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Jesus

Geschichte Info
Im Auftrag des Herrn.
13.8k Wörter
4.64
10.6k
2
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@ bumsfidel 2019-2020

Vorwort:

Wie schon bei 'Moses' bietet es sich auch hier an zunächst 'Adam und Eva' zu lesen, um ein paar Informationen zu Anselmus und Yolanda zu erhalten. Aber dies ist keine zwingende Voraussetzung.

Und noch einmal: Ich möchte auf keinen Fall irgendwelche religiösen Gefühle verletzen. Gläubige Mitbürger, die die Bibel ernst nehmen, sollten an dieser Stelle nicht weiter lesen. Den anderen wünsche ich viel Spaß bei der humoristisch-erotischen Fortsetzung des Originaltextes.

---

Anselmus hatte sie ihrer pragmatischen Art wegen ausgesucht. Sie wusste immer, wo es langging, dachte nicht nach, sondern handelte, wenn nötig. Ihm gefiel, dass sich ihr zupackendes Wesen selbst auf ihr Sexleben erstreckte. Sie war keine Schönheit, aber doch hübsch zu nennen. Also wenn man auf junge Frauen, die 70 kg wogen und 1 m 70 groß waren, stand. Sie hatte dunkelblonde schulterlange Haare, grüne Augen und einen auffallend schmalen Hals. Ihre Brüste schmiegten sich gut in einer Hand, wenn sie mal einen Kerl an sich heranließ.

Sie hatte sich lange umgesehen, wer für ihre Defloration infrage käme, keinen Würdigen gefunden und die Sache kurzerhand von ihrer besten Freundin erledigen lassen. In gegenseitigem Einvernehmen. Es blieb bei dieser einen lesbischen Beziehung, alle weiteren waren weitestgehend heterosexuell. Weitestgehend deshalb, weil sie die, bei denen sie über Petting und Oralverkehr nicht hinausgekommen war, nicht als richtige Sexualpartner definierte. Sie tauchten in ihrer internen Statistik schlicht nicht auf.

Eine richtige intensive Liebesbeziehung hatte sie noch nie gehabt. Klar war sie schon verliebt gewesen, mehrfach sogar, aber dieses Kribbeln im Bauch, von dem immer wieder die Rede war, das hatte sie nie verspürt. Okay, einmal, aber das war eine Sektflasche gewesen, der vor lauter Schütteln der Korken weggeflogen war. Sie hatte drei Tage vor dem Bett geschlafen, bis die Matratze wieder einigermaßen trocken gewesen war. Danach hatte sie in den Notfällen, in denen kein Mann zur Verfügung gestanden hatte, vorsichtshalber auf eine leere Weinflasche umgestellt. Eine schöne griffige, mit extra langem Hals. Sie kannte keine festen Uhrzeiten für ihre Befriedigung, machte es sich aber ganz gerne morgens, wenn sie ausgeschlafen und voller Tatendrang aufwachte und nicht am Abend, wenn sie hundemüde ins Bett fiel.

Lange Fingernägel. Diese angeklebten zentimeterlangen Dinger. Sie hatte sie ausprobiert, war aber schnell darauf gekommen, dass man damit keinem Kerl vernünftig den Sack kraulen konnte, geschweige denn, sich selbst befriedigen. Als sie wach wurde, stellte sie fest, dass sie schon wieder von diesen grässlichen Dingern geträumt hatte. Ein sicheres Zeichen, dass es Zeit wurde es sich mal wieder selbst zu besorgen. Wenn sie schon davon träumte, dann sollte man der Natur nachgeben. Sie betrachtete kurz die Weinflasche, die für solche Zwecke griffbereit neben dem Bett stand, entschied sich aber dafür diesmal nur ihre Finger spielen zu lassen. Mit dem Smartphone in der einen Hand und die andere zwischen ihren Beinen. Dabei schaute sie einen kurzen, vielleicht dreiminütigen Film, den Rest besorgte ihre Fantasie. Dies war geiler, als sich eine völlig irrwitzige Handlung reinzuziehen oder Pärchen bei Sachen zu beobachten, die ihr gegen den Strich gingen. Danach leckte sie, wie fast immer, ihre Finger ab. Der eigene Saft schmeckt eben doch am besten.

Schließlich stand sie auf, ging ins Bad, zog sich an und machte sich auf den Weg zur Arbeit. Nicht ahnend, welch irre Geschichte ihr an diesem Tag passieren würde.

---

Andrea war Mitglied der Förderung und Unterbringung christlicher Koexistenz, kurz FUCK. Der ungewöhnliche Vereinsname war die Verklausulierung des Ziels, Bedürftigen jeglicher Religion im christlichen Abendland Schutz zu bieten. Als sie Jesus das erste Mal sah, wunderte sie sich über sein seltsames Aussehen. Lange Haare, ungepflegter Dreitagebart, das hatten ihre Vorurteile bei dem Namen erwartet. Aber nicht die manikürten Fingernägel, den weißen Umhang, der schwer an ein Bettlaken erinnerte, sowie die Aldiletten. Verziert mit den berüchtigten drei Streifen.

"So so", sprach sie. "Du bist also Jesus."

Ihr Gegenüber nickte. Endlich glaubte ihm jemand.

"Und das soll ich dir abnehmen?"

Also doch nicht. Enttäuschung machte sich auf seinem Gesicht breit. Sie blätterte ihre Unterlagen durch und las Teile davon laut vor:

"Jesus, 22 Jahre alt. Alleinreisender Flüchtling. Mmmh, bla, bla, bla. Flüchtling nach Genfer Konvention, also maximal 3 Jahre Aufenthalt oder neuer Entscheid. Richtig so?"

Jesus nickte und Andrea las weiter: "Eltern: Maria und Josef, Nachnahme unbekannt. Wie wäre es mit 'Tischler'?", sah sie kurz auf, als der Sarkasmus mit ihr durchging. "Ich wiederhole", sah sie ihn streng an: "Aufenthaltsstatus: geduldet. Religion: Jude. Stimmt das?"

Jesus nickte erneut.

"Gut. Dann komm mal mit. Du brauchst keine Angst zu haben, solange du unter unseren Fittichen bleibst, wirst du nicht abgeschoben. Allerdings sind alle unsere Heime voll und du musst die erste Nacht bei mir verbringen. Morgen sehen wir dann weiter."

"In Ordnung", antwortete Jesus und Andrea fiel die Kinnlade herunter.

"Wo hast du unsere Sprache gelernt?"

Erst jetzt fiel ihr auf, dass dieser Kerl sie einwandfrei verstanden hatte. Ohne den sonst üblichen Dolmetscher.

"Ich kann alle Sprachen", antwortete Jesus selbstbewusst.

"Alle?"

"Klar. Ich bin Jesus. Wieso sollte ich sie nicht können?"

Andrea schüttelte den Kopf. Vermutlich hatte er seine Flucht gut vorbereitet und vorausschauend Deutsch gelernt. Ein Wirtschaftsflüchtling also. Lange würde der nicht bleiben. Diese Sorte konnte selbst sie nicht leiden, ganz und gar nicht. Sie nahmen den echten Flüchtlingen, denen, die vor Kriegen flohen und mit Folter und Tod bedroht waren, nur die Plätze weg. Obwohl der junge Mann ohne den Bart wahrscheinlich gut aussehen würde und normalerweise in ihr Beuteschema gepasst hätte, bildete sie eine spontane Antipathie aus.

Sie war 19, studierte Religion und Sozialwissenschaft und so war sie auch an die Flüchtlingshilfe geraten. Sie hielt es für ihre Christenpflicht, den Menschen zu helfen, wenn Not am Mann war. Und gerade war Not am Mann. Europa hatte jegliche Ethik über Bord geworfen, ließ Bootsflüchtlinge zu tausenden ertrinken. So konnte es nicht weitergehen. Ihrer Ansicht nach lief da gründlich etwas schief. Die, die Hilfe brauchten, gehörten aufgenommen, ohne Wenn und Aber. Wenn sie keinen Pass hatten, was bei Kriegsflüchtlingen die Normalität war, dann Fingerabdrücke nehmen und Identität klären. Bei falschen Angaben ab nach Hause, genauso wie die, die hier die Sozialsysteme plündern wollten. Doch waren sie in Not, dann hatte man die verdammte Christenpflicht sie einzusammeln und zu versorgen. 'Wir haben Facharbeitermangel und verzichten auf gut ausgebildete Handwerker, nur weil sie aus dem Ausland kommen?!', dachte sie manches Mal. 'Lehrt denen Deutsch und dann können und sollen sie für ihren Unterhalt selbst aufkommen.'

Ihr war klar, dass man jeden Fall als Einzelfall behandeln musste und das dies naturgemäß seine Zeit dauern würde. Also wohin mit den Leuten? In Lager? Das würde unweigerlich Konflikte mit sich bringen, weil völlig unterschiedliche Ethnien aufeinander treffen würden. 'Dann sollen sie sich halt benehmen', fluchte sie, aber aus eigener Erfahrung wusste sie, dass das leichter gesagt als getan war. Schließlich hatte sie lange Zeit in Wiesbaden gelebt, wo man sich schon über die Mainzer lustig machte. Und zwischen Kölnern und Düsseldorfern ging es auch manchmal hoch her. Was sollte man da von Syrern und Irakern erwarten?

Frustriert zog sie Jesus hinter sich her. So ein Wirtschaftsflüchtling hatte ihr gerade noch gefehlt. Hoffentlich dauerte es nicht lange, bis sie eine Unterkunft für ihn hatte. In Aussicht gestellt hatte man ihr ein Bett in einem Appartement für Übermorgen, aber es wäre nicht das erste Mal, dass man es ihr für dringendere Fälle vor der Nase wegschnappte. Jesus spürte, dass seine Betreuerin nicht gut auf ihn zu sprechen war und da er nicht wusste warum, hielt er sich geschlossen. Stumm schlurfte er ihr hinterher, sah sich um, versuchte sich zurechtzufinden. Schließlich schloss sie in einem Mietbunker die Tür auf, zeigte ihm die kleine Wohnung.

"Du schläfst auf dem Sofa", bestimmte sie und bestellte zwei Pizzen ohne Rücksicht auf irgendwelche Allergien oder religiösen Vorbehalte.

Andrea hatte keine Lust sich mit dem Kerl zu unterhalten, der sowieso nur die deutschen Sozialsysteme schröpfen wollte und schaltete den Fernseher ein. Sie beobachtete zwar, dass Jesus interessiert zuschaute und manches Mal mit dem Kopf schüttelte, doch sollte er dazu eine Meinung haben, so war ihr die völlig schnurz.

Schließlich war es an der Zeit ins Bett zu gehen. Nachdem Jesus sich mit der Wohnung noch ein wenig vertraut gemacht hatte, legte er sich schlafen, nur um am nächsten Morgen völlig gerädert aufzuwachen.

"Du meine Güte, wie siehst du denn aus?", fiel dies sogar Andrea auf.

Sie hatte gerade die Weinflasche versteckt, bevor er sie durch Zufall entdecken konnte und sich fragte, was sie zu bedeuten hatte. Als Alkoholikerin wollte sie ebenso wenig gelten, wie, äh, das andere.

"Dein Sofa ist zu kurz", bemängelte er.

"Scheiße", fluchte Andrea unbeherrscht.

Sie hätte es sich denken können. Der Kerl war mindestens 1 m 90, da hingen seine Füße in der Luft. Wer schläft schon vernünftig mit den Knien unter dem Kinn? Ihr Einzelbett war eigentlich zu schmal für zwei, aber es war ja nur noch eine Nacht. Das sollte sich machen lassen.

"Okay", fasste sie spontan einen Entschluss, "jetzt wasch dich erst einmal und heute Abend schläfst du bei mir im Bett. Aber bilde dir darauf bloß nichts ein. Du behältst deine Pfoten gefälligst bei dir, oder ich zeig dir, wo der Maurer das Loch gelassen hat!"

"Das Loch gelassen hat?", schaute Jesus sie ratlos an.

"Die Tür. Da. Du schläfst im Treppenhaus, wenn du mich belästigst, kapiert?"

"Gut", antwortete Jesus kurz angebunden, was Andrea misstrauisch schauen ließ.

Doch Jesus machte keinerlei Anstalten, das Thema weiter zu vertiefen und so konzentrierte sie sich auf das Frühstück, während er seinen Gedanken nachhing. Was hätte er auch sagen sollen? Anselmus hatte ihm den Auftrag gegeben, mal wieder nach dem rechten zu schauen. Von zwischenmenschlichen Beziehungen zu Eingeborenen war keine Rede gewesen. Er war sich nicht sicher, wie weit seine Befugnisse gingen. Beim letzten Mal hatte er bis auf seine Frau Maria Magdalena nicht viel Spaß gehabt und so ging er davon aus, dass es diesmal ähnlich ablaufen würde. (Quelle: Die Dokumentation 'Das Jesus Grab'. Dort wird vermutet, dass Maria Magdalena Jesus' Frau war, mit der er einen Sohn hatte.)

Eine halbe Stunde später setzte sich Jesus an den gedeckten Tisch und Andrea rümpfte die Nase.

"Bis du sicher, dass du dich gewaschen hast?", fragte sie vorsichtshalber.

"Ja, wieso?"

"Du riechst nach Schweiß. Würde ich dich besser kennen, würde ich sagen, du stinkst wie Puma ganz hinten. Wir müssen deine Sachen waschen. Dringend."

"Ich hab nichts zum Wechseln."

"Scheiße", wiederholte sie. "Die Kleiderkammer können wir vergessen, die macht erst morgen wieder auf. Aber so kannst du auch nicht den ganzen Tag herumlaufen. Du lockst mir sämtliches Ungeziefer aus drei Kilometer Umkreis an."

"Und nun?", fragte Jesus, der sich eigentlich recht wohl in seinem Umhang fühlte.

Schweiß? Unsinn, er trug das Ding doch noch keinen Vollmond lang. Außerdem, die paar Fliegen in der Wohnung.

"Ich überlege ja schon", antwortete Andrea ungeduldig. "Meine Blusen passen dir nicht und die Jeans dürften dir viel zu eng sein. Ich kann dir höchstens einen Slip leihen. Mehr ist nicht drin."

Ohne zu ahnen, auf was er sich da einließ, stimmte Jesus zu. Was zur Folge hatte, dass er in einem viel zu engen Slip mit hochrotem Kopf aus dem Bad kam, mit seiner Dreckwäsche über den Arm.

"Oh Gott", lachte Andrea und zeigte ungeniert auf seine Körpermitte, "da hat aber jemand schwer zu tragen. Gib mal her das Zeug, ich wasche es kurz durch."

"Soll ich wirklich so herumlaufen?", fragte Jesus schüchtern.

"So oder ganz ohne. Mir wurscht. Ich werde dir jedenfalls nichts weggucken. Ich weiß, was Kerle da haben und hab noch keinen getroffen, der zwei Dinger gehabt hätte."

"Zwei?"

"War ein Witz, Mensch. Stell dich nicht so mädchenhaft an." Ihr fiel etwas ein und sie blickte Jesus misstrauisch an. "Du hast doch schon mal etwas mit Mädchen gehabt, oder?"

Doch zu ihrer Überraschung schüttelte der den Kopf. Sie konnte es kaum glauben. So ein hübscher junger Mann würde doch wohl schon mal ein Mädel geküsst haben. Oder mehr. Erst recht in dem Alter.

"Noch nie? Bei deinem Aussehen? Bist du schwul?"

"Nein. Was ist mit meinem Aussehen? Stimmt etwas nicht?"

"Ganz im Gegenteil", antwortete Andrea, "für einen Mann bist du sogar recht attraktiv. Zumindest sind Ansätze vorhanden."

"Ansätze?"

"Na ja, du solltest mal zum Friseur gehen. Lange Haare gut und schön, aber du läufst herum wie Zottel. Der Dreitagebart steht dir nicht, du bist zu jung dafür. Und dann musst du unbedingt etwas für deine Muskeln tun. Deine Oberarme sind dünn wie Streichhölzer."

"Streichhölzer?"

"Sag bloß, du kennst keine Streichhölzer? Ihr hattet wohl nur Feuerzeuge, da wo du herkommst, wie?", lachte Andrea. Ohne zu erklären, was sie meinte, fuhr sie fort: "Ein Fitnessstudio würde dir guttun, aber das können wir gleich vergessen." Dann hatte sie eine Idee. "Hebe mich mal hoch."

"Wie?"

"Na nimm mich auf den Arm, du Schnelldenker."

Jesus wusste nicht so recht, was das sollte, aber die Frau war ganz nett und so tat er ihr den Gefallen. Zu ihrer Überraschung trug er sie kreuz und quer durch die Wohnung, ohne außer Atem zu kommen. Und noch etwas hatte sie nicht erwartet: Sie fühlte sich sauwohl dabei.

"Lass mich wieder runter", bat sie schließlich schnaufend.

'Du meine Güte', dachte sie. 'Bloß nicht vergucken in den Kerl. Das hat ja wohl nicht den geringsten Sinn.'

Verstohlen warf sie einen kurzen Blick auf seinen viel zu kleinen Slip, aber da hatte sich nichts getan. Die so schon ausgeprägte Beule war nicht größer geworden und sie war sich nicht sicher, ob sie darüber erfreut sein sollte oder beleidigt. Sie beschloss den Gedanken nicht weiterzuverfolgen, sondern sich ihrer Arbeit zu widmen und griff nach ihren Formularen.

"So mein Lieber, jetzt mal Butter bei die Fische. Du heißt Jesus?"

"Ja."

"Immer schon?"

"Ja."

"Ich meine, haben dir deine Eltern den Namen gegeben oder hast du den später angenommen?"

Die Frage dahinter war, ob der Schleuser ihm eingebläut hatte sich Jesus zu nennen.

"Von meinen Eltern."

"Wann bist du geboren?"

"Am 25.12. vor etlichen Jahren."

"Das kannst du dem lieben Gott erzählen. Ich glaube dir kein Wort. Ausgerechnet an Weihnachten, ja? Hat man dir nicht gesagt, dass die moderne Wissenschaft davon ausgeht, dass das Datum nicht stimmt?"

"Du verrätst mich nicht?"

"Das kann ich nicht versprechen. Zuerst einmal muss ich deine Geschichte kennen. Wer du bist und warum du hier bist. Was du hier willst. Vielleicht bist du ja ein Terrorist."

"Ich bin kein Terrorist!", begehrte Jesus laut auf. "Auch wenn die Römer das vor 2000 Jahren schon einmal behauptet haben!"

"Jetzt lass mal den Blödsinn", erwiderte Andrea geduldig. Sie hatte ja schon manch wilde Geschichte gehört, aber dass sich jemand als Wiedergeburt ausgab noch nicht. "Wie alt bist du wirklich? Die zweitausend nehme ich dir nicht ab."

"Zweiundzwanzig", gab er kleinlaut zu.

Na also. Ging doch.

"Wer sind denn deine Eltern?"

"Maria und Josef."

"Nicht zufällig der Heilige Geist?"

"Quatsch. Den hat sich die Kirche ausgedacht. Fakenews würde man heute sagen."

"So so. Fakenews. Du weißt also, was Fakenews sind. Für jemanden, der gerade erst eingewandert ist, ganz schön schlau."

"Die Tagesschau gestern", erinnerte er sie.

Andrea glaubte ihm kein Wort, aber es blieb ihr nichts anderes übrig, als darüber hinwegzusehen. Vielleicht ließ er sich anders zur Wahrheit verleiten.

"Dann erzähl mir mal, wie war das denn damals wirklich abgelaufen? Deine Geburt und so. In deinen eigenen Worten."

Andrea war gespannt, welche Story er ihr auftischen würde. Sie war nicht gerade das, was man Bibelfest nennen würde, aber offensichtliche Lügen würde sie erkennen.

"Josef war Schreiner, so weit, so richtig. Allerdings nicht arm, sondern einer der reichsten am Ort. Er hatte sich in Maria verliebt, die Tochter eines Steinmetzes. Schreiner und Steinmetze können nicht besonders gut miteinander. Sie sind in vielen Dingen Konkurrenten. Denk nur an die Küchenplatten oder die Grabkreuze. Daher sieht mein Vater keine Chance sie auf regulärem Weg zu ehelichen. So hat er sie entführt und geschwängert."

"Entführt und geschwängert?", kicherte Andrea. "Die alte Leier, ja? Und Maria hat natürlich ohne weiteres mitgemacht, weil sie ja sooo verliebt in ihn war. Oder hat er sie etwa vergewaltigt?", fragte sie dann doch streng.

"Unsinn. Maria mochte meinen Vater. Sie ist freiwillig mitgegangen."

"Aha. Und geboren bist du in Nazareth?"

"Wie kommst du denn darauf? Falls du immer noch die alte Geschichte meinst, da bin ich in Bethlehem geboren und in Nazareth aufgewachsen. Das verwechseln viele."

"Stimmt", gab Andrea zu. "Kommen wir zum nächsten Punkt. Zum Wichtigsten. Was willst du hier?"

"Ich hatte doch versprochen, wiederzukommen", sah er sie fast verzweifelt an. "Es hat zwar gedauert, aber da bin ich. Hier geboren, diesmal. Isch bin ne kölsche Jung."

"Verarschen kann ich mich selber."

"Frag doch Anselmus."

"Wer ist das denn schon wieder? Dein Schleuser?"

"Du kennst Anselmus nicht? Unser aller Gott?", wunderte sich Jesus.

Das konnte jetzt nicht wahr sein. Da schickte der ihn zum zweiten Mal auf die Erde und diese sogenannten Gläubigen wussten noch nicht einmal seinen Namen?

"Ach so, der. Und der heißt Anselmus?", seufzte Andrea. Irre Geschichte.

"Ja, natürlich. Und seine Frau Yolanda."

"Anselmus und Yolanda? Zwei Götter?"

"Was ist daran so schwer zu verstehen?"

"Lassen wir das", gab Andrea auf. Der Typ hatte eine Meise. Ganz nett, aber völlig Plemplem. "Als Kölner hasst du natürlich Anspruch auf Asyl", versuchte sie Ordnung in die Sache zu bekommen und zur Abwechslung mal ihn auf den Arm zu nehmen.

"Natürlich nicht", wusste Jesus jedoch. "Daher hat Anselmus mich nach Syrien geschickt. Um der Sache den gewissen Pfiff zu geben. Das mit den Flüchtlingen hat damals geklappt, warum heute nicht noch einmal?"

"Eine wahrlich bestechende Logik", erwiderte Andrea allen ernstes, "geradezu göttlich."

"Siehst du?", entging Jesus die Ironie. "Anselmus hat vorhergesehen, dass niemand glauben würde, aus Köln würde jemals irgendetwas Göttliches hervorgehen."

"Das kann ich mir denken", überlegte Andrea. Der Gedanke war aber auch zu absurd. "Dann hat Anselmus dich also nach Syrien bringen lassen und sogleich wieder eingeschleust."

Dass ein Schleuser sich als Gott ausgab, war ihr auch noch nicht untergekommen. Wieso wusste eigentlich der Verfassungsschutz nichts von diesem Anselmus?

"So in etwa. Die Einzelheiten willst du nicht wissen."

"Will ich nicht?"

"Nein. Denn jetzt bin ich hier, suche mir meine Jünger zusammen und führe euch auf den rechten Weg zurück."

"Wir sollen wieder zu Juden werden?", fragte Andrea ungläubig, der die Doppeldeutigkeit der Formulierung entging.

"Quatsch. Wie ihr euch nennt, ist doch völlig egal. Ihr sollt Anselmus' Gebote einhalten. Und zwar diesmal richtig. Nicht in der Interpretation eines gewissen Moses." (siehe mein Machwerk 'Moses')

"Darunter tust du es nicht, ja?"

"Nein, wieso? Das ist schließlich meine Mission."

"Dann viel Spaß dabei", gab Andrea auf. "Ich kann dir nur eins versprechen. Bleib dabei und du bist schneller in der Klapse als du Amen sagen kannst."