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Thao 21

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„Hör auf, Thao! Nicht jetzt und hier!"

Sie seufzte und lehnte ihre Stirn gegen seinen Rücken.

„Hast du Xena eigentlich Bescheid gegeben, dass wir Amelie abholen?"

Thao hob ihren Kopf.

„Schon. Aber sie quält gerade eins ihrer Schweinchen. Sie ruft später an, dann machen wir etwas aus mit ihr."

„Nennt Ihr alle eure Kunden so?"

Thao mochte eigentlich nicht mit ihm über ihre Arbeit reden. Sie wusste genau, wie ungern er sie in der Rolle der professionellen Domina sah.

„Ich nenne sie Scheißerchen. Das hat so was Nettes, finde ich."

Karl wollte sich zu ihr umdrehen, sie aber drückte ihn zurück.

„Bitte, Karl. Mach es nicht kaputt."

Er wusste genau, was sie meinte. Sie hatten oft über ihren Job als Domina diskutiert. Es waren nur noch vier Wochen, dann sollte sie ihr Versprechen einlösen. Er hatte sie oft daran erinnert, sie wusste, dass er es nicht vergessen würde.

Ihre Zeugnisse hatten sie schon, Thao sogar mit summa cum laude. Eigentlich erstaunlich, auch sein eigenes Abitur war besser als erwartet ausgefallen. Vier Bewerbungen an verschiedene Universitäten waren schon abgeschickt, zwei weitere würde er noch schreiben. Medizin war eine gefragte Studienrichtung, hoffentlich würde er einen guten Platz bekommen. Selbst die Führerscheinprüfung hatte er auf Anhieb bestanden, was seinen Vater veranlasst hatte, ihm bei der Abreise in den hohen Norden die Fahrzeugschlüssel seines Wagens in die Hand zu drücken. Und Thao? Sie hatte sich bis jetzt um alles herumgedrückt. Weder wusste sie, was sie studieren wollte, noch, ob sie mit ihm wegziehen wollte. Auch sie machte sich Gedanken darüber und hatte Angst, dass sie sich trennen würden, wenn auch nur räumlich. Doch sie verdrängte lieber, als endlich einen Entschluss zu fassen. Karl dachte an seine Überraschung für sie. Am kommenden Montag würde es ernst werden. Der Termin bei Franz war vereinbart, bezahlt hatte er auch schon. Nun musste es nur noch gestochen werden.

„... verzögert sich die Ankunft des Zuges mit der Nr. ...", hallte die weibliche Stimme der Reiseauskunft blechern aus den Lautsprechern.

„Noch eine halbe Stunde? Was für eine Scheiße!"

Das Punkermädchen stöhnte auf.

„Ey, ich habe jetzt echt keinen Bock mehr."

Sie holte ihr Handy aus der Jacke und suchte nach Amelies Nummer.

„Rufst du sie an?"

Karl erhielt keine Antwort.

„Amelie? Ey?! Was ist los? Hast du Deinen alten BH als Bremsfallschirm aus dem Fenster gehängt oder warum dauert das so lange bei dir?"

Karl musste grinsen ob ihres Spruches. Er löste sich von ihr, ging ein wenig auf Abstand und ließ Thao allein mit Amelie telefonieren. Sie warf ihm einen Blick zu, nickte und konzentrierte sich dann wieder auf ihr Gespräch.

Wie sehr sie ihm in den letzten Wochen beigestanden hatte, eigentlich sogar die letzten Monate. Als seine Eltern zwecks Zueinanderfindung nach Schweden abgereist waren, hatte er geglaubt, dass es schwer werden würde, mit Thao in einem Haus zusammenzuleben. Vor allem vor den Konflikten hatte er sich gefürchtet, die zwischen ihnen entstehen könnten. Aber nichts davon war eingetreten. Sie hatten, abgesehen von wenigen, unbedeutenden Kleinigkeiten, ausgezeichnet harmoniert. Vielleicht auch deshalb, weil sie beide Menschen waren, die offen ihre Wünsche äußerten und sich daher kaum Konflikte zwischen ihnen aufstauen konnten. Er dachte wieder an ihre Arbeit als Domina. Bis auf diesen einen Punkt waren sie sich immer einig geworden.

Er wischte diesen unangenehmen Gedanken beiseite und versuchte, sich auf seine ursprünglichen zurückzubesinnen. Er dachte an seine Freundin, die ihm an vielen Abenden beim Lernen geholfen hatte, oftmals stundenlang. Mindestens zweimal im Monat waren sie ins Sama gegangen, wo sie gemeinsame Stunden verbracht hatten, die in sexueller Hinsicht nicht mehr aus ihrer beider Leben wegzudenken waren. Immer wieder hatte sie ihn dabei gefordert und ihm auch Schmerzen zugefügt, aber dies war nur eine von vielen Seiten in ihrem Rollenspiel. Er selbst hatte in ihr, immer dann, wenn ihm danach gewesen war, eine willige Sklavin gefunden.

Und dann war schließlich dieser eine Tag gekommen. Er würde ihn nie wieder vergessen können, er hatte alles ...

„Komm, Süßer! Wir gehen was essen. Der Zug von Amelie braucht noch eine Stunde. Das Gleis ist irgendwo auf der Strecke beschädigt worden."

Sie reichte ihm ihre Hand und so gingen sie hinunter in den Hauptgang, der in die Empfangshalle des Bahnhofs führte. Dort befand sich neben einem Fastfood-Restaurant auch noch eine Pizzeria. Eine hübsche Brünette drängte sich an ihnen vorbei, Thao folgte ihr mit misstrauischen Blicken.

„Die Tussi hat dir gerade einen ziemlich gierigen Blick zugeworfen. Ich finde, du solltest wieder mit Sport aufhören."

Karl sah sie an und musste grinsen. Mit solchen Sprüchen gelang es ihr immer wieder, ihn aus seiner Trauer zu lösen. Er blieb stehen, ergriff sie an ihren Hüften und zog ihren Körper an den seinen heran, um sie zu küssen. Lange und gefühlvoll blieben ihre Lippen vereint, während Menschenmassen an ihnen vorbei strömten und sie dabei beobachteten. Sie wirkten wie eine Insel des Glücks in einem sonst so stumpfsinnigen Fluss des Alltäglichen.

„Weißt du schon, was du isst?"

Karl warf nochmals einen kurzen Blick in die Karte, schüttelte aber dann seinen Kopf.

„Das ist scheiße teuer hier."

Thao lächelte. Sie hatten sich bislang beide um Geld keine Sorgen machen müssen. Auch wenn sie versuchte, ihm zu verheimlichen, wie viel sie eigentlich als Domina verdiente, schien er es zu ahnen. So vermied sie es, wo immer sie konnte, ihn durch übertriebene Großzügigkeit oder Verschwendung zusätzlich zu provozieren und tat auch in diesem Moment verständnisvoll, trotz der Tatsache, dass sich auf ihrem Konto im Augenblick beinahe viertausendachthundert Euro befanden.

„Also ich habe noch zwanzig Euro. Wie viel hast du?"

„Meine Eltern haben gestern überwiesen und ich habe wieder ein wenig angespart. Kannst du den nächsten Einkauf übernehmen?"

Thao nickte. Auch dies hatten sie sich bisher geteilt. Es war so krass. Sie funktionierten einfach zusammen. Aber es wurde dadurch nichts einfacher. Zu vieles blieb zwischen ihnen im Unklaren, soweit es ihre gemeinsame Zukunft betraf.

„Ich nehme die Calzone. Hoffentlich kriegen die das auch hin. Ich finde Bahnhofsrestaurants immer etwas schmierig."

Thao wusste genau, was er meinte. Sie warf der jungen Kellnerin einen Blick zu, die diesen sofort erwiderte. Zumindest der Service schien zu passen. Sie dachte an ihre eigene, kurze Karriere als Barkeeperin im Palais zurück. Bis auf diesen einen Abend hatte sie nie wieder hinter der Theke arbeiten dürfen. Wie hatte sich die Gräfin ausgedrückt? Es durfte nicht sein, dass die Herrin ihren Sklaven unter der Woche erzieht, um ihn dann am Wochenende zu bedienen. Thao dachte an den dicken Gast. Sie wusste sofort, dass sie ihm das zu verdanken hatte.

Am Anfang hatte sie sich sehr darüber geärgert, aber im Nachhinein hatte es sich als Segen herausgestellt. Sie hatte nach den vielen anstrengenden Wochen endlich Zeit gefunden, sich zu regenerieren und die gemeinsamen Wochenenden mit ihrem Männchen zu genießen.

„Wollt Ihr bestellen?"

Thao musterte die junge, südländisch wirkende Frau.

„Bist du Italienerin?"

Die junge Bedienung lachte.

„Nein, Türkin."

Das Punkermädchen grinste.

„Du warst auf der Herman-Hesse, oder?"

Die junge Frau wirkte überrascht.

„Kennen wir uns?"

„Nur vom Sehen her. Ich habe mal deiner Freundin eine geknallt, weil sie mich asoziale Ziege genannt hat."

Karl, der bis dahin das Gespräch zwischen den beiden aufmerksam verfolgt hatte, stöhnte auf. Solche Anekdoten tauchten immer wieder auf.

„Hey, du hast recht! Grüß dich! Hab kein Problem damit. So dicke war ich nicht mit ihr. Hammer, dass du dich dran erinnern kannst."

Thao sah noch einmal in die Karte.

„Ich nehme die Lasagne und einen Cappuccino."

Die junge Kellnerin nickte und wandte sich Karl zu.

„Eine Cola und ne Calzone-Pizza, bitte."

„Kommt sofort!"

Sie lächelte ihnen zu und verschwand in Richtung Theke. Das Restaurant war nahezu leer, wahrscheinlich war dies dem guten Wetter geschuldet.

„Wie geht es Amelie? Hat sie dir etwas erzählt?"

Thao schüttelte ihren Kopf und strich sich eine Haarsträhne aus dem Gesicht.

„Wie soll es ihr gehen, Karl? So sicher ganz gut. Aber sie hat es auch noch nicht verarbeitet. Ihr geht es ähnlich wie dir."

Karl sah sie erstaunt an.

„Und du selbst?"

Thao sah vor sich auf den Tisch, nahm das in einer Serviette eingerollte Besteck und fing damit zu spielen an.

„Ich habe das schon mehr als einmal erleben müssen. Ich kann dir nur immer wieder versichern, dass es mit der Zeit leichter für dich werden wird. Versuche, dich so oft wie möglich an ihn zu erinnern! Das hat mir bei Heinrich geholfen."

Karl blickte auf ihre Hände, die das Besteck nervös rotieren ließen. Er wusste, dass es stimmte, was sie gesagt hatte. Dennoch war ihm der Gedanke unangenehm. Es waren so viele Jahre gewesen und jetzt war er für immer weg. Eigentlich war es sehr egoistisch, so zu denken. Bemitleidete er sich denn nicht im Grunde nur selbst dieses schlimmen Verlustes wegen?

„Komm, Karl! Denk an was anderes! Es wird später noch schwierig genug."

Ihr Wunsch schien ihm so absurd zu sein. Er blickte ihr ins Gesicht, mochte ihr nicht böse sein, schließlich sorgte sie sich doch nur um ihn. Sie legte das Besteck beiseite und nahm seine rechte Hand in ihre beiden. Es lag kein Spot in ihrem Blick, auch kein Necken, nur eine verhaltene Anspannung.

„Du hast so schöne Augen! Weißt du das eigentlich?"

Thao grinste ihn breit an. Ihre Miene hat sich sofort gewandelt. Er wusste genau, wie sie jetzt reagieren würde.

„Wirst jetzt nicht schnulzig, oder? Wenn ja, muss ich dem Mädel Bescheid sagen, dass sie Stimmungsmusik auflegen soll."

Sie kicherte.

„Aber ja, ich weiß das. Bin ne richtig geile Braut. Bevor ich Deinen Schwanz hatte, habe ich mich sogar so geil gefunden, dass ich mich selber ficken wollte."

Der Junge stöhnte und ließ seinen Kopf auf die Tischplatte fallen. Warum er sich das auch nur immer wieder antun musste? Er kannte sie doch mittlerweile.

Er spürte ihre Hand in seinem Haar, hob seinen Kopf und sah ihr ins Gesicht. Sie zwinkerte ihm zu.

„Ich mag dein Schielen. Es sieht so süß aus, wenn du keine Brille trägst."

„Hörst du jetzt auf damit? Immer musst du mich verarschen!"

Thao spielte die Beleidigte.

„Hey! Das stimmt aber! Ich mag das wirklich! Das ist voll süß, wenn du Deinen Silberblick draufhast."

„Ich habe doch keinen Silberblick! Außerdem hast du das bisher auch noch nie erwähnt."

Thao hob ihre Augenbrauen.

„Ach nein? Frag doch deine Mutter! Die wird dir das bestätigen!"

Karl runzelte die Stirn.

„Und warum hast du mich noch nie damit verarscht?"

Sie lächelte.

„Weil ich gerade nicht gelogen habe, du Depp!"

Karl gab auf. Erleichtert sah er die Bedienung hinter der Theke hervorkommen, die ihnen die Getränke brachte.

Das Essen war überraschend gut gewesen. Auch die Bedienung hatte sich als supernett erwiesen und war in jeder freien Minute an ihren Tisch gekommen, um mit Thao und Karl ein paar Worte zu wechseln. Die Stunde war wie im Flug vergangen, beinahe hätten sie die Ankunft von Amelies Zug verpasst.

Eilig hasteten sie den breiten Tunnelgang des Bahnhofs entlang, wichen den erstaunt dreinblickenden Passanten aus und drängten sich zwischen Reisegruppen hindurch, die ihnen im Weg standen.

„Verdammt! Da kommen schon welche runter. Wir haben sie bestimmt verpasst.", befürchtete das Punkermädchen.

Thao zog Karl hinter sich her. Dieser prallte mit einem jungen Mann zusammen, worauf seine Freundin jedoch keinerlei Rücksicht nahm. Ein flüchtiges „Entschuldigung!" war alles, was er vorbringen konnte. Schimpfwörter hallten ihm nach, dann waren sie auch schon an der Treppe.

„Jetzt beeile dich doch! Wer von uns macht hier Fitness?"

Karl lachte, sein konsequentes Training machte sich bezahlt. Er atmete nach wie vor ruhig und regelmäßig, während seine Freundin schon hyperventilierte.

Amelie ist zurück

„Hey! Rennt Ihr immer an Euren Freunden vorbei?"

Thao blieb stehen, Amelie hatte sie gerufen. Nur sehen konnte sie das dicke Mädchen nicht.

„Amelie?!"

Ein grelles Lachen war zu hören, das unverkennbar dem dicken Mädchen vom Schulhof zuzuordnen war.

„Thao. Sie steht doch dort, ein paar Stufen weiter unten.", flüsterte Karl ihr zu und grinste über die ganze Breite seines Gesichts.

Das Punkermädchen aber begriff erst langsam, wen er meinte.

„Du ... siehst so ... anders aus!"

Karl stieg die Stufen zu Amelie hinab, um sie zu begrüßen. Thao aber blieb stehen und starrte das einst so dicke und in seinem Äußeren so penetrant wirkende Mädchen an, als ob dieses ein Fantasiegebilde oder eine Luftspiegelung wäre. Nichts war mehr zu erkennen von Doppelvollfett, in diesem Augenblick stand eine unglaublich hübsche, junge Frau vor ihnen.

„Ich kapiere das einfach nicht. Wie kann man sich so verändern?"

Amelie schloss kurz ihre Augen und atmete tief durch. Sie war dezent geschminkt und ihre Augen lächelten zu Thao hinauf, die immer noch wie angewurzelt einige Stufen über ihr stand.

„Kann ich dich zur Begrüßung drücken?"

Die Punkerin brauchte noch einige Sekunden, bis sie sich wieder im Griff hatte.

„Wenn du mich nicht kaputtmachst ...!"

Zögernd kam sie Amelie entgegen.

Ihre Augen tasteten die Freundin ab und blieben dann an deren kräftigen Brüsten hängen, die aus der weißen Bluse hervorquollen.

„Pusht du die oder sind die wirklich so?"

Amelie schüttelte ihren Kopf, während Karl das Gespräch mit rot gewordenem Gesicht verfolgte.

„Alles okay, Karl? Kann ich dich auch drücken?"

Karl nickte und schloss das Mädchen in seine Arme.

„Schön, dass du wieder da bist! Du schaust wirklich fantastisch aus!"

Amelie hatte jetzt ein markantes Gesicht, volle Lippen und sehr fein gezeichnete Brauen. Sogar ihre Wimpern hatte sie sich verlängern lassen.

„Du auch, Karl. Bist viel breiter geworden."

Ihr Gesichtsausdruck wurde ernst, während sie ihm nachdenklich in die Augen sah.

„Wie geht es dir denn?"

Er hob kurz die Schultern.

„Langsam wieder besser."

Amelie nickte, eine Träne löste sich aus ihrem linken Auge und rann die Wange hinab.

„Ich habe tagelang geheult, Karl. Ich wäre so gerne gekommen, aber ich durfte nicht."

Sie biss sich auf ihre Lippen und sah zu ihm hoch.

„Ich fühle mich so scheiße deshalb, weißt du? Ich wollte mich doch auch von ihm verabschieden."

Der Junge nahm sie noch mal in seine Arme und drückte sie an sich. Wie gut er sie doch verstehen konnte.

Thao stand neben ihnen, hilflos und erschüttert. Auch sie hatte immer noch damit zu kämpfen, auch wenn sie sich vielleicht besser unter Kontrolle hatte.

„Kommt, lasst uns gehen! Günter und Heinz warten bestimmt schon auf dich."

Amelie löste sich aus Karls Armen, wischte sich die Tränen aus ihrem Gesicht und warf Thao einen unsicheren Blick zu.

„Fahren wir später hin? Ich möchte vorher noch Blumen kaufen."

Thao nickte.

„Machen wir! Karl hat das Auto von seinem Vater. Er kann uns hinbringen."

Amelie aber war am Zweifeln. Sie war stolz auf das Erreichte, freute sich über die Blicke der Männer, die ihr beim Vorbeigehen zugeworfen wurden, und auf das herzliche Willkommen im Kreis ihrer Familie. Dass Thao und Karl sie abgeholt hatten, war ihr eigener Wunsch gewesen, sie wollte erst die beiden Menschen sehen, mit denen sie ihre Trauer teilen konnte.

Günter und Heinz hatten Amelie des Öfteren in Bayern besucht, aber selbst sie schienen immer noch erstaunt zu sein, wie sehr sich das Aussehen der Tochter und Schwester verändert hatte, als die drei durch die Gartentür traten. Nach der herzlichen Begrüßung gingen sie ins Haus, wo Amelie und Thao sich an den großen Tisch im Wohnzimmer setzten, während Heinz Günter und Karl bat, ihm zu helfen.

Thao sah ihnen nach, wandte sich dann aber wieder ihrer Freundin zu. Sie konnte einen Gedanken nicht verdrängen. Würde sich Amelie jetzt auch charakterlich verändern, arrogant und eingebildet werden, wie so viele andere Schicksen? Ihr fiel die Wette wieder ein, die sie damals im Park abgeschlossen hatten.

„Sag mal ... die Wette?"

Amelie sah sie erstaunt an.

„Wie kommst du da gerade jetzt drauf?"

„Ich möchte einfach an etwas anderes denken. Jetzt sag schon!"

Heinz war mit Günter und Karl im Garten beschäftigt, um dort Tisch und Stühle aufzubauen. Er wollte die Rückkehr seiner Tochter gebührend feiern.

„Es wäre vielleicht in den letzten Wochen dazu gekommen. Aber dann konnte ich nicht mehr. Es hat sich für mich falsch angefühlt."

Thao wurde neugierig.

„Was für ein Kerl war das denn?"

Das Thema schien der Freundin unangenehm zu sein.

„Ein Sporttherapeut. Er hat mit mir zusammen trainiert und Physio gemacht. Er wollte mich aber nur fürs Bett und hat mich fallen gelassen, als ich „Nein" gesagt habe. War eine ziemlich unschöne Erkenntnis, Thao."

Sie nickte dem Punkermädchen nachdenklich zu.

„Diese Erfahrung hat mir sogar irgendwie geholfen. Hätte mich sonst an ein Arschloch verschenkt."

„Du meinst jetzt ..."

Amelie nickte.

„Lass mich schnell die Tischdecke holen. Meine Herren vergessen solche Stilmittel gern mal."

„Bist müde von der Fahrt, Mädchen?"

Heinz schenkte ihnen selbst gemachte Limonade aus einer großen Karaffe ein. Amelie schüttelte ihren Kopf. Ihr Vater hatte Braten gemacht, der in einer feinen Weinsoße, mit Kartoffeln und gratiniertem Gemüse vor ihnen stand. Er dampfte noch und roch sehr verführerisch.

„Geht schon, Papi. Bin froh, dass ich wieder da bin. Habt ihr meine Sachen weggebracht?"

Ihr Vater nickte.

„Ich hoffe, es war nichts dabei, was du im Nachhinein vermisst. Kannst ja später hochgehen. Hab sogar schon ein paar Kataloge für dich rausgesucht. Von Mama ist auch was dabei."

Günter sah immer wieder zu Thao hinüber. Er schien sie etwas fragen zu wollen, sich aber nicht so recht zu trauen.

„Ist was?"

Karl seufzte. Thao konnte so ein Trampel sein. Günter fühlte sich ertappt und stocherte verlegen auf seinem Teller herum.

„Wegen Xena ..., sie hat sich nicht mehr bei uns gemeldet. Hast du noch Kontakt?"

Thao dachte an die letzten Wochen und Monate zurück. Sie hatten sich höchstens noch drei- oder viermal gesehen. Wenn man es genau betrachtete, hatten Karl und sie sich ziemlich von ihrer Außenwelt abgeschottet.

„Tut mir leid, Günter. Aber viel Kontakt haben wir im Moment auch nicht mit ihr. Aber du hast doch sicher noch ihre Nummer. Sie freut sich bestimmt, wenn du sie anrufst."

Günter nickte verhalten. Xena schien es ihm doch sehr angetan zu haben.

„Ich mag sie wirklich, wisst Ihr? Ich finde es scheiße, dass sie mir nie eine Chance gegeben hat. Ich denke immer noch jeden Tag an sie und würde mir wünschen, dass ich das irgendwie endlich abstellen könnte."

Amelie sah ihren Bruder traurig an. Er hatte mit ihr oft darüber gesprochen, wenn sie miteinander telefoniert hatten.

Thao erbarmte sich seiner.

„Günter, es liegt doch nicht an dir! Und ich glaube, Xena hat auch mit dir darüber gesprochen, oder nicht? Sie kann das einfach nicht. Und auch wenn es dich nicht trösten wird, sie hätte es sich gewünscht. Glaub mir das bitte!"

Der stämmige Junge hob seinen Kopf und sah das Punkermädchen direkt an.

„Hat sie nicht, Thao. Wir haben echt ein paar schöne Momente zusammen verbracht. Und ich habe gespürt, dass sie mich mag. Warum also? Sie ist doch eine Frau und ich ein Mann? Wir können reden, zusammen lachen ..., was hindert sie daran, glücklich zu sein?"

Karl war tief erschüttert. Wie scheiße Liebe sein kann, wenn sie nicht erwidert oder, so wie in Günters Fall, erst gar nicht zugelassen wird. Warum ließ sich Xena nicht auf ihn ein? Lag es daran, dass sie eine Domina war? Schämte sie sich dafür? Bis jetzt hatte sie doch immer dazu gestanden.