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Legenda Major - Generatio Proxima

Geschichte Info
Fortsetzung des ersten Teiles.
66.4k Wörter
4.69
15.3k
10
Geschichte hat keine Tags

Teil 3 der 3 teiligen Serie

Aktualisiert 06/11/2023
Erstellt 06/08/2022
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Legenda Major -- generatio proxima

Kapitel 1

Ich sitze in meinem Sessel, halte das kleine Büchlein in der Hand und überlege. Was soll ich nur tun? Soll ich dieses zweite Buch auch noch lesen? Sorge und Neugier halten sich die Waage. Was mich besonders beschäftigt ist die Frage, welche Abenteuer und unglaublichen Dinge mir dieses Mal passieren könnten. Natürlich war das, was ich beim Lesen des ersten Bandes erlebt habe, voller Spannung und Adrenalin, es war aber auch verdammt realistisch und ich bin mir nicht sicher, ob es nicht auch gefährlich war.

Meine Freundin Lea ist vor wenigen Minuten nach Hause gegangen. Ich habe es hoffentlich geschafft, meine Verwirrung einigermaßen vor ihr zu verbergen. Ich hatte, meinem Zeitgefühl zufolge, gestern das Buch „Legenda Major" begonnen zu lesen und bin heute früh aufgewacht. Doch statt einer einzigen Nacht sind offenbar zwei Wochen vergangen und ich fühle mich, als sei ich voll und ganz in die Handlung eingetaucht. Ob es nur Einbildung war? Für mich jedenfalls hat es sich angefühlt, als hätte ich das alles tatsächlich und leibhaftig erlebt.

Als ich nach Leas Weggang das Buch zurückstellen wollte, war es plötzlich ein ganz normales Buch. Inhalt und Titel waren nicht mehr derselbe. Plötzlich hielt ich eine Ausgabe des Märchens „Der Froschkönig" in der Hand. Einen Moment habe ich an meinem Verstand gezweifelt. Doch meine Erinnerung war zu konkret und zu frisch.

Ich wollte das Thema schon abhaken und das Buch zurück in die Bibliothek meines Vaters stellen, in der ich eigentlich nichts zu suchen habe. Schon von klein auf schärft mir mein Vater immer ein, ich solle die Finger von den Büchern lassen. Warum dem so ist, hat er nie gesagt. Dabei ist es doch unlogisch. Welche Eltern sind nicht froh, wenn die Kinder lesen und sich weiterbilden?

Auch das ist so ein Rätsel, das ich mir nicht erklären kann. Als ich resignierend das Buch einfach nur an seinen alten Platz stellen wollte, da fiel mir ein ganz ähnliches Buch in die Hand. Es sieht dem ersten Band zum Verwechseln ähnlich.

Wie ich es betrachte, fallen mir einige Dinge auf. Auf der Innenseite des Umschlages stehen erneut Worte in einer mir völlig fremden Sprache. Es könnten dieselben sein, wie im anderen Buch. Doch genau sagen kann ich das nicht, ich kann das Geschriebene ja nicht lesen und vergleichen kann ich es auch nicht mehr. Ich habe aber auch dieses Mal die Vermutung, dass es sich dabei um eine Widmung handeln könnte.

Ich blättere um und schaue auf den Titel: „Legenda Major -- generatio proxima". Mit weit aufgerissenen Augen schaue ich auf die wenigen Worte. Vorbei mit dem Vorsatz, das alles einfach abzuhaken. Meine Lateinkenntnisse sind nicht berauschend, doch so weit reicht es allemal, um die Bedeutung zu verstehen. Es soll so viel heißen, wie: „Die große Legende, nächste Generation". Das ist doch der Beweis dafür, dass ich gestern tatsächlich das Buch gelesen habe, oder eben die letzten zwei Wochen.

Ich blättere eine Seite weiter und sehe mit Erstaunen, was dort steht:

Lieber Leser,

dieses Buch ist ungewöhnlich. Es ist das Tor in eine unbekannte Welt, in eine Welt, die du dir nicht im Traum vorstellen kannst und die wunderschön, aber auch sehr gefährlich ist. Nur, wenn du besondere Fähigkeiten besitzt und eine reine Seele hast, solltest du weiterlesen und in diese Welt eintauchen.

Der Autor

Genau die gleiche Warnung stand doch auch im anderen Buch. Ich frage mich, wie mein Vater zu diesen Büchern kommt, warum sie sich zeigen und dann wieder verbergen, der Zeitsprung und was es mit dieser Warnung auf sich hat. Es stellen sich mir Fragen über Fragen und ich weiß genau, ich werde keine Antwort bekommen, nicht eine einzige. Es ist frustrierend, so gar nichts zu wissen.

Ich bin unsicher, ob ich dieses zweite Buch auch lesen soll oder ob ich es einfach wieder zurückstelle und so tue, als ob ich es nicht gesehen hätte. Ich lege es zunächst auf den Sessel im Erker und gehe in die Küche, um mir etwas Essbares zu suchen.

Als ich den Kühlschrank öffne, ist er, wie er gestern - oder vor zwei Wochen, was weiß ich - war. Ich schaue bei der Milch auf das Verfallsdatum und muss überrascht feststellen, dass dieses schon länger abgelaufen ist. Es dürfte mit den zwei Wochen hinkommen. Schon wieder so eine unerklärbare Sache. Die Zeit scheint tatsächlich vergangen zu sein, aber ich habe kein Essen angerührt. Warum bin ich nicht verhungert oder zumindest völlig ausgehungert?

Ich schlinge ein hart gewordenes Brot, das ich kurz in Wasser eintauche mit etwas Käse hinunter und eile dann auch schon wieder zum Sessel. Die Neugier hat gesiegt!

Ich nehme das Buch zur Hand und beginne zu lesen. Wie schon gestern ... äh ... beim ersten Buch, tauche ich unverzüglich ein in die Handlung.

Rums, bekomme ich eine Ohrfeige, dass mein Gesicht zur rechten Seite wegfliegt. Sofort spüre ich ein heftiges Brennen in meiner malträtierten Wange. Ich muss mich anstrengen, nicht zu weinen.

„Du dummes Ding! Kannst du nicht aufpassen?", brüllt mich Lady Rosa an. „Wie kann man nur so ungeschickt sein?"

„Es ist mir aus der Hand gerutscht, als Ihr Herr Sohn mich angerempelt hat", versuche ich mich zu verteidigen.

„So ein hinterhältiges Stück, will nun mir die Schuld in die Schuhe schieben", kreischt Lukas, der Sohn des Hauses.

„Das wirst du mir büßen, du bekommst zehn Hiebe mit dem Stock auf dein Gesäß", bestimmt Lady Rosa.

Mir wird ganz anders. Die zehn Hiebe wären nicht das Schlimmste. Natürlich ist es schmerzhaft, aber viel demütigender ist es, dass die Strafen immer am Sonntagvormittag im Hof vor allen Bewohnern und Angestellten des Hauses vollzogen werden.

„Hast du mich verstanden?", fährt mich der Hausdrache an.

„Ja, Lady Rosa", antworte ich, wie von mir erwartet wird.

„Das soll dir eine Lehre sein", faucht die Alte noch.

Damit dreht sie sich auch schon wieder um und rauscht aus dem Raum. Ihr Sohn trottet hinter ihr her. Er dreht sich allerdings an der Tür noch einmal um und gibt mir mit einem hämischen Grinsen mehr als deutlich zu verstehen, dass er das mit voller Absicht geplant hatte.

„Was war das denn?", will Anna, meine Freundin, wissen.

„Lukas versucht, mich zu schikanieren, wo er nur kann."

„Warum das?"

„Seit ein paar Wochen scheint er entdeckt zu haben, dass er ein Mann ist und hat mehrfach versucht, mit mir etwas anzufangen."

„Wie genau muss ich mir das vorstellen?", will Anna schockiert wissen.

„Mal fasst er mich an und grinst dämlich, wenn ich ihn zurechtweise, manchmal lässt er ein- oder zweideutige Bemerkungen fallen und einmal hat er sogar gemeint, ich sollte abends zu ihm auf die Kammer kommen, dann würde er es mir so richtig besorgen."

„So ein Widerling. Ich hoffe, du hast ihm gesagt, dass er sich schleichen soll."

„Das habe ich, natürlich. Aber genau das ist jetzt das Problem. Die Zurückweisung hat er nicht gut aufgenommen."

„Deshalb traktiert er dich und versucht, dir das Leben zur Hölle zu machen. Das kannst du dir nicht gefallen lassen."

„Was soll ich denn dagegen unternehmen? Er ist der Sohn des Hauses. Du hast ja selbst gerade eben gesehen, seine Mutter glaubt ihm und nicht mir. Ich bin eben nur eine kleine Magd."

„Ach was, auch eine Magd ist ein Mensch und hat Respekt und Würde verdient."

„In welcher Welt lebst du, Anna? Schau dich doch um. Letzte Woche hat es die Köchin erwischt, weil sie die Suppe ein wenig versalzen hat."

„Das stimmt, wie geht es ihr?"

„Ich muss gleich nach ihr schauen. Ich hoffe, sie hat das Fieber überstanden. Eine der Striemen ist aufgeplatzt und es kam zu einer Entzündung. Die menschliche Haut ist eben nicht dazu gemacht, Peitschenhieben ausgesetzt zu werden."

Ich eile davon und gehe zu den Unterkünften für die Bediensteten. In der Kammer ganz hinten liegt Genoveva, die Köchin. Da ich im gesamten Dorf die Einzige bin, die halbwegs gute Kenntnisse als Heilerin hat, kümmere ich mich um die Menschen, die es sich nicht leisten können, zu einem amtlich anerkannten Heiler in die Stadt zu fahren oder ihn gar rufen zu lassen. Da ich das nach oder neben meiner Arbeit im Haus machen muss, kann es manchmal ganz schön anstrengend und kräftezehrend sein. Aber es ist mir ein Anliegen, für die Menschen da zu sein.

Meine Mutter lebte in diesem Dorf als angesehene Frau. Sie kannte die Wirkung vieler Kräuter und war weit und breit die Beste, wenn es darum ging, Beschwerden zu heilen oder zu lindern. Schon von klein auf hat sie mir alles beigebracht, was sie wusste und ich war offenbar eine gelehrige Schülerin.

Als sie an einer Krankheit starb, war ich gerade 15 Jahre alt geworden und blieb als Waise zurück. Von meinem Vater habe ich nie erfahren, wer er war. Meine Mutter hat immer gemeint, er sei auf der Durchreise gewesen. Näheres zu meiner Entstehung hat sie mir nie erzählt, so innständig ich sie auch darum gebeten habe. Sie hat stets ein Geheimnis daraus gemacht. Selbst auf dem Sterbebett hat sie meine Fragen ignoriert und das Geheimnis mit ins Grab genommen.

Da ich mit meinen 15 Jahren noch zu jung war, um alleine zu leben, hat der Mann von Lady Rosa, Sir Baltasar, als Herr über das Dorf, das Haus für sich beansprucht und mich als Magd in seine Dienste aufgenommen. Seitdem arbeite ich im Haus von Lady Rosa und Sir Baltasar.

Es war die Köchin, die geschimpft hat, wie man nur so gierig sein könnte, sich einfach so den Besitz eines jungen Mädchens anzueignen und es selbst dann zur Leibeigenen zu machen. Sie hat gemeint, die Götter würden die Lady und den Sir für diese und alle anderen Schandtaten schon noch bestrafen. Sie hält heute noch nicht viel von unserer Herrschaft. Deshalb wird sie auch immer härter bestraft als andere, sollte sie sich etwas zu Schulden kommen lassen.

Ich bin zwar genau genommen keine Leibeigene. Aber Lady Rosa und Sir Baltasar behandeln mich wie eine. Gleichzeitig geben sie ihrem Sohn ein denkbar schlechtes Beispiel. Er kommandiert die Bediensteten herum, als wäre er der Herr des Hauses und seine Avancen mir gegenüber kommen auch nicht von ungefähr. Sein Vater ist der größte Hurenbock weit und breit. Er lässt zwar uns Bedienstete in Ruhe, sonst würde er es sicher mit seiner Gemahlin zu tun bekommen, dafür aber ist im Dorf kein Rock vor ihm sicher.

Wie in jedem Dorf gibt es auch hier Frauen, die für ein paar Münzen jeden Mann liebend gerne beglücken. Dass Sir Baltasar diese Angebote gerne und reichlich in Anspruch nimmt, ist im Ort ein offenes Geheimnis.

Doch auch Lady Rosa ist nicht die Tugend in Person. Sie hält sich auffallend oft bei ihrem Pferd in den Stallungen auf. Natürlich versorgt sie ihre Stute nicht selbst, das macht ein eigens für diesen Zweck abgestellter Stallbursche. Für diesen scheint sie eine ganz besondere Vorliebe zu haben. Sie wurde schon des Öfteren beobachtet, wie sie mit etwas derangierten Kleidern und Stroh in den Haaren aus dem Stall geschlichen kam.

Mich interessieren solche Gerüchte nicht. Allerdings möchte ich meine Ruhe haben und die Avancen des jungen Herrn stören mich schon sehr. Es liegt mir im Blut, mich dagegen aufzulehnen. Da mag er mich schikanieren, wie er will. Er wird mit seinen Plänen nicht ans Ziel kommen.

Dabei haben wir als Kinder viel Zeit miteinander verbracht. Er war oft bei mir und meiner Mutter. Wir haben uns blendend verstanden. Das war dann schlagartig anders, als ich in die Dienste seiner Eltern aufgenommen wurde.

Kapitel 2

Es ist Sonntagvormittag. Dieser unsägliche Moment meiner Demütigung rückt unaufhaltsam näher. Sämtliche Bewohner des Gehöfts, egal ob Herrschaften oder Bedienstete stehen im großen Hof und schauen gebannt auf das kleine Podest, das direkt an der Hausmauer aufgebaut, dasteht. Die Bestrafung der Verfehlungen ist für alle ein Pflichttermin. Nur wer wirklich unabkömmlich bei seiner Arbeit war, durfte dem Spektakel fernbleiben.

Ich werde von zwei Stallburschen flankiert, die mit der Aufgabe betraut wurden, die Strafe auszuführen. Einer der beiden ist der Liebhaber von Lady Rosa. Ich hoffe nur, dass nicht er die Hiebe ausführt, da er im blinden Gehorsam sich bestimmt besonders bemüht und dies für mich bedeutet, dass er mit aller Kraft die Schläge ausführt.

Einige der Zuschauer sind wirklich nur anwesend, weil es Pflicht ist. So wie ich bei anderen Gelegenheiten auch, lieber diesem Schauspiel ferngeblieben wäre, gibt es auch andere, die sich am Leid der Anderen nicht ergötzen können. Allerdings gibt es auch welche, denen es gefällt, wenn andere erniedrigt werden. Wenn man es genau betrachtet, ist es eigentlich nur eine Machtdemonstration der Herrschaften, denn anders kann man es nicht bezeichnen. Sie wollen zeigen, dass sie sogar bestimmen können, ob jemand körperlich gezüchtigt wird.

Der Herr des Hauses schreitet erhabenen Schrittes auf das Podest zu, klettert die zwei Stufen empor und räuspert sich auffällig. Damit verstummen auch die letzten Stimmen. Freudestrahlend, als würde er eine wichtige Nachricht verkünden, beginnt er zu sprechen.

„Heute haben wir wieder einmal eine Strafe zu vollstrecken. Unsere liebe Serena war ungeschickt und zudem auch noch frech. Deshalb hat sie die Strafe von zehn Hieben mit einer Rute auf ihr Gesäß mehr als verdient. Waltet eures Amtes!"

Dieser Zuruf gilt den beiden Stallburschen, die bei mir stehen und nur darauf warten, die Strafe auch ausführen zu können. Grob packen sie mich links und rechts an den Oberarmen und schleifen mich auf das Podest. Einige belustigte oder sogar zotenhafte Zurufe sind zu hören. In den Gesichtern der meisten Umstehenden jedoch, kann ich Mitgefühl erkennen. Da ich im Laufe der letzten Jahre den meisten hier schon einmal geholfen habe, als sie verwundet oder krank waren, tut es ihnen wohl für mich besonders leid.

Während mich einer der Männer weiter festhält, holt der zweite ein Messer aus einer Tasche am Gürtel und geht zur Haselnussstaude, die neben dem Eingang zu den Stallungen wächst und schneidet eine dicke Rute ab. Gemächlich bereitet er sie vor, entfernt die Blätter und schneidet die Spitze zurecht. Dann lässt er sie ein paarmal prüfend durch die Luft sausen. Sie macht schon dabei ein Geräusch, das erahnen lässt, wie schmerzhaft es sein wird, wenn die Schläge auf den Hintern treffen.

Mir graut auch davor, dass ich die Röcke heben muss. Mein Unterleib soll ja nicht entblößt zur Schau gestellt werden, deshalb musste ich eigens für diese Zurschaustellung eine aus dünnem, aber undurchsichtigem Leinen gefertigte kleine Hose anziehen. Damit können die Zuschauer zwar nichts Unzüchtiges erkennen, der wenige Stoff schützt aber nicht vor der Härte der Hiebe. Auch, wenn die Umstehenden nichts von mir zu sehen bekommen, ist es erniedrigend, dass mir alle unter den Rock schauen können.

Während der Stallbursche mit der Rute zum Podest zurückkommt, beugt der andere meinen Oberkörper nach vorne und fordert mich auf, die Röcke zu heben. Als einfache Magd trage ich nur einen Rock aus einem Hanfstoff und einen Unterrock aus Leinen.

„Nun mach schon, wir wollen deinen geilen Arsch sehen!", lacht der Stallbursche neben mir hämisch.

Da er mit meinem Tun noch immer nicht zufrieden ist, oder weil er mich nur noch mehr demütigen will, reißt er mir ruppig die Röcke nach oben und gibt mir einen Klapps mit der Hand auf mein Gesäß.

„Aua!", rufe ich überrascht.

„Wenn du jetzt schon schreist, dann wird das mit der Rute ja ein ganzes Konzert", lacht er gemein.

Einige aus dem Publikum stimmen in das Lachen ein. Die meisten aber bleiben still. Nun hat uns der zweite Stallbursche mit der Rute erreicht. Er stellt sich neben mich, um ja eine gute Position zu haben, um mich kräftig und schmerzhaft schlagen zu können. Die Buschen sind bei uns Frauen immer mit Feuereifer dabei, uns zum Weinen zu bringen. Diesen Gefallen werde ich den beiden aber definitiv nicht machen. Das nehme ich mir ganz fest vor.

„Halt!", ruft plötzlich jemand. „Die kleine Kröte hat mich zu Unrecht beschuldigt, deshalb sollte auch ich es sein, der die Strafe ausführt."

Zwar kann ich die Person, die gesprochen hat, nicht sehen, da ich in meiner gebückten Haltung kaum etwas zu Gesicht bekomme. Aufgrund der Stimme und dem, was er sagt, kann ich allerdings klar erkennen, dass es nur der junge Herr sein kann.

Ich halte die Luft an und bete zu den Göttern, dass diese Schmach an mir vorbeigehen möge. Dass ausgerechnet er die Hiebe auf meinen Hintern platziert, erhöht meine Schmach noch mehr. Es bedeutet, dass er für seine hinterhältige Aktion auch noch belohnt wird und sich auch direkt dafür an mir rächen kann, dass ich ihn zurückgewiesen habe. Doch wie zu erwarten, ist mir das Glück wieder einmal ganz und gar nicht hold.

„Hast du genügend Kraft?", will sein Vater wissen.

„Ich werde mir größte Mühe geben."

„Ja dann, will ich dir den Wunsch nicht abschlagen."

Eine kurze Zeit nehme ich nur ein paar Geräusche wahr. Ich nehme an, Lukas bekommt die Rute überreicht und nimmt Aufstellung. Aber noch bevor ich das verräterische Surren der Haselnussgerte vernehmen kann, dringt das Geräusch von Pferdegetrampel an meine Ohren.

„Nehmt mit, was ihr kriegen könnt!", ruft eine tiefe Stimme.

„Räuber, Banditen, wehrt euch, verteidigt unser Hab und Gut", ruft Sir Baltasar panisch.

Er scheint die Lage als erstes erfasst zu haben. Damit aber reißt er alle aus ihrer Schockstarre. Alles läuft durcheinander und keiner weiß, was er tun soll. Auf so eine Situation ist niemand vorbereitet. Vergessen, dass man mich züchtigen wollte, hoffe ich. Doch schon wieder habe ich mich getäuscht.

„Du entkommst mir nicht", faucht Lukas gehässig.

In dem Moment höre ich ein Surren und spüre nur Sekunden später, wie die Rute mein Gesäß trifft. Ein heftiger Schmerz durchfährt meine beiden Backen und ich habe Mühe, einen Schmerzenslaut zu unterdrücken. Der Hieb kam so überraschend, dass ich einfach nicht darauf vorbereitet war. Trotzdem bin ich stolz auf mich, weil ich ihm nicht gezeigt habe, wie weh er mir damit getan hat. Ich gönne ihm diese Genugtuung nicht.

Auf den zweiten Hieb bereite ich mich besser vor. Aber er kommt nicht. Da ich so gut wie nichts sehe, bin ich nur auf Lukas und die Hiebe konzentriert. Ich wage es nicht, mich zu bewegen und mich zu erheben. Vorsichtig hebe ich nach einiger Zeit dann doch den Kopf. Ich sehe die Wand des Hauses vor mir und einen ganz kleinen Teil des staubigen Hofes.

Als mir klar wird, dass die beiden Stallburschen, die mich festgehalten haben, Reißaus nehmen, wage ich es, mich aufzurichten. Ganz vorsichtig erhebe ich mich und blicke mich neugierig um.

Geschockt schaue ich neben mich. Dort liegt Lukas mit einem Pfeil, der tief in seinem rechten Auge steckt. Er ist tot. Auch einen der Stallburschen, den Liebhaber der Lady, hat es erwischt. Er ist nicht weit gekommen, da hat ihn ein äußerst präziser Schuss im Rücken getroffen. Der Pfeil steckt tief in seinem Körper.

Ich überlege blitzschnell, ordne hastig meine Kleider, nehme das Schwert an mich, das Lukas immer noch am Gürtel trägt und springe vom Podest. Dahinter bringe ich mich in Sicherheit und versuche, mir einen Überblick über die Situation zu verschaffen.

Um mich herum tobt ein heftiger Kampf. Sir Baltasar schlägt sich erbittert mit einem der Banditen und Lady Rosa ist auf der Flucht. Sie rennt um ihr Leben. Sie wird von einem der Angreifer verfolgt und verliert immer mehr an Boden. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis er sie eingeholt hat.

Die Bediensteten sind zum Großteil verschwunden. Sie haben sich offenbar versteckt oder aus dem Staub gemacht. Ich kann sie gut verstehen. Warum sollten sie ihr Leben für eine Herrschaft riskieren, die sie ihr Lebtag schlecht behandelt hat.

Noch während ich überlege, wohin ich laufen soll, höre ich weitere Pferde heranpreschen. Es sind Ritter. Das ist an der Rüstung, die sie tragen, mehr als deutlich zu erkennen. Einer von ihnen hat einen roten Federbusch auf dem Helm. Er führt ganz offensichtlich das Kommando. Die Ritter greifen sofort die Räuber an.