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Patrick Episode 05

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Arne holte kurz Luft.

"Von wegen keinen Geldbeutel dabei. Sie kriegt kein Geld von ihrem Alten, da braucht sie auch keinen Geldbeutel. Sie muss alles mit Karte bezahlen, damit er überprüfen kann, was sie einkauft, denn ein Geizhals und Controletti ist er auch noch."

"Und du glaubst wirklich, dass er Marie schlägt? Als du sie vorhin am Arm berührt hast, da ist sie wie vor Schmerz zusammen gezuckt und hat ihren Arm weggezogen. Und was ist mit den Mädchen? Und was sagen ihre Großeltern? Wissen die etwas?"

"Schwer zu sagen. Momentan komme ich einfach nicht an sie ran. Marie blockt sehr erfolgreich ab. Und Hanna und Emil habe ich auch schon längere Zeit nicht mehr gesehen."

"Gibt es denn gar nichts, was wir machen können?" fragte ich Arne und mein Herz wurde schwer, als ich an Marie und ihre Kinder dachte.

"Patrick, wir können nicht einfach Verdächtigungen aussprechen, denn wenn die nicht stimmen sollten, dann können du und ich unsere Geschäfte hier zumachen. Ich habe meine Familie, für die ich verantwortlich bin und du hast Elena. Wir müssen einfach abwarten und ich hoffe, dass sich das nicht zum Nachteil für Marie und die Kinder entwickelt."

Wir redeten noch eine ganze Weile, ohne auf einen grünen Zweig zu kommen und auch Melanie hatte keine brauchbaren Vorschläge für uns.

Als es langsam dunkel wurde machte ich voll trüber Gedanken auf den Heimweg.

Ich und Liebe auf den ersten Blick, pah!

Ich war immer der Meinung, dass dieses Thema für mich mit meiner Frau gestorben war. Und nun hatte es mich doch voll erwischt, obwohl ich mich innerlich noch dagegen sperrte.

Ich hatte Marie nur einmal gesehen und jetzt spukte sie in meinen Gedanken herum.

In dieser Nacht habe ich nicht sehr gut geschlafen.

*

Die Überraschung

Am Montagmorgen war ich kurz nach sieben noch schnell im Markt gewesen, um mir eine Brotzeit zu holen. Ich hatte vor, den Vormittag im Wald zu verbringen, um die Stelle, an der ich letzte Woche die Stämme abtransportiert hatte, ein wenig aufzuräumen. Es lagen dort noch körbeweise Zapfen herum, die getrocknet sich gut zum Anfeuern eigneten. Und die trockenen Äste und Zweige mussten wegen der Waldbrandgefahr auch weg gebracht werden.

Als ich den Supermarkt verließ und den Einkaufswagen wieder abstellte, hörte ich ein leises Räuspern. Ich blickte auf und meine Überraschung war groß und sehr freudig.

Neben dem Unterstand der Einkaufswagen stand Marie-Claire und winkte mir hastig zu. Ich schaute mich schnell um, dann eilte ich zu ihr. Sie nahm meine Hand und zog mich rasch um die Ecke, damit uns niemand sehen konnte. Noch bevor ich etwas sagen konnte, warf sie ihre Arme um mich und erstickte meine Frage mit einem gefühlvollen Kuss.

Marie hatte die Initiative ergriffen und ich war ihrer Aufforderung nur zu gerne gefolgt, als wenn es genau das gewesen wäre, auf das ich gehofft hatte.

Jetzt stellte sich in der Tat keine Frage mehr. Ohne ein Wort war alles gesagt. Wir klammerten uns aneinander, als wenn wir uns nie wieder loslassen wollten.

Wäre die Zeit stehen geblieben, wir hätten es nicht bemerkt.

Irgendwann lösten sich unsere Lippen, weil uns einfach die Luft ausging. Und immer noch hielten wir uns fest.

Ich schaute in Marie´s wunderschöne Augen und sah Dinge darin, die ich nicht wirklich sehen wollte. Leid, Elend, Schmerz und Verzweiflung und dann sah ich ihre Tränen.

Hoffnungslosigkeit macht sich in mir breit.

Was konnte ich tun? Konnte ich ihr überhaupt helfen?

Marie schien zu spüren, was in mir vorging. Sie legte mir ihren Zeigefinger auf die Lippen.

"Psst, sag nichts, Patrick. Lass mich dich einfach nur spüren. Du kannst es ja doch nicht ändern. Aber so ist es erträglich, wenn du mich hältst. Das tut mir richtig gut."

So ein emotionales Hochgefühl hatte ich erst einmal in meinem Leben ( bei meiner Frau Angelika; leider nicht bei Marion und schon gar nicht bei Linda ) gehabt und ein einziger brutaler Augenblick hatte mich damals wieder in die Wirklichkeit geschleudert.

Sie legte ihren Kopf an meine Brust und hielt ganz still. Ich wagte nicht mich zu bewegen oder etwas zu sagen, um die Stimmung nicht zu zerstören. Ich genoß ihre Gegenwart und ihre Berührung. Ein Gefühl von Melancholie überkam mich, als ich sie so im Arm hielt und ich wünschte mir, dass dieser Moment ewig dauern würde.

Aber das tat er nicht. Marie schob mich etwas von sich, sah mir noch einmal tief in die Augen und gab mir einen zarten, leichten Kuss.

"Ich muss heim, Patrick. Ich bin mit den Kindern von Johann weg und bin jetzt bei Hanna und Emil . . . "

Ich wollte sie etwas fragen.

" . . . . nein, bitte komme nicht vorbei. Wenn Johann dich sieht, oder auch nur etwas ahnt, dann weiß ich nicht, was passiert. Er ist im Moment unberechenbar."

"Marie, ich werde nicht kommen, aber nur wegen dir und den Kindern. Wegen mir wäre es egal, ich fürchte mich nicht vor ihm. Bitte passt auf euch auf, ich mache mir Sorgen."

"Das musst du nicht, aber ich danke dir für deine Fürsorge. Ich muss noch einkaufen. Bitte warte nicht auf mich, lass dich durch mich nicht von deiner Arbeit abhalten. Vielleicht kommst du dabei auf andere Gedanken. Ich schaue heute am Nachmittag kurz bei dir vorbei, weil ich mir einen Vertikutierer ausleihen möchte. Ist das in Ordnung?"

"Ja, ich werde ihn für dich bereitstellen."

Sie drückte mich noch einmal kurz, dann war sie weg.

Ich stand noch eine ganze Weile da. Wie sollte nur ich auf andere Gedanken kommen, wenn ich ständig ihr Bild vor meinen Augen hatte.

Aber im Wald durfte ich mich bei der Arbeit nicht ablenken lassen; die Verletzungsgefahr war sonst einfach zu groß.

Ich konnte es kaum erwarten, dass es endlich Nachmittag wurde. Sogar meine Arbeit im Wald hatte ich schneller hinter mich gebracht, als üblich. Die Vorfreude auf Marie machte mir ordentlich Beine.

*

Und dann stand sie bei mir im Hof. Eine leichte Röte hatte ihr Gesicht überzogen und lies sie bezaubernd aussehen.

Ich ging mit ihr in den Schuppen, in dem die Rasenmäher, Kantenschneider und Vertikutierer standen. Kaum waren wir im schattigen Halbdunkel eingetaucht, klammerten wir uns aneinander und ein leidenschaftlicher Kuss war die angesagte Konversation.

Ich hielt Marie an mich gedrückt und spürte, wie zart und mager sie war. Jede einzelne Rippe konnte ich spüren und die Arme waren dünn wie Streichhölzer.

"Marie, mein Engel, was ist mit dir? Sag mir, was ich für dich und die Mädchen tun kann und sag jetzt bitte nicht, dass alles in Ordnung ist. Dass es das nicht ist, das sehe und fühle ich."

"Da muss ich alleine durch, Patrick, dabei kannst du mir nicht helfen. Johann dreht momentan sowieso durch. Wegen jeder Kleinigkeit schlägt er die Kinder und wenn ich mich dazwischen stelle, dann kriege ich auch meinen Teil ab. Wenn er wüßte, dass ich hier bin, dann würde er mich umbringen. Wir müssen höllisch aufpassen."

Sie atmete tief durch.

"Und wenn er den Brief vom Anwalt bekommt, in dem steht, dass ich die Scheidung will, dann . . . . . "

Sie schluckte und konnte nicht weiter reden.

Ich hob Marie´s Kinn an und blickte ihr in die Augen.

"Pack deine Sachen und die deiner Mädels und kommt zu mir. Ich habe Platz genug im Haus und ihr seid herzlich willkommen."

"Das geht noch nicht. Ich kann doch nicht alles einfach so liegen lassen. Das Haus und der Garten . . . "

"Marie! Haus, Garten!!! So kann es doch nicht weiter gehen! Ihr seid wichtiger als alles andere!"

Sie griff sich den Vertikutierer und schob ihn hektisch an mir vorbei zu ihrem Auto, hatte aber so wenig Kraft, dass sie ihn nicht in den Kofferraum heben konnte. Ich half ihr und als sie ins Auto steigen wollte, hielt ich sie sanft an den Schultern fest.

"Marie, ich stehe zu meinem Wort. Ich helfe dir gerne, weil ich dich liebe. Bitte glaube mir."

"Ich glaube dir Patrick, aber ich kann nicht. Es wird schon alles gut werden. Ich habe die Mädchen zu den Großeltern gebracht, da sind sie sicher."

Sie gab mir noch einen schnellen Kuss, dann fuhr sie davon. Ganz und gar nicht beruhigt blieb ich zurück.

Ich setzte mich auf einen Stapel Paletten und tiefe Hoffnungslosigkeit und unendliches Mitleid für Marie und die Mädchen überkam mich. Tränen rollten mir über das Gesicht und es dauerte eine ganze Weile, bis ich mich wieder beruhigt hatte.

Warum um Himmels Willen war ich bereit, alles nur Erdenkliche für sie zu tun? Jedes Risiko einzugehen, um sie für mich zu gewinnen? Rationale Gründe konnten das nicht sein, das ging viel tiefer.

*

Konfrontation

Am späten Nachmittag fuhr ein Kleinlaster der Firma Berger auf den Hof. Am Steuer saß Johann mit rotem Kopf. Er kletterte auf die Ladefläche, nahm den Vertikutierer und warf ihn herunter.

"Das bezahle ich nicht, das hat meine Frau ohne meine Zustimmung gemacht. Sie hatte keinen Auftrag dafür und an dich gebe ich kein Geld für so einen Scheiß aus. Und halte dich von meiner Frau fern, du . . . "

"Alles Gute zum Namenstag," erwiderte ich ruhig.

Er schaute mich erstaunt an.

"Heute ist Dummschwätzer, Herr Berger."

Johann lief feuerrot an und ballte die Fäuste. Langsam ging ich auf ihn zu. Es hieß nun fest zu bleiben und die Stellung zu behaupten,

"Und jetzt schau, dass du von meinem Grund und Boden kommst, sonst garantiere ich für nichts."

Wie der Blitz verschwand er in der Fahrerkabine und startete den Motor. Er legte den Gang ein, lies die Kupplung viel zu schnell kommen und würgte den Motor ab. Der LKW machte einen kleinen Satz nach vorne und blieb stehen. Nach einem erneuten Anlassen brauste Johann mit Vollgas vom Hof, wobei er beinahe noch über den Vertikutierer fuhr.

Mein schallendes Gelächter musste ihm wie ein Schlag ins Gesicht vorgekommen sein.

Dann war er weg und ich musste mich erst einmal hinsetzen und tief durchatmen. Meine Sorgen um Marie wurden jetzt nicht geringer, im Gegenteil, aber ich konnte und wollte sie zu keiner Entscheidung zwingen.

Irgendwie war ich frustriert und stand neben mir. Ich hatte eine mordsmäßige Wut auf Johann, aber auch auf mich, weil ich nichts tun konnte, um die Situation für Marie und die Kinder zu erleichtern. Ich musste mich abreagieren, bevor ich platzte.

Also ging ich am Abend in meinen Trainingsraum und machte Judo-Katas und Karateübungen, bis ich schweißüberströmt und erschöpft aufgab. Aber es half ein wenig und mein emotionaler Level pendelte sich so einigermaßen bei Normal ein.

*

Der Schock

Die nächsten Tage begegnete ich Marie nicht. Ich ging jeden Morgen kurz in den Supermarkt, obwohl ich eigentlich nichts brauchte, nur um sie zu treffen. Arne hatte mir verraten, wann sie dort meistens beim Einkaufen war.

Aber umsonst. Keine Spur war von ihr zu sehen.

Elena und Anna würden über das Wochenende kommen, daher musste ich am Freitagvormittag noch ein paar Besorgungen in unserem Supermarkt machen. Da lief mir Marie über den Weg und konnte mir nicht mehr ausweichen.

Um Himmels Willen, wie sah die denn aus?

Blass, erschöpft und gebückt, schleppte sie sich ( anders konnte man es nicht nennen ) die Regale entlang. Ihre schönen Augen lagen tief in ihren Höhlen und wenn sie etwas in ihren Wagen legte, presste sie schmerzverzerrt die Lippen aufeinander. Sie wirkte wie eine uralte Frau auf mich.

Als sie mich sah, bemühte sie sich fröhlich und entspannt zu sein, aber das war nur Fassade. Ich sah das Leid in ihren Augen und eilte auf sie zu. Ich legte meine Hand auf die ihre. Ich war total verzweifelt, als ich ihren Zustand erkannte.

"Marie, Marie, was ist denn nur mit dir los? Bitte sage mir, was ich für dich tun kann. Egal was es ist, ich will dir doch nur helfen."

Jetzt brach die Mauer, die sie um sich aufgerichtet hatte, zusammen. Weinend lehnte sie sich an mich, schlang ihre Arme um mich und heulte ihr ganzes Leid und Elend heraus. Ich verstand nicht viel von dem, was sie stammelte, aber aus den paar Brocken, die ich mir zusammenreimen konnte erkannte ich, dass sie dringend Hilfe brauchte.

Ich gab Diana Bescheid, lies unsere Einkaufswagen an der Seite stehen, nahm sie mit vor ins Café und setzte sie auf einen Stuhl. Marie legte ihren Kopf auf die Unterarme und weinte ohne Unterlass. Ich wollte schnell für uns zwei Kaffee holen, als Marion, die mich bediente, laut aufschrie.

Marie war vom Stuhl gekippt und lag reglos auf dem Boden.

Blut lief ihr aus Mund und Nase und auch ihre weiße Jeans war voller Blut.

"Marion, ruf schnell den Doc an, wir haben einen Notfall. Er soll sofort mit seinem Koffer herkommen."

Ich lies mir ein paar Handtücher geben, brachte Marie in die stabile Seitenlage und versuchte ihr das Blut aus der Mundhöhle zu entfernen. Ich legte ihren Kopf auf einige Handtücher, damit er nicht mit dem kalten Steinboden in Berührung kam. Ich schaute nach, ob sie atmete und war beruhigt, als ich einen leisen Atemzug von ihr vernahm.

Jetzt konnte ich nur noch auf den Arzt warten. Thomas, der Juniorchef des Marktes, stellte eine leichte Trennwand aus dem Café vor uns auf, damit Marie vor den neugierigen Blicken der unvermeidlichen Gaffer geschützt wurde.

Das Ärztehaus war nur eine Minute vom Markt entfernt und Doc Olaf war auch sofort da. Er fragte mich, was passiert war und ich gab ihm so gut als möglich Auskunft. Er fühlte Marie´s Puls, überprüfte ihren Blutdruck und Atem und wusch ihr das Blut aus dem Gesicht. Dann gab er ihr eine Spritze, um ihren Kreislauf zu stabilisieren.

Marie lag reglos da und rührte sich nicht.

Ich hielt ihre Hand und Tränen liefen mir über das Gesicht. Was war denn mit ihr los?

Der Doktor nahm sein Mobilphone, wählte und ging einige Schritte zur Seite. Dann telefonierte er ein paar Minuten lang.

"Ich habe einen Rettungshubschrauber angefordert. Mit dem Rettungswagen möchte ich sie nicht transportieren. Sie muss sofort nach F. in die Uniklinik. Es ist sehr ernst und es geht um jede Minute. Sie hat innere Verletzungen, aber was genau, kann ich hier nicht feststellen. Wie konnte sie in diesem Zustand nur das Haus verlassen? Sie hätte uns sofort rufen müssen. Weißt du was passiert ist?"

"Nein, ich habe sie nur hier hingesetzt, weil sie so elend aussah und dann ist sie umgekippt. Olaf, kann ich mit? Ich will sie nicht alleine lassen."

Olaf sah mich nachdenklich an. Ich hatte zu ihm und seinem Können vollstes Vertrauen, hatte er doch meinem Onkel nach dessen Motorradunfall als Notarzt das Leben gerettet. Ohne seinen Eingriff noch am Unfallort wäre Arne heute nicht mehr unter uns.

Seitdem waren die beiden gute Freunde geworden.

"Ich kann es dir nicht versprechen, Patrick, aber ich werde es versuchen und schauen, ob noch ein Platz im Heli frei ist. Wer sagt der Familie Bescheid?"

"Das mache ich. Die Kinder sind bei den Großeltern, um dort über das Wochenende zu bleiben."

Olaf wirkte etwas überrascht.

"Scheinbar gibt es ein paar Probleme zwischen Johann und Marie und die Kinder sind auch davon betroffen. Frage mich nicht was vorgefallen ist, aber ich habe da so meine Vermutungen. Marie´s Verhalten war sehr auffällig und sie scheint irgendetwas vor der Öffentlichkeit verbergen zu wollen."

Dass Marie die Scheidung eingereicht hatte, musste er jetzt noch nicht wissen.

Olaf nickte.

"Ich habe gerade bei der ersten Untersuchung festgestellt, dass sie überall blaue Flecken und Blutergüsse hat und für ihre Größe ist sie total unterernährt. Aber sie war schon längere Zeit nicht bei uns in der Sprechstunde, da ist es mir nicht aufgefallen. Und weil du es gerade sagst, die Mädchen waren auch immer mit Hanna zur Untersuchung in der Praxis. Häusliche Gewalt, hmmm. Ich weiß nicht, ob man da nicht die Polizei einschalten sollte."

„Das sollen Hanna und Emil machen, da Marie und die Mädchen zur Zeit bei ihnen sind, sind sie auch davon betroffen," stellte ich fest.

Der Hubschrauber landete auf dem hastig freigemachten Parkplatz des Marktes und ein Arzt und zwei Rettungssanitäter kamen eilig mit einer Krankentrage zu uns. Olaf informierte den Notarzt über seine ersten Untersuchungen. Marie wurde vorsichtig auf die Bahre gehoben und zum Heli gerollt. Sie wurde sofort an eine Infusion gehängt, bekam eine Atemmaske und wurde wurde festgeschnallt. Dann wurden die Turbinen gestartet und der Hubschrauber machte sich auf den Weg ins Klinikum.

Leider durfte ich aus psychologisch-medizinischen und versicherungstechnischen Gründen nicht mitfliegen, würde mich aber sofort ins Auto setzen und nach F. fahren. Doc Olaf würde dort Bescheid geben, so dass ich Marie sehen oder mit ihr sprechen konnte. Er würde mich als Verwandten ausgeben, damit ich Zutritt zu ihr bekam.

Das Schicksal ging schon manchmal recht merkwürdige Wege.

*

Ich nahm mein Telefon und wählte die Nummer von Marie´s Großeltern, um ihnen Bescheid zu geben, aber keiner meldete sich.

Dann eilte ich so schnell wie möglich nach Hause um ins Klinikum zu fahren. Als ich am Ärztehaus vorbeikam, saß Hanna mit verweinten Augen auf der Bank. Ich eilte zu ihr, setzte mich neben sie und ergriff ihre Hand.

"Was ist los, Hanna?"

"Ach Patrick, Johann ist völlig durchgedreht. Er ist zu uns gekommen und hat nach Marie und den Kindern gesucht. Er hat laut herum geschrien und Drohungen ausgestoßen. Marie hat die Scheidung eingereicht und ist mit den Kindern zu uns gekommen. Ich weiß nicht, was er mit ihr gemacht hat, aber sie hat nicht gut ausgeschaut. Gott sei Dank sind die Mädchen noch in der Schule. Ich habe richtig Angst vor Johann gehabt. Emil ist dann zu ihm hin und wollte ihn beruhigen."

Hanna schniefte und ein heftiger Schauer erschütterte sie.

"Und dann hat Johann einfach auf ihn eingeschlagen und als Emil auf dem Boden lag, da hat er auch noch getreten. Ich hab mich im Schlafzimmer eingesperrt und die Polizei angerufen. Ich hatte eine Todesangst, bis die da waren, denn Johann hat versucht in das Haus zu gelangen. Als dann Herr Maier und ein Kollege bei uns eintrafen, da ist Marie´s Mann, nein, für mich ist er das nicht mehr, auf die beiden losgegangen. Sie haben ihn überwältigt, Handschellen angelegt und ihn in das Polizeiauto gesetzt. Dann hat Herr Maier Doktor Heller angerufen und der hat Emil hier in die Praxis gebracht. Jetzt muss er in die Kreisstadt ins Krankenhaus und ich weiss nicht, was ich tun soll."

"Nun, Hanna, traust du dich alleine zu euch nach Hause zu gehen? Ja? Gut. Dann erstattest du bei der Polizei Anzeige gegen Johann. Nein, das machst du sofort, bloß nicht damit warten. Ich vermute, dass Johann Marie geschlagen und schwer verletzt hat. Der gehört weggesperrt, der ist gemeingefährlich. Du hast ja sicher den Hubschrauber gehört. Sie ist schon auf dem Weg ins Krankenhaus."

Ich erzählte ihr so schonend wie es konnte, was mit Marie passiert war und dass sie die Kinder vom Busbahnhof abholen sollte, wenn sie aus der Schule kamen. Dann bekam sie meinen Zweitschlüssel zum Haus.

"Hanna, packe für dich und die Mädchen ein paar Sachen zusammen und dann kommt zu mir, bis wir wissen, wie es weitergeht. Johann kann euch momentan nichts anhaben, der sitzt erst einmal. Es gibt genug Zimmer für euch. Ich fahre jetzt in die Klinik, um zu sehen, wie es Marie geht. Bereite die Mädchen schonend darauf vor, dass ihre Mutter ernst verletzt ist und wahrscheinlich einige Zeit in der Klinik bleiben muss. Essen ist genug da und alles ist in der Küche verstaut. Musst es halt zusammensuchen. Ich fahre jetzt los, bin aber heute Abend wieder bei euch. Elena und Anna kommen und werden euch beistehen. Dann schauen wir, wie es Emil geht und wann wir ihn besuchen können. Pass mir bitte gut auf Ela und Susi auf."

Hanna versprach mir das, aber etwas schien sie zu bedrücken.

*

Hanna´s Geständnis

"Was ist los, Hanna? Was liegt dir noch auf dem Herzen? Komm, sag´ es mir."

"Patrick, ist dir eigentlich nicht aufgefallen, wie schnell du und Marie harmoniert habt. Und zwar vom ersten Augenblick an? Marie hat mir erzählt, was sie für dich empfindet und dass sie es sich nicht erklären kann. "