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Thao II - Teil 13

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„Aber ja doch. Du hast etwas ganz Besonderes an dir, dazu noch all deine Kurven, ... da wünscht man sich schon als Mann, einmal zwischen deine Beine zu kommen."

Thao schloss ihre Augen und musste sich zwingen, nicht augenblicklich laut loszulachen.

„Und Sabine?"

„Halt! Auf sie lass ich nichts kommen. Solange sie unter den Lebenden weilt, müssen wir leider bei einer theoretischen Annahme bleiben, so leid mir das für dich auch tut, Thao."

„Du hast einen Knall!"

Erthan triumphierte.

„Jetzt ist es raus! Siehst du, sogar ganz ohne Couch, Brille und Zweiteiler. Schublade für verrückte Ausländer auf, den armen Muckel rein und zu ist sie, für immer."

Thao zeigte nun deutliche Ermüdungserscheinungen. Erthan feuerte eine Pointe nach der anderen ab und so war sie froh, als sie endlich satt und ihre Kaffeetasse geleert war. Der Türke hatte eine ungemein anstrengende und nervige Art an sich, doch dass man ihm diese auch Vorhalten und ungeniert Kritik an ihm üben durfte, versöhnte sie wieder mit ihm. Im Gegensatz zu den meisten anderen Menschen verbog er sich zumindest nicht, sondern schien sich stets treu zu bleiben. So war eben seine Art.

„ERTHAN! BITTE!"

Der Türke hielt abrupt inne.

„Lass uns rübergehen und Maga helfen, okay?"

Erthan stöhnte auf.

„Was treibt euch Deutsche nur immer so? Selbst du als Halbkartoffel mit Reis und wer weiß was noch. Immer nur Arbeit, Arbeit, Arbeit. Kein Wunder, dass ihr vor lauter Frust andere Länder überfallt und Weltkriege vom Zaum brecht."

Thao gab auf.

„Komm, lass uns hier aufräumen und dann endlich rübergehen."

Der Arbeitstag gestaltete sich ungemein hart für alle Beteiligten. Zumal Thao und Sören die Stallarbeit allein erledigten, hatten sie bis zum späten Nachmittag zu tun, ohne sich dabei auch nur eine einzige Pause gegönnt zu haben. Thao tat alles weh, Rücken, Hände, Beine. Überall, wo ihre Muskeln Arbeit verrichtet hatten, plagten sie jetzt nervige Schmerzen. Sören empfand tiefes Mitleid für sie, wusste jedoch nicht, wie ihr zu helfen war. So betrachtete er seinen Schwarm schweigend, während sie sich ihrer Erschöpfung hingab.

„Boah, bin ich im Arsch. Das ist heute echt krass gewesen. Ich glaube, ich habe in meinem ganzen Leben noch nie so hart geschuftet."

Sie warf Sören einen gequälten Blick zu.

„Und du machst das jeden Tag. Hammer!"

„Iiiiiiicccchhhhhh hhhhhhaaaaabbbbbb jjjjjjaaaaa Hhhhiiiiiilllllffffeeeee."

Thao dachte an den umgestürzten Baum, an dem vor allem Margarete und Gerd unermüdlich gearbeitet hatten, bis er endlich zersägt war und abtransportiert werden konnte. Jetzt war nur noch der immense Schaden übrig geblieben, den er an der Stallwand und dem Dach hinterlassen hatte. Margarete wirkte nun deutlich gelöster, für sie schien zumindest eine Etappe geschafft zu sein.

„Kann ich mit dir reden?"

Thao blickte zu Xena auf, die in der Tür stand und außer einem „Hallo" noch kein Wort mit ihr gewechselt hatte. Bislang hatte es beiden an der Zeit gefehlt, sich miteinander zu unterhalten.

„Entschuldige, Sören, ich bringe dir die Süße gleich wieder."

Thao zwinkerte dem jungen Mann zu, dann verließen sie den kleinen Pausenraum und gingen den Stallweg entlang.

„Du hast mit Gerd gesprochen, stimmt´s?"

Xena nickte.

„Es war schlimm. Für ihn kommt es nicht in Frage, dass ich wieder zu arbeiten beginne. Zumindest nicht als Domina. Er ist gestern völlig ausgerastet, ich habe ihn lange nicht mehr so gesehen. Das Thema ist noch nicht durch, ich will meinen Beitrag leisten, auch für meine eigene Familie. Und als Domse kann ich viel Geld für uns verdienen."

„Wovor hat er denn Angst?"

„Vor allem davor, dass sich etwas zwischen uns verändern könnte. Aber auch, dass jemand dahinterkommt und uns dann das Leben versaut, in erster Linie das der Kleinen. Für ihn ist es unerträglich, dass man uns als Sadomasochisten bloßstellen könnte."

Thao überlegte. Als Paar konnte man sich vielleicht noch dazu bekennen, doch spätestens mit Kindern wurde das schwierig. Sie konnte Gerd in dem Punkt gut verstehen.

„Und Margarete? Ich meine, die hat hier dann alles verloren, oder?"

Xenas Blick wurde starr.

„Gerd ist genauso wie ich dazu bereit, ihr unsere Ersparnisse zu überlassen. Es hat mich überrascht, aber er hatte schon ähnliche Gedanken, als ich mit ihm gesprochen habe. An das eigentliche Problem dabei habe ich gar nicht gedacht, Margarete wird unser Angebot nicht annehmen, da hat Gerd mit seiner Vermutung wahrscheinlich recht. Sie ist viel zu stolz dazu und ihre Möglichkeiten einer Rückzahlung zu gering."

„Reden wir erst einmal mit ihr. Wir sind alle schlaue Leute, da wird sich schon eine Lösung finden, die sie bereit ist anzunehmen. Hol Gerd, ich gucke in der Zwischenzeit, wo sie ist, und koche sie schon ein wenig weich."

Xena zögerte, war aber dann einverstanden. Warum das Ganze hinauszögern? Schließlich quälten sie sich alle mit dieser Ungewissheit.

„Gut, dann viel Glück. Ich hoffe, du beißt dir an ihr nicht die Zähne aus."

Ein Gespräch mit Margarete war für Thao längst überfällig. Bislang hatte sie noch keine Möglichkeit gehabt, mit Xenas Freundin ausführlich zu reden. Es war also höchste Zeit, allein schon Romys wegen. Sie musste einige Zeit suchen, bis sie die Hofbesitzerin, völlig erschöpft auf der Wohnzimmercouch liegend, fand.

„Maga? Hast du bitte kurz Zeit für mich?"

Margaretes Augen öffneten sich und blickten zu Thao auf, die über die Rückenlehne des Möbelstücks hinweg auf sie hinab sah.

„Wenn ich dazu nicht aufstehen muss."

Sie lächelte gequält.

„Du bist völlig im Arsch. Du brauchst dringend eine Pause."

Margarete hielt ihr Lächeln aufrecht.

„Und was mache ich gerade, Thao?"

„Ich würde gerne mit dir über Romy reden. Vielleicht später, wenn du dich ein wenig erholt hast?"

Margarete war sofort wieder in der Pflicht, so abrupt, als ob sich in ihr ein Schalter umgelegt hätte. Stöhnend setzte sie sich auf und klopfte neben sich auf das Couchpolster.

„Setz dich zu mir. Xena hat schon angedeutet, dass du meiner Tochter eventuell helfen kannst."

Thao dachte an Romy und ihre immer wiederkehrenden Ausbrüche vor allem Ruth gegenüber. War die Schwester der Auslöser oder nur ihr Blitzableiter?

„Ruth und Romy streiten sehr viel, stimmt´s? Das ist mir schon bei meinem letzten Besuch aufgefallen."

Margarete überlegte, ob es jemals wirklichen Frieden zwischen ihren beiden Töchtern gegeben hatte.

„Seit Romy gehen konnte. Ruth war zwar in vielen Dingen ihr Vorbild, aber auch schon immer Ziel ihres Zorns. Sie fühlte sich immer benachteiligt, bis zu den kleinsten Bagatellen hin. Das war eine kleine, ständige Hölle, vor allem früher, als wir noch in der Stadt wohnten. Jetzt auf dem Hof können sich die beiden wenigstens ab und an aus dem Weg gehen."

Thao hakte nach.

„Hatte sie, zu dem Zeitpunkt als sich ihr Verhalten so drastisch verändert hatte, irgendwelche Verletzungen?"

„Was meinst du?"

Margarete wurde hellhörig.

„Vielleicht Prügel in der Schule? Streit mit Mitschülern, vielleicht wurde sie auch von einem Jungen grob angefasst? Sie ist in einem Alter, wo man sich sexuell interessiert und die ersten Erfahrungen macht."

„Nicht, dass ich wüsste, Thao. Auch die Lehrer haben diesbezüglich nie etwas erwähnt."

„Thomas erzählte mir, dass sie sich auf einmal ungern wäscht und euch oft ungepflegt erscheint?"

„Leider. Und das erstaunt mich am allermeisten. Von einem Tag auf den andern hat das Mädchen aufgehört, sich zu pflegen, wechselt ihre Wäsche nicht mehr, achtet nicht mehr auf sich und läuft zerzaust und ungepflegt herum, dass man sich für sie nur noch schämen muss. Vor ein paar Tagen hat uns die Schule angerufen, dort sieht man die Schuld bei mir und Thomas. Man will uns eine Erziehungshilfe schicken. Das ist so unglaublich demütigend, es krönt praktisch unser allgegenwärtig erscheinendes Unglück noch. Meinen Kinder geht es gut, ich sorge mich doch vor allem um sie, ich weiß nicht was ich bei Ruth richtig und bei Romy falsch gemacht habe."

„Du hast viel um die Ohren, kann es daran liegen?"

Margarete schien einen versteckten Vorwurf zu wittern und verlieh ihrer Stimme einen bestimmten Unterton.

„Nein!"

Mehr kam nicht über ihre Lippen.

„Hat sich Romy hier denn wohlgefühlt? Auf dem Land, meine ich."

„Gemeckert haben meine beiden Ältesten immer, aber sie haben Freunde hier, sind oft in der Natur und es ist ja nicht so, dass wir sie einsperren. Die Große macht ja eh schon, was sie möchte. Ist ja auch okay, sie ist erwachsen."

Thao beabsichtigte, das Thema zu wechseln. Es gab nicht mehr viel, was sie fragen konnte, ohne dass sie Maga weiter reizte. Es ging ihr so schon schlecht genug, umso wichtiger war es nun, dass ihr geholfen wurde. Vielleicht erledigten sich dadurch ja Romys Probleme gleich mit.

„Was wird jetzt aus dem Hof? Xena hat mir erzählt, dass eure Versicherung nicht zahlen will."

Maga blickte starr vor sich hin.

„Verkaufen und hoffen, dass ich den Schuldenberg, der übrig bleibt, irgendwann wieder abtragen kann? Das ist der Streitpunkt mit Thomas. Er will, dass wir notfalls insolvent gehen."

„Lass dir helfen, Margarete. Du siehst doch, wie viele Menschen bereit sind, euch zu unterstützen. Da kann Geld eigentlich nicht das Thema sein."

„Noch mehr Schulden und dann noch bei Freunden oder Verwandten?"

Sie schüttelte den Kopf.

„Das schaffe ich nicht. Bei der Bank, okay. Aber Menschen, die ich mag und schätze, ... es würde vielleicht alles zerstören und kaputtmachen."

Gerd klopfte gegen die Tür und bat, eintreten zu dürfen.

„Tut mir leid, wenn wir stören."

Maga seufzte. Sie hätte so gerne wieder ihre Ruhe gefunden.

„Auch schon wurscht. Kommt rein."

Xena blickte Thao fragend an, doch die schüttelte nur unmerklich den Kopf. Auch Gerd registrierte es, wollte aber dennoch sein Glück bei der Landwirtin versuchen.

„Wir wollen dir helfen, Maga, auch finanziell. Zusammen kriegen wir das schon hin."

Margarete atmete schwer und blickte Thao vorwurfsvoll an.

„Hast du mich deshalb gefragt?"

„Ich habe sie darum gebeten", lenkte Xena Magas Aufmerksamkeit auf sich.

„Ihr bleibt hier und es läuft alles weiter wie bisher. Wir gehören zusammen auf diesen Hof, anders darf das nicht sein."

Margarete verschränkte ihre Finger ineinander und blickte vor sich auf den Boden.

„Ich kann einfach nicht mehr. Es ist nicht nur das fehlende Geld, es ist auch der ständige Kampf gegen meinen Mann und die Kinder. Sie wollten das alles hier nicht mehr und haben ja auch recht. Wir gehören einfach nicht hierher. Es sollte nicht sein."

Xena setzte sich neben Maga und umarmte sie, während Tränen über die Wangen der abgekämpften, mit der Verzweiflung ringenden Hofbesitzerin rannen.

„Bitte, Maga. Gib uns die Chance, das hier zu retten. Jetzt, wo du es doch fast schon geschafft hast. Wir helfen dir und das Geld bekommen wir schon auf die eine oder andere Weise wieder zurück. Und selbst wenn nicht, ihr seid dann da."

„Ich kann einfach nicht mehr. Ich renne immerfort gegen Wände, durchbreche sie, tue mir weh dabei, nur um dann festzustellen, dass sich dahinter eine noch dickere befindet. Und auch wenn du, Sören und Mia hinter mir steht, mir Mut machen und mich aufbauen, tut es meine Familie nicht." Sie holte kurz Luft und blickte zu ihrer großen blonden Freundin auf. „Die ist mir aber nun einmal am wichtigsten, verstehst du das? Dir geht es doch mit Gerd und Lisa nicht anders."

Xena blickte ihre Freundin traurig an, dann wandte sie sich Thao zu, inständig auf deren hilfreiche Unterstützung hoffend.

„Maga, deine Familie wird ihre Gründe dafür haben und die kann man abstellen. Vielleicht sollten wir uns überhaupt einen Weg überlegen, damit alles für euch leichter wird und ihr endlich wieder ein Leben habt."

„Wie meinst du das, Thao?"

Margarete wurde hellhörig.

„Dass vielleicht dein bisheriges Konzept, die Dinge anzugehen, nicht das produktivste war. Bei allem Fleiß und den Erfolgen, die du erwirtschaftest, bleibt offensichtlich immer etwas auf der Strecke. Und wie du selbst gesagt hast, wenn die Familie das Problem ist, kann man auf Dauer nicht darüber hinwegsehen und schon gar nicht, wenn es dir selbst dabei immer schlechter geht."

„Du meinst, ich habe falsch gewirtschaftet?"

Thao zögerte kurz, dann nickte sie.

„Eigentlich kann es nicht anders sein."

Margarete biss sich auf die Lippen, während das Blut aus ihrem Gesicht wich. Man konnte den Zorn spüren, den Thaos Worte in ihr geboren hatten.

„Geht bitte. Ich brauche Ruhe."

Xena runzelte die Stirn, sah Thao vorwurfsvoll an und wollte Maga noch einmal an sich drücken, sie trösten, noch einmal umzustimmen versuchen, doch die Bäuerin hielt dagegen, entzog sich ihr und wandte sich ab.

Gerd war es schließlich, der Xena wegzog und Thao bat, ihnen zu folgen. Margarete musste nun eine Entscheidung treffen, und egal, wie diese auch ausfallen würde, als Freunde würden sie ihr beistehen, auch wenn dies letzten Endes bedeuten würde, dass sie den Hof und das Dorf mit ihrer Familie verlassen musste.

„Was war das jetzt gerade, Thao?"

Xena herrschte ihre Freundin regelrecht an.

„Nennst du das aufbauen? Mut machen?"

Thao wischte sich ihre Strähne aus dem Gesicht und blickte die große Frau wütend an.

„Ich habe meine persönliche Sicht der Dinge dargestellt und wollte Maga zeigen, dass es durchaus noch andere Möglichkeiten für sie gibt. Und dass sie vielleicht das Eine oder Andere anders handhaben könnte, damit es ihnen allen besser geht. Nichts weiter."

„Thao hat recht, Schatz. Margarete muss einen Weg finden, und wenn sie den Hof halten möchte, sind gewisse Veränderungen unumgänglich. Geld allein wird da nicht ausreichen. Er muss sich tragen, und das nicht nur auf ihren oder deinen Schultern."

„Mag sein." Xena trat zwischen Thao und Gerd hindurch und ging forschen Schrittes den Gang entlang. Thao wollte ihr nacheilen, doch Gerd hielt sie zurück.

„Lass sie, sie beruhigt sich wieder, genauso wie Maga auch."

Thao nickte, die eigene Stimmung der Sorge um die Freundin wegen getrübt.

„Weißt du denn, worum es Xena eigentlich geht?"

Gerd blickte sie fragend an.

„Wenn sie Maga nicht mehr helfen kann, verliert sie einen ihr wichtigen Lebensinhalt, welchen sie so nicht ohne weiteres kompensieren kann. Sie braucht eine Aufgabe, ich meine, eine, die über Mutter und Partnerin sein hinausgeht."

„Und dann wird sie wieder Domina? Ist es das, worauf du hinauswillst?"

„Und wenn es so wäre? Sie hat mir erzählt, wovor du Angst hast, aber der kann man begegnen. Auch für euch gäbe es da einen Weg."

„Es geht hier und jetzt um Maga und ihre Familie, Thao. Nicht um Xena oder mich. Können wir uns darauf einigen?"

Thao gab es auf, die allgemeine Stimmung war ihr zu gereizt.

„Ich werde mal auf mein Zimmer gehen. Vielleicht sehen wir uns später, Gerd."

Zurück auf ihrer Kammer legte sich Thao unverzüglich ins Bett, erschöpft, verbittert und unglücklich. Der einzige Vorteil ihrer jetzigen Stimmung lag darin, dass die Gedanken um Karl keinen Platz in ihrem Kopf mehr hatten, ebenso wenig wie jene um Steven. Momentan galt ihre Sorge den Menschen hier am Hof, allen voran Romy und Margarete.

„Thao! Kann ich reinkommen? Ich bin´s."

Ruths Stimme wurde von leisem Klopfen begleitet. Thao schloss die Augen, ihr ging es jetzt genauso wie vorher Margarete.

„Komm schon rein."

Die junge Frau huschte ins Zimmer und schloss hinter sich die Tür.

„Du wolltest schlafen? Soll ich wieder gehen?"

Thao verneinte und klopfte neben sich auf die Matratze. Ruth setzte sich zu ihr, drehte sich auf ihre Seite und blickte neugierig auf die Liegende herab.

„Ist schon toll unser Landleben, was? Allein diese Idylle, die Ruhe, der Frieden ..."

Ruths Sarkasmus ließ sich kaum ignorieren. Thao jedoch hatte hierfür kein Ohr.

„Was ist mit Romy los?"

„Die ist gestört. Meine Meinung. Die hat sie nicht mehr alle. Die will einen nur fertigmachen und ist erst zufrieden, wenn man auf sie einprügelt oder heulend vor ihr wegläuft. Die ist plemplem, Thao, und gehört in eine Anstalt."

Thao musterte Ruth mit nüchternem Blick. Es missfiel ihr, dass die ältere Schwester es sich so einfach machte.

„Romys Wesen hat sich innerhalb von wenigen Wochen stark verändert, machst du dir da keine Sorgen? Auch wenn ihr ständig streitet, seid ihr doch Schwestern, oder etwa nicht?"

Ruth verdrehte ihre Augen.

„Ach, das war auch schon früher so. Die will nur Aufmerksamkeit erregen. Nichts weiter. Ich habe schon zu Mutter gesagt, dass sie in eine Klapse gehört. Aber auf mich hört niemand."

„Redet ihr denn kein normales Wort miteinander?"

Ruth schüttelte ihren Kopf.

„Nee. Ich hau ihr lieber gleich eine runter, ist für uns beide besser so."

Thao gab es auf. Ruths Meinung über ihre Schwester schien wie aus Beton gegossen zu sein.

„Gibt es hier in der Nähe eine Therme? Mir tut jeder Knochen weh."

Ruth merkte auf.

„Ja, aber vierzig Kilometer muss man schon fahren. Kann ich mitkommen?"

Thao antwortete nicht sofort, ein heißes Bad würde ihr mit Sicherheit guttun. Doch noch war sie nicht sicher, ob sie sich dazu aufraffen wollte.

„Ich hole meine Sachen, ja? Geil! Es ist super schön dort, wirst sehen."

„Ja, ist ja gut. Frag Romy und Rieke ob sie mitwollen."

Ruth blieb vor Thaos Kammertür stehen und wandte sich entsetzt um.

„Die sollen mit? Ich dachte, wir gehen alleine?"

Thao schüttelte den Kopf.

„Die anderen brauchen das genauso dringend wie du und ich. Also sag ihnen Bescheid bitte."

Eine Viertelstunde später standen Magas Mädchen im Spalier vor der Haustür und warteten auf den Gast. Sören gesellte sich hinzu und wunderte sich über die Versammlung.

„Thao nimmt uns ins Schwimmbad mit", quiekte die kleine Rieke triumphierend. In dem Moment stapfte Thao die alte Stiege hinab und lächelte Sören zu.

„Hey! Du bist gar nicht kaputt, oder?"

Sören warf ihr einen flüchtigen Blick zu, dann starrte er auf seine Füße und schüttelte den Kopf.

„Iiiiiiicccccchhhhhh bbbbbbbiiiiiiiiinnnnn eeeeeeesssssss ggggggeeeeeewwwwwwwwwoooooohhhhhnnnnntttt."

Romy grinste breit.

„Der ist total verschossen in dich, siehst das nicht? Wahrscheinlich wächst ihm grad sein Pflänzchen."

Das Mädchen kreischte auf, als ihr die Hand der älteren Schwester ins Gesicht klatschte. Sören gedachte dieser peinlichen Situation umgehend zu entgehen und schickte sich an, die Treppe hinaufzueilen.

„Warte!"

Thao, noch auf der vorletzten Stufe der Treppe stehend, verstellte ihm den Weg, griff an sein Kinn, hob es an und blickte ihm tief in seine traurigen Augen.

„Kommst du mit? Ich würde mich freuen."

Sören kämpfte mit sich, während Ruth sich weiter bemühte, ihre Schwester zu bändigen. Kein Wort verließ seine Lippen, doch war er auch unfähig, sich von der jungen Frau zu lösen und an ihr vorbei nach oben zu gehen.

„Hol deine Sachen, hoffentlich passen wir alle in mein Auto."

„Und was ist mit Mia und Lisa?", wollte nun die kleine Rieke wissen.

Thao wurde blass. An die beiden hatte niemand gedacht.

„Wir haben keinen Platz mehr, Maus. Ich habe nur ein Auto."

„Xena gibt uns ihres, Sören kann fahren."

Ehe Thao sie aufhalten konnte, war das kleine Mädchen auch schon draußen und flitzte über den Hof zu dem kleinen, gegenüberliegenden Häuschen.

„Tut mir leid, Xena. Ich wollte nicht, dass wir euch stören."

„Lass gut sein. Im Moment liegen bei uns allen die Nerven blank. Kann ich mitkommen oder wollen die Kleinen unter sich bleiben?"

Ruth stieß der großen Blondine ärgerlich in die Seite. Die aber lachte nur und blickte über die Menge hinweg zu Mia und Sören, die in diesem Augenblick ins Freie traten. Etwas Abwechslung schienen hier wohl alle dringend nötig zu haben.

Auszeit

Umgeben von dichtem Wald war die Therme wirklich schön gelegen. Angrenzend an ein großes Schwimmbecken befanden sich zwei kleinere für Kinder, ferner auch ein großes Thermalbecken mit verschiedenen Massagedüsen. Trotz zehrender Müdigkeit kehrte nun doch noch etwas Energie in Thao zurück. Angesteckt von der Lebendigkeit der Jüngeren beteiligte auch sie sich an der Wasserschlacht und nahm die kleine Rieke auf ihre Schultern, während Lisa von jenen ihrer Mutter aus versuchte, ihre Freundin wieder ins Wasser zu befördern. Selbst Romy und Ruth waren dabei, während Sören und Mia sich zurückhielten und die Szene schweigend verfolgten.