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Prosperos Revier

Geschichte Info
Ein neuer Freund bringt die Liebe mit.
15.8k Wörter
14k
8
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Was war das für ein Geräusch? Das kam aus der Küche. Ein... Maunzen? Verwirrt ging ich zur geschlossenen Küchentür, und öffnete sie. Eine mittelgroße getigerte Katze mit orange-rotem Fell, ein paar weißen Tupfern und ebensolchem Bauch bedachte mich mit einem "Na endlich" Blick und stolzierte gelassen an mir vorbei. Oh?

Die Katze schien sich sehr gut auszukennen, ging schnurstracks ins Wohnzimmer und ließ sich auf meinem Sofa nieder. Nicht ohne vorher durch Treten auf der Stelle intensives Wohlbehagen zu verkünden. Aha. So, so. Ich hatte einen Hausgast, und der fühlte sich hier wohl. Sieh an.

Meine Katze war es auf jeden Fall nicht. Ich wohnte erst einen Monat in diesem Haus, das ich von meinen Eltern schon vor einem Jahr geerbt hatte. Es gab drei Wohnungen, von denen meine Mutter vor ihrem Tod die im obersten Stock bewohnt hatte. Eine kleine Einzimmerwohnung, welche ihr im Alter gereicht hatte.

Die war mittlerweile wieder an einen Studenten vermietet. Die darunterliegende an ein älteres Paar, die hier schon seit meiner Kindheit lebten, praktisch zum Inventar gehörten. Die Erdgeschoss-Wohnung, in der ich jetzt wohnte, war durch einen Anbau die größte, und war ursprünglich von uns genutzt worden. Bis ich ausgezogen war, und mein Vater dann Jahre später verstarb. Für meine Mutter war sie zu groß gewesen, oder so hatte sie es empfunden.

Vor zwei Monaten war dann das junge Pärchen ausgezogen, das hier zuletzt gewohnt hatte. Die hatten wahrscheinlich auch die Katzenklappe eingebaut, durch die mein Hausgast sich Zutritt verschafft haben musste. Hm, mit Katzen kannte ich mich nicht aus, aber dass sie gerne gekrault wurden, hatte ich schon auf dem Schirm.

Also setzte ich mich neben den unerwarteten Besucher und tat genau das. Die Katze drehte sich genüsslich auf die Seite, und schnurrte leise, als ich ihr auf diese Weise verkündete, dass ich erst einmal nichts gegen ein näheres Kennenlernen einzuwenden hatte. Ein Halsband fand ich beim Kraulen am Hals nicht. Aber durch einen Stellungswechsel heraus, dass ich einen Kater als Gast hatte.

"Na, der Herr. Dir gefällt es hier richtig gut, hm?"

Sein anhaltendes Schnurren und die Tatsache, dass er die Augen beim Kraulen schloss, schienen dies zu bestätigen. Also gut. Bist du eben hier. Aber warum? Eigentlich konnte er nur zu dem Paar gehören, das hier vorher gewohnt hatte. Ich hatte zwar von reichlich dreisten Katzen und Katern gehört, aber dass sie sich sofort so zuhause fühlen, konnte ich mir nicht vorstellen.

Die Frau hatte ich nicht, oder nur einmal im Vorbeigehen zu Gesichte bekommen, als ich meine Mutter besuchte. Direkt an sie erinnern konnte ich mich trotzdem nicht. Bei der Wohnungsabnahme war nur der Mann zugegen gewesen. Ich hatte zuvor fast achtzig Kilometer entfernt gelebt, und meine Mutter nur sporadisch besucht.

Sie war eigentlich noch sehr rüstig gewesen, hatte ständig im Garten gewuselt, der ihr Ein und Alles nach dem Tod meines Vaters gewesen war, und keinerlei Anlass zur Sorge gegeben. Bis sie dann bei einer vermeintlich harmlosen Schilddrüsen-Operation einen Herzstillstand bekam, und die Ärzte sie nicht mehr ins Leben zurückholen konnten.

Was genau das ausgelöst hatte, wäre ohne eine Obduktion nicht festzustellen gewesen. Ich sah den Sinn nicht, der Grund ihres Ablebens, oder das Wissen um einen möglichen Fehler der Ärzte, würde sie auch nicht mehr zurückbringen. Also bat ich sie, davon abzusehen.

Huch? Besuch beendet? Der Kater rappelte sich wieder auf und ging zielsicher zurück in die Küche. Anstatt jedoch, wie vermutet, das Weite zu suchen, baute er sich vor dem eingebauten Vorratsschrank auf und miaute. Aha.

"Oje, du hast Hunger? Du wirst lachen, aber ich bin auf feline Besucher leider nicht eingestellt. Zu deinem Pech bin zu allem Überfluss noch Vegetarier und kein Milchtrinker. Hm. Was trinken? Ich könnte dir zumindest ein Schälchen Wasser anbieten."

Tja, das angebotene Schälchen betrachtete er erst eine Weile mit sichtlicher Verachtung, bevor er doch ein paar Schlückchen trank. Und wenn ich jetzt schnell einkaufen ging? Eigentlich brauchte ich selbst Kaffee und ein paar Kleinigkeiten. Nicht weit von der Wohnung gab es einen großen Supermarkt, der auf jeden Fall Katzenfutter hatte, wenn nicht noch mehr.

Mann, was gingen mir da für komische Sachen durch den Kopf? Wieso kam ich auf die Idee, diesen Streuner hier bewirten zu müssen? Er verzog sich wieder ins Wohnzimmer und würdigte mich keines Blickes mehr. Okay, wenn er wirklich hungrig war... Was soll's.

"Ich gehe uns schnell was einkaufen. Versprichst du mir in meiner Abwesenheit nicht die Wohnung umzuräumen?"

Okay. Manch einer wird offenbar schon mit Mitte Vierzig alt und wunderlich. Warum blubberte ich die ganze Zeit dieses Viech an? Aber ich verließ mich darauf, dass er einigermaßen wohlerzogen war, und ließ ihn allein, um Kaffee und Futter zu besorgen.

Im Hausflur traf ich meine Nachbarin, die mich erfreut begrüßte. Die kannte mich schon, als ich noch in Windeln geschissen hatte.

"Moin, Frau Schubert. Soll ich ihnen die Tüten kurz raufbringen?"

"Lass ruhig, Lars. Das schaffe ich noch, die sind nicht schwer. Herrlicher Morgen nicht wahr?"

"Ja, sehr schön. Ehm... sagen sie mal, sie kannten doch die Leute, die hier vorher in meiner Wohnung gelebt haben... hatten die vielleicht einen rotweißen Kater?"

"Den Prospero, natürlich. Ein ganz liebes Tier. Deine Mutter hat er geliebt. Er ist ihr im Garten immer um die Beine gestrichen, wenn sie dort war. Wie kommst du darauf?"

"Ehm... es sieht so aus, als hatte er Sehnsucht nach seinem alten Revier. Er ruht sich gerade auf meinem Sofa aus."

Sie lachte.

"Das kann ich mir vorstellen. Bei dem schönen Garten. Hier gibt es so einen hässlichen schwarzen Kater, der ist fast doppelt so groß. Den hat er trotzdem immer in die Flucht geschlagen. Im Frühling und Frühsommer haben die beiden sich immer angesungen. Wie Kater das so tun. Sich stundenlang angestarrt, bis einer aufgegeben hat. Na, der wird sich nicht freuen, dass Prospero zurück ist."

"Nun, bis auf Weiteres. Ich muss jetzt los, Frau Schubert, ich will noch schnell was einkaufen, auch für den Kater. Ist er denn... stubenrein? Wissen sie das zufällig?"

"Junge, das ist doch kein Hund. Klar, geht er vielleicht in den Garten manchmal, aber sonst braucht er eine Kiste mit Katzenstreu irgendwo im Haus", lachte sie mich halb aus.

Aha. Na, das waren ja Aussichten. Da war mir ein Fass ohne Boden ins Haus gerollt. Aber jetzt wusste ich zumindest schon einmal, dass es wirklich der Kater der ehemaligen Mieter war. Ich versuchte mich an die Kontaktadresse zu erinnern, die ich von diesem René erhalten hatte. Das war doch mehr als zehn Kilometer von hier?

Ich hatte auf jeden Fall seine Handynummer noch, als wir uns wegen des Termins absprachen, hatte er mich auf meinem kontaktiert. Hm, ich könnte ihn natürlich gleich anrufen. Aber vielleicht hatte der Kater wirklich nur Sehnsucht nach der alten Heimat gehabt, und würde über kurz oder lang wieder abmarschieren?

Sieh an, die haben sogar eine kleine Tierabteilung, war mir nie aufgefallen. Warum auch. Ich hatte nichts gegen sie, aber auch nicht unbedingt einen großen Draht zu Tieren, mit einer Ausnahme. Eine meiner früheren Freundinnen hatte eine Dobermann-Hündin gehabt. Die hatte ich allerdings geliebt. Am Ende mehr als meine Freundin. Beruhte auf Gegenseitigkeit.

Aha, die hatten sogar Näpfe und Streu, Spielzeug, ah... und diese ominöse Kiste. Alter, du merkst es doch echt nicht mehr. Kaufst hier den halben Laden leer, weil dir ein Viech zugelaufen ist. Das ist die berühmte Gastfreundschaft des Nordens. Egal. Soll er sich wohlfühlen, so lange er bei mir ist. Ach, so Billigfutter will ich ihm auch nicht anbieten. Muss schon was Ordentliches sein.

So, und wenn du jetzt in der Zwischenzeit abgehauen bist, steh ich da, wie Sepp. Nee, der ist immer noch da. Weiß ganz genau, dass die Tüten voller Goodies für ihn sind. Streicht schon erwartungsvoll um meine Beine rum.

"Gemach, gemach, Herr Prospero. Die Näpfe muss ich erstmal ausspülen. Ich habe dir sogar Milch mitgebracht. Nur als ich vor dem Lachs stand, kam ich wieder runter. Verwöhnen will ich dich nicht. Sonst werde ich dich ja gar nicht mehr los."

Er schien aber mit dem mitgebrachten Futter überaus zufrieden. Teuer genug war es ja. Okay, dann schauen wir mal, was mir mit dieser Kiste anfangen. Oh, er kommt mir gleich hinterher. So dringend? Scheiße, wohin mit dem Ding? Jetzt geht er ins Bad voraus. Aha, da stand die wohl vorher. Macht ja Sinn. Aber glaub bloß nicht, dass wir jetzt gemeinsam kacken. So gut kennen wir uns noch nicht.

Umpf, jetzt kommt er auf meinen Schoß. Der ist rundum zufrieden, gesättigt, hatte tatsächlich gleich die Kiste ausprobiert, und schnurrt jetzt zufrieden vor sich hin. Ja Junge, so lässt sich's aushalten, hm? Warum war ich eigentlich nie auf die Idee gekommen, mir mal ein Haustier anzuschaffen? Hat doch irgendwie was. Alter, wir kommen schon klar.

Nur überlegen, wann ich gegebenenfalls seine Besitzer informiere. Paar Tage könnte ich sicher warten. Eingekauft hatte ich vermutlich für eine Woche. Vielleicht machte er sich ja auch wieder alleine aus dem Staub.

Nö, da hatte er gar kein Interesse dran. Nach drei Tagen war mir schon klar, dass seine Besitzer sich langsam Sorgen machen mussten. Er ging zwar oft raus, aber spukte tatsächlich die meiste Zeit in unserem und den benachbarten Gärten rum. Kam immer wieder rein, nicht nur, um sich Futter abzuholen. War ein echter Schmusekater. Schlief nachts mit mir am Fußende meines Betts.

Also gut. Bevor er mir zu sehr ans Herz wächst... rufen wir den Vogel mal an.

"Ja?"

"Wieczorek. Ihr ehemaliger Vermieter..."

"Was nicht okay? Haben wir was im Keller vergessen? Der Schrank stand da schon drin. Hatte ich ihnen bei der Abnahme aber auch gesagt."

"Nein... das weiß ich, der gehörte meinen Eltern. Nee, es geht um Ihren Kater, Prospero. Haben Sie den noch nicht vermisst? Er ist jedenfalls seit drei Tagen hier."

"Ach, das blöde Katzenviech. Der gehört meiner bescheuerten Ex, da hab ich nichts mit zu tun. Soll ich Ihnen die Nummer geben?"

Ah, so löste sich gleich ein weiteres Rätsel. Warum die nämlich so eine göttliche Wohnung, die zudem noch erbarmungswürdig billig von meinen Eltern vermietet worden war, aufgegeben hatten. Bei der Situation auf dem Wohnungsmarkt. Eine Trennung. Das Spiel war mir nur zu vertraut. Der Typ schickte mir ihre Nummer per SMS. Also gut, auf ein Neues.

"Hallo?"

"Hallo, mein Name ist Lars Wieczorek, ich bin Ihr ehemaliger Vermieter. Es geht um Ihren Kater, Prospero. Der hatte wohl Heimweh, und ist jetzt bei mir, falls Sie ihn vermisst haben."

"Prospero? Warum hat mir Kathrin nichts davon erzählt? Ich... ich bin nicht in der Stadt, meine Freundin sollte auf ihn aufpassen. Geht es ihm gut? Wie lange ist er denn schon bei dir?"

Aha, wir duzen uns. Okay, umso besser. Oje, das riecht nach einem weiteren Telefonat.

"Jetzt drei Tage. Ist aber überhaupt kein Problem. Er fühlt sich ausgesprochen wohl bei mir. Wenn du noch länger weg bist, kann er auch gerne hierbleiben. Vielleicht informierst du nur deine Freundin, bevor die einen Suchtrupp zusammenstellt."

"Im Ernst? Ich bin noch bis Freitag bei meinen Eltern. Das würdest du machen?"

"Gerne sogar. Wir kommen prächtig miteinander klar. Viel länger dürfte es aber nicht sein. Sonst würde ich ihn nicht mehr rausgeben wollen."

Sie lachte leise.

"Ja, das kann niemand besser verstehen, als ich. Das ist trotzdem irre. Ich wohne nicht so weit weg, aber meine Freundin am anderen Ende der Stadt."

"Also, dann machen wir das so. Du holst ihn, wann es dir am besten passt. Er ist eigentlich nie außer Rufweite, wenn er draußen unterwegs ist. Reagiert tatsächlich sogar auf seinen Namen, wenn man ruft."

"Ja, aber das tut er sonst eigentlich nur bei mir. Da hat er wohl einen richtigen Freund gefunden. Okay, und es macht wirklich nicht zu viel Umstände?"

"Ganz und gar nicht. Wir amüsieren uns königlich zusammen. Er schaut sogar gerne Fußball. Solange ich ihm dabei den Bauch kraule."

"Das lässt er auch nicht bei jedem zu. Okay, ich würde Freitagabend vorbeikommen, so halb sieben, passt das?"

"Sicher. Wir sind hier, die Adresse hast du ja wohl kaum in der Zwischenzeit vergessen."

"Nein, die kann ich mir gerade noch so merken. Prima, ich komme dann rum. Danke dir, Lars. Kraul ihn mal schön von mir."

"Na klar."

Eine schöne Stimme hat dein Frauchen, mein Gutester. Das ist jetzt Auftragskraulen. Nur das du's weißt. Wie hieß sie noch, das muss doch im Mietvertrag stehen... oder lief der auf ihn allein? Na, jetzt kann ich sowieso nicht aufstehen, das bringe ich nicht übers Herz, dich von meinem Schoß zu vertreiben.

Sogar im Arbeitszimmer leistete er mir Gesellschaft. Homeoffice. Der Segen des 21. Jahrhunderts. So konnte ich für eine Firma arbeiten, die achtzig Kilometer entfernt ihren Sitz hatte.

Mein neuer Freund lag gemütlich zusammengerollt in dem Sessel meiner Mutter, den ich dort eigentlich nur abgestellt hatte, bis ich mir überlegt hatte, was ich damit anstellen würde. So irre viel eigene Möbel hatte ich eigentlich gar nicht gehabt, meine alte Wohnung war deutlich kleiner gewesen.

Single seit acht Jahren. Vier davon hatte ich in einer Affäre mit einer verheirateten Frau verbracht. Genialer Sex. Nicht so geniale Gewissensbisse. Immerhin war sie die Frau meines ehemaligen Chefs gewesen. Dann vor zwei Jahren hatte ich mich von beiden getrennt. Der Frau und dem Chef.

"Bist du vielleicht deshalb hier Bursche? Nette Muschis in der Gegend, die du vermisst hast? Ihr habt's gut. Wenigstens bleibt euch der ganze Beziehungsscheiß erspart."

Prospero sah mich aufmerksam an und streckte sich auf dem Sessel. Scheiße. In ein paar Stunden kommt sie schon. Cindy. Stand tatsächlich mit auf dem Mietvertrag. Erinnerte mich an Cindy und Bert. Meine Mutter hatte mich als Kind immer mit Schlagern gequält. Als Jugendlicher hatte ich dann mit Judas Priest und Motörhead zurückgeschlagen.

Jetzt war ich erwachsen, mochte leisere Sachen. Prospero auch. Ein kultiviertes Katz. Mochte Chopin, oder vielleicht bildete ich mir das nur ein. Auf jeden Fall wirkte er immer besonders entspannt, wenn ich die Nocturnes anhatte.

Ach Kater, Kater. Du wirst mir fehlen. Und unsere relaxten Abende. Die Klingel. Das wird sie sein. Er lief tatsächlich zur Tür, wusste genau, wer da kam. Ist ja irre.

"Hey, immer herein in die gute Stube. Du wurdest gerade schon am Klingeln erkannt."

Er ließ sich sofort auf den Arm nehmen. Das hatte ich noch gar nicht probiert. Hm, kein Wunder. Sah ausgesprochen weich aus und gemütlich aus. Öchött. Ich schätzte sie auf Anfang dreißig. Braunes Haar, so eine Art Prinz-Eisenherz-Frisur. Blitzend weiße Zähne, die offenbar gerne gezeigt wurden, jetzt als Ausdruck der Freude, über das Wiedersehen mit ihrem shakespeareschen Kater.

Ein irrer violetter Mantel mit Puscheln dran. Keine Ahnung, wie man das nennt. Darunter ein schwarzes Bauchfrei-Top und passende schwarze Hosen. Na, jetzt mit Blickschutz durch den Kater. Und ein Busen, an dem nicht nur er sich wohlfühlen würde. Hossa. Sowas ließ der Vogel aus den Fingern schlüpfen? Aber hallo. Sie hatte die Transportkiste im Flur abgestellt und folgte nebst Kater ins Wohnzimmer.

Sah sich um. Klar, musste komisch auf sie wirken. Vor etwas mehr als zwei Monaten hatte sie hier noch auf ihre eigenen Sachen gestarrt.

"Setz dich doch, euch doch. Ehm... kann ich dir irgendwas anbieten, vielleicht was Kühles, oder einen Tee?"

"Tee wäre wundervoll, danke. Ich will dich aber nicht lange aufhalten. Reicht ja, wenn einer hier deine Gastfreundschaft über Gebühr strapaziert."

"Davon kann keine Rede sein. Earl Grey okay?"

"Earl Grey, hot", kam die Antwort, die sie mir endgültig sympathisch machte. Ein Trekkie. Oder zumindest ausreichend mit Star Trek im Original vertraut.

"I will make it so", gab ich folgerichtig zurück. Und wir lachten uns beide an.

"Schön hast du es dir hier eingerichtet", gab sie ihr Verdikt bekannt, als ich mit zwei Tassen Tee zurückkehrte. Natürlich hatte sie Milch und Zucker abgelehnt.

"Ja, ich liebe diese Wohnung, ganz ehrlich. Bin schließlich hier aufgewachsen. Meine Eltern hatten natürlich alles mit echt deutscher Eiche und klobigen Sitzmöbeln zugestellt. Da hatte der Raum immer viel kleiner gewirkt."

"Du hättest uns ja schon früher rausschmeißen können und Eigenbedarf anmelden."

"Na, da bin ich nicht der Typ für. Damit gerechnet, dass die Wohnung so schnell frei wird, hatte ich allerdings auch nicht. Bei der Miete, die meine Eltern damals festgesetzt hatten."

"Auch die hättest du erhöhen können. Wow. Prospero geht zu dir? Du musst ja mächtig Eindruck auf ihn gemacht haben. Sonst lässt er alle links liegen, wenn ich da bin. Und natürlich hatte es besondere Gründe, dass wir hier ausgezogen sind. Alleine hätte ich sie nicht zahlen können. Trotz der niedrigen Miete."

"Ja, hab schon gehört."

"Von wem? Den Schuberts?"

"Nein, das hat mir dein Ex so en passant mitgeteilt, als ich ihn wegen Prospero antelefonierte. Ich hatte ja nur seine Nummer, und war zuvor nicht ins Bild gesetzt."

Ja, Katerchen, genieße deine letzten Minuten mit mir. Fuck, du wirst mir echt fehlen. Seufz. Ja, gib Bäuchlein. Oho? Stereokraulen?

Sie war an mich ran gerückt und beteiligte sich an der Kater-Verwöhn-Aktion. Das war nun verwirrend. So eine gutaussehende Frau so dicht auf der Pelle zu haben. Und unsere Hände sich zu allem Überfluss auch fallweise berührten.

"Wenn du irgendwann mal wieder in Verlegenheit kommen solltest... ich meine... er ist hier immer willkommen", gab ich meiner ehrlichen Zuneigung Ausdruck. Und dann, aus heiterem Himmel, mich selbst verblüffend. "Du natürlich auch."

Ihre Mundwinkel zuckten verdächtig, aber sie hielt sich noch zurück.

"So, so", war ihre einsilbige Antwort.

Ließ mich einen Moment in der Peinlichkeit schmoren, bevor sie fortfuhr.

"Danke für das Angebot. Ich begreife immer noch nicht, wie er den Weg hierher finden konnte. Kathrins Wohnung ist echt weit weg. Und wir sind ja nicht mal von hier losgefahren, sondern von meiner Wohnung aus. Wann ist er hier angekommen?"

"Samstagmorgen."

"Freitagmorgen hat sie ihn das letzte Mal gesehen. Das ist echt eine unglaubliche Leistung. Er war schon immer was Besonderes."

"Das finde ich allerdings auch. Er mag Chopin."

Jetzt bekam ich wieder das blitzende Weiß ihrer Zähne angeboten.

"Dann hast du ihn mir nicht völlig umgedreht. Ich hatte schon Bedenken, als du vom Fußball erzählt hast."

"Er ist halt ein Mann. Das verstehst du wahrscheinlich nicht. Und er wird mir fehlen. Ich weiß gar nicht, mit wem ich mich jetzt über Muschis austauschen soll", gab ich bekannt, ohne den mindesten Zweifel, dass ich dafür nicht Empörung ernten würde.

Genau. Sie lachte sich halb schlapp.

"Langsam verstehe ich, warum er sich hier so wohlfühlt."

"Langsam verstehe ich immer weniger, warum er jetzt nicht mehr hier mit dir lebt."

"Vielleicht, wenn ich dir erzähle, dass ich in diesem Zimmer bestimmt ein Jahr nicht mehr so herzlich gelacht habe?"

"Das erklärt vieles. Auch schien dein Ex deine Liebe zu diesem wundervollen Tier nicht zu teilen."

"Auch das. Mir kamen Zweifel auf, ob er überhaupt zu solchen Gefühlen fähig ist."

"Ah. Hast du mal geprüft, ob er ein Android ist? Eine andere Erklärung, die nicht für dich zu entwickeln, hätte ich sonst so spontan nicht."

"Er verbrachte verdächtig viel Zeit in seiner Werkstatt im Schuppen draußen. Wahrscheinlich Wartungsarbeiten. Du hast Recht. Warum bin ich da nie drauf gekommen? Er sieht so menschenähnlich aus. Ich hätte es trotzdem wissen müssen."

"Wie lange hast du dich mit ihm gequält?"

"Zu lange. Vier Jahre."

"Dann hält sich die Trauer in Grenzen?"

"Die ja. Die Erschütterung über meine eigene Dummheit wirkt allerdings immer noch nach."