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Legenda Major

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„Warum sollte ich mich ändern?"

„Du kannst doch nicht immer die Wachen ärgern. Komm mit!"

Sie hakt sich bei mir unter und will mich schon in Richtung Schloss ziehen, da drehe ich mich zu dem Mann um.

„Was ist jetzt mit deinem süßen Hintern?", sage ich bewusst verführerisch.

Ich zwinkere dabei mit dem Auge. Anastasia neben mir lacht laut auf. Der Wachmann weiß hingegen nicht, wie er dreinschauen soll.

„Der Respekt sollte aber schon auf beiden Seiten da sein", meint sie leicht tadelnd.

„Er hat angefangen", lache nun auch ich.

„Wie im Kindergarten", neckt mich meine Freundin.

„Gönn mir doch auch ein wenig Spaß", lache ich.

„Ich gönn dir jeden Spaß der Welt. Wie war übrigens eure Reise?"

Sigur und ich waren das ganze letzte Jahr auf Reisen. Er hat mir wunderschöne Gegenden und Orte gezeigt. Ich habe mich noch nie so frei und wohl gefühlt, wie in diesem Jahr. Es war einfach nur umwerfend.

„Es war ein Traum!"

„Erzähl?"

„Wir sind herumgereist und haben uns dort niedergelassen, wo es uns gefallen hat. Wenn wir wieder Lust verspürten, weiterzuziehen, dann haben wir das eben gemacht. Nichts war geplant, alles hat sich ergeben. Freiheit pur!"

„Habt ihr die ganze Zeit die Gegend angeschaut?"

„Wo denkst du hin, wir haben gearbeitet."

„Die Königin des Landes der magischen Wesen hat gearbeitet?", meint sie überrascht.

„Aurora hat gearbeitet, nicht die Königin. Niemand wusste schließlich, wer ich bin. Aber genau das war das Schöne an dieser Reise. Hast du eine Ahnung, wie befreiend es ist, einfach nur Aurora zu sein, keine Prinzessin, keine Königin, einfach nur ein ganz normaler Mensch."

„Ein ganz normaler Mensch?", will Anastasia wissen. Dabei zieht sie die linke Augenbraue nach oben.

„Na gut, gereist sind wir mit dem Drachen", kichere ich.

„Doch nicht so normal", lacht nun auch meine Freundin.

„Wie geht es meinem Vater?", wechsle ich das Thema.

„Er lebt lustlos in den Tag hinein. Ich glaube, er vermisst dich."

„Mann, Anastasia, du kennst meine Meinung."

„Besuchen könntest du ihn aber doch."

„Ich schaue auf dem Heimweg bei ihm vorbei. Ich muss auch den kleinen Jungen besuchen, den Sohn des früheren Kämmerers. Aber jetzt besuche ich erst einmal das Reich des Südens."

„Der kleine Josef ist im letzten Jahr ganz schön gewachsen."

„Du hast ihn gesehen?"

„Ich sehe ihn immer wieder. Sein Vater kommt einmal im Monat vorbei, um mir Bericht zu erstatten und da will der Kleine jedes Mal unbedingt mit. Er hat sich zwar mit mir ein wenig angefreundet, aber ich habe den Eindruck, er sucht immer noch dich. Tante Aurora ist für ihn etwas ganz Besonderes."

„Ich werde ihn besuchen, ganz bestimmt. Aber sag mir, wie läuft das Sozialprojekt?"

„Das war eine großartige Idee von dir. Menschen, die nicht mehr wissen, wohin sie sich wenden sollen, finden dort Nahrung, Unterkunft und Beistand. Es ist eine unglaublich wichtige Einrichtung. Ich muss auch sagen, dass sich Baltasar wirklich bemüht und alles gibt. Deine Entscheidung, ihn damit zu beauftragen, war goldrichtig."

„Baltasar?"

„Der frühere Kämmerer."

„Der heißt Baltasar?"

„Ja", lacht Anastasia. „Wusstest du das nicht?"

„Er war für mich immer der Herr Kämmerer. Etwas anderes hätte ich nie zu ihm sagen dürfen, sonst hätte die alte Lehrerin für Etikette durchgedreht", erkläre ich ihr. „Ich werde ihn besuchen und mir die Sache anschauen."

„Tu das, wir sind dabei auch hier im Reich des Südens eine ähnliche Einrichtung auf die Füße zu stellen und Ebur, dem ich davon erzählt habe, kommt demnächst vorbei, um sich alles anzuschauen. Auch, wenn du die Macht abgegeben hast, beeinflusst du die Reiche immer noch."

„Ich bin nur ein kleines Mädchen mit einem etwas eigenwilligen Blick auf die Welt. Kommt vermutlich davon, dass ich sie von oben sehe", sage ich lachend.

Wir gehen ins Schloss und Anastasia zeigt uns unser Zimmer. Dann verabschiedet sie sich erstmal von uns.

„Wir sehen uns beim Abendessen. Übrigens Sigur, sei mir nicht böse, dass ich dir nur wenig Beachtung geschenkt habe. Ich werde mich bessern."

„Ich weiß, ihr seid Freundinnen und das ist auch gut so."

„Mädchenkram eben", grinst Anastasia. Dabei nimmt sie ihn in den Arm und drückt ihn fest an sich.

„Wo ist denn Nina?", frage ich.

„Sie ist im Land der magischen Wesen, um ihre Mutter zu besuchen."

„Traut sie sich endlich hin?"

„Sie ist unglaublich froh, dass du das mit dem Rat geregelt hast. Und ich bin es auch. Ich wüsste nicht, wie ich ohne sie leben sollte", meint sie. Ich glaube zu hören, wie ihre Stimme vor Rührung kurz einbricht. Dann aber fängt sie sich wieder. „Zunächst hatte sie noch Bedenken und ein ungutes Gefühl, wenn sie hingereist ist. Inzwischen ist es normal geworden."

„Darf ich mir den Termin für eure Hochzeit bereits in den Kalender eintragen?"

„Wo denkst du hin? Ich kann als Königin doch keine Frau heiraten!", antwortet Anastasia schockiert.

„Wenn nicht du, wer dann?"

„Du willst mich jetzt nicht ermutigen?"

„Doch, genau das will ich. Wenn du als Königin nicht mit gutem Beispiel vorangehst und den Menschen in deinem Land zeigst, dass es nicht immer nur den einen vorgegeben Weg geben kann, sondern dass jeder seinen eigenen suchen soll und darf, wer soll es dann machen?"

Epilog

„Fliegen wir wieder mit dem großen Drachen?", will Emelie wissen.

„Natürlich, wir müssen nur noch zur Lichtung gehen", sage ich zu meiner zweijährigen Tochter.

„Kommt der Drache dann dorthin?", will ihr Zwillingsbruder Benno wissen.

„Du Dummi, der Drache ist doch die Mami", lacht seine Schwester.

„Kinder, zu mir her, wir müssen aufsteigen!", ruft Sigur. „Eine Kiste Flöhe zu hüten, wäre leichter", jammert er.

Ich lache. Ihn zu sehen, wie liebevoll er sich um die Kinder kümmert und wie unbeschwert sie aufwachsen können, erfüllt mich jedes Mal aufs Neue mit großer Freude. Meine Kinder dürfen Kinder sein. Keine Gouvernante, keine Lehrer und keine Ammen. Um unsere Kinder kümmern wir uns. Wir sind ihre Eltern. Zum Glück denkt Sigur in diesem Punkt genau wie ich.

Die Schlacht liegt nun schon fünf Jahre zurück, wir haben geheiratet und leben im Land der magischen Wesen. Seit die Kinder da sind, besuchen wir einmal im Monat den Opa, der sich immer riesig darüber freut. Unser Verhältnis ist zwar noch immer nicht perfekt, aber es hat sich gebessert. Mein Vater hat in seine neue Rolle gefunden und unterstützt nun tatkräftig den früheren Kanzler, von dem ich inzwischen weiß, dass er Baltasar heißt.

Etwas umständlich krallt sich Sigur an mir fest und hält dabei die Kleinen, so gut das eben geht. Ich verwandle mich und sie sitzen oben in meinem Nacken. Die Kinder lassen ein Juchzen hören und haben sichtlich Spaß. Vor allem Emelie liebt es zu fliegen. Manchmal kommt sie zu mir und bettelt mich an, eine Extrarunde mit ihr zu drehen. Natürlich muss dann immer ein Erwachsener mit, aber inzwischen hält sie sich gut auch selbst auf dem Drachen. Wir werden bald schon allein einen Flug wagen können.

Ich steige hoch in den Himmel und ziehe eine Extrarunde, die dieses Mal nicht für Emelie ist, sondern vor allem für mich. Ich genieße es immer noch, wenn ich hoch oben in den Wolken dahingleite. Sigur weiß das und sagt nichts, wenn ich nicht den direkten Weg nehme.

Doch auch so ist der Flug bald wieder vorbei. Ich kann die Kleinen nicht zu lange hinhalten und lande wenig später hinter dem Schloss.

„Weißt du noch, als wir das erste Mal hier gelandet sind?", frage ich in Gedanken meinen Mann.

„Das war eine Aktion."

„Aber es ist doch alles gelaufen, wie geplant?"

„Natürlich ist es das, bei deinen magischen Kräften", grinst er.

„Das waren schöne Zeiten."

„Heute nicht mehr?"

„Oh doch, versteh mich ja nicht falsch. Aber, wenn ich ehrlich bin, war für mich damals alles neu und aufregend. Bis dahin hatte ich wohlbehütet im Schloss mein Leben mit Lehrern und Aufgaben gefristet. Da wäre es nie denkbar gewesen, dass die Prinzessin in den Kerker einbricht und einen Gefangenen befreit", lache ich.

„Du schlimmes Mädchen", lacht auch Sigur.

Wir machen uns auf den Weg zum Schloss. Noch immer weiß niemand aus meinem früheren Leben von meinem Dasein als Drache. Selbst mein Vater kennt meine magischen Kräfte nicht. Er weiß auch nicht, wo wir wohnen, und kennt das Land der magischen Wesen nicht. Allerdings hat dies den Nachteil, dass wir unsere Sachen immer selber schleppen müssen, wenn wir anreisen. Zum Glück haben wir genügend Kleider und Spielzeug im Schloss, sodass wir nicht viel mitnehmen müssen und mit leichtem Gepäck reisen können.

„Hallo Arthur", begrüße ich den Wachmann. „Hast immer du Dienst, wenn ich komme?"

„Ich versuche hier zu sein, um Euch zu begrüßen, Prinzessin", antwortet er.

„Mami, warum nennt der Mann dich Prinzessin?", will Benno wissen.

„Weil deine Mama früher die Prinzessin dieses Landes war", erklärt ihm Arthur.

„Echt jetzt?"

„Ja, mein Kleiner."

„Aber jetzt bist du Königin", meint er stolz.

„Das bin ich, aber das ist in einem anderen Land."

Arthur schaut mich etwas verwundert an, sagt aber nichts. Ich nicke ihm noch freundlich zu und wir setzen unseren Weg fort. Ich hoffe, er hält die Äußerungen des Kleinen für Kindergeplapper. Wir überqueren den Schlosshof und schon von weitem sehen die Kinder die Königin am Haupttor stehen, die uns bereits erwartet.

„Tante Anastasia, Tante Anastasia!", schreit Benno und läuft los. Seine Schwester folgt ihm.

Beide springen sie meiner Freundin in die Arme. Diese drückt sie fest an sich. Ihr Blick aber geht über die Schulter von Benno und sie schenkt mir ein liebevolles Lächeln. Ich bemerke sofort, dass sie strahlt, anders als sonst.

„Hallo Anastasia, was ist los mit dir? Du schaust anders drein", begrüße ich sie.

„Ich habe auch jeden Grund dazu."

Noch bevor ich weiter fragen kann, geht das Tor auf und Nina kommt heraus. Sie hält ein schreiendes Bündel in Händen, das in eine Decke gewickelt ist.

„Gerald, sag hallo zu Tante Aurora und Onkel Sigur", lacht meine frühere Mentorin.

„Gerald? Wer ist Gerald?", frage ich.

Dabei gehe ich auf sie zu und schaue in die Decke. Darin liegt ein Kind, das höchstens zwei Wochen alt ist.

„Gerald ist unser Adoptivsohn", meint sie.

„Nina, Anastasia, ich freue mich so für euch!"

Ich umarme beide noch einmal herzlich. Ich gönne ihnen dieses Glück von ganzem Herzen.

„Er ist ein absolutes Wunschkind!", bestätigt die Königin.

„Hat es also am Ende doch geklappt."

„Ich musste das Gesetz ändern, aber es hat sich mehr als gelohnt. Eine gute Freundin hat mir einmal gesagt, wer sollte es denn vormachen, wenn nicht ich", meint Anastasia und zwinkert mir zu.

Die beiden haben ein Jahr nach uns geheiratet. Seitdem träumen sie von einem Kind, einem Adoptivkind. Ganz offensichtlich hat es nun geklappt.

„Bleibst du länger hier?", erkundigt sich Nina.

„Zwei oder drei Tage. Warum?"

„Könntest du dir einen halben Tag Zeit nehmen?"

„Wofür?"

„Wir würden gerne meiner Mutter den Kleinen zeigen."

„Ihr?"

„Ja, Anastasia würde mitkommen, das erste Mal."

„Ich soll euch hinfliegen", grinse ich.

„Das wäre super!"

„Natürlich kann ich", grinse ich. „Gern sogar."

„Du bist die allerbeste!"

„Wollt ihr fliegen, weil es schneller geht?", erkundige ich mich.

„Auch, weil es einfacher ist, mit der Königin des Landes der magischen Wesen zum ersten Mal ihre Welt zu bereisen", gesteht Nina etwas verlegen.

„Du warst doch schon dort?", frage ich etwas entgeistert.

„Ich schon, aber Anastasia nicht."

„Oha! Dann wird es Zeit. Hat sie sich nicht getraut?"

„Es ist ein Land von dessen Existenz sie eigentlich nichts wissen dürfte."

„Ich denke, ein wenig Öffnung nach außen tut auch den magischen Wesen gut", antworte ich lachend.

„Du bist ein Schatz!"

„Das mach ich doch gerne. Bei solchen Gelegenheiten wird mir bewusst, dass ich noch gebraucht werde."

„Das wirst du ganz bestimmt!", versichert sie. „Nicht nur von Sigur und deinen Kindern."

Es klingelt. Hä?! Was ist das für ein sonderbares Geräusch. Von irgendwoher kenne ich es. Ups, das ist die Klingel an der Haustür. Hä, hat ein Schloss eine Haustür mit Klingel? Ach nein, das ist die Haustür in einer anderen Welt, in meiner Welt. Als würde ich sehr langsam aus einem Traum aufwachen, wird mir bewusst, dass ich in Vaters Bibliothek im bequemen Sessel sitze, der im Erker steht. Ich muss eingeschlafen sein und strecke mich geräuschvoll.

Erneut ertönt diese lästige Klingeln und ich schäle mich widerwillig aus der Decke, stehe auf und ... ich halte ja immer noch das Buch in der Hand. Ich schaue mich suchend um und lege es schließlich auf den Sessel. Das kann ich später auch noch wegräumen. Dann mache ich mich auf den Weg zur Haustür.

„Ja, ja!", rufe ich genervt, als es schon wieder klingelt, diesmal mehrere Male hintereinander. Mann, wer ist denn da so lästig.

Lea ist gestern in Urlaub gefahren und meine Eltern sind auch unterwegs. Zudem hätten sie einen Schlüssel und müssten nicht klingeln. Ich überlege fieberhaft, kann es ein Paketbote sein? Keine Ahnung! Ich habe nichts bestellt in letzter Zeit.

Endlich bin ich an der Tür und öffne sie ein klein wenig. Neugierig blicke ich durch den Spalt und schaue mehr als erstaunt drein.

„Willst du mich nicht reinlassen?", lacht meine beste Freundin.

„Lea, was machst du hier?"

„Dich besuchen!"

„Aber du bist doch in Urlaub?"

Daraufhin lacht Lea laut auf. Ich hingegen schaue vermutlich extrem belämmert drein. Was gibt es da zu lachen?

„Habe ich dir gar nicht gefehlt?", will meine Freundin wissen.

„Ja, doch, sehr sogar", stammle ich. „Aber deshalb hättest du nicht den Urlaub abbrechen und umdrehen müssen."

„Umdrehen? Abbrechen? Wie kommst du auf diese Idee? Der Urlaub ist leider schon zu Ende."

„Zu Ende? Du warst zwei Wochen weg, wie geplant?"

„Aurora, was hast du? Geht es dir nicht gut? Muss ich mir Sorgen machen?", erkundigt sie sich. Lea mustert mich besorgt.

„Nein, nein, alles gut. Ich habe wohl die Zeit aus den Augen verloren. Komm herein, erzähl, wie war es auf Elba."

Auch mir wird langsam klar, dass hier etwas nicht stimmt. Das würde ich nie zugeben, im Moment zumindest nicht. Deshalb versuche ich in die Offensive zu gehen und die Kontrolle über das Gespräch zu übernehmen. Die Ablenkung gelingt und während Lea mit mir ins Wohnzimmer kommt, beginnt sie nur zu gerne zu erzählen. Offenbar hat sie nur darauf gewartet.

Sie hat auf Elba einen super-süßen Jungen in ihrem Alter getroffen, blablabla, sie haben geflirtet und alles gemeinsam unternommen, blablabla, sie haben sich am letzten Abend sogar geküsst, blablabla, beim Abschied ist ihr eine Träne über die Wange gelaufen, blablabla, sie vermisst ihn ganz schrecklich, blablabla, die letzten drei Tage des Urlaubs war sie ohne ihn auf Elba und da hätte sie eine Freundin wie mich gebraucht, blablabla ....

Ich höre nur mit einem halben Ohr zu. Ich weiß, ich bin keine gute Freundin, aber um ehrlich zu sein, beschäftigt mich im Moment gerade mehr, wie es zu diesem Zeitsprung gekommen sein kann. Ich habe mich gestern hingesetzt und begonnen das Buch zu lesen und heute sollen schon zwei Wochen vergangen sein? Wie ist so etwas möglich? Hat das damit zu tun, dass ich so tief in die Geschichte eingetaucht bin, dass sich diese angefühlt hat, als würde ich alles selbst erleben?

Da ich das Geheimnis im Moment eh nicht lüften kann, zumindest solange Lea bei mir zu Besuch ist, beschließe ich, die Gedanken an das Buch erstmal zur Seite zu schieben und eine gute Freundin zu sein. Lea erzählt den ganzen Abend. Ich höre aufmerksam zu, stelle ab und zu eine Zwischenfrage und fühle mit ihr. So vergeht die Zeit unglaublich schnell. Kurz bevor Lea gehen muss, erkundigt sie sich noch schnell, was ich so die ganze Zeit gemacht habe.

„Ich habe gelesen", antworte ich ehrlich.

„Gelesen? Die ganze Zeit?"

„Ja, ich habe in der Bibliothek meines Vaters ein Buch gefunden, das war richtig spannend. Damit habe ich mir die Zeit ganz gut vertreiben können und natürlich habe ich hart auf deine Rückkehr gewartet."

Sie hebt ein wenig die Augenbrauen, geht aber nicht weiter darauf ein. Ich hoffe, sie kauft mir die Geschichte ab. Erstens weil sie weiß, dass ich eine Leseratte bin und zweitens, weil es die Wahrheit ist.

Als sie sich schließlich auf den Heimweg macht, verabreden wir uns für den nächsten Tag. Wir wollen ins Freibad gehen. Ich schließe nach einer herzlichen Verabschiedung samt Umarmung die Tür hinter ihr und gehe nachdenklich zum Sessel im Erker zurück. Ich nehme das Buch zur Hand, das ich dort abgelegt habe. Es ist immer noch das unscheinbare Büchlein. Als ich es aufschlage fällt mir jedoch sofort auf, dass sowohl die mutmaßliche Widmung in dieser fremden Sprache als auch die Warnung nicht mehr da sind.

Ich habe doch beides genau gesehen? Langsam beginne ich an meinem Verstand zu zweifeln. Beides war gestern noch da, da bin ich mir ganz sicher. Vor allem die Warnung ist mir im Gedächtnis geblieben. Vorsichtig fange ich an, die ersten Zeilen zu lesen.

„Es war einmal eine Prinzessin, die bekam von ihrem Vater einen goldenen Ball geschenkt und spielte damit am Brunnen ..."

Echt jetzt? Das ist doch die Geschichte vom Froschkönig. Das hat nichts mit Aurora, mit Drachen und mit Kämpfen zu tun, rein gar nichts. Das ist ein stink normales Märchenbuch. Verwundert schaue ich das Buch noch einmal an. Es sieht von außen definitiv immer noch so aus, wie das Büchlein, das ich gestern aus dem Regal genommen hatte.

Mir fällt aber noch etwas auf, dieses Büchlein ist extrem dünn. Auf so wenige Seiten würde doch Auroras Geschichte nie und nimmer Platz finden. Schon wieder so eine Ungereimtheit.

Ich beschließe nicht länger darüber nachzudenken, da ich das Geheimnis sowieso nicht werde lösen können. Deshalb beschließe ich, das Erlebte unter dem Begriff „Die mysteriösen Fälle im Hause Simons" abzulegen und das Buch in das Regel zurückzustellen.

Ich suche den Platz, an dem es stand, damit mein Vater nicht bemerken kann, dass ich es genommen habe, und will es gerade wieder hineinschieben, da fällt mir auf, dass gleich daneben ein fast identisch aussehendes Buch steht. Was? Echt jetzt! Noch eines? Das zweite Buch stand gestern noch nicht da. Da bin ich mir ganz sicher! Das wäre mir garantiert aufgefallen, oder?

Ich schiebe mein Buch hinein und nehme das andere heraus. Von außen sieht es völlig identisch aus. Kurz überlege ich, ob ich dieses Buch tatsächlich öffnen soll oder es besser ungelesen wieder zurücklege. Ein wenig habe ich Angst, dass es schon wieder so etwas Sonderbares ist, wie das Buch von gestern, dann aber siegt die Neugier, wie immer bei mir.

Auf der Innenseite des Umschlages stehen erneut Worte in einer mir völlig fremden Sprache. Es könnte dieselbe sein, wie im anderen Buch. Doch genau sagen kann ich das nicht, ich kann das Geschriebene ja nicht lesen. Aber auch diesmal kommt mir in den Sinn, dass es sich um eine Widmung handeln könnte.

Ich blättere um und schaue auf den Titel: „Legenda Major -- generatio proxima". Mit weit aufgerissenen Augen schaue ich auf die wenigen Worte. Meine Lateinkenntnisse sind nicht berauschend. Trotzdem schaffe ich es, die Bedeutung der Worte zu verstehen. Es soll so viel heißen, wie: „Die große Legende, die nächste Generation". Das ist doch der Beweis, dass ich gestern, oder die letzten zwei Wochen, tatsächlich das Buch gelesen habe.

Ich blättere noch einmal um und sehe mit Erstaunen, was dort steht:

Lieber Leser,

dieses Buch ist ungewöhnlich. Es ist das Tor in eine unbekannte Welt, in eine Welt, die du dir nicht im Traum vorstellen kannst und die wunderschön, aber auch sehr gefährlich ist. Nur, wenn du besondere Fähigkeiten besitzt und eine reine Seele hast, solltest du weiterlesen und in diese Welt eintauchen.

Der Autor

ENDE

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30 Kommentare
Harald54Harald54vor 1 Minute

Hallo, Freudenspender,

in den letzten Tagen habe ich die beiden Stories "Die Macht des Drachens" gelesen und war fasziniert. Legenda Major fällt gegenüber den beiden etwas ab (Charaktere werden kaum geschildert, die Psi-Kräfte von Aurora beherrscht sie ohne Schulung bereits unmittelbar nach Entdeckung weitgehend perfekt, u.a.), aber im weiteren Verlauf wird es dann wieder richtig klasse. Daher 4,99 aufgerundet auf 5 Sternchen....

Baerchen_1967Baerchen_1967vor mehr als 1 Jahr

Wurden die Geschichten falsch verbunden.

Auf Legenda Major folgt A. MUNDI und nicht G. Proxyma.

Die Geschichte fesselt wie alles von Dir, lieber Freudenspender.

LG

Andy

AnonymousAnonymvor mehr als 1 Jahr

Ich hatte bisher zwar eine ganze Reihe deiner Romanzen und auch die eine oder andere deiner anderen erotischen Geschichten gelesen und habe mich sehr über sie gefreut; nun aber ist mir klar geworden, warum sie mir so gut gefallen haben: Du bist ein Erzähltalent, ein hervorragender Geschichtenerzähler! Jetzt mache ich mich daran, auch die Teile 2 und 3 zu verschlingen, anschließend werde ich deine "Magischen Welten" erkunden.

richie1richie1vor mehr als 1 Jahr

Toll!!! Ich habe es in einem Rutsch gelesen.

foren1603foren1603vor fast 2 Jahren

Du hast dich einmal wieder selber übertroffen. Die Geschichte hat mich so gefesselt, das ich durch die Nacht bis zum Ende lesen musste. Ob Legende Mayor besser ist als die magischen Welten mag ich nicht zu beurteilen, das ist sicherlich Geschmacksache. Ich freue mich schon auf weitere Geschichten von dir.

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