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Die Wikingerfibel Teil 01

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Ich habe bemerkt, dass mir die Männer großen Respekt entgegenbringen. Offenbar haben sie sich mit dem Gedanken angefreundet, dass sie von einer Frau angeführt werden.

Das ganze Dorf ist auf den Beinen. Wer nicht mitfährt, steht am Ufer und winkt uns zum Abschied zu. Nur eine kleine Gruppe aus vier alten Männern, die sowieso nicht mehr die Kraft und die Ausdauer für eine solche Reise hätten, stehen abseits und blicken uns misstrauisch hinterher.

Alle anderen setzen große Hoffnung in diese Reise. Ich kann es verstehen. Schon nach drei Tagen Haferbrei kann ich ihn nicht mehr sehen und sehne mich nach etwas Schmackhafterem. Ich habe der Köchin zwar geraten, Kräuter in den Brei zu mischen, ihr gezeigt, welche sie nehmen könnte und sie hat das auch befolgt. Das hat zwar ein wenig den Geschmack verbessert, aber wirklich etwas verändert hat es nicht. Haferbrei ist eben immer noch Haferbrei.

Hakon ist ein ausgezeichneter Kenner der Gezeiten. Er hat auch festgelegt, wann wir auslaufen, und das machen wir dann auch. Unter großem Jubel stechen wir in See. Unsere große Reise beginnt.

Ich habe zum Glück einen ausgezeichneten Steuermann. Er führt meine Anweisungen aus, hilft mir, die Richtung zu bestimmen und stellt ansonsten wenig Fragen. Für mich ist es nicht so leicht, mich zurechtzufinden. Von einem GPS-gesteuerten Autopiloten haben die Wikinger natürlich keine Ahnung, aber selbst ein Sextant ist ihnen kein Begriff. Sie haben sich damals einzig und allein von den Sternen leiten lassen und das ist für mich etwas schwierig. Für die Prüfung zum Erlangen des Schiffspatentes musste ich zwar die Sterne studieren, aber ich brauche doch einiges an Zeit, um mich in dieses Thema wieder hineinzufinden.

Ich habe mir einen notdürftigen Kompass und auch einen sehr rudimentären Sextanten gebaut. Die Wikinger haben mich dabei mit skeptischen Blicken beobachtet. Etwas zu sagen, hat sich dann aber doch keiner getraut. Was mir natürlich fehlt, ist eine präzise Seekarte. Ich habe mir zwar eine Skizze angefertigt, die ich aus dem Kopf heraus gezeichnet habe, aber ob ich damit wirklich etwas anfangen kann, bezweifle ich zwischendurch selbst. Trotzdem gebe ich mich selbstsicher und versuche meine Besatzung nicht zu verunsichern.

Die ersten beiden Tage läuft es recht gut. Der Wind ist stark und die See nicht zu aufgewühlt. Wir kommen gut voran und schaffen ein schönes Tagespensum.

Lifa ist zu meinem Schatten geworden. Sie begleitet mich auf Schritt und Tritt, beobachtet mich sehr aufmerksam und erkundigt sich immer wieder, wenn sie etwas nicht weiß oder nicht versteht.

Ich stehe am Bug des Schiffes und blicke in die Ferne. Wir haben eine lange Reise vor uns, das ist mir bewusst. Unter mir schäumt die Gischt, wenn das Wasser vom Kiel geteilt wird, getrieben vom Wind, der sich in den Segeln bläht.

Plötzlich nehme ich neben mir eine Bewegung wahr. Allein am Geruch erkenne ich Lifa. Sie stellt sich stumm neben mich.

„Da ist nur Meer, wie weißt du, wohin wir segeln müssen?"

„Das ist eine gute Frage. Die Sterne zeigen uns den Weg. Ich verlasse mich aber lieber zusätzlich auf Instrumente. Doch hier haben wir noch die Küste, an der wir uns orientieren können."

„Ich habe die beiden komischen Dinger in der Kajüte angeschaut. Ich habe keine Ahnung, was du damit anfangen kannst."

„Der Kompass, das ist das kleine, runde Ding mit der Nadel, der zeigt immer nach Norden."

„Warum?"

„Das zu erklären ist schwierig. Die Nadel muss aus Eisen sein, dann wird sie immer nach Norden zeigen. Sie folgt diesem Punkt durch eine unsichtbare Kraft."

„Du weißt Dinge, von denen haben selbst unsere Gelehrten keine Ahnung. Dabei bist du noch so jung."

„Ich komme aus Bergen", antworte ich nur. „Da ist es etwas anders als bei euch."

Wie soll ich einem 18-jährigen Mädchen erklären, dass ich aus der Zukunft komme. Aus einer Zeit, in der jedes Schulkind schon mehr Wissen hat als alle Gelehrten der Wikinger zusammen. Erst jetzt wird mir bewusst, wie wichtig Bildung ist, wie unerlässlich es ist, zur Schule zu gehen und die Welt zu verstehen.

Dabei sind wir vermutlich nicht besser als die Wikinger. Wir wissen zwar sehr viel mehr als diese Nordmänner, aber vermutlich gibt es noch viel, viel darüber hinaus, von dem auch wir nichts wissen und auch keine Ahnung haben, dass es das gibt. Unser Horizont ist vermutlich etwas weiter, aber immer noch sehr begrenzt.

Ich weiß, dass ich nichts weiß, das sagte doch so ein alter Grieche, wie hieß der denn noch? Ach ja, Sokrates hieß der alte Knabe. Langsam verstehe ich, was er damit sagen wollte. Es ist schon eine große Erkenntnis, zu wissen, dass das Wissen, das man hat, nur ein Bruchteil davon ist, was es zu wissen gibt.

„Bergen ist doch nicht so weit weg", wirft Lifa ein. Damit reißt sie mich wieder aus den Gedanken.

„Das andere ist ein Sextant. Damit kann man mit Hilfe einer Karte den Standort berechnen und damit einschätzen, wo man hinmuss."

„Als Karte meinst du die Zeichnung?"

„Sie könnte genauer sein, das gebe ich zu", muss nun auch ich lachen. „Genau das ist das Problem. Genauere Seekarten wären ein Geschenk des Himmels."

„Seekarten?"

„Karten vom Meer. Da könnte man nicht nur die Küsten, die Inseln und Landzungen einzeichnen, sondern auch Untiefen, Klippen und noch einiges mehr."

„Untiefen? Was ist das denn?"

„Das sind Stellen, an denen das Meer ganz flach ist und man Gefahr läuft, auf Grund zu laufen."

„Das ist Onkel Hägar vor etwa zehn Jahren passiert. Er hat das Schiff nie mehr flott bekommen."

„Siehst du, wenn das auf einer Karte verzeichnet gewesen wäre, dann hätte er drum herum segeln können."

„Aber wie macht man so eine Karte?"

„Man muss sie zeichnen. Am besten auf einem Stück Leder. Wichtig dabei ist, dass man den Maßstab einhält."

„Den was?", erkundigt sie sich.

„Die Größenverhältnisse müssen stimmen. Die Distanz von einem Kilometer muss auf dem Leder zum Beispiel einem Zentimeter entsprechen und das immer gleich. Dann ist es leichter."

„Ein Kilometer, ein Zentimeter, du verwendest unglaublich komische Begriffe. Noch nie hat jemand diese Worte verwendet."

„Nimm statt einem Kilometer die Länge von 50 Schiffen wie dem unseren und eine Fingerbreite für einen Zentimeter."

Sie blickt in die Ferne, schaut ihren Finger an, schaut mich an und plötzlich werden ihre Augen groß. „Du meinst, immer eine bestimmte Länge."

„Genau! Weil du auf dem Leder nicht die wirkliche Länge aufzeichnen kannst, muss es kleiner sein, aber die Verhältnisse müssen stimmen. Deshalb muss der gleiche Abstand in Groß immer der gleichen Länge in klein entsprechen. Dann stimmt es und du kannst dich mit der Karte leicht zurechtfinden."

Wir folgen seit Tagen der Küste. Wie es für die Wikinger vermutlich üblich war, bleiben wir in Sichtweite. Aber nach etwa zwei Wochen gebe ich dem Steuermann den Befehl den Kurs zu wechseln und damit auf das offene Meer hinauszufahren.

„Das geht nicht", meint er.

„Was geht nicht?"

„Du willst doch nicht auf das Meer hinaus?"

„Doch, denn nur so kommen wir nach Dänemark."

„Ich hoffe, du weißt, was du tust", meint er.

Ich kann ihm ansehen, dass er kein gutes Gefühl bei der Sache hat. Aber er befolgt meine Anweisung und wechselt den Kurs. Auf den Schiffen hinter uns wird es daraufhin lebendig. Die Männer laufen aufgeregt hin und her.

„Gebt acht, ihr kommt vom Kurs ab", brüllt Hakon zu uns herüber.

„Nein, wir ändern ihn bewusst."

„Aber ihr steuert auf das Meer zu, auf das offene Meer."

„Das will ich."

„Bist du lebensmüde?"

„Nein ich will nach Dänemark", antworte ich belustigt.

„Das machen wir nicht!"

„Dann segelt zurück, wir nehmen Kurs auf Dänemark und der führt nun mal über das offene Meer."

Damit trete ich von der Reling zurück und gehe in die Kabine. Auf diese Weise ist jede Diskussion beendet. Zur Sicherheit berechne ich erneut den Kurs und bin zufrieden. Ich habe mich nicht geirrt, wir haben Kurs auf Dänemark genommen.

Als ich wieder an Deck komme und mich umschaue, erblicke ich die drei anderen Schiffe, die deutlich abgeschlagen aber hinter uns sind.

„Sie wollten zunächst nicht den Kurs ändern", grinst Lifa. „Am Ende hatten sie keine Wahl."

„Sie folgen uns, das ist die Hauptsache."

Kapitel 5

Es sind nun bereits fünf Wochen, dass wir auf offener See unterwegs sind und die sichere Küstenroute verlassen haben. Die ganze Zeit sind wir nur von Wasser umgeben. Hakon hat schon mehrmals Zweifel daran geäußert, ob wir jemals heil irgendwo ankommen. Seine Ungeduld und die einiger Männer steigt von Tag zu Tag, je länger wir kein Land sehen. Die jüngeren Männer hingegen vertrauen mir und zeigen mir auch, dass sie hinter mir stehen. Das tut echt gut.

„Wir werden über den Rand der Welt purzeln und dann ist alles aus", hat Hakon einmal zu uns herübergerufen. Das Blöde ist ja, dass er auf dem anderen Schiff ist und alle unsere Kommunikation und damit auch seine Zweifel mitkriegen.

„Und wo sollen wir dann aufkommen?", habe ich ihn geneckt.

„Das weiß niemand, weil von dort noch keiner zurückgekommen ist."

„Oder weil es den Rand der Welt gar nicht gibt?", stelle ich eine Gegenfrage.

„Den gibt es ganz bestimmt, wo sollen sonst die tapferen Wikinger gelandet sein, die nie mehr zurückgekommen sind?"

„Auf dem Grund des Ozeans?"

„Ach Papperlapapp, gegen die Macht der Götter kommen wir nicht an."

Ich kann einem Wikinger nicht erklären, dass die Welt eine Kugel ist und man damit unmöglich herunterzufallen kann. Das wäre ein schönes Unterfangen, ihm auch noch die Erdanziehungskraft und das Weltall zu erklären.

„Warum bist du dir so sicher?", raunt mir Lifa zu.

„Was soll ich dir sagen, ich weiß es."

„Ich kann nicht sagen, warum ich das mache, aber ich vertraue dir", meint sie.

Zusammen gehen wir vor zum Bug. Ich mag diesen Platz auf dem Schiff. Hier kann ich entspannen. Gedankenverloren schaue ich nach vorne. Wir sind inzwischen schon einige Zeit unterwegs, aber ich kenne nicht die genaue Distanz, die wir zurücklegen müssen, und vor allem kenne ich die genaue Geschwindigkeit der Schiffe nicht. Das macht es schwieriger, eine genaue Berechnung der Zeit anzustellen, die wir benötigen. Wenn ich bedenke, wie leicht das alles in der modernen Zeit ist. Meine Bewunderung für die Seeleute der früheren Zeit ist in den letzten Wochen gewaltig gestiegen.

„Da, da vorne!", rufe ich plötzlich.

„Was ist da vorne?", will Lifa wissen.

Sie schaut überrascht zu mir her. Ich bin mir nicht sicher, ob sie nicht an meinem Verstand zweifelt.

„Wir nähern uns der Küste", versuche ich zu erklären.

„Wo siehst du da vorne Land?"

„Siehst du dort das Holz, das auf dem Wasser schwimmt?"

„Zwei kleinere Baumstämme", meint sie. „Na gut, es könnten auch drei oder vier sein:"

„Eben!", sage ich voller Freude. Dann rufe ich den anderen zu. „Wir nähern uns dem Ziel."

„Hast du zu viel Sonne abbekommen?", ruft Hakon zurück. „Ich sehe kein Land."

„Es ist nicht mehr weit", rufe ich zurück.

„Die dreht jetzt völlig durch", ruft er den anderen zu.

„Man merkt, dass du keine Erfahrung auf hoher See hast."

„Ach und du kennst dich aus?"

„Sicher mehr als du. Siehst du das Holz?"

„Na und?"

„Wo Holz ist, muss auch eine Küste sein."

„Warum?"

„Weil Holz an Land und nicht auf dem Meer wächst."

Zum ersten Mal, seit ich euphorisch Land angekündigt habe, schaut er mich nachdenklich an. Hakon sprachlos zu sehen, ist eine Seltenheit und ich genieße es. Nun aber scheint er tatsächlich über meine Worte nachzudenken.

„Du meinst ...?", ruft er wenig später.

„Wir sollten die Segel abnehmen und uns langsam der Küste nähern."

„Langsam? Warum schlagen wir nicht einfach zu? So wie es echte Wikinger eben machen?"

„Wir sollten uns vorher ein Bild von der Situation an Land machen, das erhöht unsere Chancen."

„Auf was?"

„Auf Erfolg. Wenn wir wissen wie es dort aussieht und entsprechend überraschend angreifen, dann können sie sich und ihre Tiere nicht mehr verstecken. Dann ist die Beute größer."

„Das leuchtet ein", gesteht er.

Die Männer tun, wie von mir bestimmt. Die Segel werden weitgehend abgenommen und die Fahrt verlangsamt sich automatisch.

Mit großer Anspannung stehe ich am Bug und schaue in die Richtung, in der ich das Festland vermute. Meine Nerven sind bis zum Zerreißen gespannt. Ich weiß ja auch nicht genau, auf was wir zuschwimmen. Am späten Nachmittag ist es dann endlich soweit. Ich erblicke ganz weit vorne Land.

„Da vorne!", rufe ich Hakon zu.

„Land!", freut auch er sich.

„Ein Dorf etwas weiter links", rufe ich zurück.

Ich sehe den Rauch aus den Schonsteinen aufsteigen. Offenbar ist es Zeit fürs Abendessen.

„In der Dunkelheit können sie uns schwer ausmachen. Wir setzen ein Segel und nähern uns in den Abendstunden der Küste. Im Schutz der Dunkelheit greifen wir an" fasse ich zusammen.

Die Männer tun, wie von mir befohlen. Es dürfte gegen Mitternacht sein, als der Kiel meines Schiffes und gleich danach auch die der anderen sich in die Steine am Ufer bohrt. Wir springen an Land und sammeln uns.

„Wir metzeln alle nieder und nehmen, was wir kriegen können", meint Hakon.

„Stopp! Wir müssen keine Menschen töten", protestiere ich. „Es ist sogar besser, wenn wir sie am Leben lassen."

„Besser? Bist du verrückt?", protestiert Hakon.

„Was hast du davon, wenn sie tot sind?", halte ich dagegen.

„Was hast du davon, wenn sie leben?", kontert er.

„Sie können uns sagen, wo die Lebensmittel aufbewahrt werden und wir müssen sie nicht erst suchen. Sie können aber auch, wenn wir wieder weg sind, weiterarbeiten, Getreide anbauen, Vieh züchten und andere Dinge. Wenn wir in einem Jahr oder später wiederkommen, gibt es erneut Beute."

„Aber wir sind Wikinger. Wir metzeln immer alles nieder. Genau deshalb fürchtet man uns."

„Hier in Dänemark kennt euch keiner."

„Dann sollen sie uns kennenlernen."

„Wenn sie tot sind?"

„Einige werden immer überleben und von Hakon dem Schrecklichen berichten."

„Du bist eitel", stelle ich lachend fest.

Wir stehen immer noch am Strand und die Männer haben sich um uns geschart. Sie haben unseren Disput aufmerksam verfolgt. Ich weiß nicht, auf wessen Seite sie stehen. Ich hoffe jedoch, ich kann ein Gemetzel verhindern.

„Na los Männer, wie machen sie platt!", ruft Hakon.

„Männer, überlegt es euch. Alva hat Recht, wir müssen niemanden töten", ruft nun Lifa. Sie hat bisher nur zugehört.

„Außer ihr werdet angegriffen. Da dürft ihr euch natürlich verteidigen", ergänze ich.

„Ich sage, wir metzeln sie nieder", beharrt Hakon.

„Wir metzeln nicht jeden nieder, wir sind keine blutrünstigen Monster", ergreift nun auch Fjell Partei für mich.

„Wer führt die Männer in die Schlacht? Das war anders vereinbart", protestiert Hakon.

„Du kannst allein gern angreifen. Wir stehen zu Alva, ihr haben wir unsere Treue geschworen", kontert Fjell.

„Warum vertraut ihr dieser Frau, dass ihr euch von ihr alles sagen lasst. Sie hat keine Erfahrung beim Plündern", protestiert der Stammesführer.

„Sie hat versprochen, sie führt uns in unbekannte Länder, wo wir fette Beute machen können. Sie hat Wort gehalten, zumindest mit dem fremden Land. Deshalb vertraue ich ihr auch, was den Angriff angeht."

„Wer ist für mich, der soll mit mir kommen", ruft Hakon.

Er stellt sich etwas zur Seite und schaut seine Männer gespannt an. Nur ein Wikinger folgt ihm und stellt sich neben ihn. Alle anderen drängen sich um mich und Fjell. Die Frauen sowieso.

„Wie machen wir es?", wendet sich Fjell an mich. Hakon übergeht er damit völlig.

„Wir schleichen uns an, umzingeln das gesamte Dorf, damit keiner entkommen kann und wenn ich eine Fackel entzünde, teilen wir uns auf. Die eine Hälfte hält die Umzingelung, die andere Hälfte der Männer stürmt unter Gebrüll die Häuser. Wenn sich jemand widersetzt, dann bleibt uns nichts anderes übrig, als ihn zu töten. Wer sich ergibt, wird entwaffnet und am Dorfplatz zusammengetrieben", erkläre ich.

Ohne ein weiteres Wort schleichen die Männer davon. Sie umzingeln gekonnt das Dorf, das eine beachtliche Größe zu haben scheint. Als ich vermute, dass alle ihren Posten bezogen haben, entzünde ich eine Fackel und schon geht das Gebrüll los.

Während etwa die Hälfte auf ihrem Posten bleibt und ein Entkommen der Einwohner verhindern soll, durchkämmt der Rest die Hütten und Häuser. Die Männer haben sich gut abgesprochen und so läuft die Aktion reibungslos und schnell.

Etwa eine Stunde später sind die Bewohner des Ortes am Dorfplatz zusammengetrieben, wie Vieh. Die meisten drängen sich ängstlich zusammen, einige Männer jedoch stellen sich am Rande der Gruppe herum auf und schauen uns herausfordernd entgegen. Von ihnen könnte noch Widerstand ausgehen.

Da sie entwaffnet sind, habe ich jedoch keine Angst und gehe selbstsicher auf die Gruppe zu. Einige Kinder weinen und halten sich ängstlich an ihren Müttern fest. Andere starren uns mit großen Augen an.

Ich stelle mich vor das größte Gebäude, von dem ich annehme, dass es das Haus ist, in dem die Entscheidungen für das Dorf getroffen werden. Welche Verwaltungsform es in Dänemark zu dieser Zeit gibt, weiß ich nicht. Ist mir auch egal.

„Wer hat bei euch das Sagen?", rufe ich in die Menge.

Ein groß gewachsener Mann tritt mir erhobenen Hauptes entgegen. Er lässt seinen Blick abschätzend über mich gleiten und schenkt mir ein überhebliches Grinsen.

„Was willst du denn, Kleine?"

„Ich möchte mit dem Oberhaupt eures Dorfes sprechen."

„Du? Eine Frau? Dass ich nicht lache."

„Das Lachen könnte dir schnell vergehen", antworte nun auch ich spöttisch lachend. „Du bist nicht in der Lage, zu lachen. Ich dagegen schon."

Die Wikinger hinter mir knurren verärgert. Das stärkt mir den Rücken. Trotzdem bin ich selbstbewusst genug, um ihm geradewegs in die Augen zu schauen und seinem Blick standzuhalten.

„Ich rede nicht mit Weibern."

„Willst du kämpfen?", frage ich provozierend.

„Gegen dich?", lacht er laut auf.

„Warum nicht gegen mich?"

„Was hätte ich davon?"

„Wenn du gewinnst, ziehen wir wieder ab."

„Einfach so?"

„Einfach so!"

Er mustert mich erneut von oben bis unten. Langsam lässt er seinen Blick über meinen Körper gleiten und ich kann Überheblichkeit in seinem Blick erkennen. Aber auch ein verschmitztes Lächeln spielt um seine Mundwinkel.

„Ich werde doch gegen ein Weib nicht verlieren."

„Dann brauchst du doch gar nicht lange überlegen", grinse ich.

„Ich bin unbewaffnet", wendet er ein.

„Gebt ihm sein Schwert", rufe ich meinen Leuten zu.

„Bist du dir sicher, dass du gegen ihn kämpfen willst?", flüstert mir Lifa besorgt zu. Sie steht direkt hinter mir.

„Er unterschätzt mich, wie alle Männer dies tun", antworte ich ihr leise.

„Ich kämpfe gegen diesen Mann", brüllt plötzlich Hakon.

„Die Frau hat gesagt, ich soll gegen sie kämpfen. Wer hat bei euch das Sagen?"

„Alva, Odins Tochter", brüllen die Wikinger.

„Dann kämpfe ich gegen die Tochter dieses Odins, oder wie der Kerl heißt", grinst der Däne siegessicher.

Ein Wikinger bringt ihm unterdessen ein Schwert. Meine Leute drängen die Dänen etwas zurück, sodass ein ausreichend großer Kreis in der Mitte des Platzes entsteht, in dem wir kämpfen können.

„Sören, mach das Weib platt, dann verjagen wir diese Wilden", ruft eine Frau aus der Gruppe.

„Deine Frau?", frage ich ihn grinsend.

„Meine Frau", grinst er stolz.

„Sie ist hübsch."

„Das ist sie", kontert er.

„Hast du auch eine Tochter?"

„Sie steht neben Fiona."

Ich schaue zu der Frau hinüber und tatsächlich steht neben ihr ein bildhübsches Mädchen. Ich schätze sie auf etwa 17 Jahre.

„Wenn ich gewinne, dann gehört sie mir", sage ich. „Wie heißt sie."

„Meine Tochter?"

„Ja, deine Tochter, wer sonst."

„Sie heißt Greta, aber was willst du mit einer Frau?"

„Sie wird mein Faustpfand sein", antworte ich.

„Wenn du gewinnst, habe ich wohl keine andere Wahl", grinst er. „Wenn du gewinnst!"

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