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Legenda Major - Generatio Proxima

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Er blickt mich erstaunt an, ich lächle ihn entschuldigend an, gebe mir einen Ruck und mache mich auf den Weg. Bevor ich ganz verschwinde, drehe ich mich noch einmal um und lächle zu ihm zurück. Er blickt mir hinterher und ich kann nicht ganz sagen, welche Gefühle sich in seinen Augen spiegeln. Es sind mehrere, zum Teil widersprüchliche, und ich habe den Eindruck, er weiß es selbst nicht genau.

Mir wird bei diesem Anblick warm ums Herz. Wenn ich seine Augen sehe, dann weiß ich, dass es ihm ähnlich geht, wie mir. Ich fühle mich zu ihm hingezogen, weiß aber nicht, ob ich das darf.

Eilig mache ich mich auf zu meinen Begleiterinnen. Kurz kommt mir in den Sinn, dass es womöglich eine Flucht vor meinen Gefühlen ist. Den Gedanken schiebe ich aber schnell beiseite. Mit solchen Überlegungen werde ich mich befassen, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Im Moment führen uns unsere Wege auseinander und nicht zueinander. Das wird aber von äußeren Umständen verlangt.

Bei Samantha, Lili und Rebecca angekommen, verteile ich die Dolche. Dann packen wir unsere Sachen eilig zusammen. Inzwischen ist die Dunkelheit hereingebrochen. Der schwache Mond schenkt uns in dieser Nacht nur wenig Licht. Deshalb sollten wir uns noch in den letzten Zügen der Dämmerung auf den Weg machen. Es ist ein gewagtes Spiel. Es soll so dunkel sein, dass wir nicht mehr gesehen werden können, es soll aber auch noch so hell sein, dass wir problemlos zumindest das erste Stück des Weges zurücklegen können.

Kapitel 9

Als wir nur noch Umrisse erkennen können, machen wir uns tatsächlich auf den Weg. Keiner verabschiedet sich, wie abgemacht, damit den Feinden so wenig wie möglich an Bewegungen auffällt. Ich würde Peter noch gerne an mich drücken, aber ich will mit gutem Beispiel vorangehen.

Pascal führt die Gruppe an, dahinter folgen Lili, Rebecca und Samantha, ich bilde das Schlusslicht. Wir halten alle eine Waffe in der Hand. Ich klammere mich an mein Schwert, Pascal ebenso und die Mädchen halten einen Dolch bereit. Sollte sich uns jemand nähern, müssen wir uns verteidigen können. Samantha kann zwar mit dem Schwert umgehen, hat sie mir erzählt, wirklich kämpfen kann sie aber nicht. Deshalb hält auch sie sich krampfhaft an einem Dolch fest. Ob sie ihn auch verwenden kann, ist mir nicht klar. Darüber aber mache ich mir zunächst keine Gedanken. Damit sind Pascal und ich wohl die einzigen, die der Gruppe einen wirklichen Schutz bieten können.

Wir sind schon zehn Minuten unterwegs, als Pascal stehen bleibt. Er winkt mir zu und deutet nach vorne. Da ich nichts sehen kann, drücke ich Samantha die Zügel meines Pferdes in die Hand und eile nach vorne.

„Da ist ein feindlicher Späher", flüstert mir Pascal ins Ohr.

„Lass mich machen", weise ich ihn genauso still an.

Ich nehme den Dolch zur Hand und schleiche mich in Richtung des Schattens. Er schaut sich auffallend genau um und dürfte tatsächlich ein Späher sein. Da er normale Kleidung trägt, gehört er sicher zu den Rebellen. Ich hoffe, dass er sich verzieht, bleibe aber kampfbereit. Bisher hat er uns noch nicht entdeckt.

Als eines unserer Pferde plötzlich schnaubt, ist meine Hoffnung, dass wir unbemerkt bleiben, schlagartig vorbei. Geschmeidig wie eine Katze und flink wie ein Wiesel, schleicht er in Richtung meiner Gruppe. Da er voll auf die Stelle konzentriert ist, aus der das Geräusch kam, bemerkt er mich nicht, wie ich mich zwischen zwei eng beieinanderstehende Bäume drücke.

So leid es mir tut, ich kann nicht anders. Ich hätte sein Leben gerne geschont, aber die Sicherheit der Frauen geht vor. Innerlich hole ich noch einmal tief Luft und spanne meinen Körper voll an. Für mich ist es eine ganz neue Situation. Ich habe noch nie wirklich gekämpft. Mit Lukas war es immer nur Spiel, wenn auch sehr realitätsnahe. Das kommt mir in dieser Situation zugute.

Als er schon fast an mir vorbei ist, schießt mein Arm nach vorne, ich stelle mich lautlos hinter ihn und ziehe den Dolch von links nach rechts über seine Kehle. Ich vernehme nur ein gurgelndes Geräusch und spüre, wie eine warme Flüssigkeit über meine Hand fließt. Es handelt sich vermutlich um sein Blut. Da es aber schon sehr dunkel ist, muss ich das zum Glück nicht sehen.

Fast lautlos sackt der Körper zu Boden. Ich ziehe den nur noch leicht zuckenden Mann zwischen die beiden Bäume, von wo aus ich meinen Angriff gestartet habe. Dann mache ich mich auf den Weg zu den anderen.

„Wir können weiter", flüstere ich Pascal zu.

Er schaut mich zwar fragend an, ich sage aber nichts dazu und mache mich auf den Weg ans Ende der Gruppe. Dort nehme ich wieder die Zügel meines Pferdes von Samantha entgegen und gebe Pascal das Zeichen zum Weitergehen.

„Was war?", erkundigt sich Samantha leise.

„Ein feindlicher Späher."

„Ist er weg?"

„So kann man sagen."

Sie schaut mich etwas verwundert an. Vermutlich kommt ihr meine Formulierung etwas sonderbar vor. Ich fürchte schon, sie würde nachhaken, sie lässt es dann aber doch glücklicherweise bleiben.

Ich bin heilfroh darüber. Es war der erste Mensch, den ich getötet habe. Auch, wenn ich mir immer wieder sage, dass es hatte sein müssen, so lastet es dennoch auf meiner Seele. Ich habe das Leben eines Menschen einfach so beendet. Einfach nicht gerade, denn das war es nicht. Aber, was hätte ich sonst tun sollen?

Es wird immer dunkler und allmählich sehen wir kaum noch die Hand vor den Augen. Es ist sehr mühsam voranzukommen. Pascal bleibt stehen. Diesmal kommt er zu mir zurück.

„Wir sollten warten, bis es wieder Tag wird", meint er. „Man sieht gar nichts mehr. Bevor wir in eine Schlucht stürzen, sollten wir einen Halt einlegen. Ich denke, wir sind weit genug gekommen."

„Gut, wir satteln die Pferde ab, entfernen die Tücher von den Hufen und legen uns etwas hin. Du und ich halten Wache. Möchtest du lieber jetzt oder in der zweiten Hälfte der Nacht?"

„Ich übernehme jetzt", meint er. „Wenn du damit einverstanden bist."

Ich stimme zu und so machen wir es, wie beschlossen. Samantha, Lili und Rebecca sind erstaunt, dass wir sie nicht auch zur Wache einteilen, aber ich erkläre ihnen, dass sie sich besser ausruhen sollen. Der morgige Tag werde anstrengend sein und sie sollten ihre Kräfte schonen.

Da ich müde bin, schlafe ich sofort ein. Zu meiner Verwunderung werde ich nicht von schlechten Träumen oder sonstigen Gewissensbissen gepeinigt. Erst als ich von Pascal geweckt werde und in die Dunkelheit starre, bemüht, nicht einzuschlafen und auf Geräusche achtend, da kommen die Schuldgefühle zurück.

Da Lili offenbar früher wach wird als die anderen, setzt sie sich zu mir. Sie schaut mich prüfend an.

„Ich bin es gewohnt so früh aufzustehen. Lady Brunhilde war so anspruchsvoll, dass ich immer schon einiges vorher vorbereiten musste."

„Die Gewohnheit also", antworte ich.

„Genau! Aber dich bedrückt auch etwas."

„Ich habe einen Mann getötet", sage ich offen heraus.

Lili holt überrascht Luft. Ich erkenne, dass sie trotz der stockfinsteren Nacht versucht, mir ins Gesicht zu blicken.

„Es musste sein. Ein Pferd hat gewiehert und er ist auf uns aufmerksam geworden."

„Keine Sorge, ich verurteile dich ganz sicher nicht. Ich weiß, dass du uns damit vermutlich das Leben gerettet hast", meint sie sofort. „Ich wüsste nur nicht, ob ich das könnte."

„Ich hatte keine Zeit, lange zu überlegen."

„Vermutlich besser so."

„Ich habe beim Überfall auf unseren Landsitz viele Tote gesehen. Allerdings habe ich keinen davon selbst getötet. Ich habe noch nie in meinem Leben einen Menschen umgebracht und hatte eigentlich gehofft, dass ich das nie tun müsste."

Lili nimmt mich in den Arm. Offenbar spürt sie, wie aufgewühlt ich bin. Sie streicht mir auch mit einer Hand beruhigend über den Rücken. Es tut unheimlich gut.

„Du hattest keine andere Wahl."

„Das weiß ich!"

„Na dann, heul nicht herum", meint sie.

Da sie aber ein Lächeln hinterhersetzt, nimmt sie dem Gesagten die Schärfe. Sie schafft es damit aber auch, mich zum Lachen zu bringen. Das tut gut.

„Wir sollten langsam die anderen wecken. Es wird gleich anfangen zu dämmern", wechsle ich das Thema.

Lili lächelt mir verstehend zu und steht auf. Gemeinsam wecken wir die anderen. Das Frühstück muss vorerst ausfallen. Wir satteln schnell die Pferde und kaum, dass die Sicht gerade ausreicht, loszureiten, schwingen wir uns in den Sattel. Wir sind zwar weit genug entfernt, um nicht mehr gehört zu werden, wir sollten nun aber schleunigst Strecke zwischen uns und unsere möglichen Verfolger bringen.

Mir ist klar, dass sich uns gestern nur Rebellen in den Weg gestellt haben, die zu Fuß waren. Da ich aber annehme, dass sie weitere Kräfte zusammengezogen haben oder dies beabsichtigen, könnten dabei durchaus auch Männer sein, die zu Pferd sind.

Pascal kennt sich tatsächlich bestens in der Gegend aus. Er führt uns zu einem Bachlauf, dem wir flussaufwärts folgen und erst nach einer langen Strecke verlassen. Dafür wählt er eine Stelle, an der wir über Felsen reiten müssen und somit auch dort nicht sofort ersichtliche Spuren hinterlassen. Damit dürften wir unsere Verfolger abgehängt haben.

Unser Weg führt uns über eine enge Schlucht hinauf auf den Berg. Kleinere Flaumeichen säumen den Weg, der zum Teil über Steine und Geröll führt. Ich vermute, dass die Schlucht, die von steil aufragenden Wänden an den Seiten begrenzt wird, bei starken Regenfällen unpassierbar ist, weil dann gewaltige Wassermassen ins Tal stürzen. Das lässt die Vegetation vermuten. Außer den Flaumeichen, die auch etwas mitgenommen ausschauen, kann sich zwischen den Felsen offenbar kaum Vegetation halten.

Der Aufstieg ist zwar mühevoll, allerdings kommen wir überraschend gut voran. Auch Rebecca hat ihr Pferd inzwischen fest im Griff und so geht es etwas schneller als befürchtet.

Kurz bevor wir die Schlucht verlassen können und auf eine Zwischenebene am massiven Berghang gelangen, halten wir an, um unser Nachtlager aufzuschlagen. Pascal erklärt sich bereit, auf die Jagd zu gehen und kommt mit zwei Hasen zurück, die er neben dem Lager ausnimmt. Ich mache inzwischen ein kleines verdecktes Feuer, in der Hoffnung, dass man es nicht zu weit sehen kann.

Kaum, dass die Hasen durchgebraten sind, mache ich das Feuer auch schon wieder aus. Da wir alle fünf den ganzen Tag nur ein kleines Stück Brot zum Kauen bekommen haben, verschlingen wir still und voller Genuss das gebratene Fleisch. Danach legen wir uns das Bärenfell zurecht und gehen schlafen. Auch in dieser Nacht halten zunächst Pascal und in der zweiten Hälfte ich Wache.

Als sich das erste Licht am Horizont zeigt, wecke ich wieder die anderen. Diesmal nehmen wir uns die Zeit, ein Stück Brot zu essen. Auch, wenn es nur ein karges Mahl ist, so tut es uns doch gut. Als wir gestärkt sind und zusammenpacken, kommt mir vor, als würde ich Stimmen hören.

„Seid einen Moment still!", bitte ich meine Begleiter.

Ich schaue mich aufmerksam um, während mich die anderen überrascht mustern. Doch das ist mir egal. Ich will sicher sein und ich lausche aufmerksam in die Schlucht. Es dauert eine Weile, dann aber bemerke ich drei oder vier Männer, welche die Schlucht heraufkommen. Sie treiben ihre Pferde an und holen aus den Tieren alles heraus. Ihre Stimmen müssen über die Schlucht wie durch ein Sprachrohr zu uns heraufgetragen worden sein. Sie sind aber auch nicht mehr weit von uns entfernt.

„Da sind sie!", schreit ein Mann. „Die entkommen uns nicht mehr. Los Männer, die holen wir uns!"

Das Rufen hören diesmal auch die anderen, die sich ganz still verhalten haben. Samantha wirft mir einen panischen Blick zu. Lilis Augen schauen mich hingegen auffordernd an. Sie will, dass ich mir etwas einfallen lasse. Rebecca dagegen schaut resigniert drein. Sie hat offenbar die Hoffnung bereits aufgegeben, da die Männer nur noch etwa einen halben Kilometer entfernt sind. Pascal scheint ratlos zu sein. Mir ist klar, dass wieder einmal alles an mir hängen bleibt.

„So schnell geben wir nicht auf. Wie viele sind es?"

„Ich kann vier Männer sehen", meint Lili.

„Dahinter sind noch einmal welche. Das sind sicher zehn insgesamt", korrigiert sie Samantha.

Hektisch schaue ich mich um. Mit vier Männern hätten es Pascal und ich eventuell noch aufnehmen können. Wenn es sich dabei nicht um die besten Kämpfer handelt, hätten wir durchaus eine Chance. Aber bei so vielen Gegnern würde es extrem schwierig werden.

„Tu etwas!", ruft Samantha. „Du hast doch immer die Ideen."

„Lass Serena in Ruhe denken", verteidigt mich Lili.

Samantha schaut sie etwas überrascht an, sagt aber nichts. Vermutlich ist sie es nicht gewohnt, dass sie von einer Zofe zurechtgewiesen wird. Doch in der gegebenen Situation will sie auch nicht streiten.

Da fällt mir ein riesiger Stein auf, der gefährlich instabil über der Schlucht unter uns hängt. Er ist gewaltig und es bräuchte einen Riesen, um diesen zu bewegen. Doch dann fällt mir ein, dass man ihn mit einem Ast eventuell ins Rollen bringen könnte.

„Komm, fass mit an!", rufe ich Pascal zu.

Ich greife einen umgeworfenen kleinen Baum. Der Stamm ist ein richtig dicker und noch halbwegs stabiler Hebel. Außerdem ist er ziemlich lang. Ich setze ihn unter dem Stein an, lege in einiger Entfernung einen kleinen Stein als Gegengewicht darunter und hänge mich mit meinem gesamten Gewicht dran. Ich bin aber offenbar zu leicht und der Felsbrocken bewegt sich keinen Zentimeter.

Pascal schaut mich nur etwas verwirrt an. Er scheint meinen Plan noch nicht durchschaut zu haben. Aber ich habe keine Zeit, ihm diesen lang und breit zu erklären.

„Häng dich dran! Verdammt nochmal!", fordere ich ihn im Befehlston auf.

Das reißt ihn aus seiner Starre und er hängt sich ebenfalls mit seinem vollen Gewicht an den Stamm. Zu meiner großen Enttäuschung bewegt sich immer noch nicht viel. Außer einem kleinen Schwanken, zeigt der Fels keine Reaktion. Ich werde allmählich leicht panisch. Unsere Verfolger kommen uns immer näher.

„Verdammt! Die Zeit läuft uns davon", fluche ich.

Da nimmt auch Samantha Anlauf und hängt sich mit Schwung an den Ast. Durch den Stein geht ein deutlich größerer Ruck, er wackelt und als sich dann auch noch Lili dranhängt, bewegt er sich zunächst langsam, wackelt aber bedrohlich.

Der Stein löst sich dabei tatsächlich von seinem Platz, rollt zunächst langsam an, nimmt Fahrt auf und donnert schließlich mit gewaltigem Getöse die Schlucht hinab. Er reißt dabei auf seinem Weg unzählige weitere Steine und Felsen mit und schwillt zu einem gewaltigen Steinschlag an. Dieser walzt unbarmherzig, mit fürchterlichem Getöse, alles nieder, was sich auf seinem Weg befindet. Durch den aufgewirbelten Staub hindurch erkenne ich gerade noch, wie die Männer, die uns verfolgen, mit erstarrten Blicken zu uns nach oben blicken. Die pure Angst steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Sie können es offenbar kaum glauben, aber ein fürchterlicher Tod rollt auf sie zu und reißt sie schließlich in die Tiefe.

„Und tschüss!", ruft Lili gut gelaunt die Schlucht hinab und winkt den Männern auch noch hinterher.

Dann aber dreht sie sich zur Bergseite und presst die Augen zu, um nicht mitansehen zu müssen, wie die todbringende Steinlawine unsere Feinde überrollt und niederwalzt. Ich höre noch einige gellende Schreie, sehen kann ich nichts mehr. Eine riesige Staubwolke zieht die Schlucht herauf und entzieht das Grauen der Betrachtung.

Auch Samantha und Rebecca schauen mit Entsetzen in den Augen zu, wie die todbringende Walze aus Stein und Geröll zu Tal donnert und alles Leben unter sich begräbt. Gebannt beobachte ich, wie die Massen zum Stillstand kommen und sich auch der Staub langsam wieder legt.

„Die sind wir los", meint Pascal lapidar.

„Ich sollte abnehmen. Ich wiege definitiv zu viel", meint Lili lachend, die sich wieder umdreht. „Da musste ich kommen, damit genügend Masse am Stamm hing. Ihr seid alle einfach zu dünn."

Ob sie das Ganze einfach nur mit Humor sieht, ob sie erleichtert ist oder ob sie einen Witz machen muss, um das Grauen leichter zu verarbeiten, das kann ich nicht genau sagen. Ich gehe aber davon aus, dass es nicht spurlos an ihr vorbeigeht, wenn Menschen vor ihren Augen sterben.

Ich nehme das zarte Mädchen in den Arm und drücke sie fest an mich. Ihr geistesgegenwärtiger Einsatz war tatsächlich der entscheidende Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat. Allerdings spüre ich auch, wie sie mit den Tränen kämpft. Langsam, langsam wird ihr bewusst, dass in dieser Schlucht knapp ein Dutzend Männer gerade ums Leben gekommen sind.

Kapitel 10

„Wir sollten aufbrechen", mahnt Pascal.

Wir versuchen uns noch zu beruhigen und das Geschehen zu verarbeiten. Doch sein Einwand ist gerechtfertigt. Wir wissen nicht, ob uns noch von anderer Seite Gefahr droht und sollten deshalb so schnell wie möglich aufbrechen.

Ich kontrolliere noch einmal schnell den Lagerplatz, damit auch ja nichts liegen bleibt und auch wenig darauf hinweist, dass wir hier waren. Dann gehe ich zu meinem Pferd. Die anderen sitzen bereits auf ihren Tieren und warten eigentlich nur noch auf mich.

Ich greife nach oben, um mich am Sattel festzuhalten, um mich daran nach oben zu ziehen, da springt plötzlich ein Mann auf mich zu. Geistesgegenwärtig lasse ich mein Pferd los, trete zur Seite und drehe mich zu ihm um. Dabei ziehe ich völlig automatisch mein Schwert und gehe in Kampfposition.

„Immer noch du!", faucht mir ein Mann entgegen. „Du bist verdammt zäh. Aber das wird dir jetzt nicht mehr viel nützen."

„Was willst du von mir?", frage ich. „Ich habe dir nie etwas getan."

„Du bist die Brut des Teufels", meint er hasserfüllt.

„Ach ja, nur gut, dass du meinen Vater kennst, ich selbst habe ihn nie gesehen."

„Mit dir wird diese verdammte Blutlinie aussterben. Erst dann kann das Land in Frieden leben."

„Blutlinie, Frieden, ich? Bist du nicht bei Sinnen?"

„Ich habe dir schon genug gesagt. Aber es nützt dir nichts mehr. Du wirst jetzt so und so sterben", fährt er mich an.

Im selben Moment geht er zum Angriff über. Ich schaue mich kurz um und blicke in die schockierten Gesichter von Samantha, Lili und Rebecca. Pascal ist dabei sein Schwert zu ziehen.

„Schütz du die Frauen, sollte noch so ein Verrückter in der Nähe sein!", weise ich ihn an.

„Verrückter!", spuckt der Mann förmlich aus.

Dabei springt er auf mich zu und will mir einen Schlag mit seinem Schwert versetzen. Abgelenkt durch die Sorge um meine Begleiter reagiere ich ein wenig zu spät auf den Angriff. Ich springe zwar zur Seite und lass mich am Boden abrollen, aber er erwischt mich doch an der linken Schulter. Es ist ein kleiner, aber etwas schmerzhafter Schnitt.

In einer fließenden Bewegung stehe ich aber sofort wieder auf und greife nun selbst an. Ich täusche einen Angriff auf der linken Seite an, ändere aber blitzschnell und versetze ihm einen Schlag gegen die rechte Seite. Er ist etwas langsam und ich erwische ihn an der Hüfte. Dort klafft eine tiefe Wunde, aus der Blut sickert. Er ist nicht der geübteste Schwertkämpfer.

„Warum willst du mich töten? Ich verstehe das immer noch nicht."

„Das ist mir egal", faucht er. „Du musst es auch nicht verstehen."

Erneut geht er auf mich los, ich pariere und greife meinerseits an. Doch er hält dagegen und Metall schlägt gegen Metall. So geht es eine ganze Weile. Ab und zu erhasche ich einen Blick auf meine Begleiter. Vor allem Lili merke ich an, dass sie Angst um mich hat.

Der Angreifer ist nicht schlecht, aber auch nicht der Beste. Ich schaffe es immer öfter, ihn in Bedrängnis zu bringen und bin leicht im Vorteil. Seine Wunde an der rechten Hüfte macht ihm zu schaffen und es ist mir auch gelungen ihm zwei oder drei weitere kleinere Verletzungen zuzufügen.

Ich bemerke, wie langsam seine Kraft nachlässt, wie er immer wieder ins Taumeln kommt und unkontrolliert ins Leere schlägt. Das ist ein deutliches Zeichen dafür, dass er nicht mehr lange durchhalten wird. Ich bin erleichtert.

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