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Polyamorie 04 - Kapitel 01+02

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Wir bedauerten, nicht mehr von New York gesehen zu haben. Wir waren nicht an der Freiheitsstatue oder an der Wall Street. Wir hatten nichts, bis auf das Hotel und die nähere Umgebung erkundet.

Von hinten rief Lisa: „Können wir nochmal nach New York fliegen? Dann möchte ich ne richtige Sightseeing-Tour machen, nicht nur Quick-Shopping, oder so. Das ist wie ein Duschfick ohne Orgasmus."

An unseren übereilten Aufbruch beim Abflug erinnert, bei dem unter der Dusche alles schnell-schnell gehen musste, drehte ich meinen Kopf über die Schulter und nickte ihr zu. „Gern, mein Engel. Das wäre also dein Wunsch für unsere Hochzeitsreise zu zweit?! Nicht Hawaii oder die Dominikanische Republik?"

„Das eine schließt ja das andere nicht aus. Man kann doch auch eine Woche hier und eine da machen!", erwiderte sie. Dabei bemerkte ich, wie Marie ihr Smartphone vor sich hielt und uns filmte. Jetzt nur nichts Falsches sagen oder zu viel zugestehen, am Ende wird es noch gegen mich verwendet, dachte ich und murmelte: „Warum nicht gleich ne Weltreise?"

„Viel zu stressig", antwortete Julia. Ich linste zu ihr rüber. „Ja, ein Kollege hat eine gemacht. Der war an zu vielen Orten ohne was richtig zu sehen. Der wusste hinterher gar nicht mehr, wo welches Foto entstanden ist."

„Stimmt, so was will ich auch nicht", stimmte ihr Lena zu. „Ich will was davon haben. Ganz oder gar nicht!" Sie drückte meine Hand und blinzelte mir zu. Ich verstand sie genau. So war Lena nun mal. Schon bei unserer ersten Begegnung unter der Dusche wusste sie, was sie wollte.

An einer Ampel mussten wir stehen bleiben und warten. Plötzlich schrie uns ein Mann von der Seite an. Ich verstand nicht, was er wollte, doch ich erkannte sofort einen Revolver in seiner Hand. Er zielte damit auf Lena.

Mein Herz raste, mein Körper wurde mit Adrenalin vollgepumpt. Ich hörte nur ein paar Wortfetzen: „Bitch! Kneel down! Fucking bitch! Suck my dick!"

Wir alle waren wie gelähmt. Ich erkannte ihn erst jetzt. Es war der gleiche Mann, der uns vor ein paar Tagen schon einmal angegriffen hatte. Dem wir noch rechtzeitig entkommen konnten. Er wollte sich an uns rächen, weil er von der Security des Hotels verprügelt wurde.

In Lenas Augen blitzte Panik auf. Kein Wunder, sie schaute in den Lauf der Waffe. Die Szene wurde von anderen Passanten gesehen, doch alle versuchten sich selber in Sicherheit zu bringen. Ich musste eingreifen, irgendetwas sagen, damit die Aufmerksamkeit auf mich lenken. „Hey you! Stop! What do you want?" Er sah kurz zu mir rüber, hielt den Revolver aber weiter auf Lena gerichtet.

„Shut up, fucker!", keifte er mich an. Er würde Lena bestimmt etwas antun, wenn nicht jemand eingreifen würde.

Dicht hinter uns waren die anderen herangerückt. Sie hatten nicht das Weite gesucht. Yasi schob sich langsam neben Lena und hielt ihren Blick starr auf den Mann gerichtet.

Der Typ machte einen Schritt zur Seite und deutete nun im Wechsel auf Yasi und Lena. „Kneel down! You're next, fucking bitch!", schrie er Yasi an. Er stand direkt vor mir, knapp zwei Meter entfernt. Ich überlegte, was ich tun könnte. Was nutzte mir mein Kampfsport gegen eine Pistole. Mit einer Hand fummelte er an seine Hose, er wollte sie tatsächlich öffnen. In dem Moment ertönte eine Polizeisirene. Jemand musste wohl doch Hilfe gerufen haben. Der Mann erschreckte sich und drehte sich mit dem Revolver in meine Richtung. Ich sprang nach vorne und verpasste ihm einen Aufwärtstritt unter das Kinn. Gleichzeitig bemerkte ich einen Schatten neben mir. Von rechts schoss Yasi mit einem harten Schlag an seine Schläfe heran. Ein Knall raubte mir die Orientierung. Ich taumelte und fiel nach hinten. Ich hörte nur noch ein lautes Piepen in meinen Ohren. In der Absicht, dem Angreifer die Waffe aus der Hand zu entwenden, sprang ich auf ihm. Da erkannte ich, dass der Typ bereits regungslos auf dem Boden lag.

Im Aufstehen kickte ich die Waffe fort und drehte mich, um nach den anderen zu sehen. Yasi stand neben mir und hielt sich die Hand vor dem Mund. Hatte er sie verletzt? Ich folgte ihren Blick auf den Boden hinter mir gerichtet. Lena kniete da. Ich befürchtete, dass er sie angeschossen hatte.

Dann sah ich es.

Julia lag auf dem Boden, Marie kniete hinter ihr und hielt ihren Kopf.

„Was ist passiert?", hörte ich mich selber mit einer dumpfen Stimme sprechen.

Ein Polizist drängte sich an mir vorbei und drehte den Mann am Boden auf den Bauch, um ihm Handschellen anzulegen.

Ich sah wieder zu Julia. Sie hatte einen roten Blutfleck auf der Brust. Ihr Gesicht war ganz blass, sie bewegte die Lippen, aber ich konnte nicht hören, was sie sagte.

Ich kniete mich neben sie und griff nach ihrer Hand. Sie sah mich an, ihre Lippen bewegten sich. Ich hielt mein Ohr dicht an ihren Mund. Leise, wie aus weiter Entfernung hörte ich: „... re dich um Marie. Sie ... aucht deine Hilfe."

Ich sah sie wieder an und merkte, wie ihr Griff um meine Hand schwächer wurde. Ein Sanitäter kam dazu. Er schob Marie und mich zur Seite. Ich stand auf und fühlte eine Hand nach meiner greifen. Es war Lena, sie hatte Tränen in den Augen. Als der Arzt bei Julia ein Beatmungsgerät ansetzte und versuchte, sie mit einer Herzmassage wiederzubeleben, bekam ich plötzlich weiche Knie. Übelkeit stieg in mir auf.

Marie stand hinter Julia. Sie wurde von Lisa im Arm zurückgehalten. Ein weiterer Notarzt kam hinzu. Er hatte einen tragbaren Defibrillator dabei. Das Gerät lud auf und er schockte Julias reglosen Körper. Er lud ein weiteres Mal und schockte erneut. Ihr Körper bog sich. Der andere Arzt kontrollierte ihren Puls, dann sah er uns kopfschüttelnd an.

Marie stürzte sich auf Julia und schrie: „NEIN!!! Juls, lass mich nicht allein! BITTE NICHT!"

Sie musste es so laut geschrien haben, dass selbst ich es durch das Pfeifen im Ohr vernahm.

Alles schien wie in einem unwirklichen Traum, verschwommen, undeutlich, wie durch Nebel. Lisa kniete sich neben Marie und versuchte, sie von Julia wegzuziehen. Lena und Yasi sah ich neben mir. Sie hielten sich ebenfalls in den Armen. Um mich drehte sich alles, meine Knie sackten weg und ich fiel auf den Bürgersteig ...

***

Ein hoher Pfeifton weckte mich. Ich hörte Stimmengemurmel. Erkannte keinen Sinn darin. „... tear in the eardrum ..."

Ich blinzelte. Ein schemenhaftes Licht und eine in rot und weiß gekleidete Person stand mit dem Rücken zu mir. Ich sah mich um. Ein kleiner Raum, ich lag in einem Krankenwagen. Auf meinem linken Ohr hörte ich nur gedämpfte Geräusche, rechts schien alles normal. Mit der Hand ertastete ich ein großes Pflaster mit einer Gaze darunter. Irgendetwas war nicht in Ordnung.

Plötzlich fiel es mir wieder ein.

„Julia! Was ist mit Julia?", fragte ich und setzte mich auf. Der Notarzt drehte sich zu mir. Beruhigend sanft drückte er mich auf die Trage zurück. Ich sah Lena vor der geöffneten Wagentür. Sie hatte verheulten Augen. Dann sagte sie zu mir: „Julia ist tot! Sie wurde erschossen. Frank, du hast ein Riss im Trommelfell, die wollen dich ins Krankenhaus mitnehmen. Was sollen wir denn jetzt machen?"

Julia ist tot?! Erschossen? Was machen?

Es dauerte, bis mein Hirn die Bruchstücke zusammensetzte.

„Ich fahre nicht ins Krankenhaus!", rief ich und setzte mich wieder auf. Diesmal konnte mich der Sanitäter nicht zurück auf die Trage drücken. Ich erklärte ihm, dass ich nicht ins Krankenhaus wollte. Ich musste mich um meine Frauen kümmern, um Marie und -- Julia.

Mit wackligen Beinen stieg ich aus dem Krankenwagen. Lena stützte und fing mich auf, als ich einen Fehltritt machte.

„Wo ist sie?", fragte ich und hielt ihr mein gesundes Ohr hin.

„Sie wird gerade in den Leichenwagen geschoben", sagte Lena und zeigte auf einen schwarzen Kombi, aus dem ein Metallsarg ragte. Ich ging zu dem Wagen und redete mit dem Bestatter. Ich wollte sie sehen!

Er öffnete den Deckel und ... da lag sie, fast als ob sie schlafen würde -- wäre der Blutfleck nicht auf ihrer Brust. Ich beugte mich zu ihr und gab ihr einen letzten Kuss.

„Ich werde auf unsere Kleine aufpassen, das verspreche ich dir."

Dann schob der Bestatter den Deckel auf den Sarg und schloss die Heckklappe. Er drückte mir eine Visitenkarte in die Hand, stieg ein und fuhr davon.

Lena, Lisa, Yasi, Marie und ich standen stumm da und schauten heulend dem Wagen mit unserer ermordeten Frau, Geliebten, Mutter -- Julia, hinterher.

Ein Polizist wollte mit uns den Vorfall durchsprechen. Wir sollten mit ihm auf das Polizeirevier fahren. Ein weiterer Polizeiwagen stand hinter dem ersten. Wir sollten uns auf die Wagen aufteilen. Die Frauen setzten sich alle in den ersten Wagen, ich ging zu dem dahinter und sah den Mörder in Handschellen darinsitzen. Ich sagte dem Cop, dass ich in den Wagen nicht einsteigen würde. Er zeigte Verständnis und winkte ein Taxi, das mich zum Revier fuhr.

Auf dem Revier wurde von uns allen die Aussage aufgenommen. Wie sich herausstellte, hatte Marie den Mord sogar gefilmt. Ihr Handy hatte alles aufgenommen. Der Fall war klar.

Hinterher wurden für uns zwei Taxen zum Hotel gerufen.

Alles war so unwirklich. Ich fühlte mich wie in einem Albtraum. Im Taxi nahm ich Marie fest in den Arm. Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich konnte sie nicht trösten. In mir stieg Wut auf. Hätte ich den Mörder doch nur früher umgerissen oder mich schützend vor Lena gestellt. Ich hätte ... Ich hätte ... Was hätte ich tun können? Alles ging so schnell. Vielleicht hätte der Schuss dann mich getroffen, oder Lena, oder Yasi oder ... Er traf Julia. Sie war tot!

***

Im Hotel angekommen, sahen wir wieder einmal Leon an der Rezeption stehen. Er bemerkte uns nicht. Die Frauen gingen direkt zum Fahrstuhl. Ich wollte unbemerkt die Key-Card für unsere Suite abholen, um auch schnell hinauf zu kommen.

Leon entdeckte mich. Typisch amerikanisch fing er einen Smalltalk an: „Hi Frank. Ist das nicht ein schöner Abend?"

Als ich nicht sofort antwortete, merkte er, dass etwas nicht stimmte. Ich sah ihn mit brennenden Augen an. In dem Moment konnte ich nicht mal mehr freundlich zurückgrüßen. ‚Schöner Abend? Wohl eher der schrecklichste Abend seit langen!' Leon sah meine verheulten Augen und bemerkte auch den Verband am Ohr.

„Was ist passiert? Kann ich helfen?", fragte er besorgt nach.

„Da kannst selbst du nicht helfen, es sei denn, du kannst sie wieder lebendig machen!" Ich nahm die gereichte Schlüsselkarte entgegen und ließ Leon Mask einfach stehen.

In der Suite sank ich kraftlos auf das Sofa und blickte ins Leere. Alle anderen saßen irgendwo verstreut und geschockt vom Vorfall. Ich erinnere mich nicht mehr, wer wo saß. Ich war vollkommen leer. Mein Körper fühlte sich taub an. Wo eben noch Trauer oder Wut meine Gefühle beherrschten, war jetzt ... Nichts!

Vor ein paar Stunden saßen wir noch fröhlich an dem Tisch da drüben und erzählten und planten unsere Zukunft. Alles war jetzt unwichtig. Es hatte keine Bedeutung mehr. Julia, die ich gerade anfing so zu lieben wie Lena, Lisa und Yasi und auch ... Marie ...

„Wo ist Marie?", fragte ich leise. Ich schaute mich um und sah sie nirgends. Hatten wir sie verloren? Sie saß doch noch eben neben mir im Taxi.

„WO IST MARIE?", schrie ich, weil keiner reagierte.

„Ich glaube, sie ist ins Schlafzimmer gegangen", antwortete Lisa, die sich auf einem Sessel zusammen mit Lena tröstete.

Ich stand auf und ging kraftlos zur Schlafzimmertür. Sie war angelehnt. Ich öffnete sie weiter und schaute in die leeren Betten.

„Marie?", fragte ich in das Zimmer.

Nichts, kein Laut. Oder hatte ich nur nichts gehört, weil mein Gehör noch nicht wieder in Ordnung war? Ich ging hinein und sah neben das Bett am Fenster. Marie war auch nicht hier, doch zwischen den Betten fand ich ihre Sachen. Als ich weiter zum anderen Bett schaute, sah ich darunter zwei angewinkelte Knie hervorragen. Ich ging herum und beugte mich herunter. Marie lag darunter, sie hatte sich nackt ausgezogen und wie ein Embryo zusammengerollt.

„Marie?", versuchte ich es erneut. „Komm da bitte raus."

Sie reagierte nicht. Ich bemerkte ihre Kopfhörer in den Ohren. Sie hörte Musik. Ich griff ihr Handgelenk und zog leicht daran, damit sie unter dem Bett hervorkam. Sie drehte das Handgelenk und befreite sich aus meinem Griff.

Ich überlegte, was ich machen sollte. Vor meinem geistigen Auge sah ich Julia, die ihre Lippen bewegte und wieder zu mir sagte: „Kümmere dich um Marie. Sie braucht deine Hilfe."

Ich legte mich neben Marie und wollte sie in die Arme nehmen. Sie zog einen Ohrhörer heraus und hielt ihn mir an mein gutes Ohr. Ich hörte einen Rocksong. Er kam mir bekannt vor, darum steckte ich den Hörer rein und lauschte mit ihr.

Dann erkannte ich den Song. Sie hörte ‚Bring me to Life' von Evanescence.

Obwohl keine Träne zu sehen war, wusste ich, dass Maries Augen vom Heulen so rot waren. Ich schob meinen Arm unter ihren Kopf und lauschte mit ihr zusammen. Sie dachte bestimmt auch an Julia, so wie ich. Mir erschienen Bilder von ihr, wie sie mich glücklich umarmte, nachdem ich ihr einen anderen, gemeinsamen Lebensweg aufzeigte und Momente, in denen wir Spaß im Bett hatten. Zwischendurch blitzen immer wieder Bilder ihres Todes auf. Der Schuss, ihren Blutfleck auf der Brust, und ihre Lippen, als sie mir ihren letzten Wunsch sagte: „Kümmere dich um Marie." In meinem Kopf klang es nun deutlicher als in dem Moment ihres Todes.

Der Song wechselte. Marie sah mich bei den ersten Takten an. ‚My Immortal'. Plötzlich stiegen nicht nur bei ihr die Tränen auf, auch ich musste schwer atmen. Wie sollte ich jemanden Trost spenden, wenn ich selber Trost brauchte?

Maries Körper fühlte sich eiskalt an, sie fröstelte und schüttelte sich.

„Komm raus da Marie", versuchte ich es erneut. Sie rückte dichter an mich heran, war aber immer noch nicht ganz unter dem Bett hervorgekrochen. Zumindest konnte ich meine Arme um sie legen und unter dem Bett hervorziehen. Ich hob sie auf und legte mich mit ihr auf das Bett. Sofort deckte ich Marie zu und wärmte sie mit meinem Körper. Hoffentlich hat sie sich nicht erkältet. „Kümmere dich um Marie. Sie braucht deine Hilfe."

Ich versagte schon wieder!

Nein, ich werde nicht versagen!

„Lisa!" rief ich.

Die Tür ging auf, meine Tochter trat wortlos ins Zimmer. „Kannst du bitte für uns alle Tee machen. Marie ist eiskalt. Sie holt sich noch den To...", da erkannte ich, was ich fast gesagt hätte und schaute auf Marie herunter. Wollte sie sich umbringen oder war es eine Art der Selbstkasteiung? Was ging in dem Mädchen vor?

Lisa ging wieder hinaus. Ich zog Marie eng an mich. Ich musste ihr Wärme geben.

Als Lisa mit zwei Tassen Tee wieder zurückkam, reichte ich Marie eine davon und hoffte, sie würde trinken. Sie reagierte nicht darauf, blickte starr geradeaus. „Marie, trink das bitte!", forderte ich energisch.

„NEIN!", schrie sie und schlug die Decke dabei zurück, so dass sie wieder nackt in der kühlen Luft lag.

„Marie, deck dich zu, du erkältest dich sonst noch!", schimpfte ich aufgebracht und wollte die Zudecke über sie ausbreiten. Sie strampelte wie ein kleines Kind, bis die Decke vom Bett rutschte. Sie sah mich wütend an.

„Juls liegt auch in einem kalten Raum. Die Sklavin darf nicht im Warmen sein, wenn ihre Herrin friert!", protestierte sie und zitierte es nochmal, leiser, wie ein Mantra.

Ich stellte die Tasse ab und griff sie an die Schultern. „Marie, du bist keine Sklavin mehr. Juls hat dich freigegeben." Sie presste die Lippen aufeinander. Ich schüttelte sie. „Hör' auf damit! Du sollst aufhören! Hörst du mich! Sie ist tot, tot TOT, TOT ... tot!"

Marie brach in Tränen aus. Ich riss sie an mich. Meine arme kleine Marie, wie konnte ich das nur geschehen lassen?

Lisa stand noch immer neben uns und kämpfte auch mit den Tränen. Sie schluchzte und biss sich auf die Unterlippe. Sie hob die Decke vom Boden und breitete sie über Marie und mich aus.

„Lisa, stelle bitte die Klimaanlage höher. Hier ist es eiskalt."

Beim Hinausgehen drehte sie an der Regelung und schloss die Tür. Ich steckte mir den Kopfhörer wieder ins Ohr, trank einen Schluck Tee. Dann versuchte ich, Marie zu wärmen, so gut ich konnte. Erneut schob sich Marie unter der Decke vor. Sie legte sich oben darauf. So hatte ich keine Möglichkeit, sie damit zuzudecken. Ihre Bockigkeit machte mich wütend. Ich ließ sie aufgedeckt liegen und nahm sie in meine Arme. Dann musste es eben so gehen.

Nach einer Weile spürte ich, dass sie eingeschlafen sein musste. Ich zog die Zudecke vom anderen Bett herüber und breitete sie über meinen kleinen Engel aus. Mit Erfolg! Ich blieb noch lange wach neben Marie liegen, dabei blitzten wieder die Bilder des Schusses vor meinen Augen auf.

Wie hätte ich es nur verhindern können?

Autorenanmerkung:

Sorry, Juls!

Es ist mir nicht leichtgefallen, aber um die Entwicklung der Geschichte und der anderen Charaktere voranzutreiben, muss ein Autor manchmal jemanden opfern. Ich hoffe, das Extra-Kapitel (Prolog) ist ein kleiner Trost für all deine Fans.

R.I.P. Juls

Kapitel 2 -- Trauer und Trotz

Sonntag, 8. Januar 2017 -- Montag, 9. Januar 2017, New York -- USA

Frank

„You're next. Fucking bitch!"

Im Traum hörte ich einen lauten Knall und schreckte aus dem Schlaf. Mein Körper zitterte, als ich mich im Bett sitzend vorfand. Mir brummte der Schädel. Mit beiden Händen umklammerte ich meinen Kopf und presste ihn zusammen, in der Hoffnung die Schmerzen würden davon aufhören. Ich sah mich um. Es war nicht ganz dunkel im Zimmer, das Mondlicht schien durch das Fenster und erhellte hauptsächlich das Bett mit seinen weißen Laken und Bezügen.

Neben mir sah ich Marie zusammengerollt liegen, nackt und wieder aufgedeckt. Die Arme umklammerten ihre Beine und den Kopf hatte sie an die Knie gezogen. Ich deckte sie abermals zu und fühlte, wie kalt sie war. Ich würde sie gleich wärmen, doch zuerst musste ich auf die Toilette. Mein Kopf dröhnte bei jeder Bewegung, mir war schwindelig und übel noch dazu.

Wackelig stieg ich aus dem Bett und tastete mich zur Tür. Erst draußen machte ich Licht und schleppte mich weiter zum Bad. Ich musste mich zum Pinkeln auf die Toilette setzen, da ich befürchtete umzufallen, wenn ich es im Stehen versuchen würde. Mein Kopf fühlte sich an, als wäre eine Bauarbeiterkolonne damit beschäftigt, Löcher in meinen Schädel zu bohren. Zieh doch mal einer den Stecker von dem Idioten mit dem Presslufthammer!

Ich schloss die Augen und massiert meine Schläfen. Es half nicht viel. Dabei stellte ich aber fest, dass sich alle Geräusche sehr dumpf anhörten. Probeweise räusperte ich mich.

Rechts klang es normal, aber links war alles viel leiser. Ich hatte noch den Verband am Ohr. Ob das den Unterschied erklärte? Ich fühlte nichts Besonderes. Der Verband war trocken und das Darüberstreichen hörte ich auch deutlicher als mein Räuspern. Dann war es bestimmt nur der Verband, der den Schall dämpfte.

Nachdem ich mein Geschäft erledigt hatte, wischte ich mir mit kaltem Wasser durch das Gesicht. Das tat meinem Kopf gut, die Schmerzen waren für einen Moment betäubt. Doch ich brauchte etwas, das länger anhielt und stärker musste es auch sein.

Nicht mehr ganz so unsicher schlich ich in das große Schlafzimmer und entdeckte Lisa, Lena und Yasi in Schlaf-Shirts friedlich im Bett liegen. Vor dem Bett kniend, fragte ich Lisa im Flüsterton: „Lisa, hast du ein paar Kopfschmerztabletten für mich?"

Lisa schreckte hoch und sah mich verschlafen an: „Papa? Was ist los?"

Wahrscheinlich hatte ich die Frage doch lauter gestellt, als mir bewusst war, trotzdem wiederholte ich es. Lisa stand auf, um mir Tabletten aus ihrem Kulturbeutel zu geben. Wir gingen dazu in das andere Schlafzimmer, in dem Marie hoffentlich noch zugedeckt lag. Lisas Shirt war viel zu kurz, ihr reizvoller Po blitzte bei jedem Schritt hervor. Schmal und knackig, wie ich ihn liebte. Seltsamerweise war mir gar nicht nach derartigen Gelüsten. In meiner Hose rührte sich nichts. Die Kopfschmerzen und die körperliche Taubheit, die mich beim kleinsten Gedanken an die Tragödie des Vorabends überfiel, waren sicherlich mitverantwortlich dafür. „Wie spät ist es eigentlich?", fragte ich Lisa nebenbei.