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Legenda Major

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„Bist du dir sicher?"

„Es sammeln sich Krieger und sie bekommen Waffen ausgehändigt",

„Das siehst du von hier aus?"

„Du etwa nicht?"

„Ich sehe nur kleine Punkte."

„Oh, dann ist meine Sicht wohl besser als die, normaler Menschen. Könnte an meinem Drachen liegen."

„Könnte sein."

„Ich fliege zur Grenze. Schauen wir, was dort los ist."

„Bist du dir sicher, dass sie uns nicht sehen können?"

„Auch, wenn sie uns sehen, was sollen sie machen?"

Damit unterbreche ich die Verbindung und schlage wieder mit den Flügeln. Ich beschleunige und wir nähern uns mit hoher Geschwindigkeit der Grenze zum Reich im Norden. Es wird allmählich kälter. Nina hält sich entschlossener an mir fest. Das liegt wohl auch am stärkeren Gegenwind.

„Ist dir kalt?"

„Schon ein bisschen. Du hättest mir sagen können, dass wir in kalte Gebiete fliegen."

„Es liegt eher an der Höhe. Ich schaue nur kurz nach und drehe dann um. Eventuell können wir morgen nochmal genauer nachschauen."

„Dann nimm ruhig Sigur mit. Der kennt sich mit Kämpfen besser aus."

Wir nähern uns mit hoher Geschwindigkeit der Grenze. Tatsächlich nehmen dort zu beiden Seiten zahlreiche Krieger Aufstellung. Der Kämmerer und der Kommandeur der Garde haben also das Reich des Nordens angegriffen oder sie sind gerade dabei. Das bedeutet Krieg und Leid für alle.

Schnell drehe ich ab und fliege zurück. Je weiter wir in wärmere Gebiete kommen, umso entspannter wird Nina. Die Kälte scheint ihr zuzusetzen. Deshalb halte ich mich auch nicht länger auf und nehme direkt Kurs auf das Land der magischen Wesen.

Auf der Lichtung, von der aus wir gestartet sind, lande ich auch wieder. Ich verwandle mich zurück und Nina hängt nun wieder an meinem Rücken. Sie lässt sofort los, sobald sie wieder festen Boden unter den Füßen hat. Ich habe den Eindruck, diesmal atmet sie erleichtert auf, dass wir wieder zurück sind.

„Du wolltest fliegen", necke ich sie.

„Ich wusste nicht, dass es dabei so kalt werden könnte."

„Dafür haben wir wichtige Erkenntnisse gewonnen."

„Und jetzt?", will sie wissen.

„Jetzt rede ich mit Sigur."

Wir eilen zu unserem Haus. Schon auf dem Weg dorthin kontaktiere ich Sigur über meine Gedanken und bitte ihn, zu uns zu kommen. Als wir eintreffen steht er bereits lässig gegen die Haustür gelehnt da und lächelt uns entgegen.

„Was gibt's?", will er gut gelaunt wissen.

„Krieg!", sage ich nur.

„Wie Krieg?"

„Komm mit in den Garten. Wir setzen uns."

Sigur und Nina folgen mir in den Garten und wir lassen uns unter der Weide nieder. Ich liebe diesen Platz, weil wir hier unsere Ruhe haben.

„Ich war mit Nina fliegen und wir haben einen Ausflug ins Reich meines Vaters unternommen..."

„Das ist doch viel zu gefährlich. Wenn sie dich erwischen", unterbricht mich Sigur.

„Wie sollen sie mich denn abfangen. Ich fliege weit oben."

„Ach verzeih, ich vergesse immer, dass du ein Drache bist."

„Nun gut. Beim Schloss haben wir gesehen, wie sich Krieger sammeln und bewaffnet werden. Deshalb bin ich weiter zur Grenze zum Reich des Nordens geflogen. Dort stehen sich die Heere der beiden Länder gegenüber. Noch scheinen sie nicht zu kämpfen, aber es kann nicht mehr lange dauern."

„Bist du sicher, dass es zum Krieg kommt?"

„Wozu sollten sonst die Heere an der Grenze zusammengezogen werden?"

„Du glaubst wirklich, der Kämmerer ist dermaßen machtgierig?"

„Er und der Kommandeur der Garde. Die beiden sind vor Machtgier krank und blind."

„Aber warum wissen wir nichts davon? Wir hätten doch Leute dort, die uns informieren müssten."

„Das sollten wir uns genauer ansehen. Wir fliegen morgen nochmal hinüber, du und ich. Zieh dich warm an. Wir fliegen hoch und zudem in den Norden. Da wird es empfindlich kalt."

„Nimm dir einen Ofen mit, da oben frierst du dir den Arsch ab", jammert Nina. „Ich bin immer noch durchgefroren."

„Tut mir leid", sage ich. Dabei nehme ich meine Freundin in den Arm. „Ich dachte nicht, dass es für dich so kalt wird. Ich als Drache bin da etwas resistenter."

„Jetzt können wir es auch nicht mehr ändern", meint sie.

Nun lächelt auch sie wieder und ich rubble sie warm. Auch, wenn ich auf meine Freunde vermutlich unbeschwert wirke, so bin ich innerlich aufgewühlt. Es wird Krieg geben und ich möchte etwas dagegen tun. Allerdings weiß ich immer noch nicht, wie ich das anstellen soll. Doch zunächst müssen wir uns eine genaue Übersicht über die Lage verschaffen.

„Wir starten morgen gleich nach dem Frühstück", weise ich Sigur an.

„Morgenstund´ ist aller Laster Anfang", grinst er.

„So kann man es auch nennen", lache ich.

Wir gehen gemeinsam zum Abendessen und ich erzähle ihm, was ich alles gesehen habe. Nina scheint nicht viel mitbekommen zu haben. Ob dies nun wegen der Kälte war und sie deshalb vor lauter Zittern nicht viel gesehen hat, oder ob es wegen der Augen war, kann ich nicht beurteilen. Sie rät Sigur jedoch ein Fernglas mitzunehmen, woraus ich schließe, dass es doch an der Sicht lag.

Hundemüde lasse ich mich schließlich ins Bett fallen. Was ich heute gesehen habe, beunruhigt mich und ich schlafe längere Zeit nicht ein. Mein Heimatland will einen Krieg vom Zaun brechen. Ich bin geschockt.

Kapitel 14

Ich trete noch etwas schlaftrunken aus dem Haus und mache mich auf den Weg zum Frühstück. Dort treffe ich auf Sigur. Nina will nachkommen. Sie hat verschlafen und muss noch in die Dusche.

„Du hast dich ja ganz schön warm angezogen", grinse ich.

Sigur hat dicke Hosen an, die eine Daunenfüllung haben, dazu trägt er einen warmen Pullover und neben sich hat er eine Daunenjacke liegen. Die Erzählung von Nina scheint ihn beeindruckt zu haben.

„Ich will nicht so frieren, wie Nina", meint er.

„Sie war auch echt leicht bekleidet und ich hatte ursprünglich nicht vor, so weit in den Norden zu fliegen. Als ich aber gesehen habe, was in meiner früheren Heimat vor sich geht, musste ich mir ein genaueres Bild machen und da war ein Flug zur Nordgrenze unausweichlich", erkläre ich.

„Schon gut. Heute kannst du hinfliegen, wo du willst", lacht er. „Ich bin auf jeden Fall passend dafür gekleidet."

„Das sehe ich", schmunzle ich. „Hast du auch ein Fernrohr?"

Bei meiner Frage zieht er unter der Jacke ein Fernrohr hervor und hält es mir hin. Es scheint sehr alt zu sein, aber von guter Qualität.

„Damit kann ich sehen, ob die Fliege, die auf dem Kommandanten sitzt, ein Männchen oder ein Weibchen ist", lacht er vergnügt.

„Das kannst du sehen?"; lache nun auch ich. „Aber wen interessiert das?"

Wir werden in unserem vergnüglichen Morgenplausch von Nina unterbrochen. Sie kommt an unseren Tisch und schaut uns etwas verwirrt an.

„Was gibt es bei euch denn zu lachen?"

„Wir haben nur über das Geschlecht der Fliegen diskutiert", meint Sigur.

Nun muss ich losprusten, denn Nina schaut ihn daraufhin komplett entgeistert an. Der Anblick ist einfach göttlich.

„Habt ihr nichts Besseres zu tun?"

„Komm, setz dich zu uns und beruhige dich. Wir haben nur über die Qualität seiner Sehhilfe gesprochen", versuche ich sie zu beruhigen.

„Ach, der Herr sieht etwas schlecht", neckt sie nun Sigur ihrerseits.

„Du hast doch auch nicht viel gesehen", protestiert er.

„Aber über Fliegen habe ich mir keine Gedanken gemacht", grinst nun sie.

Wir plaudern und blödeln noch eine ganze Weile. Dann wird es langsam Zeit aufzubrechen. Wir verabschieden uns von Nina und gehen zur Lichtung, von der aus ich bereits gestern mit Nina gestartet bin. Amüsiert beobachte ich, wie sich bei Sigur Schweißperlen auf der Stirn bilden.

„Die Kleidung ist dann wohl doch etwas zu warm?", necke ich ihn.

„Für diese Umgebung schon. Aber dort, wo du hinwillst, werde ich froh darum sein."

Ich belasse es dabei und weise ihn an, sich bei mir festzuhalten und verwandle mich. Für ihn ist diese Art des Aufsteigens noch etwas ungewohnt. Seit unserem Abenteuer sind wir nur noch einmal geflogen. Wichtig ist jedoch, dass er ohne große Mühe in meinem Nacken sitzt und nicht erst mühevoll nach oben klettern muss. Vor allem, wenn wir irgendwo schnell verschwinden müssten, wäre ein solcher Aufstieg zeit- und kraftaufwändig.

Ich blicke zurück, sehe, dass er sich festhält und stoße mich ab. Mit wenigen kräftigen Flügelschlägen schwinge ich mich in die Lüfte und überfliege weit oben die Bergkette, die uns vom Reich meines Vaters trennt.

Zunächst nehme ich auch heute wieder Kurs auf die Hauptstadt. Erneut stehen dort Krieger an, um ihre Waffen in Empfang zu nehmen.

„Die sind immer noch dabei, Männer zu bewaffnen. Das muss ein gewaltiger Krieg werden", kommuniziere ich mit Sigur.

„Wenn das gestern schon in diesem Tempo vonstattenging, dann meinen es der Kämmerer und sein Kommandeur ernst."

„Ich fürchte, die wollen nicht nur das Reich im Norden angreifen."

„Da liegst du vermutlich nicht ganz falsch."

„Ich fliege besser alle Grenzen ab", schlage ich vor.

„Ja, machen wir das."

Heute nehme ich Kurs auf das Reich im Süden. Schon bald erreichen wir die Grenze und dort bietet sich uns dasselbe Bild, wie gestern bereits im Norden.

„Wenn ich mir die Zahl der Krieger anschaue, dann will der Kämmerer seine Nachbarn angreifen", meint Sigur.

„Sonst stellt man nicht ein so großes Heer an die Grenze", bestätige ich.

Ich fliege weiter, hoch oben die Grenze entlang und überall bietet sich uns ein ähnliches Bild. Sowohl im Norden als auch im Osten stehen Krieger an der Grenze. Ein ausreichend großes Heer, um einen Krieg zu beginnen.

„Was nun?", erkundige ich mich.

„Wir müssen in Erfahrung bringen, wie gut die Reiche im Süden, Osten und Norden vorbereitet sind."

„Und wir müssen schauen, was im Westen vor sich geht, denn dort leben wir."

„Du sagst es. Aber was machen wir jetzt?"

„Wir fliegen ins Reich des Nordens. Ich kenne dort den Kronprinzen. Ebur ist ganz umgänglich."

„Bist du dir sicher, dass er uns nicht feindlich gesinnt ist?"

„Warum sollte er?", frage ich.

„Weil sein Land von deinem angegriffen wird?"

„Oh, da könntest du nicht Unrecht haben. Aber ich muss versuchen, ihn davon zu überzeugen, dass ich nichts mit der Sache zu tun habe."

„Du bringst dich in Gefahr!"

„Ich muss es wagen", beharre ich. „Wenn alle Stricke reißen, dann habe ich immer noch meine Kräfte, von denen sie nichts wissen."

„Dein Wort in Gottes Gehörgang", stöhnt er.

Ich mache mich erneut auf zum Reich des Nordens. Diesmal allerdings mache ich nicht an der Grenze halt, ich fliege weiter zur Hauptstadt. Da ich schon zweimal dort war, kenne ich mich in der Umgebung etwas aus und lande auf einer Lichtung in der Nähe. Sie liegt nahe am Schloss und doch in einer etwas abgeschiedenen Gegend. Es ist nicht zu erwarten, dass uns dort jemand beobachtet und von meiner Drachenform erfährt.

Auf der Lichtung verwandle ich mich auch wieder zurück in meine menschliche Form. Erneut bin ich heilfroh, dass sich dabei meine Kleider wieder zurückbilden.

Zu Fuß machen wir uns auf den Weg zum Schloss des Königs des Nordens. Nach einer guten Stunde Fußmarsch erreichen wir unser Ziel. Sigur ist durchgeschwitzt bis auf die Knochen. Seine warme Kleidung war zwar weit oben in der Luft perfekt, für eine Wanderung am Boden ist sie deutlich zu warm. Ich dagegen habe zwar normale Kleidung an und hatte bei der Verwandlung schon fast ein wenig kalt, aber beim Gehen wird mir sofort wieder kuschelig warm.

Wir erreichen die Zugbrücke, die zum großen Tor in der Schlossmauer führt. Dort stehen vier Wachleute mit Hellebarden. Sie blicken streng drein.

„Halt, was wollt ihr?", fährt uns einer der Wachleute an.

„Der macht keine Scherze", kommuniziere ich mit Sigur. „Überlass das Reden mir."

„Von mir aus."

„Guten Tag, ich bin Prinzessin Aurora aus dem Reich der Mitte. Ich würde gerne mit Kronprinz Ebur sprechen", sage ich selbstsicher.

„Ihr seid wer?", brüllt mich der Wachmann an.

„Ich bin Prinzessin Aurora aus dem Reich der Mitte", wiederhole ich geduldig.

Wie auf Kommando senken sich die vier Hellebarden und bedrohen uns von allen vier Seiten. Alle vier Wachleute schauen plötzlich böse drein. Wenn sie könnten, würden sie mich vermutlich auf der Stelle töten.

„He du, Junge, komm her!", ruft der Wachmann einem jungen Burschen zu.

„Lauf zum Schloss und informiere König Ebur, dass Kronprinzessin Aurora aus dem Reich der Mitte am Schlosstor wartet."

Der junge Mann schaut mich überrascht an, als wäre ich das achte Weltwunder, dreht sich dann aber doch um und läuft in Richtung Schloss davon.

„König Ebur?", frage ich. „Lebt König Winibert nicht mehr?"

„Das müsstet Ihr doch am besten wissen", fährt er mich an. „Ihr braucht nicht zu heucheln."

„Ich heuchle nicht, ich weiß nicht, was geschehen ist. Ich schwöre!"

Er aber lacht nur abfällig. Seine drei Kollegen rühren sich nicht von der Stelle und verziehen auch keine Miene. Langsam frage ich mich selbst, ob es eine gute Idee war, hierher zu kommen. Aber jetzt ist es schon mal passiert und so werde ich mich wohl gedulden müssen.

Wir stehen gut eine Viertelstunde, umringt von den Wachleuten, schweigend am Burgtor. Langsam wird mir langweilig. Zum Glück kommt endlich der junge Mann von vorhin wieder auf uns zugeeilt.

„Der König sagt, ihr sollt sie ins Kaminzimmer eskortieren und streng bewachen. Sie darf nicht entkommen", informiert er den Wachmann.

„So ein Blödsinn, als ob wir abhauen würden. Wir sind schließlich freiwillig gekommen", denke ich, oder auch nicht.

Als mich alle etwas irritiert anschauen, wird mir bewusst, dass ich wohl laut gedacht habe. Upps! Doch genau genommen habe ich nichts gesagt, was sie nicht auch hätten hören dürfen.

„Was?", frage ich.

Das dämliche Schauen der Wachen nervt mich. Der Mann, der bisher gesprochen hat, kommt einen Schritt auf mich zu.

„Mädchen, wenn du unseren König beleidigen willst, dann dürfte es dir schlecht ergehen. Der Kerker ist nichts für zart besaitete Prinzesschen."

„Spiel dich nicht so auf. Ich habe nur die Wahrheit gesagt, dass wir uns gestellt haben und deshalb wohl kaum weglaufen wollen", gebe ich Kontra.

„Kommt!", sagt er und beendet damit den Disput.

„Deine Augen leuchten", informiert mich Sigur über Gedanken.

„Sie funkeln, ich bin wütend."

Er aber grinst nur. Er scheint sich tatsächlich nicht die geringsten Sorgen zu machen. Aber warum sollte er auch? Er hat mich ja schon einmal in Aktion erlebt. Ich habe ihn vom Galgen befreit. Dagegen sind die vier Wachen ein viel kleineres Problem.

„Dir wird das Lachen schon noch vergehen", bellt der Wachmann.

„Mir zittern schon ganz die Knie", neckt ihn Sigur.

Dem Wachmann scheint es damit jedoch zu reichen. Er holt in dem Moment aus, als Sigur in eine andere Richtung schaut und will ihm einen Schlag mit der Faust versetzen. Doch ich reagiere blitzartig und fange den Hieb ab. Dazu verwende ich etwas Magie, halte diese aber versteckt, sodass der Wachmann nichts bemerkt. Natürlich reißt er verwundert die Augen auf. Dass eine Frau seinen Schlag in der Luft abfängt, das hätte er wohl nicht erwartet.

Einen Moment schaut er mich an, als würde er etwas sehen, das es nicht geben kann. Dann aber bekommt er einen hochroten Kopf und ich kann zuschauen, wie der Ärger in ihm hochsteigt.

„Du hast mich angegriffen, du dumme Kuh. Nur weil du eine Prinzessin bist, kannst du dir hier nicht alles erlauben. Du zählst hier nichts, gar nichts. Hast du das verstanden?", brüllt er mich an.

Er holt erneut aus. Doch diesmal bin ich das Ziel seines Ärgers und ich bereite mich darauf vor, mich zu verteidigen. Ich gehe ganz automatisch in Angriffsposition.

„Halt! Was macht ihr da. Ich habe gesagt, ihr sollt die Prinzessin ins Schloss eskortieren und nicht töten", tönt kräftig die Stimme von Ebur über den Hof.

Der Wachmann hält sofort in seiner Bewegung inne und ich kann beobachten, wie er sich ganz automatisch duckt. Von seiner stolzen und bedrohlichen Haltung ist nichts mehr zu sehen.

„Hallo Ebur, du kommst genau im richtigen Moment. Deine Wachleute wissen offenbar nicht, wie sie eine freundlich gesinnte Prinzessin zu empfangen haben."

Mit einem Seitenblick auf den Wachmann, löse ich mich aus der Gruppe und gehe Ebur entgegen. Als wir uns erreichen, bleiben wir voreinander stehen.

„Dir ist schon klar, dass dein Reich gegen uns Krieg führen will", meint er trocken.

„Du sagst es", antworte ich. „Mein Reich. Aber ich bin nicht mehr mein Reich."

„Wie meinst du das?"

„Ich bin in meinem Reich der Staatsfeind Nummer ein. Wir beide wurden zum Tode verurteilt und sollten hingerichtet werden."

„Und warum stehst du dann quietschlebendig vor mir?"

„Weil wir dem Henker entflohen sind."

„Ihr seid aus dem Kerker ausgebrochen? Wie habt ihr das denn geschafft?"

„Wir waren schon am Galgen."

„Und alle Untertanen und Wachen hatten sich rund herum versammelt?"

„Du sagst es."

„Du bist dann noch entkommen? Kaum zu glauben."

„Es war aber so."

„Dann glaube ich gern, dass du vor vier Wachleuten keinen Respekt hast und einen solchen Tumult anzettelst", grinst er.

„Was heißt hier Tumult, den haben andere veranstaltet."

„Komm her, Prinzessin!"

Er lacht breit, macht noch einen Schritt auf mich zu und umarmt mich. Ich kann die Erleichterung spüren, die von ihm in diesem Moment ausgeht.

„Ich hatte schon Angst, ich müsste dich hinrichten lassen als Prinzessin des Feindes", sagt er ehrlich. Damit gibt er mir eine Antwort darauf, warum er so erleichtert ist.

„Du hättest es auch nicht geschafft", grinse ich und klopfe ihm auf den Rücken. „Langsam habe ich Übung darin, dem Galgen zu entkommen."

Inzwischen sind uns Sigur und die Wachleute gefolgt. Sie stehen in gebührendem Abstand neben uns. Meinen Begleiter winke ich jedoch zu mir.

„Darf ich dir Sigur, meinen Begleiter vorstellen?", sage ich. „Sigur, das ist Ebur - du bist jetzt König?"

Der letzte Teil ist wieder an unseren Gastgeber gerichtet. Mir ist wieder eingefallen, dass die Wachleute ihn so genannt haben.

„Ja, mein Vater lebt nicht mehr oder er wurde gefangen genommen. Wir wissen nicht, was mit ihm geschehen ist. Er wollte in dein Reich reisen, um deinen Vater vom Krieg abzubringen. Aber er ist nicht wiedergekommen. Das ist inzwischen bereits fast zwei Monate her."

Ich kann die Trauer in seiner Stimme hören. Zu den Sorgen um seinen Vater kommt eine schwere Aufgabe für ihn hinzu. Ich beneide ihn wirklich nicht. Er ist noch so jung.

„Deshalb musstest du übernehmen und hast nun auch noch einen Krieg am Hals. Das ist kein schöner Einstand", sage ich mitfühlend. „Komm, lass uns hineingehen und darüber sprechen, was wir unternehmen können."

„Du hast Recht", stimmt er mir zu. „Kommt!"

Er führt uns ins Kaminzimmer und bietet uns Getränke an. Als wir uns vor den Kamin setzen und dort wärmen, fühle ich mich gleich wohler. Im Reich des Nordens habe ich es immer sehr geschätzt, wenn in einem Kamin ein wärmendes Feuer prasselte.

„Warum bist du zum Feind in deinem Reich erklärt worden?", will Ebur wissen.

Ich erzähle ihm die Geschichte in kurzen Zügen. Ich verrate ihm auch, dass ich über magische Kräfte verfüge, gehe aber nicht näher darauf ein, welche dies genau sind. Ich will ihm nicht alles verraten und ihn damit wissen lassen, wie mächtig ich bin. Auch erzähle ich ihm nichts vom Land der magischen Wesen. Das soll geheim sein und auch geheim bleiben.

Ebur folgt meinen Ausführungen sehr aufmerksam, stellt ab und zu eine Zwischenfrage, wenn er etwas nicht ganz versteht und wird zusehends stiller. Ich kann auch sein Mitgefühl erkennen.

„Du bist also eine Verstoßene", stellt er schließlich trocken fest. „Willst du bei uns bleiben?"

„Ich habe eine neue Heimat gefunden, bei Sigur und seinem Volk. Aber ich möchte euch helfen. Mein Vater steht unter Drogen und ist nicht mehr Herr seiner Sinne. Er wird vom Kämmerer und vom Kommandeur der Garde manipuliert."

„Aber, was können wir machen?", will Ebur wissen.

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