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Eine nicht alltaeglicheFrau 02

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"Ich hab sie zurückgestellt."

Ihre Hände wurden immer fahriger.

Unsystematisch zog sie alle CDS aus dem Regal, um es danach umzuwerfen.

Dann flogen die CDs durchs Zimmer.

Inlays, Plastik-Hüllen, CDs.

"Hey, Agnetha, lass uns doch in Ruhe suchen."

Das Wort "Ruhe" war nicht sehr geschickt gewählt.

"RUHE? Du sprichst von Ruhe, und bringst hier alles durcheinander! Hau ab! Chaoten kann ich nicht gebrauchen. Das schaffen meine Nerven nicht."

Chaoas, weil ich eventuell ne CD verlegt hatte? Ich fand, sie übertrieb schamlos, hielt es aber für ratsam, diesem Gedanken nicht Ausdruck zu verleihen.

Jetzt war das CD-Regal an der Reihe.

Holz barst. Es hörte sich an, wie die Ouvertüre zu einer Symphonie.

"Was gibts denn da zu glotzen? Hier mach ich kaputt, was ich will, und wann ich es will. Merk dir das."

Wie paralysiert blieb ich eine Weile auf der Stelle stehen.

Eine Reaktion, die sich in den nächsten Monaten verfestigen sollte.

Obwohl irgendwann an ihre eruptiven Ausbrüche gewöhnt und damit rechnend, überraschten sie mich doch immer wieder, und ich konnte nur staunend zusehen.

Agnethas Explosivität bezog sich nicht nur auf das Zerstören von CD-Racks.

Ebenso eruptiv und unvorhersehbar war sie in der Horizontalen.

Es sollte allerdings noch eine Weile dauern, bis ich nicht nur Zeuge sondern Teilhaber ihrer sexuellen Ausbrüche werden durfte.

Ich hielt es für besser, endlich zu gehen.

Auf dem Heimweg überlegte ich, ob dieser Abend nun als Erfolg oder Desaster zu betrachten war?

Was hatte die positive Stimmung unvermittelt zum Kippen gebracht? Ausschließlich eine CD, die momentan nicht auffindbar war?

Das erschien mir absurd.

Ich war zu müde, um jetzt darüber eine Entscheidung zu treffen.

Aller Müdigkeit zum Trotz war ich innerlich unglaublich aufgewühlt.

Und erregt. Erregt wie lange nicht mehr.

Kaum zu Hause musste ich mir auf Agnetha ganz dringend einen runterholen.

Ich erwachte gegen Samstag Abend.

Meine innere Uhr funktionierte. Die "Sportschau" hatte grade begonnen.

Ich dachte an Agnetha und bekam umgehend nen Steifen.

Ich ließ die "Sportschau sausen und holte mir erneut einen runter.

Kaum hatte ich heftigst abgespritzt klingelte das Telefon.

"Bist du wach, Schlafmütze?"

Es war Agnetha. Sie klang so fit, als hätte sie grade ne Frischzellenkur hinter sich.

Hatte ich ihr meine Telefonnummer gegeben? Offensichtlich.

"Lust auf nen grossen frischen Salat und was Französisches? Hey, Mike: denk mir bei "Fanzösisches" jetzt bitte nichts falsches. ich meine ein frisches Baguette. Es ist schon im Ofen. Also schwing endlich deinen Hintern her."

Dann legte sie auf.

"Mike, wegen neulich: Ich will keine grosse Sache daraus machen und nicht viel erklären müssen, wenn es sich vermeiden lässt.

Ich mein deinen ersten Abend hier bei mir, der eigentlich schön war."

"Das fand ich auch, Agnetha."

Ein freudiger Blick, in den sich leise Zweifel mischten.

"Ja, wirklich? Auch den Schluß?"

Ihr prüfender Unterton war nicht zu überhören.

"Ja, auch das Finale Furioso."

Sie bemerkte meinen Ironie in der Stimme und meine leichten Ironie in den Augen, und sie strahlte.

"Na, wunderbar. Endlich mal einer, der nicht empfindlich ist, und den ich nicht mit Samthandschuhen anfassen muss.

Hey, Mike, verleg hier bitte nichts, und frag nicht, warum.

Es ist einfach wichtig für mich, deshalb: Sei ein Schatz und achte bitte darauf, ja?"

"Mach ich, Agnetha."

Es war, als hätte ein Schlüssel endlich sein passendes Schloß gefunden.

Die ganze nächste Woche telefonierten wir stundenlang miteinander, vom frühen Abend bis in die Nacht.

Woher nahm Agnetha nur diese Energie? Sie stand spätestens um 7 Uhr auf und musste um 9 Uhr im Büro sein. Mehr als 4-5 Stunden Schlaf schien sie nicht zu brauchen.

Ich war immer öfters bei ihr.

Meldete ich mich auch nur einen Tag nicht, stauchte sie mich am Telefon zusammen, dass ich schleunigst bei ihr aufzutauchen hätte.

Nach dem Kneipentest schien ich auch den Wohnungstest mit Bravour bestanden zu haben.

Wir unterhielten uns über Bücher, über Filme, zogen uns Videos rein, und bei allem: Agnethas knappes Outfit, in dem sie sich mir ungeniert präsentierte und dabei nie den Eindruck erweckte, sie wolle mich kokett-unschuldig anmachen.

Nur auf ihre Beine lenkte sie gelgentlich mit voller Absicht meine Aufmerksamkeit.

Sie lackierte sich die Fußnägel. Wunderbare athletische Oberschenkel.

Die Narbenareale fielen mir schon gar nicht mehr auf.

"Sie gefallen dir wirklich? Meine Beine?"

"Ja, das tun sie, Agnetha."

Es tat mir unglaublich gut, wieder mit jemadem zu reden; mit einer Frau zu reden. Ernsthaft zu reden über Musik, über Filme, über Gott und die Welt, und nicht nur blöde Anmachersprüche abzulassen, obwohl ich natürlich auch den erotischen Aspekt bei Agnetha keinesfalls aus den Augen verlor.

Über mich selbst blieb ich im Ungefähren.

Studium? Lief alles bestens. Mein Privatleben? Nun, davon hatte sie sich im "B & W" selbst ein Bild machen können.

"Na, Mike? Ist es nicht mal wieder Zeit für ne scharfe Blacky?"

Ne deutliche Anspielung auf meine "B&W-Hurerei."

"Ein Talk mit dir, Agnetha, ist viel erotischer."

Ein zweifelnder Blick. Dann ein angedeutetes Lächeln.

Ihr Lieblingsplatz war eindeutig die Küche. Da hielten wir uns meistens auf, wenn wir uns nicht grade ein Video reinzogen.

Sie bewegte sich nur mit einem dünnen Slip und einem knappen Top bekleidet, mit einer ungezwungenen Selbstverständlichkeit durch die Wohnung, als wäre kein Kerl anwesend, der in der Blüte seiner Jahre stand und fast ständig an das Eine dachte.

"Lass diese Blicke, Mike. Das heißt: Schauen darfst du natürlich, aber mach dir keine Hoffnungen. Ich brauche keinen Sex. Ich brauche ihn nicht mehr. Das hab ich dir doch bereits erklärt. Je früher du das akzeptierst, desto unbeschwerter und unkomplizierter wird unsere Freundschaft."

Sie brauchte keinen Sex mehr? Warum? Weil sie es so für sich beschlossen hätte, war ihre knappe Antwort, und über die Gründe für diesen für eine junge attraktive Frau doch recht ungewöhnlichen Entschluß ließ sie mich lange im Unklaren.

Den einzigen Hinweis darauf hatte ich von Doris bekommen. Es musste mit der Trennung von ihrem Ex Thommy zu tun haben.

Was war zwischen den beiden passiert, dass Agnetha so radikal einem Lebenselixier wie Sex entsagte?

Natürlich verlor ich gelegentlich die Beherrschung.

Ich streifte wie absichtlos ihren Rücken und ihren Hintern, wenn wir gemeinsam kochten.

Sie musste meinen Prügel einfach spüren.

Ich zog sie entschieden an mich.

Sie tobte, schrie, biss, kratzte und bedachte mich mit Flüchen, aber sie warf mich nie raus.

Nachdem ich mich beruhigt hatte, unterhielten wir uns gewohnt angeregt weiter.

Davon gab es nur 2 Ausnahmen. Als ich angetrunken bei ihr aufkreuzte, schlug sie mir kommentarlos die Tür vor der Nase zu.

"Mike,ich kann Suchtkrüppel nicht ausstehen. Ich hab den ganzen Tag mit ihnen zu tun.

Zudem säuft mein Vater wie ein Loch. Seit er im Ruhestand ist noch mehr als früher, und meine Mutter bechert fröhlich mit.

Mach den Mund wieder zu, Mike. Ist keine moralische Empörung über meine Eltern, sondern nur die schlichte Feststellung einer Tatsache. Also, merks dir für die Zukunft: Wenn du angetrunken oder gar volltrunken bist, brauchst du hier erst gar nicht aufzutauchen."

Mit der Zeit begann ich, meine Strategie zu ändern.

Ich sülzte was das Zeug hielt.

Ich lobte ihre Schönheit von den Zehen bis in die Haarspitzen und wieder zurück.

Ich zitierte Liebesgedichte.

Ich schrieb ihr Kärtchen mit netten Motiven, die ich absichtslos auf den Küchentisch oder den Wohnzimmertisch legte.

Agnetha kommentierte es nie.

Auch Auch Agnethas Verhalten änderte sich.

Es kam immer öfters vor, dass sie sich in die Arme nehmen und küssen ließ, jedoch war die Reaktion eine völlig andere als von mir erwartet.

Sie war kühl wie ein Eisschrank.

"War es gut? Bist du endlich ferig?"

Ja. Ich war restlos bedient.

So kam nicht wirklich Freude auf...

Entweder sie tobte oder war kalt wie ein Stein.

So ging das gute 2 Monate.

Ich versuchte, mich ihr zu nähern- mal vorsichtig, mal entschieden- und sie entzog sich.

Abends hielten wir uns meistens im Wohnzimmer auf, diskutierten über Politik oder Filme- in der Regel über Kevin Costners Filme- oder zogen uns ein Video rein.

Dabei saß Agnetha meistens am einen Ende der Couch, die Beine angezogen, und ich am entgegengesetzten Ende.

Meine Couch-Attacken wurden ebenso gekontert, wie meine Versuche in der Küche.

Wütend oder teilnahmlos.

Dazwischen Panik- und Wutattacken, hatte ich mal wieder etwas verlegt.

Das hatte ich mir weitestgehend abgewöhnt, aber gelegentlich passierte es doch noch.

Agnetha litt unter einer leichten Form von Autismus, was ich aber erst sehr viel späer verstand.

Das erklärte auch ihren heftigen Streit mit Sina wegen eines Feuerzeugs, den ich im "B & W" beobachtet hatte.

Es erklärte ihre wütende Reaktion auf mich im "B & W", als ich ihr Feuerzeug nicht auf die Zigarettenschachtel zurückgelegt hatte, sondern daneben.

Und es erklärte ihre Wut, als ich am ersten Abend in ihrer Wohnung die Reihenfolge ihrer CDs durcheinander brachte.

Lag etwas nicht an genau dem Platz, an dem Agnetha es erwartete, war ihre Selbstsicherheit sofort dahin, und auf Panik folgte Wut.

Auch an ihrem Arbeitsplatz- so erfuhr ich einige Zeit später- achtete jeder darauf, in Agnethas Büro nichts zu verlegen.

Das grosse Bett stand ungenutzt im Raum. Wie ich bereits wusste, schlief Agnetha schon seit längerer Zeit nur auf ihrer geliebten Couch.

"Bleib doch heut Nacht einfach hier, Mike. Du kannst im Bett schlafen, und das ist KEIN eindeutiges Angebot, klar?"

So kam es, dass ich immer öfters bei Agnetha schlief, aber leider noch immer nicht mit ihr.

Mich in ihrer Anwesenheit selbst zu befriedigen traute ich mich nicht, obwohl ich ihre Atemzüge schnell zu deuten wusste. Ich wusste sehr bald, wann sie tief und fest eingeschlafen war.

Zweimal konnte ich mich nicht zurückhalten. Ich musste mich beherrschen, nicht hemmungslos laut zu stöhnen als es mir kam.

"Der Bettbezug muss in die Waschmaschine, würde ich sagen. Machst du das bitte, Mike? Und? War es wenigstens schön, was wir miteinander getrieben haben? War es geil?"

Sie sagte es nicht vorwurfsvoll. Sie sagte es eher wie eine Ärztin, die wissen möchte, ob man nun Schnupfen oder Husten hat?

Das komplizierte Verhältnis zu ihren Eltern bekam ich gelegentlich am Telefon mit.

Nach und nach klärte sie mich auf und bestätigte im Wesentlichen das, was ich bereits von Doris darüber wusste.

Ihr Vater war inzwischen bereits Mitte 60. Er war spät Vater geworden. Mit 40 Jahren. Vorher hatte er sich ausschließlich auf seine Karriere konzentriert.

Für ihn war es die zweite Ehe. Ihre Mutter war 15 Jahre jünger als ihr Vater.

Er war Musiker und schrieb auch Drehbücher für Fernsehserien und TV-Filme.

Zudem war er Synchronsprecher.

Ein TV-Multiitalent. Sehr vielseitig.

Für eine echte Karriere als Musiker hatte es nicht gereicht, aber sein Einkommen beim Fernsehen war beachtlich. Für Wiederholungen kassierte er in schöner Regelmässigkeit immer noch Tantiemen.

Er hatte ein gutes Händchen für Geldanlagen.

Er jonglierte bereits mit Aktienkursen, als das für die meisten Deutschen noch ein Buch mit sieben Siegeln war.

Wie erfolgreich er damit über Jahrzehnte war, davon sollte ich einige Wochen später selbst einen Eindruck bekommen. Das Eigenheim ihrer Eltern konnnte sich wirklich sehen lassen.

Ein Talent, das Agnetha entweder geerbt oder das ihr Vater ihr beigebracht hatte. Jedenfalls ging Agnetha mit ihrem Einkommen sehr sparsam um und legte einen beachtlichen Teil davon äusserst erfolgreich in Aktien an.

Ja, sie hatte Medizin studieren wollen, es aus Protest gegen ihre Eltern jedoch bleiben lassen.

Für mich ergab sich mit der Zeit folgendes Bild:

Ihre Eltern schienen jemanden nur zu hofieren, so lange derjenige tat, was sie wollten. Was sie für das Beste hielten.

Jedenfalls entschloss sich Agnetha, von ihren Eltern unabhängig zu werden.

Sie führte einen Prozeß um ihren Erbanteil.

Man einigte sich auf einen Vergleich, und Agnetha bekam ihren Pflichtanteil vorzeitig ausgezahlt.

Sie machte einen halbjährigen Urlaub, in dem sie kreuz und quer durch Europa trampte. Den Großteil des Geldes legte sie in festverzinsliche Wertpapiere an.

Das Verhältnis zu ihren Eltern war in der Tat zwiespältig, besonders zu ihrem Vater.

Entweder sie lobte ihre Eltern in den Himmel oder verdammte sie in Bausch und Bogen. Dazwischen gab es nichts.

Die einzige Person aus ihrer Familie, mit der sie völlig entspannt reden konnte und mit dem sie nie stritt, war ihr 2 Jahre älterer Bruder Kevin.

Sie telefonierten selten miteinander, etwa viermal im Jahr.

Sie bat ihn ,sie zu besuchen, was Kevin immer freundlich aber entschieden ablehnte.

Im Unterschied zu Agnetha hatte Kevin wohl unwiderruflich mit seinem Elternhaus gebrochen.

Über die Gründe erzählte Agnetha nichts.

Agnetha hatte eine erstaunliche Bandbreite.

Eigentlich war sie in ihrem Job verschenkt und unterfordert.

Sie erzählte über ihre Klientel. Über Sucht.

Über die neurobiologische Wirkung verschiedener Suchtmittel: Alkohol, Heroin, Tabletten, etc.

Sie war ein wandelndes Medizin-Lexikon.

Kein Zweifel, aus Agnetha wäre eine exzellente Psychiaterin geworden.

"Was ist los, Mike?"

Wieder bewegte sie sich mit nur einem hauchdünnen schwarzen Slip und halb offener Bluse bekleidet mit einer Selbstverständlichkeit durch die Wohnung, als wäre kein Mann anwesend.

"Alles bestens, Agnetha."

Unverhofft wischte sie mit einer einzigen heftigen Bewegung die beiden Kaffeetassen vom Tisch.

Sie waren beide glücklicherweise fast leer.

Ich erhob mich, um einen Putzlappen zu holen und die Kaffeeflecken vom Boden zu entfernen.

"Ich rate dir ganz dringend, auf deinem Hintern sitzen zu bleiben."

Dieser Ton kündigte zweifellos weiters Unheil an.

"Pack endlich aus, Mike! Ich finde, es wird langsam Zeit."

"Es ist alles in..."

"Nichts ist in Ordnung, Mike! Überhaupt nichts! Glaubst du, ich seh nicht, was mit dir los ist? Wir alle sehen es!"

Ich schaute sie verdutzt an.

"Deine Show. Deine Sauferei. Deine Hurerei. Was bedrückt dich, Mike?"

"Ihr alle seht es? Was heißt...?...Was seht...?"

"Es ist nicht mir zuerst aufgefallen, sondern Sina. Sie hat mich eigentlich erst auf dich aufmerksam gemacht."

Durch Sina war Agnetha auf mich aufmerksam geworden?

"Was heißt, durch Sina bist du...?"

Zornig wischte sie auch die Kaffeekanne vom Tisch.

"Lenk nicht vom Thema ab, Mike. Rede mit mir, nur so kann ich dir helfen."

Sie blickte mich konzentriert an, als wolle sie auf den Grund meiner Seele schauen.

Und ich begann, zu erzählen.

Die Trennung von Paola. Meinen Schmerz und meine sinnlosen Ausweichmanöver. Die letzten 3 völlig verkorksten Jahre.

Irgendwann begann ich hemmungslos zu weinen.

"Agnetha, ich..."

Sie schob mir ein Päckchen Papiertaschentücher rüber.

"Erst ausflennen. Dann weiter erzählen. Anders macht es keinen Sinn."

Als ich zu Ende erzählt hatte, gab es überraschend eine der ganz wenigen zärtlichen Gesten, die von ihr ausgingen.

Sie kraulte mit den Händen lange und sanft meine Haare und schaute mir dabei so konzentriert in die Augen wie zu Beginn meiner Ausführungen.

"Ich habs schon lange geahnt. Eine Menge Baustellen, aber keineswegs unlösbar."

Und danach-, sie sagte es mehr zu sich selbst als zu mir-, "Was soll ich nur mit dir machen, Mike?"

Und erneut: "Was nur, Mike? Eigentlich müsste ich dich sofort und unwiderruflich rauswerfen. Das wäre die einzige vernünftige Entscheidung. Das wäre das Beste für mich. Und wohl auch für dich, Baby."

Sie schüttelte ratlos den Kopf.

"Agnetha, man sollte im Leben nicht auschließlich vernünftige Entscheidungen treffen. Gelegentlich bringt ein bisschen Unvernunft Farbe ins Leben."

Sie schaute mich spöttisch an.

"So etwas kann wirklich nur ein hoffnungsloser Romantiker sagen. Singt weiterhin das Hohelied auf die Irrationalität, obwohl er sich aus Liebeskummer grade die Seele aus dem Leib geheult hat, und das ist noch nicht einmal 2 Stunden her. Du bist wirklich unglaublich, Mike."

Mit einer knappen Handbewegung machte sie deutlich, dass ihr die Richtung, die die Unterhaltung inzwischen eingeschlagen hatte, nicht passte.

"Wir schweifen ab. Zurück zu deinen Problemen, Mike.

Mensch, Junge. Du bist mit wunderbaren Talenten gesegnet, für die andere dankbar wären, und was machst du damit? Du verschwendest es an billige Entertainer-Auftritte in schummrigen Kneipen.

Du suchst den Beifall von der falschen Seite, Mike.

Bei Schlampen, die nur an deinem offenbar beachtlichen Schwanz und dem, was du wohl Tolles damit anstellst, interessiert sind. Und an nichts sonst."

Sie redete sich in Rage.

"Mike, ich mach dir jetzt- ausnahmsweise!- ein Kompliment, und du hörst es nicht, ja?"

Ich nickte folgsam.

"Du warst auf einmal einfach da. Du warst gar nicht eingeplant. Du warst nicht vorgesehen.

Aber du tust mir gut, Mike. Es passt mir ganz und gar nicht, mir das einzugestehen, aber es ist so.

Du hast Dinge in mir aktiviert, die lange verschollen waren.

Hey! NICHT solche Dinge, Arschloch! Denk mir jetzt bloß nicht das Falsche, ja?

Ich liebe unsere Gespräche. US-Geschichte, Hillary Clinton, Stevie Wonder, Kevin Costner. Und Musik und Film im allgemeinen. So einen kongenialen Gesprächspartner hatteich wirklich lange nicht mehr. Und ich hab auch nicht im Traum daran geglaubt, so jemanden noch einmal zu finden.

Und du kannst zuhören. So wunderbar zuhören, Mike.

So, Schluß mit dem Gesülze!

Und mich flach legen ist nicht, okay?"

Ich nickte erneut.

"Prima. Dann wird es ne wunderbare Freundschaft zwischen uns. Das heißt: Es bleibt eine."

Sie steckte sich die nächste Zigarette an. Es war die Dritte während ihres Vortrags.

"Du bist von einer beispiellosen Unverfrorenheit, aber das -zu meinem Leidwesen- auf eine unglaublich sympathische Art und Weise. Du kommst gar nicht auf die Idee, du könntest stören? Nein, darauf kommst DU nicht!"

Damit lag Agnetha völlig richtig.

"Du bist ein Schuft, Mike. Weisst du das? Du schleichst dich ganz subtil in das Leben und die Gedanken eines anderen Menschen ein. Das hast du wirklich verdammt gut drauf, und zu meinem Leidwesen gefällt es mir. Könntest du das in Zukunft vielleicht bleiben lassen?"

Sie steckte sich die nächste Kippe an.

Wollte ich das bleiben lassen? Kein Gedanke. Das kam überhaupt nicht in Frage.

Dafür war mir Agnetha inzwischen schon zu wichtig, und ich schon viel zu scharf auf sie.

Gelegentlich schwirrte mir immer noch die Bemerkung im Kopf herum, die sie an jenem Abend vor ihrer Haustür gemacht hatte: Sie brauche keinen Sex.

Abwarten, Honey.

Es kommt ganz darauf an, wer die Dinge in die Hand nimmt, Süsse.

Ich war inzwischen sicher, sie brauchte nur einen kleinen, beziehungsweise: einen kräftgen Stoß im wahrsten Sinne des Wortes, um wieder auf den Geschmack zu kommen.

"Du himmelst mich an wie ein Mondkalb. Du sagst und schreibst mir Dinge; schöne, wundervolle Dinge, die ich wirklich lange nicht mehr gehört habe. Aber es sind Dinge, die ich nie wieder hören wollte und auch nie wieder hören will! Das sage und zeige ich dir mit der grössten Entschiedenheit, die mir möglich ist, aber beeindruckt es dich?

NEIN! Nicht im geringsten. Du kommst gar nicht auf die Idee, ich könnte dich vielleicht nicht mögen? Du baggerst einfach weiter. Unbeirrbar gehst du weiterhin auf dein Ziel los.

Mike, ich hab noch nicht entschieden, ob ich dich dafür hassen oder bewundern soll?"

Ich wollte ihr vorschlagen, sie solle für "bewundern" votieren- unbedingt sollte sie das tun, am Besten jetzt gleich- aber es schien mir klüger, den Rand zu halten.

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