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Patrick Episode 05

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"Doch, das hat mich schon etwas gewundert, weil wir uns vorher doch nie begegnet sind. Und als ich sie das erste Mal bei Arne getroffen habe, war es mir, als würde mir eine Schwester begegnen, so vertraut ist sie mir vorgekommen. Aber eigentlich war es noch viel mehr. Dabei sind wir nicht einmal irgendwie verwandt. "

"Ich muss dir etwas gestehen, Patrick. Vor 33 Jahren war meine Tochter Sabine in den Sommerferien bei meiner Verwandtschaft an der Donau. Sie war damals schon mit ihrem späteren Mann zusammen, aber noch nicht verheiratet. Und in dem Urlaub hat sie, wie sie mir gestanden hat, einen tollen und unglaublich netten Mann kennengelernt. Sie war hinterher vollkommen durcheinander, denn der Mann, in den sie sich verliebt hatte, war verheiratet und hatte selbst schon erwachsene Kinder. Nach ihrer ersten Liebesnacht wurde meine Tochter schwanger und das Ergebnis ist die Frau, nach der du dich so sehnst und die du liebst. Marie, meine Enkelin."

Ich blickte alarmiert auf, denn mir schwante Böses.

"Hanna, wer ist Marie´s Vater? Kenne ich ihn vielleicht?"

"Das weiß ich nicht, es könnte aber gut möglich sein. Marie´s Vater heißt Bernhard und ist auch Arne´s Vater. Meine Tochter hat ihn niemals wieder gesehen und auch mein Schwiegersohn war immer der Meinung, dass Marie seine Tochter sei. Aber vor 7 Jahren kam ein Päckchen zu uns, in dem ein Brief für Marie und ein Sparbuch mit einem ansehnlichen Guthaben war. Das Päckchen wurde uns von einem Boten gebracht und hatte keinen Absender. So musste ich Marie notgedrungen erklären, das ihr verstorbener Vater nicht ihr biologischer Vater war. Allerdings habe ich ihr bis heute verschwiegen, dass Arne ihr Halbbruder ist und von dem Brief, in dem steht, wer ihr Vater ist, habe ich ihr nichts erzählt. Vielleicht war das ein großer Fehler von mir."

Das war der Hammer. Mein Opa, geachtet, integer und hochangesehen hatte eine Affäre mit einer viel jüngeren Frau gehabt und hatte mit ihr eine Tochter. Die Frau, die ich über alles liebte. Mann, Onkel Arne hatte eine Halbschwester, von der er nichts wusste.

Was war Marie dann zu mir? Meine Halbtante?

Wenn es nicht so ernst gewesen wäre hätte ich laut aufgelacht. Die erste Begegnung und die Folgen daraus konnten einfach kein Zufall sein. Deswegen der fragende Blick von Doc Olaf. Und ich war ahnungslos gewesen und jetzt völlig überrumpelt.

"Und mein Opa hat niemals etwas davon erzählt. Bis zu seinem Tod nicht. Nicht einmal meiner Oma hat er etwas gesagt. Wenn meine Mutter erfahren würde, dass sie eine Halbschwester hat, dann würden die Weiber zu Furien werden. Oh ja, ich kenne meine weibliche Verwandtschaft nur zu genau. Hanna, kein Wort darüber, zu niemanden. Nein, auch nicht zu Marie. Wenn sie das jemals erfährt, dann von mir. Aber nicht hier und jetzt. Sie soll erst einmal gesund werden, das ist das Allerwichtigste."

Ich lehnte mich zurück und schaute Hanna an, die zustimmend nickte.

"Patrick, ändert das etwas an deinen Gefühlen für Marie?"

"Nicht im geringsten, Hanna. Ich liebe Marie und nichts wird etwas daran ändern. Aber noch eine Hiobsbotschaft will ich ihr und den Kindern jetzt bestimmt nicht zumuten."

Jetzt war ich noch mehr entschlossen, den geplanten Schritt zu gehen.

Ich drückte Hanna noch einmal kurz, dann eilte ich davon. Auf der Fahrt ins Klinikum informierte ich meine Tochter über das was vorgefallen war und bat sie, sich mit Anna um die drei zu kümmern. Ich würde abends zurückkommen und dann würden wir alles weitere klären.

Jetzt kam der schwere Teil, aber mein Gefühl sagte mir, dass es richtig war was ich vor hatte.

*

Entscheidungen

Im Klinikum angekommen, versuchte ich heraus zu finden, wo Marie war und was mit ihr gemacht wurde.

Die Schwester an der Information gab mir zu verstehen, dass sie im OP sei und dass es wohl noch einige Zeit dauern würde, bis einer der Ärzte mir sagen könnte, was genau mit ihr war.

Die Zeit schlich dahin und ich wurde immer unruhiger und besorgter. Ich holte mir am Automaten etwas zu trinken, da ich einen völlig ausgetrockneten Mund hatte.

Endlich, nach mehr als 5 Stunden nervenaufreibenden Wartens, kam ein Arzt auf mich zu.

"Sind sie Herr R.? Sie sind mit Frau Berger verwandt?", fragte er und als ich nickte deutete er auf einen Stuhl und wir setzten uns. "Wir haben getan, was uns möglich war, aber sie ist noch nicht über den Berg. Sie lebt, aber das ist alles, was wir mit Sicherheit sagen können. Hat sie jemanden, den wir verständigen können?"

"Ihre Großmutter und ihre Kinder sind bei mir, bis Marie wieder nach Hause darf."

Der Arzt schüttelte den Kopf.

"Das kann aber noch dauern . . . ."

Doc Olaf eilte mit schnellen Schritten durch den Flur.

" . . . . ihr Hausarzt wird ihnen mitteilen, was genau los ist, was wir getan haben und was noch alles auf Frau Berger zukommen wird. Ich wünsche Ihnen viel Glück."

Er stand auf, schüttelte mir die Hand und ging davon. Olaf nahm schnaufend auf dem Stuhl Platz und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

"Was war das nur für ein Vieh, der ihr das angetan hat. Patrick, ich habe schon viel erlebt, in der Praxis, als Notarzt und in der Chirurgie, aber so etwas habe ich noch nie gesehen. Als wenn sie von einem Lkw überrollt worden wäre. Drei Rippen sind gebrochen, zwei angeknackst, sie hat einen Milzriß und eine Gehirnerschütterung. Aber das ist noch nicht das Schlimmste. Die linke Niere ist komplett zerstört und die rechte schwer in Mitleidenschaft gezogen. Dazu kommen Quetschungen, Prellungen und Blutergüsse. Wir haben getan, was wir konnten, aber ob sie das überlebt kann ich nicht sagen. Sie wäre uns fast verblutet. Dadurch dass sie so abgemagert ist, hat sie kaum Reserven und Selbstheilungskräfte. Wir haben sie ins künstliche Koma gelegt, sie wird beatmet, hängt an der Dialyse und am Tropf. Jetzt können wir nur noch beten und hoffen. Vor allem brauchen wir eine neue Niere für Marie, sonst besteht keine Hoffnung. Mit sehr viel Glück können wir die rechte Niere noch retten, aber ob sie je wieder voll arbeiten wird, das können wir jetzt noch nicht sagen. Wie sie in diesem Zustand noch einkaufen gehen konnte, das ist uns allen ein Rätsel."

Als ich diese niederschmetternde Diagnose vernahm, liefen mir Tränen voller Verzweiflung über das Gesicht. Aber ich sah auch eine allerletzte Möglichkeit, um ihr eventuell zu helfen.

"Olaf, du kennst meine Daten. Wäre es möglich, dass ich ihr eine Niere abgebe?"

Der Doktor schaute mich überrascht an.

"Das würdest du tun, Patrick? Warum?"

"Ich habe meine Gründe dafür. Denk allein nur an die Kinder. Was soll aus den Mädchen ohne ihre Mutter werden? Wenn ich daran denke, dass sie eventuell in ein Heim kommen, dann packt mich schon jetzt das Grausen. Hanna und Emil sind einfach zu alt, um sich um die beiden zu kümmern und Hanna hat die nächste Zeit genug damit zu tun Emil wieder aufzupäppeln."

Mehr sagte ich nicht, denn noch wollte ich nicht alle meine Gründe offenbaren.

*

Ich griff in meine Brieftasche und holte meinen Gesundheitspass hervor, den ich immer bei mir hatte. Olaf blätterte ihn durch.

"Die gleiche Blutgruppe habt ihr schon mal. Du bist gesund, hast keine Diabetes, keinen Bluthochdruck und kein Übergewicht. Herz, Lunge und Nieren sind nach dem letzten Check in Ordnung. Aber das müssen wir alles noch einmal testen. Komm mit!"

Ich rief schnell noch zuhause an und sagte Bescheid, dass es noch etwas länger in der Klinik dauern konnte. Elena war besorgt, aber ich bat sie, Marie´s Töchter zu trösten, es würde schon alles gut werden.

*

Und nun begannen die Untersuchungen.

Großes Blutbild mit allen Schikanen, danach ging es zum Röntgen. Von vorne, von hinten und besonders der Bauchraum und der Magen wurden gründlich durchleuchtet.

Doch dann brach Olaf ab, da es schon spät war und der Rest der Untersuchungen nicht im Ansatz mehr zu schaffen war. Es stellte mich noch dem Chefchirurgen des Transplantationszentrums vor. Ich erläuterte ihm die Sachlage und auf die Frage, warum ich das alles für die Patientin machen würde, gab ich frei heraus meine verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Verhältnisse und meine Planungen bezüglich Marie preis.

Dr. R. nickte verständnisvoll und Olaf hatte an diesen Tatsachen erst einmal ordentlich zu kauen.

Allerdings konnte ich Marie nicht sehen, da die Operation gerade erst vorbei war und die Nachversorgung immer noch andauerte. Das mußte bis nächste Woche warten.

Die beiden schlugen mir vor am Montag weiter zu machen. Ich müsste aber damit rechnen, dass es etwa 3 Tage dauern würde, bis alles durchgezogen sei. Und wenn ich als Spender geeignet wäre, müsste ich meine Gründe vor der Ethikkommission darlegen und erst die würde eine Entscheidung treffen und mich vielleicht in die Warteliste aufnehmen. Damit war ich einverstanden. Ich fragte Olaf, ob ich ihn mit nach Hause nehmen konnte und er sagte zu.

Auf der Heimfahrt erzählte ich ihm so einiges und jetzt verstand er die Gründe meines Handelns.

"Ich habe mit dem Fall erst wieder zu tun, wenn Marie heim kommt, aber jetzt ist sie in sehr kompetenten Händen. Natürlich lasse ich mich über ihren laufenden Zustand informieren. Hoffen wir, dass alles klappt und dass sie wieder vollkommen gesund wird. Was alles auf dich zukommt, wird man dir im Klinikum sagen, natürlich unter der Voraussetzung, dass du als Spender akzeptierst wirst. Aber nach allem Anschein stehen die Chancen nicht allzu schlecht. Komm am Montag, bevor du fährst, bei uns in der Praxis vorbei. Ich lasse alle Unterlagen, die du brauchst herrichten. Und ich wünsche dir und Marie nur das Allerbeste."

*

Wieder zuhause.

Hanna, Anna und Elena begrüßten mich sehr bedrückt. Ich rief alle, auch die Mädchen zusammen ins Esszimmer, um Kriegsrat zu halten. Ich wußte, dass ich gute Überzeugungsarbeit leisten musste, um meine Gründe zu belegen. Gerade vor Elena.

Von ihr kamen auch die meisten Einwände, die natürlich verständlich waren, denn ich hatte ihr die Risiken, die auch mich betrafen, nicht verschwiegen.

Sie überlegte lange, dann ging sie zu Susi und Michaela.

"Ihr seid ja doch so was wie Schwestern für mich und gehört zur Familie. Und in der Familie hält man zusammen. Bedingungslos. Papa hat eure Mutter so gerne, dass er all die Dinge, die auf die beiden zukommen werden, in Kauf nimmt. Ich habe meine Mama vor vielen Jahren verloren und das soll mir dann mit meiner neuen Mama nicht noch einmal passieren."

Die drei umarmten und herzten sich und Hanna und ich waren ganz gerührt, dass sie so zusammen hielten.

Elena hatte also von sich aus schon entschieden, dass Marie und ich, wenn alles gut verlaufen sollte, zusammen bleiben würden.

Wir unterhielten uns noch lange und machten Pläne. Am Sonntag würden wir Emil im Krankenhaus besuchen und am Montag würde Elena mich ins Klinikum bringen. Hanna und die Kinder würden mitkommen, denn vielleicht hätten sie die Möglichkeit, Marie zu sehen. Ich warnte sie vor dem was auf sie zukommen würde, aber sie waren sehr gefasst und ließen sich nicht davon abbringen. Elena würde den Landcruiser behalten, damit sie beweglich wäre.

Dann hatte ich noch einen Weg vor mir, der mich nicht besonders erfreute. Als das Eiscafé zumachte, stand ich bei Melanie und Arne auf der Matte. Ich informierte die beiden, was geschehen war und wie es um Marie stand.

Dann sagte ich zu meinem Onkel: „Setz dich mal hin, ich muss dir etwas sagen, was ich seit heute morgen weiß. Dein Vater, mein Opa, war nicht immer der, den er nach außen darstellte. Du hast noch eine Schwester, oder besser, eine Halbschwester."

Arne schaute mich ungläubig an.

„Wer?", fragte er.

Ich nickte nur.

„Marie???", schrie er fast.

„Ja, Marie. Opa hatte ein kurzes Verhältnis mit Hannas Tochter und das Ergebnis war Marie."

Meinem Onkel liefen die Tränen über die Wangen und ein heftiges Schluchzen schüttelte ihn. Melanie umarmte ihn und hielt ihn in ihren Armen, bis er sich wieder beruhigt hatte.

„Jetzt habe ich noch eine Schwester und vielleicht habe ich niemals die Gelegenheit, sie richtig kennen zu lernen. Meine Güte, warum musste das passieren?"

„Arne, hör mir zu. Ich liebe Marie und ich werde alles tun, was in meiner Macht steht, damit sie weiterleben kann. Für sie würde ich mein Leben hergeben und nicht nur die eine Niere."

„Und ich habe keine Chance als Spender?", meinte er.

„Nein, schau dich doch mal an . . . ."

„Ja, ja, ich weiß", brummelte er, „zu dick, Diabetes, Bluthochdruck und so weiter. Aber sie ist doch meine Schwester."

Melanie nahm sein Gesicht in beide Hände und blickte ihn fest an.

„Jetzt meckere mal nicht. Du kannst froh sein, dass du überhaupt noch lebst. Außerdem hast du noch die Kinder und mich und wir brauchen dich mehr als alles andere. Also lass Patrick das machen, was er vorhat, er hat treffende Gründe. Wünschen wir den Beiden alles Gute, sie können es brauchen und die Mädchen können immer zu uns kommen. Und jetzt noch einen Espresso und dann muss Patrick schnell ins Bett, denn er muss morgen sehr früh raus."

*

Vorlauf

Am Montag begann das volle Programm. Ich umschreibe es nur kurz, denn das wäre eine eigene Geschichte. Aber vor den Untersuchungen durfte ich in die Intensivstation zu Marie.

Ich war auf einiges gefasst, aber nicht auf das was mich erwartete. Unter lauter Kabeln, Schläuchen und Drähten war sie fast nicht zu erkennen, Sie hatte die Augen geschlossen und eine Atemmaske verhüllte ihr schönes Gesicht. Überall summte, blinkte und piepste es und ich nahm ganz vorsichtig Marie´s Hand und streichelte sie behutsam. Der diensttuende Arzt erläuterte mir leise ihren Zustand.

„Wir haben sie soweit es uns möglich war stabilisiert, die Blutungen sind gestillt und nun können wir nur noch warten und hoffen. Ich habe gehört, was sie machen wollen und wenn alles klappt und sie die Einwilligung bekommen, dann sehe ich ein kleines Licht am Horizont. Aber wir müssen sie erst einmal auf Dauer stabilisieren und dann aufpäppeln. Viel Glück und jetzt gehen sie und machen sie die Untersuchungen, es wird schwer genug."

Wir gaben uns die Hand und ich verließ die Intensivstation.

Hanna, Elena und die Mädchen, die schon vor mir bei Marie gewesen waren, standen mit verweinten Augen auf dem Flur. Ich ging in die Knie, umarmte Michaela und Susi und sprach ihnen Mut zu. Sie sollten die Hoffnung nicht aufgeben, dann würde alles gut werden. Ich verabschiedete mich von Hanna, den Kindern und besonders herzlich von Elena, der ich allerhand Verantwortung aufgebürdet hatte.

Aber sie kam immer mehr nach ihrer Mutter, war intelligent und selbstbewußt und würde die Aufgabe sicherlich gut meistern.

Entschlossen machte ich mich auf zu den Untersuchungen.

Wieder Blut abnehmen, dann Zucker und Blutdruck messen. Soweit war alles in Ordnung.

Röntgen fiel aus, bis auf die röntgenologische Darstellung der Nierengefäße, das war schon erledigt.

Danach wurde eine Sonographie durchgeführt und eine Computertomographie des Bauchraumes.

Nach dem Mittagessen wurde das Blut noch einmal gründlich untersucht zum Ausschluß latenter Tumorerkrankungen und chronischer Infektionen.

Dann konnte ich endlich wieder zu Marie.

Sie wurde immer noch beatmet und lag blass und reglos da. Ich nahm ihre Hand und die Zeit verging ohne dass ich es bemerkte. Bis ich wieder auf dem Zimmer war, war mein Abendessen bereits abgeräumt, aber die Schwestern hatten mir etwas aufgehoben, so dass ich nicht hungrig ins Bett gehen musste.

Nach dem Frühstück ging der Stress am nächsten Tag weiter.

EKG und Belastungs-EKG wurden durchgeführt, meine Lungen wurden gründlichst untersucht.

Am Nachmittag wurde ich auf psychiatrische und psychosomatische Krankheiten getestet und hatte eine längere Unterhaltung mit einem Psychologen, dem ich die Gründe darlegen musste, die mich zur Nierenspende animiert hatten.

Als das vorbei war konnte ich wieder zu Marie auf die Intensivstation. Ich saß an ihrer Seite, erzählte ihr eigentlich sinnlose Dinge, da sie mir sowieso keine Antwort geben konnte. Aber ich hoffte, dass sie vielleicht irgendwie den Klang meiner Stimme wahrnehmen konnte und ich auf diese Art und Weise etwas Trost spenden konnte.

Nach einer unruhigen Nacht besprach der behandelnde Arzt die Ergebnisse meiner Untersuchungen mit mir. Ich war unendlich erleichtert, dass es keine gesundheitlichen Anzeichen dafür gab, die mich als Spender ausschlossen.

*

Erleichterung

Dann wurden alle Ergebnisse zusammengefasst und an das Transplantationszentrum übergeben.

Am Nachmittag wurde ich vor die Ethikkommission zur Anhörung gebeten, denn dort wurde die endgültige Entscheidung getroffen. Die Kommission bestand aus dem behandelnden Mediziner, einem Vertreter der Klinikleitung, einem externen, neutralen Mediziner, einem Geistlichen und einem Rechtsbeistand. Hier musste ich noch einmal die Gründe erläutern, die mich veranlasst hatte, mich als Spender zu melden. Mir wurden die Risiken dargelegt, die auf mich zukommen konnten, die rechtlichen Folgen und dass trotz aller Übereinstimmungen mit Marie´s Daten immer noch die Gefahr einer Abstoßung meiner Niere bestehen konnte. Dem versuchte man aber durch die Auswahl geeigneter Medikamente vorzubeugen.

Dann zog sich die Ethikkommission zur Beratung zurück und für mich war auch Feierabend, da mir die Entscheidung erst am nächsten Tag mitgeteilt wurde.

Ich telefonierte noch mit Elena, die mir Mut zusprach und mit den Mädchen, die ich aufmunterte und sagte, dass sie uns ganz fest die Daumen drücken sollten, damit alles gut ausginge.

Die nächsten zwei Stunden war ich bei Marie-Claire, redete mit ihr ohne die Chance auf eine Antwort ihrerseits, aber alleine ihr Anblick und das Gefühl das ich in ihrer Nähe empfand, lies meine letzten noch vorhandenen Zweifel und Unsicherheiten verschwinden.

*

Der nächste Tag kam und nach einer kurzen Nacht voller Unruhe wurde mir das Ergebnis der Kommission mitgeteilt.

Geschafft!!!

Ich war als Spender ohne Wenn und Aber angenommen worden und Marie würde meine Niere erhalten.

Der behandelnde Arzt besprach mit mir die Prozedur, sagte aber auch, dass es noch bis zu 3 oder 4 Wochen dauern konnte, bis Marie soweit wäre, dass man ihr die Operation zumuten konnte. Ich gab dem Arzt meine Mobilnummer, da ich ab jetzt mein Telefon immer bei mir mitführen musste. Es konnte dann jederzeit der Anruf erfolgen, der mich aufforderte, am nächsten Tag im Klinikum zu erscheinen. Ich bekam meine Papiere ausgehändigt und rief Elena an, damit sie mich abholte.

Sie brachte Ela und Susi mit und wir gingen noch einmal zu Marie, der ich leise die gute Nachricht zuflüsterte.

Dann fuhren wir heim und es begann eine Zeit voller Ungewissheit und bangen Wartens.

*

Ablenkung

Meine Güte, wann war mein Haus das letzte Mal so voll gewesen? Als meine Frau noch lebte und die üblichen Familienfeste stattfanden, Geburtstage, Ostern und Weihnachten. Danach war alles irgendwie eingeschlafen.

Und nun war wieder Leben im Haus. Ela und Susi hatten ein Zimmer gemeinsam in Beschlag genommen, da sie partout nicht alleine sein wollten, was ich gut verstehen konnte. Hanna war vorläufig im Gästezimmer untergebracht bis Emil wieder nach Hause durfte. Elena und Anna, die Semesterferien hatten, waren in Elena´s Zimmer einquartiert und ich war in meinem eigenen Schlafzimmer.

Als kleines Dankeschön lud ich meine 5 Damen zu einem ausgedehnten Abendessen beim Chinesen ein, denn ohne deren Hilfe wäre alles nicht möglich gewesen.

Elena und Anna, die meinetwegen auf eigenen Urlaub in der Toskana verzichtet hatten, bekamen meinen Privatwagen, einen alten gelben 230 CE Coupé, den ich vor vielen Jahren meinem Opa abgekauft hatte und sonst wie meinen Augapfel hütete und nicht aus der Hand gab. Ich schickte sie auf meine Kosten für eine Woche an den Gardasee zum Baden und Segeln.

Mit Hanna und den Mädchen, deren Sommerferien gerade begonnen hatte, verbrachte ich zwei Tage im Europapark und wir besuchte auf der Heimfahrt Marie, der es langsam wieder besser ging, die aber immer noch auf Intensiv lag. Und solange das so war, war an eine OP nicht zu denken.