Burg zu. Lifa folgt mir etwas unsicher. Am Schlosstor treffe ich auf Jarl, der mit Hakon diskutiert. Es muss ein sehr angeregtes Gespräch sein. Schon von Weitem sehe ich, dass beide sehr aufgebracht sind. Sie rudern auch ständig mit den Armen in der Luft herum.

„Was ist los?", frage ich.

„Ach nichts", winkt Hakon ab.

„Er hat mich gefragt, ob ich dich nicht doch noch zur Vernunft bringen kann", meint dagegen mein Begleiter.

„Ach so ist das, du sollst mich zur Vernunft bringen?"

„So habe ich es nicht gesagt, nicht ganz zumindest", meint Hakon ausweichend.

„Nein, nein, schon gut."

Ich drehe mich auf der Stelle um und marschiere davon. Meine Schritte sind entschlossen und ich hoffe, dass keiner merkt, dass ich nur bluffe.

„Wo willst du hin?", erkundigt sich Hakon unsicher. Er reagiert, wie ich erwartet habee.

„Ich gehe. Mir wird dieses Theater hier langsam zu blöd. Wenn getroffene Entscheidungen immer wieder in Frage gestellt werden, dann bin ich raus. Definitiv!", rufe ich über die Schulter hinweg, ohne mich umzudrehen.

„Alva!", ruft Hakon.

Ich aber gehe weiter. Aus dem Augenwinkel heraus bekomme ich mit, dass Lifa zunächst zögert, mir dann aber eilig hinterherläuft. Ihr Blick haftet etwas besorgt an den beiden Männern. Diese wiederum schauen mir betreten hinterher. Genau sehe ich es nicht, weil ich so tun will, als würde mich das Ganze nicht mehr interessieren. Das Schweigen der beiden Männer zeigt mir, dass sie nicht wissen, wie sie sich verhalten sollen.

„Mann, Alva, bleib doch stehen", ruft Hakon mir noch einmal hinterher.

„Wozu?"

„Das war nicht so gemeint."

Ich bleibe nun stehen und drehe mich um. Mit in die Hüfte gestemmten Händen schaue ich ihn herausfordernd an.

„Wie dann?"

„Du musst mich doch verstehen", jammert er.

„Was muss ich verstehen? Dass du Abmachungen nicht einhältst oder, dass du mir das Kommando an Bord des Schiffes nicht überlassen willst? Ich habe keine Lust, dass getroffene Entscheidungen immer und immer wieder in Frage gestellt werden. Ich wollte mich auf das Beladen der Schiffe und auf die Einteilung der Mannschaft konzentrieren. Ich habe keine Zeit, alte Absprachen immer und immer wieder neu zu führen."

„Ich meinte doch nur ..."

„Und wenn du plötzlich auf halbem Weg wieder so einen Anfall bekommst und einfach nur meinst. Was dann? Erklär mir bitte nur eins: Wie soll ich mich auf dich verlassen können?"

„Du kannst dich auf mich voll und ganz verlassen", versichert er. Pure Verzweiflung schwingt in seiner Stimme mit.

„Ach ja? Das sehe ich! Kaum drehe ich dir den Rücken zu, versuchst du die Karten neu zu mischen. Wie gesagt, dafür bin ich mir zu schade."

„Was hast du jetzt vor?"

„Ich werde mich anderweitig organisieren. Segle du, wohin du willst. Ich komme nicht mit."

Nun fällt ihm die Kinnlade herunter. Er schaut mich mit offenem Mund an. Lifa beobachtet den Disput aufmerksam. Neugierig blickt sie zwischen mir und Hakon hin und her.

„Das kannst du jetzt nicht machen", schreit er fast schon verzweifelt.

„Was kann ich nicht machen?"

„Du kannst uns jetzt nicht im Stich lassen."

„Warum nicht?"

Wir stehen uns immer noch gegenüber sind aber etwas weiter auseinander. Allerdings ist seine Körperhaltung schon lange nicht mehr so herausfordern und herrisch, wie zu Anfang. Ich dagegen bin zwar ruhig, aber immer noch entschlossen. Das spürt er und dies verunsichert ihn noch mehr. Vermutlich ist er es nicht gewohnt, dass ihm eine Frau Paroli bietet. Die Frauen der Wikinger werden wohl aufgrund der Traditionen schnell klein beigeben. Ich aber bin es gewohnt, mich durchzusetzen.

„Mann, Alva, es tut mir leid."

„Was tut dir leid?"

„Dass ich dich in Frage gestellt habe."

„Du hast keinen Respekt vor Frauen, wie alle anderen auch. Das mit uns kann nicht funktionieren."

„Bitte, lass uns jetzt nicht hängen", bettelt er.

„Wer garantiert mir, dass nicht wieder alles in Frage gestellt wird, wenn wir auf hoher See sind? Wenn ich darauf eine vernünftige Antwort bekomme und mir sicher sein kann, dass du mir nicht mehr in den Rücken fällst, dann könnte ich es mir noch einmal überlegen."

„Ich garantiere das."

„Ausgerechnet du!", lache ich auf. Er schaut betreten drein.

„Was ist da so lustig?"

„Warst nicht du es, der mich gerade eben in Frage gestellt hat? Warum soll ich dann ausgerechnet dir glauben, wenn du etwas versprichst. Ich bin bodenlos enttäuscht von dir."

Damit wende ich mich endgültig ab und gehe. Plötzlich bleibe ich jedoch stehen und wende mich an Jarl.

„Kannst du mir den Weg zu meinem Zimmer zeigen? Ich vergesse ihn jedes Mal aufs Neue. Die vielen Gänge bin ich nicht gewohnt."

„Ja, komm, ich zeige es dir."

Damit nickt er Hakon zu und geht vor mir her. Ich gebe Lifa ein Zeichen und sie folgt mir. Zusammen gehen wir in die Burg und zu einer Zimmertür. Ich bin fast schon stolz auf mich, dass ich mich nicht verraten habe. Wäre blöd, wenn jemand merkt, dass ich eine andere Person bin. Es würde auch sehr schlecht ankommen, wenn ich vorgebe, ein neues Land finden zu wollen, ich andererseits aber nicht einmal in der Lage bin, mir zu merken, wo sich mein Zimmer befindet.

„Da wohnst du."

Vor der Tür bleibt er stehen und blickt mich belustigt an. Ich dagegen schaue Jarl dankbar an. Ich lächle ihm sogar zu.

„Danke!"

„Willst du Hakon wirklich hängen lassen?"

„Ich will ihn schmoren lassen. Ich habe keine Lust auf immer wieder die gleiche Diskussion."

„Das kann ich verstehen. Denk aber daran, er ist verzweifelt."

„Das soll er ruhig noch ein bisschen sein", grinse ich gemein.

„Du, Alva", meint er plötzlich.

„Was ist?"

„Bist du mir böse, wenn ich nicht mitkomme und nach Bergen zurückkehre?"

„Du hast Heimweh?"

„Meine Frau ist allein und sie ist schwanger."

„Dann geh und sei bei ihr, wenn sie das Kind zur Welt bringt. Das ist ein wichtiger Moment in eurem Leben."

„Danke, dass du mich verstehst."

„Sei ein guter Ehemann und Vater. Das ist das Allerwichtigste im Leben."

Bei diesen Worten nehme ich ihn in den Arm und klopfe ihm auf den Rücken. Ich habe keine Ahnung, in welcher Beziehung wir stehen. Ich weiß nur, er hat eine Frau und damit sind wir kein Paar.

Ich löse mich von ihm, öffne die Tür und gebe Lifa mit einem Kopfnicken zu verstehen, dass sie mir folgen soll. Schüchtern betritt sie hinter mir das Zimmer und schaut sich neugierig um.

„Mach es dir bequem", biete ich an. „Bis wir ablegen wohnst du hier."

„Bei dir?"

„Wo sonst? Zu deinem Vater lasse ich dich ganz sicher nicht mehr gehen. Wer weiß, was der sonst mit dir anstellt."

„Er würde mich schlagen."

„Und womöglich einsperren, damit du nicht mehr gehen kannst. Dann wäre alles umsonst gewesen."

„Vermutlich", meint sie resignierend.

„Schläfst du lieber auf der linken oder auf der rechten Seite?"

„Was weiß ich, ich habe noch nie in einem Bett geschlafen."

„Noch nie?"

„Nein, bei uns gibt es nur ein Fell, das auf dem Boden liegt."

Das Bett in meinem Zimmer ist auch nicht mit dem Wasserbett zu vergleichen, das ich bei mir zu Hause stehen habe und das ich jetzt schon vermisse. Das Bett im Zimmer ist eine simple und nach oben hin offene Holzkiste, die mit Stroh gefüllt ist. Darüber liegt ein Fell, ich vermute, dass es von einem Rentier stammt.

„Dann nimm einfach eine Seite, mir ist es egal."

Langsam neigt sich der Tag dem Ende entgegen und mein Magen meldet sich. Ich überlege kurz, dann wende ich mich wieder an Lifa.

„Komm, wir suchen uns etwas zu Essen."

Wir verlassen das Zimmer und ich folge meiner Nase. Diese ist recht empfindlich, denn ich kann Essen schon von Weitem riechen und folge dem Duft. Lifa folgt mir grinsend.

„Du hast Hunger", meint sie.

„Sieht man das?"

„Und wie! Du gehst so schnell, dass ich dir kaum folgen kann."

Wir lachen beide und so betreten wir den Speisesaal. Als wir erkannt werden, verstummen die Gespräche der Anwesenden schlagartig. Hoch erhobenen Hauptes blicke ich mich um. Ich ernte dafür sowohl anerkennende als auch ablehnende Blicke. Ich lasse mich davon aber nicht beirren und gehe zur Essensausgabe.

„Was gibt es heute?", frage ich.

„Haferbrei, wie meistens", antwortet eine dickliche Frau.

„Na dann", sage ich vergnügt. „Dann essen wir heute mal Haferbrei."

Die Frau klatscht eine Kelle des Breis auf einen Holzteller und reicht ihn mir. Lifa wird erst gar nicht gefragt. Auch sie bekommt einen Teller mit einer Portion Haferbrei in die Hand gedrückt. Mit dem Teller in der Hand machen wir uns auf den Weg und suchen uns einen Tisch. Da keiner mehr frei ist, setzen wir uns dorthin, wo bereits drei Männer sitzen.

Ich will gerade den Löffel mit Haferbrei zum Mund führen, da grinst mich mein Gegenüber an. Es ist ein Mann im mittleren Alter. Die Haut sieht aus, wie gegerbt, er weist Anzeichen von Skorbut auf, den er vor langer Zeit überstanden haben muss und er hat eine tiefe Narbe auf der linken Wange. Er ist mit Sicherheit ein Seemann, der auch gekämpft haben muss.

„Und du willst ein Wikingerschiff führen, dass ich nicht lache", meint er herausfordernd.

Erneut sind alle schlagartig still. Schon bald nach unserem Eintreten haben sich alle wieder ihren Gesprächen zugewandt. Nun aber, wo der Typ mich laut und für alle hörbar anmacht, ist die Aufmerksamkeit wieder auf uns gerichtet.

Bewusst reagiere ich nicht sofort. Ich schiebe den Löffel in den Mund und koste den Brei. Er schmeckt langweilig. Auch, wenn die Beutezüge in den letzten Monaten spärlich ausgefallen sind, könnte man den Brei mit ein paar Kräutern durchaus ein wenig aufpeppen. Die müssten hier wild wachsen und man bräuchte sie nur einzusammeln. Während ich gelangweilt den Brei kaue, blickt mich mein Gegenüber erwartungsvoll an.

„Ich will nicht und ich werde auch nicht. Das habe ich Hakon schon mitgeteilt, nachdem er den gleichen Diskurs angefangen hat, wie du eben. Ich habe keine Lust auf immer die selbe Diskussion. Esst weiter euren Haferbrei und lasst mich in Ruhe", sage ich gelassen.

„Das kannst du nicht machen", sagt überraschend ein anderer Mann. Er sitzt hinter mir. „Wir setzen große Hoffnung in dich."

„Du willst auf ein Schiff, das eine Frau kommandiert?", will mein Gegenüber wissen.

„Ich wette, Alva kann das Kommando besser führen als du."

„Dass ich nicht lache."

„Du willst das Kommando nicht mehr übernehmen?", will ein anderer junger Mann wissen. „Das ist eine Katastrophe!"

Er hat sich erhoben, als er zu Sprechen angefangen hat und ist an meine Seite getreten. Bisher ist er mir nicht aufgefallen. Ich drehe mich nun aber zu ihm um.

„So schlimm wird es schon nicht sein", beruhige ich ihn.

„Die alten Säcke haben leicht reden. Sie haben höchstens noch eine Frau, die sie satt kriegen müssen. Männer in meinem Alter aber möchten Kinder haben, eine Familie gründen. Aber wie sollen wir Kinder in eine Welt setzen, die ihnen nicht einmal ausreichend Nahrung zu bieten hat?"

Er sagt das aus tiefer Überzeugung und es wird still im Raum. Alle Augen sind nun auf uns gerichtet. So habe ich die Sache noch gar nicht gesehen. Die jungen Wikinger haben Zukunftsängste und er ist auch kein Einzelfall. Langsam, langsam kommen auch zustimmende Zwischenrufe und es werden immer mehr.

„Wer will mit Alva segeln, unter ihrem Kommando?", ruft er. Dabei wendet er sich an den ganzen Saal.

Zu meiner Überraschung erheben sich etwa zwei Drittel der Männer. Ich kann ihre Entschlossenheit sehen und bin von dieser Vertrauensbekundung gerührt.

„Du kannst uns einfach nicht im Stich lassen!", setzt der junge Mann nach. „Wir werden dir folgen und sei es bis ans Ende der Welt."

„Du heißt?", frage ich statt einer Antwort.

„Ich bin Fjell. Aber es geht nicht nur um mich. Wir sind die jungen Männer aus dem Stamm. Wir brauchen endlich neue Perspektiven. So kann es nicht weitergehen."

„Heißt das, dass auch Frauen mitsegeln dürfen?", frage ich.

Einen Moment stockt er. Durch den Raum geht ein Raunen. Es sind aber vor allem die älteren Männer, die sich von meiner Frage schockiert zeigen. Doch Fjell scheint sich überraschend schnell wieder zu fangen.

„Ist das nicht zu gefährlich?"

„Ich bin doch auch eine Frau."

„Das stimmt auch wieder", meint er. „Ich habe nichts dagegen."

„Sie dürfen sich freiwillig bei mir melden und werden an Bord nicht nur für die niedrigen Arbeiten eingeteilt. Sie sind dann vollwertige Mitglieder der Besatzung", stelle ich klar.

„Dein Schiff, deine Bedingungen", meint Fjell sofort.

„Jeder von euch schwört mir die Treue, bei Odin."

„Ich schwöre dir die Treue, bei Odin!", meint Fjell ohne Umschweife. Seine Stimme ist dabei laut und deutlich.

„Ich auch, bei Odin!", ruft ein weiterer.

Nach und nach stimmen weitere Männer ein. Plötzlich steht auch Lifa auf, die bisher etwas zurückhaltend neben mir gesessen und die Situation besorgt aber auch voller Hoffnung beobachtet hat.

„Auch ich schwöre dir die Treue, bei Odin!", ruft sie. Ich kann eine Träne in ihrem rechten Auge erkennen. Es ist eine Freudenträne.

Immer mehr Männer stehen auf. Offenbar ist das Eis gebrochen. Der Haferbrei hat wohl die meisten der Anwesenden überzeugt. So fade wie er schmeckt, kann es nur besser werden.

„Bei Odin!", rufen die, die aufgestanden sind.

„Man könnte meinen, du wärst wirklich Odins Tochter", grinst Lifa.

„Odins Tochter!", ruft nun Fjell. Er muss den Einwand meiner Freundin gehört haben.

„Ich bin nicht Odins Tochter", wehre ich ab.

„Du bist ein Geschenk der Götter. Für mich bist du Odins Tochter", hält er dagegen.

„Odins Tochter!", rufen nun alle.

„Wer ist Odins Tochter?"

Die verwunderte Stimme kommt von der Tür her. Als ich mich dorthin umdrehe, sehe ich einen verblüfften Hakon.

„Wir haben Alva die Treue geschworen. Wir segeln unter ihrem Kommando", meint Fjell stolz und entschlossen.

„Aber warum Odins Tochter? War das nicht nur ein lustig gemeinter Beiname."

„Wir haben auf Odin geschworen und sie ist ein Geschenk der Götter. Außer du willst auf ewig Haferbrei löffeln."

Fjell grinst schelmisch. Er ist mir sympathisch. Er weiß, was er will, und er steht zu seiner Meinung. Außerdem hat er Humor.

„Du segelst nun doch mit uns?", wendet sich Hakon an mich.

„Sie segelt nicht mit uns, sie übernimmt das Kommando und wenn du mitkommen willst, dann musst du ihr die Treue schwören, auf Odin", antwortet Fjell an meiner Stelle.

„Du hast ihn gehört", sage ich lachend.

„Wer ist bereit mit dir zu segeln?", will Hakon wissen.

„Alle die stehen!", antwortet Fjell an meiner Stelle.

„Die Jungen", meint Hakon überlegend.

„Auf die alten Knacker können wir verzichten", ruft einer der jungen leicht hämisch.

„Halt!", mische ich mich da entschlossen ein. „Ich will nicht, dass es zu einer Sache zwischen Alt und Jung wird."

„Uns Jungen gehört die Zukunft", hält Fjell dagegen.

„Vergiss nicht die Erfahrung. Wir brauchen beides."

Ich lasse meinen Blick schweifen. Als er auf mein Gegenüber fällt, wird mir sein Blick bewusst, der mich unschlüssig fixiert.

„Ich dachte ...", meint er.

„Was dachtest du?"

„Du willst alle unsere Traditionen über den Haufen werfen."

„Ich will euch nicht spalten und ich bin nicht grundsätzlich für oder gegen die eine oder die andere Seite. Wenn ich etwas tue oder verlange, dann, weil ich einen Grund dazu habe."

„Aber Frauen gehören nicht auf ein Schiff", meint ein alter Mann ganz hinten.

„Warum?", frage ich.

„Das war immer schon so."

„Die Zeiten ändern sich."

„Glaubt mir, die Götter werden euch zürnen. Ein Wikingerschiff, das eine Frau anführt, das kann kein gutes Ende nehmen."

„Wir werden mit vier Schiffen ablegen", hält Fjell dagegen. „Wir sind genügend Leute."

Da erhebt sich auch mein Gegenüber. Er schaut mich eindringlich an. Ich kann nicht einschätzen, was er denkt und was er vorhat.

„Du bist ein Teufelsweib!", meint er. Dann legt er eine kleine Pause ein. „Aber du weißt verdammt gut, was du willst, und ich vertraue dir. Alva, ich schwöre dir die Treue, bei Odin!"

Nun scheint das Eis definitiv gebrochen. Bis auf wenige Ausnahmen stehen nun auch die anderen auf.

„Wir schwören dir die Treue, bei Odin!", rufen sie.

Langsam und zufrieden drehe ich mich zu Hakon um. Er blickt überrascht im Raum umher.

„Und du?", frage ich grinsend. „Was ist mit dir? Kommst du mit?"

„Kann ich da noch Nein sagen?", grinst er.

„Du bist loyal?"

„Ich schwöre, bei Odin!", meint er.

Kapitel 4

Drei Tage lang haben wir die Schiffe beladen und vorbereitet. Es werden vier beeindruckende Wikingerschiffe sein, mit denen wir in See stechen. Auf einem werde ich das Kommando übernehmen. Auf dem zweiten wird Hakon die Leitung innehaben, Fjell und mein Gegenüber vom Tisch im Speisesaal werden zu Kommandanten der beiden übrigen Schiffe. Das Gesamtkommando der Expedition liegt allerdings bei mir.

Hakon hat mir auch passende Kleidung gegeben, die ich aber über meine eigene anziehe. Nun sehe ich vermutlich aus, wie eine richtige Wikinger-Kriegerin, trage aber dennoch Kleidung auf der Haut, die nicht so schlimm kratzt.

„Warum müssen wir das Sauerkraut mitnehmen. Das stinkt zum Himmel", beschwert sich Fjell.

„Die Männer brauchen Vitamin C, sonst werden sie krank", antworte ich entschlossen.

„Was brauchen sie? Was ist Vitamin C?"

„Ach, vergiss es. Du kennst das, wenn die Männer an Bord blaue Flecken und Probleme mit dem Zahnfleisch bekommen? Dagegen hilft Sauerkraut."

„Und was ist da drinnen?"

„Vitamin C."

„Woher weißt du das?"

Ich will gerade sagen, dass das bei uns jedes Kind in der Schule lernt, bremse mich aber zum Glück noch rechtzeitig. Fjell zu erklären, was eine Schule ist, könnte schwierig werden.

„Das weiß ich eben. Das hat mir mein Vater so erklärt", antworte ich stattdessen. „Wer das Sauerkraut nicht essen will, der soll es eben lassen. Ich kann es allerdings nur empfehlen."

„Ich werde es so weitersagen", grinst er.

Lifa ist mit auf meinem Schiff und wird auch bei mir in der Kapitänskajüte schlafen. Es haben sich noch vier weitere Frauen gemeldet, die ebenfalls meinem Schiff zugeteilt sind. Ich will sie unter Kontrolle haben. Wenn sie auf einem der anderen Schiffe sind, dann habe ich keinen Überblick und vor allem kann ich nicht einschreiten, sollte es trotz allem Probleme geben.