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Magische Welten

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„Gut Horus, freut mich deine Bekanntschaft zu machen. Jetzt lass den armen Gerivin in Ruhe und wir zwei müssen reden. Ich habe viele Fragen."

„Ich weiß aber nicht, ob ich sie alle beantworten kann. Ist Gerivin dein Freund?"

„Er ist nicht mein Freund, Freund. Er ist ein Freund, ein sehr guter sogar. Er wird mir ganz bestimmt nichts tun. Ach, übrigens: Solltest du uns sehen, wie wir mit einem Schwert oder sonst einer Waffe aufeinander losgehen, dann ist das kein Kampf, es ist Training."

„Ah, er ist also dein Lehrer."

„So in etwa."

Gerivin war inzwischen ganz vorsichtig um Horus herumgelaufen. Natürlich hielt er dabei gebührend Abstand. Die Angst saß ihm noch immer tief in den Knochen und war ihm auch deutlich anzusehen. Doch die Sorge um Aurora hatte ihn wohl dazu getrieben, nachzusehen. Als sich der Drache plötzlich umdrehte, hatte er Sorge, er würde nun auch die Prinzessin losgehen und es ließ ihm keine Ruhe. Er musste nachsehen gehen.

Als er nun aber sah, wie sich die beiden anstarrten, verstand er die Welt nicht mehr. Sie schienen konzentriert und ernst zu sein. Allerdings konnte er nichts Feinseliges im Verhalten des Drachen erkennen. Als dieser den Kopf zu ihm drehte, zuckte er unwillkürlich zusammen und Schweiß trat ihm erneut aus allen Poren. Er war kein ängstlicher Mensch, aber ein derart Angst einflößendes Wesen hatte er noch nie gesehen.

„Hallo Gerivin, darf ich dir Horus vorstellen", meinte Aurora. „Horus, das ist Gerivin."

Der Drache ließ ein paar kleine Dampfwolken aus den Nüstern steigen. Außerdem verzog er sein Gesicht, ganz so, als würde er grinsen.

Aurora bat den Drachen, sich auf der Wiese niederzulassen. Sie wollte sich nur schnell etwas für das Frühstück holen. Auch dabei nutzte sie natürlich ihre Gabe. Sie wünschte sich ein

Tablett mit Kaffee, Brot, Butter und Marmelade herbei. Damit ging sie zu ihm und setzte sich neben seinem Kopf ins Gras und begann gemütlich zu essen.

„Da bin ich wieder", sagte Aurora fröhlich. Sie war glücklich, wie selten zuvor. Sie saß neben einem Drachen. Das war doch Wahnsinn!

„Sind eigentlich alle Drachen so groß wie du?"

„Ich bin der größte aller Drachen. Da mir die Aufgabe zugedacht wurde, dein Seelenverwandter zu sein."

„Warum muss mein Seelenverwandter der größte sein?"

„Weil du so mächtig bist, muss es auch dein Drache sein."

„Ich bin doch nicht mächtig", wehrte sie ab.

„Noch nicht. Aber in dir schlummern noch viele Gaben und Kräfte."

„Na gut, wir werden sehen", beendete sie dieses Thema. Es war ihr ein wenig unangenehm, über sich selbst zu sprechen. „Erzähl mir von dir und den Drachen. Bis vor wenigen Tagen wusste ich nicht einmal, dass es sie überhaupt gibt."

„Wir Drachen leben seit Jahrhunderten jenseits der Grenze deines Reiches. Ihr glaubt alle, dass es dort kein Leben gibt. Das stimmt aber nicht. Das Reich wird von Meer auf der einen Seite und von einer gewaltigen Wüste auf der anderen Seite umgeben. Nie hat sich jemand die Mühe gemacht zu schauen, ob es jenseits dieser Wüste noch etwas gibt. Die Mythologie spricht immer davon, dass jenseits der Grenzen nur noch das Reich der Toten sei und daran haben sich immer alle gehalten.

Als damals die Menschen immer mehr Drachen töteten, zogen sich diese hinter die Wüste zurück. Bei den Drachen war seit jeher bekannt, dass es hinter der Wüste Lebensraum in Hülle und Fülle gibt."

„Weißt du, was aus den Menschen geworden ist, die einen Seelenverwandten hatten?"

„Die sind mit uns gekommen. Die Drachen ohne Reiter haben irgendwann eingesehen, dass es keinen Sinn macht, sich zu bekämpfen. Deshalb schlossen sie Frieden mit den Reitern. Nur die Menschen, die allein waren, wollten keinen Frieden. Sie waren verbissen und sahen in jedem Drachen einen Feind."

„Das ist traurig."

„Für uns nicht wirklich. Wir Drachen und die wenigen Menschen, die auf unserer Seite standen, haben uns jenseits der Wüste eine viel schönere und vor allem friedliche Welt aufgebaut."

„Das ist schön."

Die Prinzessin hatte ihr Frühstück beendet und beide lagen gemütlich auf der Wiese. Horus hatte seinen gewaltigen Kopf auf die Vorderbeine gelegt und es sah aus, als würde er vor sich hindösen. Aurora hingegen lag auf dem Rücken im Gras und blickte verträumt in den Himmel. Als Horus plötzlich knurrte, schaute sich die Prinzessin um und erblickte Leara, die ganz klein war und aufgeregt um sie beide herumschwirrte.

„Leara, hast du einen Geist gesehen?", neckte Aurora ihre Freundin.

Sie hatte bereits mitbekommen, dass diese ihre Größe verändern konnte und war deshalb nicht überrascht, als ihre Freundin einem Schmetterling gleich durch die Luft flatterte.

„Ist das ein ...?"

„...Drache", beendete Aurora den Satz. „Ja, das ist ein ausgewachsener Drache. Darf ich vorstellen, das ist Horus."

„Du liegst hier mit einem Drachen? Hast du keine Angst?", wollte die Fee wissen.

„Vor Horus? Warum sollte ich?"

„Weil er ein gewaltiger Drache ist."

„Er ist mein Seelenverwandter."

„Ach so. Das weißt du einfach so? Hallo Horus", sagte Leara schüchtern und leicht verwirrt.

Der Drache ließ eine kleine Rauchwolke aus seinen Nüstern aufsteigen und schaute bewusst freundlich drein. Ihm war klar, dass in dieser Welt alle Angst vor ihm hatten.

„Ich spüre das Band", antwortete ihr die Prinzessin.

„Die ist aber drollig", sagte Horus in Gedanken zu Aurora.

„Das ist die Königin der Feen und heißt Leara", stellte sie ihre Freundin dem Drachen vor.

„Ich mag sie", stellte Horus fest.

„Er sagt, dass er dich mag", teilte Aurora der Fee mit.

„Das hat er gesagt? Wie gesagt?"

„Wir kommunizieren über Gedanken. Keine Ahnung, wie das funktioniert. Aber es klappt ganz gut."

„Dann bist du die Prophezeiung?"

„So sieht es aus."

„Sind alle Drachen so gewaltig?"

„Horus hat mir erzählt, dass er der größte von allen ist."

„Hörst oder siehst du inzwischen besser?", wollte Leara wissen.

„Äh, wäre mir nicht aufgefallen."

„Die Angleichung der Fähigkeiten kommt langsam", hörte sie in ihren Gedanken. „Aber deine Augen ändern bereits die Farbe."

„Horus sagt, meine Augenfarbe ist dabei sich zu ändern", meinte Aurora zu ihrer Freundin. „Kannst du nachschauen."

„Ja, natürlich. Deine braunen Augen sind plötzlich ganz dunkelblau. Warte mal, lass mich die Augen deines Drachen anschauen ... tatsächlich, die sind fast identisch. Seine sind etwas breiter. Wow, und deine Pupille ist nicht mehr rund."

„Wie, nicht mehr rund?"

„Sie ist wie bei einem Reptil."

In dem Moment kam nun auch Gordin vors Haus. Sein Enkel muss ihm von der Ankunft des Drachen erzählt haben, denn er blickte ein wenig unsicher zur kleinen Gruppe hinunter auf die Wiese. Er zögerte einen Moment, dann ging er auf die Gruppe zu.

„Gordin mit der reinen Seele", meinte Horus.

„Kennst du ihn?", wollte Aurora wissen.

„Nein, aber ich habe mit ihm Kontakt aufgenommen als unser Orakel uns verkündet hat, dass das Schloss deiner Eltern angegriffen wird."

„Du warst die Stimme, die ihm befohlen hat, mich in Sicherheit zu bringen?"

„Hat er mich als Stimme wahrgenommen?"

„Das hat er mir erzählt."

„Dann ist es gut so."

Inzwischen hatte Gordin die beiden erreicht. Ganz ehrfürchtig blickte er auf den Drachen.

„Dass ich das noch erleben darf", meinte er. „Ein Schattendrache."

„Ein was?", erkundigte sich diesmal Aurora.

„Ein Schattendrache und ich nehme an, dass er dein Seelenverwandter ist. Sonst würde er nicht so friedlich neben dir liegen. Könnt ihr Euch verständigen?"

„Ja, wir kommunizieren über Gedanken."

„Ganz wie in der Prophezeiung."

„Sieht ganz danach aus", entgegnete Aurora.

„Dann werden wir deinen Trainingsplan erneut ändern müssen. Ab sofort wirst du lernen auf dem Drachen zu reiten", meinte der Alte.

„Ich soll was?", schreckte die Prinzessin hoch.

„Du sollst lernen, auf mir zu reiten", bestätigte auch Horus.

„Wie soll das gehen?"

„Ohne Sattel ist es nicht leicht. Aber nur so kannst du mit mir ins Land der Drachen fliegen."

„Ich soll was?"

„Wenn wir die Welt vor dem Bösen retten wollen, dann wirst du lernen müssen, auf mir zu fliegen."

„Kannst du auf einem Drachen fliegen?", wollte Aurora von Gordin wissen.

„Nein, wie denn auch? Ich habe noch nie einen lebenden Drachen gesehen. Ich habe mein Wissen über sie nur aus den Büchern. Das Reiten wirst du dir deshalb wohl oder übel selber beibringen müssen."

„Verdammt, ich bin Prinzessin und keine Luftakrobatin", protestierte sie.

„Aurora, du solltest zum einen an deiner Ausdrucksweise arbeiten und außerdem möchte ich dich daran erinnern, dass du Königin bist und nicht mehr Prinzessin", tadelte sie Horus.

„Mann, Horus, ich bin ein 18jähriges Mädchen. Ich darf auch zwischendurch einmal fluchen. Hast du eine Ahnung, wie verwirrend das alles ist? Noch vor ein paar Monaten saß ich wohlbehütet im Schloss und habe mich mit Gedichten und Musik befasst. Ich wurde darauf vorbereitet, den sogenannten schönen Dingen des Lebens zu huldigen, habe gestickt und Wandteppiche mit allen möglichen Bildern geknüpft.

Nach der Eroberung des Schlosses durch Orissos und seine Bande war mir klar, dass sich mein Leben ändern würde. Aber so krass? Ich kämpfe mit dem Schwert, ich schieße mit Pfeil und Bogen, ich kenne die magischen Wesen, beherrsche alle vier Elemente und soll jetzt auch noch auf einem Drachen reiten", schimpfte sie wie ein Rohrspatz. „Außerdem hat noch keine Krönungszeremonie stattgefunden."

Der Drache sah sie mit Verständnis in den Augen an. Ihm war natürlich klar, dass es echt viel war, was diesem Mädchen zugemutet wurde.

„Du bist stark und mutig. Sonst hätte dich das Schicksal nicht auserwählt. Du wirst es schaffen. Deine Freunde und ich werden an deiner Seite stehen und mit dir kämpfen."

Aurora war gerührt von seinen Worten. Sie lächelte ihn an, stand auf und ging zum ersten Mal auf den Drachen zu. Etwas unbeholfen legte sie die Arme um die riesige Nase. Horus schloss die Augen und gab wohlige Laute von sich.

„Wenn du mir noch die Nüstern kraulst, dann bist du mein Lieblingsmensch", schnurrte er.

„Bin ich das nicht sowieso?", grinste sie. „Auf jeden Fall bist du mein Lieblingsdrache."

„Du kennst doch keinen anderen Drachen", schnaubte er. Dabei entkam ihm ein Geräusch, als würde er lachen.

„Wollen wir das mit dem Fliegen versuchen?", meinte Aurora schüchtern.

Sie sprach das laut aus, da sie wollte, dass es auch Gordin hören konnte. Dieser ging zurück zum Haus und setzte sich auf die Bank. Leara dagegen schwirrte begeistert um ihren Kopf.

„Ich fliege mit", verkündete die Fee.

„Die hängen wir ab", grinste Horus.

„Erst mal muss ich es schaffen, aufzusteigen. Wo soll ich mich denn überhaupt hinsetzen?"

„Ich helfe dir beim Aufsteigen und was das Sitzen anbelangt, würde ich vorschlagen, du setzt dich zwischen die Stacheln am Übergang vom Hals in den Nacken. Zwischen welche du dich setzt, das solltest du ausprobieren. Nimm den Platz, der dir besser passt."

Horus hielt ihr eines der Vorderbeine hin. Aurora klettert drauf und schon hob er sie hoch, sodass sie nur noch eine geringe Steigung überwinden musste, um den Nacken des Riesen zu erreichen. Aurora blickte mit einem etwas mulmigen Gefühl nach unten, denn es war ganz schön hoch. Trotzdem überwand sie sich und ging zum Nacken. Die Zacken dort waren etwa so groß, wie sie. Diese zierten den gesamten Rücken des Drachen vom Kopf bis hinunter zur Schwanzspitze. Sie waren hart und man konnte sich gut an ihnen anlehnen und sich festhalten.

Aurora setzte sich zunächst zwischen zwei der Fortsätze, änderte dann aber doch die Position. Sie wackelte etwas mit dem Hintern, um die beste Sitzposition zu finden und hielt sich dann an der Zacke vor ihr fest.

„Ich glaube wir können", verständigte sie Horus.

„Dann halt dich fest. Es geht los!"

Mit diesen Worten stand er auf. Dabei schaukelte es unter Aurora. Sie wurde zunächst nach hinten gedrückt, konnte sich aber gut am Fortsatz in ihrem Rücken abstützen. Als der Riese sich dann auch noch mit den Hinterbeinen erhob, ging es in die andere Richtung und sie musste sich vorne abstützen. Trotz des heftigen Rüttelns fühlte sie sich sicher.

Ihr Drache breitete schließlich die riesigen Flügel aus, ging dabei aber ausgesprochen sachte ans Werk und als er mit diesen anfing zu schlagen, ging es auch schon ab in die Lüfte. Aurora war überrascht. Obwohl die Flügelschläge einiges Laub um sie herum aufwirbelte, war es dort, wo sie saß, so gut wie windstill. Offenbar saß sie in einer Kuhle, die sie schütze. Trotzdem konnte sie gut nach vorne sehen und dabei feststellen, dass sie etwa zehn Meter über dem Boden schwebten.

Leara schwirrte ganz aufgeregt um die beiden herum und grinste wie ein Honigkuchenpferd. Die Feenkönigin war hellauf begeistert, wie sicher ihre Freundin auf dem Drachen saß.

„Du machst das super", rief die Fee.

„Noch fliegen wir doch noch gar nicht richtig. Wir schweben nur", relativierte Aurora.

„Willst du fliegen?", erkundigte sich Horus.

„Warum nicht?", antwortete sie mutig.

„Los geht´s!", meinte der Drache.

Langsam stieg er höher. Zunächst wurde Aurora ein wenig flau im Magen. Sie gewöhnte sich aber relativ rasch an die Höhe. Als er dann allerdings zusätzlich begann sich vorwärtszubewegen, hielt sie sich ein wenig verkrampft am Zacken vor ihr fest. Zu fliegen, wie ein Vogel, kam ihr schon irgendwie unwirklich vor. Doch es klappte, schon bald wurde sie sicherer und lockerte den Griff.

„Wie ist es?", wollte der Drache wissen.

„Es gefällt mir."

„Fühlst du dich sicher."

„Könnte nicht besser sein."

„Dann können wir etwas mehr wagen?"

„Mach mal!"

Vorsichtig steigerte der Drache die Geschwindigkeit und stieg auch immer höher. Er ging dabei mit sehr viel Feingefühl vor. Die Prinzessin konnte sich problemlos den Veränderungen anpassen und sich die größere Höhe oder die höhere Geschwindigkeit gewöhnen. Sie lockerte sogar zunehmend den Griff und versuchte allein durch den Druck ihrer Schenkel und das Bewegen des Oberkörpers, das Gleichgewicht zu halten. Es fühlte sich herrlich an, wenn der Wind an den Haaren zerrte und ihr ums Gesicht streifte. Sie blickte nach unten und konnte Gordin ganz klein auf der Bank vor dem Haus sehen. Gerivin war beim Holzhacken hinter dem Haus. Beide schauten zu ihr hoch und winkten ihr zu.

Leara schwirrte immer noch um sie herum. Sie freute sich, dass ihre Freundin so gut fliegen konnte und hoffte, ihr dabei Gesellschaft leisten zu können.

„Wolltest du die Feenkönigin nicht abhängen?", erkundigte sich Aurora schelmisch.

„Wenn du dich traust", konterte Leara trotzig.

„Bei dir immer."

„Na dann!"

Plötzlich beschleunigte Horus. Wie ein Pfeil schoss er nach oben und durchbrach die Wolkendecke. Aurora hielt sich im ersten Augenblick etwas panisch an der Zacke vor ihr fest, ließ aber mit der Zeit wieder los, breitete die Arme aus und juchzte laut.

„Das ist gemein von Euch", hörte sie weit weg die Fee jammern.

Erst da wurde ihr bewusst, dass sie genau genommen ihre Freundin nicht hören dürfte. Mit ihrem menschlichen Gehör wäre dies niemals möglich. Also musste sich auch ihr Gehör verändert haben, vermutlich alle ihre Sinne. Als sie aus den Wolken in Richtung Erde blickte, konnte sie jedes Detail genau erkennen. Damit war klar, dass sich auch ihr Blick geschärft hatte.

„Fliegen ist geil!", juchzte sie.

„Gefällt es dir?"

„Und wie!"

Plötzlich flog Horus ein Looping. Als die Prinzessin dies realisierte, erschrak sie fürchterlich und klammerte sich voller Angst an den Zacken vor ihr. Doch schon bald wurde ihr klar, dass sie durch die Fliehkraft gegen den Nacken des Drachens gepresst wurde und deshalb auch bei so einem Flugmanöver nicht herunterfallen konnte. Sie wurde erneut mutiger und ließ wieder los.

Das wäre ihr beinahe zum Verhängnis geworden. Denn genau in dem Moment flog Horus eine Schraube und brachte sie damit völlig aus dem Gleichgewicht. Aurora verlor den Halt und stürzte in die Tiefe. Im freien Fall fiel sie auf die Erde zu.

„Scheiße!", entkam ihr. „Was jetzt?"

„Deine Wortwahl, Prinzessin!", meinte Horus tadelnd.

„Meine Wortwahl ist jetzt auch nicht mehr von Bedeutung. Ich bin gleich tot."

„Bist du nicht", widersprach er.

„Ich bin kein Drache, der so einen Sturz eventuell überleben könnte."

„Das nicht, aber du hast ja mich."

Ihr kam es so vor, als würde er auch noch grinsen. Ihm war wohl nicht bewusst, wie aussichtlos die Sache für sie war. Sie war schließlich nur ein Mensch. Doch Horus legte die Flügel an, schoss auf sie zu, tauchte unter ihr hinweg und fing sie so auf, dass er sie nicht nur auffing, sondern dabei auch den Sturz abfederte, indem er etwas schräg abwärts flog, als sie auf ihm aufsetzte. Damit plumpste sie nicht auf die Schuppen, sie wurde abgefangen.

Aurora lag zunächst platt wie eine Flunder, mit dem Bauch nach unten auf dem Rücken des Drachen. Im ersten Moment musste sie erst einmal realisieren, dass sie nicht tot, sondern auf dem Drachen war. Sie rappelte sich auf und setzte sich schnell wieder zurück an die Stelle, aus der sie herausgefallen war. Erst jetzt fiel ihr auch auf. dass Horus das Abfangmanöver so geschickt durchgeführt hatte, dass sie genau neben den Stacheln zu liegen kam und nicht auf eine von ihnen gestürzt war. Sonst wäre sie jetzt vermutlich aufgespießt wie ein Schmetterling in einer Sammlung.

„Danke!", sagte sie.

„Immer gerne", entgegnete er. „Das sollten wir aber üben. Du kannst das besser."

„Üben? Spinnst du? Das mache ich nicht freiwillig. Ich habe die Hosen gestrichen voll."

„Du solltest das üben. In einer Schlacht oder bei einem Unwetter kann so ein Missgeschick durchaus passieren. Für diesen Fall solltest du deine Landung optimieren."

„Ha, ha, ha!", meinte sie sarkastisch.

"Nein, ehrlich. Das muss besser werden."

„Wie besser?"

„Diesmal bist du gefallen, wie ein Sack Kartoffeln."

„Charmant, der Herr."

„Die Wahrheit tut manchmal weh", konterte er. Sie konnte sein Grinsen hören.

„Was habe ich denn nur für einen Drachen abgekriegt", neckte sie nun ihn.

„Den besten, den es gibt", kichert er.

„Also gut, es sollte besser funktionieren. Und was soll ich deiner Meinung nach verbessern?"

„Du solltest so landen, dass du wieder auf mir sitzt."

„Zwischen den Zacken womöglich?"

„Das wäre ideal."

„Wie soll das funktionieren?"

„Mit Übung!"

„Bevor ich es kann, bin ich aufgespießt."

„Du musst es neben den Stacheln üben. Erst wenn du es kannst, punktgenau zu landen, machen wir es richtig und dann landest du dazwischen, damit du dort sitzt, als sei nichts geschehen und wir ohne Pause weiterfliegen können."

„Du willst mich umbringen!"

„Ganz bestimmt nicht!"

Während sie diskutierten, flog Horus ruhig unter den Wolken dahin. Aurora hatte wieder losgelassen und fühlte sich sicher. Sie hatte Vertrauen zu ihrem Drachen. Die Kriegerin in ihr hatte Spiellaune. Sie hob eine Hand und hatte dabei das Gefühl, als würde sie die Wolken berühren. Schließlich fasste sie Mut.

„Dann lass es uns noch einmal versuchen. Aber das letzte Mal für heute", forderte sie ihn auf.

„Du willst wirklich nochmal?"

„Irgendwann muss es ja sowieso sein."

„Na gut. Bist du bereit?"

„Nein, aber du kannst mich doch abwerfen", kicherte sie.

Diesmal flog der Drache kein Manöver, er drehte sich einfach auf den Rücken. Aurora schrie aus Leibeskräften als sie den Halt verlor und kopfüber der Erde entgegenstürzte. Sie konnte aber schon bald die aufsteigende Panik unterdrücken. Sie wusste, Horus würde sie niemals zu Boden fallen lassen. Sie überlegte kurz, was sie machen sollte und bemühte sich, in eine sitzende Position zu finden. In der Luft fallend war das nicht ganz so einfach. Es kostete sie einige Anstrengung und zwei Fehlversuche. Als es ihr aber schließlich doch gelungen war und saß sie wie ein Fakir da, der allerdings statt auf einem Nagelbett nur in der Luft saß, und sauste so in Richtung Erde.

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