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Thao II - Teil 06

Geschichte Info
Chaos und Flucht.
13.6k Wörter
4.87
5.7k
00

Teil 33 der 48 teiligen Serie

Aktualisiert 06/09/2023
Erstellt 09/23/2019
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Herbert rastet aus

„Sag mal, du kapierst gar nichts, oder?"

Herbert hatte sich Thaos Geschichte schweigend angehört, jetzt aber brach seine Wut ungehemmt aus ihm heraus.

„Wir hatten gewonnen. Du hättest bleiben können und die Herbst ebenfalls. Das haben wir sämtlichen Stellen in der Stadtverwaltung zu verdanken, die sich für euch ausgesprochen haben. Verstehst du das? Erlenberg wollte nur sein Gesicht vor dir wahren, dass ist alles."

Thao war verwirrt.

„Aber wie kann er erwarten, dass ich meinen Nebenjob aufgebe, nur weil er ein Problem damit hat?"

Herbert warf ihr einen bösen Blick zu.

„Domina? Scheiße, Thao. Wenn das auf der Straße bekannt wird, haben die Kollegen und Jugendlichen doch keinerlei Respekt mehr vor dir. In ihren Augen bist du dann doch nichts weiter als eine ..."

Thao öffnete erstaunt ihren Mund.

„Was wolltest du jetzt sagen? Etwa Hure?"

Sie konnte ihre Enttäuschung gar nicht in Worte fassen.

„Du musst dort draußen einen Respektsperson sein, Thao. Du bist für die Menschen dort draußen ein Vorbild."

Thao winkte ab... sie war kurz davor ihre Fassung zu verlieren.

„Ich bin ein Mensch der anderen dabei hilft, ihre Fantasien zu kanalisieren, weil es Menschen wie dich gibt, Herbert. Leute die anfeinden und ausgrenzen, nur weil sie sich nicht vorstellen können, dass es auch noch andere Formen der Intimität und Sexualität geben darf, als diejenigen, welche sie kennen."

Herbert winkte ab. Das ging ihm zu weit.

„Nein Thao, du unterschätzt mich da ganz gewaltig, was das betrifft. Aber mit einem hast du Recht, Schmerz gehört für mich nicht in eine Beziehung und ich denke, dass es die Mehrheit der Menschen ähnlich sieht. Für mich ist das einfach nur krank und pervers."

Thao starrte ihren Chef und Freund an, als ob sie seine Worte nicht verstanden hatte. In diesem Moment tat sich zwischen zwei Menschen, die sich mochten, vielleicht sogar liebten, ein nicht wieder zu verschließender Riss auf.

„Dann ist es vielleicht besser wenn die Kranke und Perverse jetzt geht."

„Du hast noch keinen Feierabend."

Thao zog am Riemen ihre Tasche vom Tisch herunter und ging zur Garderobe, um ihre Jacke vom Haken zu nehmen.

„Komisch, dass hat der Herr Erlenberg auch schon festgestellt. Nichts für ungut, Herbert, war ne schöne Zeit."

„WARTE!"

Thao öffnete die Tür, blieb aber noch einmal stehen.

„Du hast hier einen Job, kapierst du das denn nicht? Menschen brauchen da draußen deine Hilfe, Thao. Menschen die sie wirklich nötig haben und keine Luxusprobleme wie die..."

„Tut mir leid, Herbert. Das eine hat nichts mit dem anderen zu tun. Hatte es nie. Und wenn ihr das anders seht, kann ich das nicht ändern. Aber ihr werdet nicht über mein Leben entscheiden und das was dort hineingehört."

Sie schloss die Tür hinter sich, unfähig die Tränen zurückzuhalten. Verwirrte Blicke auf dem Gang, tröstende Worte, doch Thao lies sich nicht aufhalten und wollte nur noch weg. Erst im Auto brach sie zusammen und heulte ungehemmt drauflos.

Minutenlang hatte Thao mit ihren Fäusten gegen das Lenkrad gehämmert, ihre Wut herausgeschrien und ihrer Enttäuschung Luft gemacht. Sie hätte fast allen Menschen eine solche Reaktion zugetraut, nur eben nicht Herbert. Wie konnte das sein? Warum gerade er? Sie hatte sich doch unmöglich so in ihm täuschen können?

Thao starrte eine Weile aus der Windschutzscheibe heraus auf die mausgrau gestrichene Betonwand des Bürogebäudes, in dem sie nun länger als ein Jahr gearbeitet hatte. Die Fenster waren in der ersten Etage vergittert worden, das ist ihr zuvor nie aufgefallen.

Sie stöhnte. Was für eine bescheuerte Feststellung! Kurz entschlossen startete sie den Motor, vergewisserte sich, dass sie die Handbremse gelöst hatte, und setzte den Wagen vorsichtig zurück. Sie wollte weg von hier, ein für alle Mal. Alles Weitere würde sich dann schon finden.

Zu Hause angekommen, eilte Thao die Treppe hinauf, vorbei an Anelieses Wohnungstür. Sie wollte die Freundin nicht schon wieder mit ihren Sorgen und Problemen herunterziehen, es wurde Zeit, dass sie allein Mittel und Wege fand, damit sie solche Momente in ihrem Leben in den Griff bekam.

Ihr war jetzt alles wurscht, schmiss ihre Jacke auf den Boden, warf die Tasche ins Wohnzimmer hinein, sich darüber ärgernd, dass sie es versäumt hatte, mit ihrem Fuß noch einmal nachzutreten. Dann ging sie zum Kühlschrank und sah hinein. Nichts. Kein Alkohol, kein Süßkram, nichts! Frustriert knallte sie die Kühlschranktür zu, ging ins Wohnzimmer und ließ sich auf das Sofa fallen. Kurz suchte sie nach der Fernbedienung, die genau dort lag, wo sie sie schon immer abgelegt hatte, in ihrem Ordnungsfimmel.

In Gedanken war sie weit weg von diesem Erlenberg. Es entstanden erst einmal keine finanziellen Probleme für sie, nur das Gespräch mit Herbert war nach wie vor für sie präsent. Das sie als Domina aufhörte zu arbeiten, wäre vielleicht für sie in Frage gekommen, wenn man es nicht gleich von ihr eingefordert und sie vor vollendeten Tatsachen gestellt hätte. Herbert hatte sich ja versucht, zu erklären, doch seine Worte waren nicht gut gewählt gewesen, ihr gegenüber. Und auch nicht das Bild ihrer Nebentätigkeit. Was wusste man schon vom SM, wenn man sich nie tiefgreifende Gedanken dazu gemacht hatte, oder sich nicht dafür interessierte? Ein paar Bilder im Kopf, ein paar Schlagzeilen aus den Boulevardblättern, das war es wahrscheinlich schon. Nicht umsonst wurde ihre Vorlesung so gut besucht und dort könnten sich die beiden Vollidioten die vielen Perversen anschauen, die sich dafür interessierten.

Kurz entschlossen griff sie zum Telefon. In diesem Punkt konnte sie, so glaubte sie es zumindest, nur eine verstehen. Xena.

„Hi! Ich bin es, Thao."

Xena hörte sofort aus Thaos Stimme heraus, dass etwas passiert sein musste.

„Was ist los, Süße? Du bist in Not, oder? Hat es mit Karl zu tun?"

Thao verneinte und legte sich mit dem Mobiltelefon zurück auf die Couch, griff nach der Decke und zog sie bis zu ihrem Hals hinauf über ihren Körper.

„Ich werde bei der Stadt aufhören müssen, sie halten mich für so etwas wie eine SM-Prostituierte. Ich bin selbst schuld, ich habe Maurice nicht gesagt, dass er auf seiner Homepage meinen Namen unerwähnt lassen soll ..."

Xena verstand nur Bahnhof und so bat sie Thao darum, ihr noch mal alles von vorne zu erzählen. Und so berichtete ihr Thao von dem Vortrag in der Galerie, die Sache mit Erlenberg und ihrer Konkurrenz Frau Herbst. Auch Steven erwähnte sie am Rande, sogar dass sie mit ihm geschlafen hatte. Dann aber kam sie zum heutigen Tag und ließ, während sie Xena davon erzählte, noch einmal alles für sich selbst Revue passieren. Als sie bei dem Streitgespräch mit Herbert angelangt war, fing sie wieder zu weinen an, egal wie sehr sie sich mühte, zusammenzureißen.

Kurz wurde es still im Hörer. Dann hörte sie wieder Xenas kräftige Stimme.

„Scheiße und jetzt haben sie ein Problem damit?"

„Ja. Herbert hätte mich beinahe als Hure tituliert, Erlenberg, unser Chef, als entartet."

Xenas Stimme wurde wütend.

„Na das sind mir ja Liebchen. Scheiß was drauf, Thao! Im sozialen Sektor ist so ein riesiger Bedarf und du..., schenkst den nächsten Arbeitgeber einfach reinen Wein ein. Du bist ja nicht einmal eine richtige Domina, sondern eher eine professionelle Rollenspielerin. Von daher würdest du sie nicht einmal groß anlügen müssen, wenn du es gut genug umschreibst. Oder Sexualtherapeutin, auch eine Möglichkeit. Bildest dich halt weiter und kannst künftig dann den Leuten zeigen, wie man richtig Liebe macht."

Thao musste lachen, Xenas Vorschläge klangen reichlich naiv. Dennoch, sie war ihr dankbar für die Anteilnahme.

Im Lautsprecher wurde es kurz ruhig.

„Hast du was zum Schreiben?"

Thao bejahte und kam wieder zum Sitzen, um aus dem großen, hinter der Couch stehenden Regal, Notizblock und Stift herauszunehmen. Sie hatte keine Ahnung, was das sollte, wischte sich ihre Strähne aus dem Gesicht und wartet gespannt darauf, was Xena vorhatte.

„Hier, das ist meine Adresse. Morgen lässt du dich krankschreiben und dann bist du erst einmal die Woche bei uns. Gerd wird sich freuen, ich bin viel umgänglicher wenn ich Besuch habe, sagt er."

Xena lachte und schien sich über diese Möglichkeit zu freuen.

Thao aber zögerte, war es nicht vielleicht besser in der gewohnten Umgebung zu bleiben? Dann erinnerte sie sich an die Zeit in dem Behinderteninternat zurück, wo Amelie und ihre Tante ihr wieder auf die Beine geholfen hatten. Wahrscheinlich war es jetzt genau das Richtige für sie.

„Du, ich möchte euch wirklich nicht zur Last fallen. Ich komme schon klar. Das Auskotzen bei dir hat mir schon gereicht ..."

Xena unterbrach sie mit gereizter Stimme.

„Dann tust du das auch nicht. Pack jetzt deine Sachen, ich möchte dich nicht holen kommen müssen!"

Thao zögerte immer noch.

„Und was mach ich dann bei euch?"

Xena seufzte.

„Wir finden schon was. Im Grunde kannst du erst einmal die Ruhe genießen, spazieren gehen und die Landleute um uns herum kennenlernen. Später habe ich auch zur Not genügend Hausarbeit, die wir uns teilen können. Bist ja so eine Ordentliche."

Thao konnte nicht anders, sie musste lachen.

„Gut. Ich komme gerne. Aber nur für ein paar Tage, okay?"

Xena war einverstanden.

„Fein! Dann habe ich dich schneller zum Gegenbesuch überredet als erwartet. Es wird dir guttun, Thao, glaub mir das."

Als Thao das Telefonat mit der Freundin beendet hatte, starrte sie gedankenverloren vor sich hin. Wieder kehrten ihre Gedanken zu ihrem Freund und Vorgesetzten zurück. War jetzt wirklich alles vorbei? Oder würde Herbert noch einmal auf sie zugehen? Sie würde nicht nachgeben, seine Forderungen gingen für sie einfach zu weit. Sie verstieß gegen keine Gesetze, machte Menschen glücklich und hatte selbst Spaß daran, SM-Szenen zu inszenieren, um sie dann mit ihren Gästen zu durchleben. Nein, es kam einfach nicht in Frage.

In diesen Moment wechselten ihre Gedanken zu Steven. Sie würde morgen schon bei Xena sein, er würde sich also gedulden müssen. Dennoch, im Ungewissen, ob sie sich bei ihm melden würde, oder nicht, wollte sie ihn auch nicht lassen. Kurz fühlte sie in sich hinein, ihr ging es nicht gut, aber so würde sie sich zumindest für ihn zusammenreißen müssen. Wieder ein paar gewonnene Augenblicke, mit denen sich ihre nächste Depression hinauszögern ließ.

Also nahm sie seine Visitenkarte und wählte die darauf stehende Nummer. Immer noch fiel es ihr schwer, diesen Mann wirklich ernst zu nehmen.

„Steven?! Ich bin es, Thao."

Aus dem Lautsprecher des Mobiltelefons klang freudig Stevens Stimme heraus.

„Ist ja, geil. Du meldest dich ja wirklich."

Thao lächelte. Es war nicht gespielt, seine Freude war echt.

„Steven ich werde die nächsten Tage nicht können, weil ich verreise ..."

Am anderen Ende wurde es jetzt leise, nur ein dumpfes Rauschen war im Hintergrund zu hören.

„...aber danach wenn du magst."

Stevens Stimme klang auf einmal nüchtern und trocken. Wahrscheinlich hatte er mit etwas anderem gerechnet.

„Wann kommst du denn wieder?"

Thao überlegte. Nächsten Montag würde sie den nächsten Vortrag halten müssen und absagen kam für sie nicht in Betracht. Diese Genugtuung würde sie Erlenberg, aber auch Herbert nicht gönnen. Kurz glitten ihre Gedanken wieder Richtung Arbeit ab, was ihre Zukunft dort betraf, hatte sie immer noch keinen Plan, wie sie sich am besten verhalten sollte.

„Thao?!"

„Ja, Steven. Sorry, ich habe überlegt. Montag ganz sicher, also könnten wir uns für einen der darauffolgenden Tage uns verabreden, wenn du willst."

„Wann fährst du denn?"

„Morgen am Nachmittag. Ich muss in der Früh noch zum Arzt."

Steven hakte nach.

„dir geht es nicht gut, oder?"

Thao wollte ihm nicht von ihren Sorgen erzählen.

„Nein, nicht wirklich. Aber das soll nicht dein Problem sein."

„Leichter gesagt als getan. Krank bist du aber nicht, oder? Zumindest hörst du dich nicht so an für mich."

Thao verneinte. Es störte sie aber, dass Steven nachhakte. So wurde es offensichtlich, dass sie blau machte.

„Hast du Probleme in der Arbeit?"

Thao seufzte. Das Telefonat nahm schon wieder eine Richtung, die sie sich nicht gewünscht hatte.

„Steven, ich mag dich nicht mit meinen Sorgen belasten, las gut sein. Nächste Woche, ja?!"

„Was ist denn passiert? Ärger mit dem Chef? Belästigt wurdest du aber nicht, oder?"

Es klang ehrliche Sorge aus Stevens Stimme heraus.

„Du kannst richtig gut nerven, weißt du das? Hörst du überhaupt, was ich sage?"

Steven bejahte es.

„Ich will einfach nicht, dass es dir schlecht geht. Ich weiß, du denkst ich sage das nur, damit ich wieder zwischen deine Beine kommen darf, aber das ist nicht der Fall, zumindest nicht nur."

Thao lachte, Steven war in diesem Moment einfach nur goldig.

„Mein Chef hat herausgefunden, dass ich als Domina arbeite und fürchtet nun um den Ruf der Behörde. In seinen Augen bin ich jetzt so etwas wie ein Nutte."

„Das ist ja mal ein Knaller. Wie ist das denn passiert?"

„Maurices Eintrag auf seiner Homepage. Er taucht ganz weit oben auf, wenn man meinen Namen in der Suchmaschine eingibt. Toll, oder? Domina Thao N. hält einen Vortrag."

„Stimmt, ich habe dich auch so gefunden. Aber was soll´s, dann soll er ihn halt wieder rausnehmen und du streitest alles ab. Ich meine die Arbeit wird dir wichtiger sein, stimmt's?"

„Nein, ist sie nicht. Mir ist meine Würde wichtiger und die lasse ich mir von diesen Arschlöchern nicht nehmen."

Steven schien zu überlegen, dann hörte Thao wieder seine brummige Stimme.

„Gut, weißt du was? Ich komme zu dir und bringe Essen für uns beide mit. Dann können wir erzählen und wenn du keinen Bock mehr auf mich hast, verschwinde ich sofort wieder, versprochen."

Thao wollte ihn unterbrechen, aber Steven würgte sie sofort ab.

„Jetzt warte doch mal und lass mich ausreden! Die Alternative wäre sonst, dass du allein zu Hause abhängst und dir dein Hirn zermarterst. In solchen Situationen sollte man einfach nicht alleine sein. Von daher ist es meine Pflicht als Freund ..."

Sie lachte wieder und unterbrach ihn damit ein zweites Mal.

„Steven?! Ich habe eine Freundin hier im Haus. Die wird kommen, wenn ich sie brauche, alles gut."

„Dann gönnst du ihr eben an diesem Abend eine Pause und ich übernehme den Job. Unter Freunden Ehrensache, du würdest dasselbe für mich ..."

„Nein Steven, dass würde ich nicht."

Thao grinste. Er schaffte es tatsächlich, dass es ihr besser ging.

Steven schwieg. Entweder gab er sich geschlagen oder er brauchte ein wenig Zeit, um sich das nächste Argument einfallen zu lassen. Thao aber hatte schon einen Entschluss gefasst.

„Komm vorbei, wenn du magst, ich gebe dir meine Adresse."

Stevens Stimme klang überrascht.

„Ehrlich jetzt? Ganz ohne Scheiß?"

„Ja, kein Problem. Aber unsere Regeln stehen, du kannst dich doch noch an sie erinnern, oder?

„Ja klar, kein Problem. Komisch du gibst immer dann nach, wenn ich mich geschlagen geben, warum machst du das?"

„Ich bin einfach schräg, aber das hast du ja schon mitbekommen."

Steven konnte das nicht leugnen.

„Egal, ich mag wunderliche Menschen."

„Wunderlich?"

Thao lachte, dieses Wort hätte sie nie in Verbindung mit sich gebracht. Doch so unzutreffend fand sie es gar nicht. Steven fragte sie noch nach einem Essenwunsch, dann verabredeten sie sich für um acht. Thao hatte so nur noch zwei Stunden Zeit, aber vielleicht würde es reichen, um die Wohnung noch ein wenig auf Vordermann zu bringen? Das war eine gute Methode, um ihre Gedanken unter Kontrolle zu halten.

Eine Weile suchte sie nach Makeln in der Ordnung oder Verschmutzungen, doch vergebens, ihre Wohnung war wie immer ordentlich und aufgeräumt. Sie seufzte und setzte sich wieder auf ihre Couch. Wie anders der heutige Tag verlaufen war. Sie hatte mit all dem nicht gerechnet. Er hatte angefangen, wie alle anderen zuvor auch und jetzt? Ihre Zukunft hatte, von jetzt auf gleich, eine ganz andere Richtung genommen, als sie es sich vorgestellt hatte. Sie grübelte dabei gar nicht so um das, was sein könnte, sondern eher, warum sie relativ gut damit umgehen konnte. Vielleicht weil ihr der Job und die Kollegen gar nicht so wichtig waren, wie sie geglaubt hatte? Die Arbeit auf der Straße? Nein! Das war es nicht. Es ging ihr nahe, vor allem Herbert würde ein schwer zu füllendes Loch bei ihr hinterlassen. Vielleicht weil sie sich ja schon insgeheim darauf vorbereitet hatte? Im Grunde genommen war der Rausschmiss nur viel früher eingetreten, als sie es eigentlich angenommen hatte. Vielleicht spielte auch Karl noch seine Rolle dabei? Die Trennung mit ihm hatte ihr so unglaublich viel Kraft gekostet. Wie es ihm in diesen Moment wohl ging? Dachte er noch an sie?

„NEIN!"

Sie verbot es sich selbst, wieder an ihn zu denken. Nicht nach mehr als einer Woche, in der er sie das erste Mal in Ruhe gelassen hatte. Sie blickte auf die Uhr, es würde noch eineinhalb Stunden vergehen bis Steven bei ihr auftauchte. Er war schon ein Süßer und schien tatsächlich etwas für sie übrig zu haben. Ausgerechnet ein Röckejäger und Frauenheld. Sie stöhnte, in ihr öffnete sich, ganz langsam, eine Tür für ihn. Dabei war er eigentlich der Typ von Mann, mit dem sie am allerwenigsten etwas anfangen konnte.

Thaos Mundwinkel zuckten, sie erinnerte sich in diesem Moment daran, wie sie sich langsam seinen dicken Prügel eingeführt hatte. Er hat richtig wehgetan, als sie ihn ganz in sich aufgenommen hatte, aber im Anschluss hatte er sich sehr intensiv und geil für sie angefühlt. Sie ertappte sich dabei, dass sie sich eine Wiederholung gut vorstellen konnte.

„Mann, was bin ich nur für ein beklopptes Weib."

Steven löste in ihr einen echten Zwiespalt aus. Sie schätzte sein Interesse an ihr, hatte seine Nähe genossen, doch an ihn binden wollte sie sich auch nicht. Ihre Wunden, welche die Trennung mit Karl ihr zugefügt hatten, waren noch nicht geschlossen und auch Steven schien nicht gut damit zurechtzukommen, dass sie ihn auf Distanz hielt.

Musste sie mit ihm heute noch einmal darüber reden? Nein! Solange er ihr keinen Anlass dazu gab, würde es nicht nötig sein. Vielleicht wurden sie ja wirklich Freunde. Schließlich konnte sie ihre ganze emotionale Unsicherheit nicht ständig auf Aneliese abladen. Sie brauchte noch eine zweite Müllkippe dafür. Sie grinste bei dieser Vorstellung. Der arme Steven wusste gar nicht, an was für eine kaputte Alte er da eigentlich geriet.

Auf die Minute genau, schrillte es über ihrer Wohnungstür. Thao ging zur Türanlage und drückte den Knopf für den Schließer der Haustür. Sie öffnete ihre Wohnungstür und ging in die Küche. Ihr war es in dem Augenblick egal, ob er ihr Verhalten als unhöflich empfinden könnte, sie auf jeden Fall, wollte ihm klarmachen, dass er keinen Sonderstatus bei ihr hatte.

So schnitt sie ein paar Gurken- und Möhrensticks zurecht, füllte diese in zwei gläserne Schälchen, bereiteten einen selbstgemachten Dip und ging rüber ins Wohnzimmer, um sie dort auf den Tisch zu stellen.

„Hi!"

Steven sah sie nur an sich vorbeihuschen und blickte ihr verwundert nach.

„Hallo!?"

„Leg ab, ich bin gleich bei dir."

„Ich habe das Essen hier, kann ich das irgendwo abstellen?"

Thao tauchte wieder auf und nahm es ihm ab. Kurz umarmten sie sich, dann ein flüchtiger Blick, es gefiel ihnen beide, was sie sahen. Trotz der niedrigen Temperaturen trug Steven ein leichtes Shirt mit tiefem V-Ausschnitt und enge Bluejeans, was Thao nicht ignorieren konnte.

„Warum hast du dich denn so angezogen?" Sie blickte ihn skeptisch an. Steven aber grinste nur und zwinkerte ihr zu.

„Und warum hast du dich geschminkt?"

Thao erwiderte seinen Blick leicht gereizt.

„Na von der Arbeit noch."

Stevens Blick tastete ihr frisch gewaschenes Haar ab, er war, was das betraf, wirklich nicht blöde.

„Aha."

Thao deutete auf die Wohnzimmertür.

„Mach es dir gemütlich, ich richte derweil das Essen an."