Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Alle Kommentare zu 'Freundschaftsanfrage zur Unzeit'

von Nicky1985

Filtern nach:
  • 2 Kommentare
Auden JamesAuden Jamesvor mehr als 2 Jahren
Fortsetzung im Hier und Jetzt

Der geneigte Leser, das sei gleich vorweg gesagt, muß die Vorgängergeschichte „Fotoshooting auf Sylt“ nicht gelesen haben, um die vorliegende Geschichte verstehen und ihr folgen zu können; um sich an ihr wirklich zu erfreuen, wäre es allerdings wahrscheinlich nicht unbedingt von Nachteil, eine Schwäche für Tabakkonsum zu haben oder sich zumindest für den Anblick rauchender Glimmstengel bzw. der an selbigen dranhängenden Menschen begeistern zu können – und überdies auch für kitschige Tätowierungen.

Auch in diese Geschichte bindet der Verfasser wieder die aktuelle Corona-Pandemie ein, was sie von den wirklichkeitsentrückten Fantasien, die für gewöhnlich hier veröffentlicht werden, deutlich abhebt. Auch auf die Hintergründe der Figuren, insbesondere der Ich-Erzählerin und Hauptfigur, richtet der Verfasser seine Aufmerksamkeit, wodurch diese eine gewisse Rundheit erlangen, welche die Figuren in vielen anderen LIT-Geschichten vermissen lassen.

Allerdings kommt, finde ich, wie schon in der Vorgängergeschichte („Ein Fotoshooting auf Sylt“) die männliche Hauptfigur ein wenig zu kurz, insbesondere die Frage, wieso er sich mit seinem Raucherfetisch nun gerade in die weibliche Hauptfigur verliebt, wo es doch sicher noch viele andere entsprechende Fetisch-Modelle gibt, für die sein Herz sich erwärmen könnte. (Die im Grunde selbe Frage – obgleich letztlich vielleicht noch verschärft – stellte sich auch schon beim Photographen aus der Vorgängergeschichte, der ohne ersichtlichen Grund sich in eine wildfremde Nichtraucherin [!] verguckt.) Der Lothar aus der vorliegenden Geschichte wirkt in seiner völligen Willfährigkeit und Ergebenheit gegenüber der Ich-Erzählerin recht eindimensional, insbesondere weil seine Motivation für dieses Verhalten, wie ich finde, nicht hinreichend deutlich wird.

Was die Geschichte allerdings wiederum von vielen anderen, die hier veröffentlicht werden, abhebt (in positiver Hinsicht versteht sich), ist ihre Nähe zum wirklichen Leben, denn die Handlung vollzieht sich hier in einem Rahmen, sowohl was die Figuren selbst als auch ihr Umfeld betrifft, der der bundesdeutschen Wirklichkeit entspricht, mit Scheidungsfamilien, geteiltem Sorgerecht, Streitigkeiten um Verabredungen das gemeinsame Kind betreffend, Argwohn gegenüber den neuen Partnern der getrennten Partner, die Rolle des Internets für das Kennenlernen neuer Partner etc. pp.

Was allerdings in diesem Text gegenüber seinem Vorgänger vielleicht etwas zu kurz kommt, das ist die Erotik im eigentlichen Sinne, also von den bloßen Nennungen der unzähligen Zigaretten, welche die kettenrauchende Ich-Erzählerin sich anzündet, einmal abgesehen (die, wie ich finde, auch nicht sonderlich erotisch aufgeladen, sondern lediglich wieder und wieder genannt werden; die Begeisterung Lothars, des Fetischisten, bleibt ziemlich implizit und wird – wie so vieles an ihm, s. o. – nicht sonderlich herausgearbeitet). Dabei ist es nicht so, daß der Verfasser es verpaßte, Szenen anzulegen, die im eigentlichen Sinne erotisch ausgestaltet werden könnten (so z. B. die Nacktbadeszene); vielmehr scheint er aus irgendeinem Grund bewußt darauf zu verzichten. Oder ist das vielleicht einfach Ausdruck der hanseatischen Art der Ich-Erzählerin? Daß solche Dinge nicht vordergründig ins Bewußtsein treten? Jedenfalls finde ich es – zumal auf d i e s e r Plattform – auffällig, wenn selbst der schlußendlich natürlich unvermeidliche Koitus (und eigentliche Höhepunkt der erotischen Handlung) in zwei kurzen Absätzen (inkl. Vorspiel!) abgehandelt wird. Wie gesagt, ich bin mir nicht ganz sicher, ob das nun einfach nur ein erzählerisches Manko darstellt oder der Verfasser irgendeine dunkle Aussageabsicht damit verbindet. Wahrscheinlich wird der geneigte Leser, der sich einen erotischen Höhepunkt von mehr als zehn Zeilen wünscht, vom vorliegenden Text jedenfalls am Ende wohl eher enttäuscht sein.

Ob die deutlich über dem üblichen Niveau liegende sprachliche und auch sonstige erzählerische Gestaltung des Textes das wieder aufwiegt, muß der geneigte Leser letztlich für sich selbst entscheiden!

–AJ

AnonymousAnonymvor mehr als 2 Jahren

Sehr coole Pointe, ganze Geschichte sehr gut ausgeführt. Hohes sprachliches Niveau, Dialoge sehr natürlich. Dass Lothar Sara aufgrund seines Fetischs derart nachstellt und dass sie dermaßen qualmt, ist natürlich total unrealistisch - aber für so etwas sind wir wohl hier. Komisch das Perfekt an einigen Stellen, wie schon im ersten Teil.

Anonymous
Our Comments Policy is available in the Lit FAQ
Posten als:
Anonym