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The Club 05: Gertruds Aktivurlaub

Geschichte Info
Tante Gertrud macht aktiven Urlaub in ihrer alten Heimat.
17.7k Wörter
4.68
20.1k
3
Geschichte hat keine Tags

Teil 5 der 5 teiligen Serie

Aktualisiert 06/11/2023
Erstellt 09/06/2022
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Hier mal eine Club-Geschichte mit "Tante Gertrud" aus dem ersten Teil

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Gertrud schenkte sich noch eine Tasse Tee ein. Sie hatte zum Frühstück die Balkontür geöffnet und sich so an den Esstisch gesetzt, dass sie freien Blick nach draußen hatte. Vom Spielplatz der Wohnanlage klangen fröhliche Kinderrufe bis zu ihr. Stimmt, diese Woche waren ja Herbstferien und so war der Spielplatz bereits am frühen Vormittag belebt. Ihr Balkon ging nach Süd-Westen, so dass die Frühsonne nicht zu ihr hereinschien. Aber der stahlblaue Himmel entschädigte und zeugte von bestem Wetter das diesem Tag wohl geschenkt werden sollte.

Entschlossen stellte sie jetzt aber Geschirr und Lebensmittel des Frühstücks zusammen auf das noch dastehende Tablett, stand auf und brachte alles in die Küche. Schnell war alles zwischen Kühlschrank und Spülmaschine aufgeteilt und Gertrud kehrte in den Wohnbereich ihres Appartements zurück. Sie nahm die Tasse Tee mit zu dem kleinen Schreibtisch und klappte ihren Lap-Top auf. Nach der kurzen Startphase und nachdem sie ihr Passwort eingegeben hatte war das mail aus ihrer früheren Heimatstadt noch offen. Sie griff sich das Telefon und wählte die angegebene Nummer. Es klingelte nur drei Mal bis abgehoben wurde.

„Einen wunderschönen guten Morgen. Sie sprechen mit Karin von der Club."

„Auch einen schönen guten Morgen, liebe Karin. Hier ist Gertrud aus Duisburg. Ich habe deine mail erhalten und mich sehr darüber gefreut."

„Ja hallo Gertrud. Das ist ja wirklich toll, dass Du dich gleich meldest. Als Du vor ein paar Wochen mit deiner Nichte und ihrem Mann hier warst hatten wir ja kaum Zeit zu reden. Oder sind das inzwischen auch schon wieder Monate. Ich konnte dich gar nicht mehr fragen, wie es dir eigentlich geht. Wie lange ist es jetzt her, dass Ludger gestorben ist?"

„Ach Karin, das ist jetzt ziemlich genau 5 Jahre her. Vor drei Wochen war sein Todestag. Ich war auf dem Friedhof und bin anschließend zum Italiener wo wir so oft an unserem Hochzeitstag gewesen sind. Es hätte ihm bestimmt so auch gefallen."

„Du klingst ja ziemlich aufgeräumt. Es ist schön, dich so zu hören. Wie geht es dir denn inzwischen so mit Allem?"

„Weißt du, es geht mir eigentlich richtig gut. Natürlich habe ich um Ludger getrauert. Aber wir hatten ein sehr schönes Leben und er musste trotz seiner Krankheit nicht sehr leiden. Er wusste ja in den letzten Wochen dass er gehen würde und hat mir noch viele Tipps für die Zeit danach gegeben. Ein Jahr später war ich dann soweit mich von unserem Haus zu trennen. Ich habe ein wunderschönes Appartement nicht weit weg gefunden, in einer Wohnanlage. Aufzug vor die Wohnungstür und ein kleiner Balkon. Unsere Tochter mit ihrem Mann und den Kindern wohnt nicht weit weg. Wobei sich beide beruflich haben ziemlich einspannen lassen. Und meine Enkel studieren in Berlin und in München. Da sind Familientreffen eher selten."

„Und hierher zu uns kommst Du auch nicht mehr so häufig? Ich hatte dich vor deinem Besuch mit deiner Nichte Silvia wohl Jahre nicht mehr gesehen. Oder sonst irgendetwas von dir gehört."

„Na ja, bei der Verwandtschaft bin ich schon einigermaßen regelmäßig. Aber dabei den Club zu besuchen hatte ich ehrlich gesagt gar nicht so die Idee. Ich habe hier einige sehr schöne Kontakte zum Club in Essen. Bei den großen Wochenendtreffen bin ich aber inzwischen wirklich eher selten. Ich glaube das letzte Mal vor ungefähr zwei Jahren."

„Ach das ist ja schön, dass du noch grundsätzliche Kontakte hast. Das habe ich gehofft und ehrlich gesagt auch ein wenig in der Clubdatenbank gefunden als ich dir die mail schrieb. Du und Ludger ward ja früher schon recht regelmäßig bei uns. Auch von Duisburg aus."

„Ja, ja. Das war doch hauptsächlich wegen Ludgers Jugendfreundin Edeltraud. Als er mitbekommen hatte, dass Edeltraud und ihr Mann zu euch in den Club gefunden hatten da wollte er sie immer wieder mal bei einem Event treffen. Oder er hat auch unter der Woche mal Dates mit ihr ausgemacht wenn er von seinen Montagen im Ausland mal etwas Heimaturlaub hatte."

Gertrud fand es wunderschön wieder einmal ungezwungen mit Jemand über alte und neue Zeiten zu plauschen.

„Ach so war das. Ich war ja damals noch recht jung und ziemlich neu im Club. Ich kann mich in der Hauptsache an dich erinnern. Ich habe dich damals als eine Frau erlebt die über zwanzig Jahre älter ist als ich, genau weiß was sie will und ein glückliches Leben führt. Damals habe ich mir schon ab und zu gedacht, so willst du, dass es dir auch mal geht."

„Ja hallo. Das war mir gar nicht bewusst, dass ich eine Vorbildfunktion hatte. Hätte ich mich noch mehr angestrengt. Und wie ist es dir gelungen umzusetzen? Ich habe ja mitbekommen, inzwischen bist du die Clubmanagerin vom Chapter in meiner alten Heimatstadt."

„Ja, das mach ich jetzt seit 3 Jahren. Vorher war ich schon etliche Jahre für Isabell und Jürgen die Vertretung. Und es macht mir ziemlich Spaß ehrlich gesagt. Meine Ehe ging schon vor über 12 Jahren den Bach runter. Fast genauso lang habe ich einen festen Partner für Freizeitgestaltung und Urlaub. Wohnung haben wir aber nach wie vor getrennt und ich denke das wird auch so bleiben. Kinder waren medizinisch bei mir nicht möglich. Wahrscheinlich war das auch der Hauptgrund weshalb sich mein Ex dann jemand anderes gesucht hat. Inzwischen ist er glücklicher dreifacher Papa."

„Ach je, schade. Hättest Du gerne Kinder gehabt?"

„Wenn's geklappt hätte vielleicht schon. Es war und ist mir aber eigentlich kein Problem. Das Leben ist auch so sehr schön. Und auf alle Fälle unkomplizierter."

„Ja da klingst doch auch du richtig schön aufgeräumt. Da scheinen wir ja nicht so unähnlich zu sein. Hat das mit dem Vorbild doch abgefärbt." Gertrud lachte ins Telefon.

„So habe ich das noch gar nicht gesehen. Aber von der Seite betrachtet hast du schon recht."

Es entstand eine kleine Pause im bisherigen Redefluss. Gertrud wollte schon wieder ansetzen, da kam ihr Karin zuvor.

„Also, jetzt aber mal zu meiner mail und meinem Anliegen. Ich habe hier einen etwas speziellen Fall und da habe ich mir deine Akte angesehen in der letzten Woche. So wie du beim Besuch mit Silvia auf mich gewirkt hast habe ich mir gedacht, das könnte wirklich ganz gut passen. Ich hatte aber keine Ahnung ob du noch irgendwie im Club aktiv bist. Als Managerin habe ich natürlich schon Zugang zu den internen Clubdaten. Und was ich da von dir gelesen habe ist ja nicht nur, dass du inzwischen 73 Jahre bist. Da steht auch etwas von aktuellen Aktivitäten und Projekten für Senioren. Und da habe ich die mail geschrieben."

„Und ich war überrascht und habe mich sehr gefreut über die mail. Aber jetzt spann mich nicht auf die Folter. In der mail stand nur etwas von einem Paar, das überlegt in den Club einzutreten."

„Okay. Also was ich dir erzähle ist natürlich vertraulich. Wir haben hier ein junges Ehepaar seit einigen Monaten in der Aufnahmephase Die beiden haben sich noch nicht für einen Aufnahmeantrag entschieden obwohl der Entscheidungsprozess sich jetzt schon fast ein halbes Jahr hinzieht. Carolin ist dabei eigentlich gar nicht das Problem. Zögern tut ihr Mann Daniel. Daniel ist zweiunddreißig und Carolin zwei Jahre jünger. Die beiden haben zwei kleine Kinder. Das ältere Mädchen ist aktuell vier. Carolin war vor der Zeit mit Daniel schon mal für zwei Jahre beim Club. Sie sagt von sich mit dem Kinderstress und ihrer Arbeit, die sie parallel weitermacht hat sie sehr selten Lust zu Sex. Und außerdem ist sie sehr bi-orientiert. Das war sie schon damals im Club. Sie würde sich unheimlich gerne wieder mal mit einer Frau treffen, will aber ihren Mann nicht übergehen. Daniel ist wohl sehr konservativ erzogen worden. Er hat sich jetzt aber mit dem Gedanken des Clubs zumindest mal vertraut gemacht. Und vor 2 Wochen hat er sich mir gegenüber geöffnet. Was wir von den Tests her schon eingegrenzt hatten wurde da bestätigt. Er hat wohl ein ziemliches Faible für reife Frauen. Wobei es dabei schon Richtung sehr reif geht, also wirklich etwas älter."

Gertrud lachte laut. „So alt wie ich halt willst du sagen. Das sind ja heute Komplimente."

„Ach Gertrud. Ich habe doch gesagt ich weiß du bist dreiundsiebzig. Und in seinem Beuteschema wahrscheinlich noch eher an der jugendlichen Grenze, wenn du verstehst was ich meine."

„Okay, jugendliche Grenze. Wird langsam wieder besser. Lass dich nicht aufziehen von mir. Ich finde die beiden ja interessant. Was hast du dir also gedacht."

„Also, wo waren wir. Ja, er steht auf reife Frauen, das hat er inzwischen ja mir sogar erzählt. Er scheint das bisher ziemlich verwerflich zu finden. Obwohl das alles ja noch nicht mehr als reine Phantasie war, wie er immer wieder betont hat. Wie er mit mir gesprochen hat hatte ich fast den Eindruck, er sieht unser Gespräch als eine Art Beichte und erhofft sich Absolution."

„Und die hast Du ihm doch hoffentlich erteilt?"

„Natürlich habe ich ihm gesagt, dass das doch nichts Verwerfliches ist. Und dass es ein Glück für viele reifere Frauen wäre ein Abenteuer mit so einem agilen und potenten jungen Mann zu erleben. Ich würde gerne ein unverbindliches Treffen mit einer reiferen Dame aus dem Club arrangieren. Einfach mal nur zum Kennenlernen. Und letzten Freitag hat er mich angerufen und war mit meinem Vorschlag einverstanden."

„Okay -- und als Partnerin hast du an mich gedacht?"

„Ja , genau an dich. Du warst mir schon als Ideallösung vor Augen gestanden als ich ihm den Vorschlag machte."

„Oh, Ideallösung. Jetzt kommen sie aber die Blumen." Wieder lachte Gertrud.

„Keine falsche Bescheidenheit. Ich lade dich herzlich ein zu dieser Aufgabe. Für Fahrtkosten kommt der Club auf. Gerne kannst Du bis zu einer Woche eins der Gästezimmer hier im Club nutzen. Es wäre nur schön, wenn du mir deine Entscheidung innerhalb zwei Tagen mitteilen könntest."

„Oh, danke für die Einladung." Gertrud überlegt nur ganz kurz. „Aber die zwei Tage brauchen wir nicht. Ich sage hiermit zu. Wann hätte denn der junge Mann Zeit?"

„Ach Gertrud, das ist schön. Ich freu mich total. Über zeitliche Möglichkeiten haben wir noch nicht gesprochen. Lass mal überlegen. Ich denke wir machen das so.

Ich buche für dich eine Fahrkarte und schick dir das online-Ticket per mail. Seine Telefonnummer tippe ich jetzt schon gerade in eine mail an dich. Da kannst du ihn nach unserem Gespräch gleich anrufen. Zimmer ist diese und nächste Woche frei. Sobald du mir mailst, wann ihr ein Treffen vereinbart habt schicke ich dir das Ticket mit passendem Datum. Auch wenn du heute Nachmittag schon kommen solltest. Können wir das so machen?"

Schon klingelte Gertruds mail-Programm und kündigte eine mail von Karin an.

„Deine Vorschläge sind super. Natürlich können wir das so machen. Und wir machen das auch so. Das mail mit seiner Nummer ist auch gerade angekommen. Und ein Bild ist auch dabei. Woh, sieht der gut aus. Läuft doch alles wie am Schnürchen. Gesamtpaket fast geschnürt." Gertrud spürte eine so positive und aktive Stimmung in sich.

„Hm, eines vielleicht noch." Karin wirkte jetzt etwas nachdenklich am Telefon. „Wenn das mit eurem Treffen klappt, es gibt noch eine offene Frage beim Profil von Daniel. Bei den Videotests wo der Puls und die Hautimpedanz gemessen wird, da hatte er noch einen zweiten massiven Ausschlag. Der war fast so stark wie der bei den älteren Frauen. Es war bei diversen Gruppensexszenen. Nicht bei allen, nur bei einigen wenigen. Aber dort heftig. Wir hatten erst an eine bi-Orientierung gedacht. Aber bei Dreiern oder Vierern war absolut gar nichts. Und auch bei Homoszenen war gar nichts. Der ist komplett hetero. Vielleicht kannst Du vorsichtig nachforschen, was da dahinter steckt."

„Ich werde ihm vorsichtig auf den Zahn fühlen. Das ist doch mal ein tolle Herausforderung für eine alte Club-Seniorin. Und ich komme wieder mal in mein aller erstes Chapter. Wobei aus meiner früheren Zeit werden nicht mehr Viele da sein?"

„Na ja, Ludger und du, ihr wart ja bis vor ein paar Jahren doch immer wieder mal da. Aber in deinem Alter sind wirklich nicht mehr viele aktiv. Als passiv stehen noch einige in der Kartei. Aber einer den du kennen solltest ist Georg, der Opa von Carolin. Also der Schwiegeropa von Daniel sozusagen. Über ihn kam Carolin damals in ihren jungen Jahren mit dem Club in Kontakt."

Gertrud überlegte. Ach ja, ihr alter Freund Georg. „Ach Georg, der war doch in etwas so alt wie ich. Wir nannten ihn Georg der Elektroingenieur. Ich habe schon vor vielen Jahren gehört, dass seine Frau gestorben sei?"

Karin antwortete nicht sofort. Gertrud glaubte Tastaturgeklapper zu hören.

„Ja, da haben wir ihn. Steht sogar als Georg der Elektroingenieur noch in der Datei. Steht auf passiv. Seine Frau starb bei einem Unfall vor knapp 10 Jahren und er hat bei dem Unfall ein Bein verloren. Und das andere kann er wohl auch nicht mehr richtig bewegen. Vor fünf Jahren ist er in ein Pflegeheim gezogen und seither auf passiv gewechselt."

Gertrud erschrak etwas bei dieser Nachricht. Dass Georgs Frau bei einem Unfall ums Leben gekommen war hatte sie noch irgendwo im Hinterkopf. Dass Georg selber dabei auch stark betroffen war hatte sie aber nicht gewusst.

„Das sind ja traurige Nachrichten. Die aktuelle Adresse hast du aber schon?"

„Ja, das Pflegeheim mit Adresse steht hier. Und auch eine Telefonnummer. Schreib ich dir auch ins mail."

Wieder entstand eine kleine Gesprächspause.

„Du Gertrud, ich schau gerade auf die Uhr. Sei mir nicht böse, aber in wenigen Minuten habe ich einen Gesprächstermin und will mir noch etwas durchlesen vorher. Ich muss dich jetzt leider abwürgen."

„Du würgst mich doch gar nicht ab. Das würde ich gar nicht zulassen." Gertrud lachte ins Telefon. „Vielen, vielen Dank für das ausführliche Telefonat und die reizvolle Aufgabe. Ich melde mich, ganz bestimmt."

„Ich habe zu danken. Vor allem ja auch für deine zugesagte Unterstützung. Ich freu mich. Und ich freue mich auch dass wir uns bald wiedersehen. Also, viel Erfolg bei und mit Daniel. Jetzt muss ich aber."

„Lass dich nicht aufhalten. Tschüs aus Duisburg."

Gertrud legte auf. Ein Jüngling der auf ältere Frauen steht. Was hatte sie für ein Glück heute. Und ein wunderschönes Telefonat in ihre alte Heimat. Und vor allem die Aussicht, dort bald wieder mal hinzufahren. Jetzt aber Nägel mit Köpfen machen, dachte sich Gertrud und tippte die Nummer aus der neuen mail ins Telefon. Es klingelte nur zwei Mal.

„Daniel Lebedan, Kaizen Energie, guten Tag", Gertrud hörte leichte Fahrgeräusche im Hintergrund.

„Hallo Daniel, hier ist Gertrud von der Club. Können wir reden oder ist gerade ungünstig?"

„Nein, nein, alles gut. Ich sitze grade im Auto und fahre auf eine Baustelle. Ich bin Projektleiter für die Elektroausrüstung."

„Schön Daniel. Karin von eurem Club hat mir gesagt, dass Du dir ein Treffen vorstellen kannst. Und ich soll bei dem Treffen die zweite Person sein. Deshalb rufe ich an und will fragen, wann du denn Zeit hättest damit wir uns mal kennenlernen können."

Daniel musste sich wohl erst etwas fangen. Gertrud ließ ihm Zeit.

„Sie meinen, äh. Wie sag ich jetzt das am besten. Ich meine, sie sind nicht ganz so jung wie ich?"

„Daniel, ich bin dreiundsiebzig. Also bin ich über vierzig Jahre älter als du. Also könnte ich deine Oma sein. Und ich würde dich sehr gerne kennenlernen. Ich schlage vor wir treffen uns ganz unverbindlich in einem Cafe. Niemand weiß über was wir reden. Niemand denkt sich was dabei. Da ist ein junger Mann freundlich zu seiner Oma. Ist doch schön. Und über was wir sprechen und was wir dabei denken weiß kein Mensch und das geht auch keinen irgendetwas an. Und wenn du wieder Heim fährst kannst du in aller Ruhe überlegen ob wir in Kontakt bleiben oder ob ich wieder aus deinen Gedanken und deinem Leben verschwinde. Wäre das so okay?"

Wieder eine Pause.

„Doch, das wäre schon okay. Könnten Sie am Mittwoch Nachmittag."

„Sehr gerne Daniel. Wo ist es für dich günstig? Und unter Club-Kameraden sagen wir eigentlich alle du, auch bei vierzig Jahren Altersunterschied. Und ein du im Cafe ist glaubwürdiger, wenn du mich als deine Oma ausgeben möchtest." Gertrud kicherte ein wenig ins Telefon. Daniel erwiderte das Lachen.

„Da haben sie Recht, äh nein. Da hast du Recht. Auf der Lise-Meitner-Straße ist doch Richtung Autobahn dieser große Globus-Markt. Da ist am Haupteingang rechts ein nettes Cafe. Kennen sie, äh kennst du das?"

„Ich werde das schon finden, ganz sicher. Auch wenn ich bis jetzt noch nicht dort war. Also am Mittwoch. Wann genau?"

„Wir haben gleich schräg gegenüber eine Baustelle. Ich mach so Feierabend, dass ich um vier Uhr dort bin. Carolin ist mit den Kindern am Mittwoch bis zum Abend bei ihren Eltern, da haben wir eine Stunde Zeit, dann müsste ich sie abholen. Passt das so?"

„Das passt sehr gut. Ich freue mich aufs Treffen."

„An was werde ich sie aääh dich erkennen -- nicht so einfach, sich an das du zu gewöhnen."

„Das wird schon, Daniel. Ich habe deine mail-Adresse vom Club-Postfach. Da schicke ich dir ein Bild von mir hin. Und Karin, eure Clubmanagerin hat mir bereits ein Bild von dir geschickt. Da dürften wir uns problemlos erkennen."

„Wieso eure Clubmanagerin? Ist sie das für dich nicht?"

„Daniel, ich wohne in Duisburg. Ich mache aber ab morgen für eine Woche Urlaub in meiner alten Heimatstadt. Und in Zukunft ja vielleicht auch häufiger. Vor vielen Jahren, oder eher Jahrzehnten war ich bei euch im Club. Aber da war Karin noch keine Managerin."

„Ach so. Aus Duisburg. Das hat ja dann auch seine guten Seiten. Also, ich bin jetzt gleich auf der Baustelle und muss aussteigen. Wir sehen uns am Mittwoch."

„Ja Daniel, wir sehen uns am Mittwoch. Und ich freu mich sehr darauf. Schöne Zeit und bis dann."

Gertrud legte auf. Besser hätte die Woche nicht beginnen können.

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Es war erst halb drei als Gertrud am Mittwoch Nachmittag in den Bus stieg, um zu dem Einkaufszentrum zu fahren. Sie war bereits gestern Abend angekommen und hatte im Club eins der Gästezimmer bezogen. Kurz hatte sie Karin angetroffen und von ihr auch den Zimmerschlüssel bekommen. Dann hatte Karin aber bereits Feierabend gemacht. Gertrud hatte noch etwas Fernsehen geguckt, dann war sie früh zu Bett gegangen. Heute Morgen hatte sie in einem Cafe gefrühstückt und dann die Gelegenheit genutzt, um eine Schulfreundin zu besuchen. Gisela hatte mit ihrem Mann ein kleines Häuschen mit einem wunderschönen Garten im äußeren Stadtbereich. Es war eine wunderschöne Begegnung. Vor dem Mittagessen hatte sie sich aber verabschiedet und war wieder Richtung Club gefahren. Auf dem Weg hat sie in einem Imbiss eine Kleinigkeit gegessen und dann hat sie sich in ihrem Zimmer umgezogen und für ihr Treffen zurecht gemacht.

Karin hatte ihr noch am Montag einen Auszug aus dem Profil von Daniel gesendet. Auch zu den Ergebnissen der Fragebogen, die er bereits ausgefüllt hatte. Und Gertrud versuchte sich in die geheime Gedankenwelt von Daniel zu versetzen. Was würde ihn wohl am meisten ansprechen, was würde auf ihn möglichst verführerisch wirken?

Sie hatte sich für halterlose schwarze Netzstrümpfe entschieden. Und darüber einen schwarzen Stretch-Minirock. Und eine weiße, kurzärmlige Bluse. Das Dekoltee war ziemlich ausgeschnitten und zeigte einiges an Haut. Und ihre Haut war ja inzwischen schon ziemlich faltig. Auch nicht mehr so rosig wie früher, schon eher richtig gräulich. Aber genau auf diesen Alterslook schien ja Daniel zu stehen. Also machte sie ihm doch die Freude. Und von der Figur her musste sich Gertrud wahrhaft nicht verstecken. Eigentlich könnte das eine oder andere Pölsterchen mal eine Falte verschwinden lassen hatte sie sich in der letzten Zeit ab und zu gedacht. Aber über die 60 Kilo war sie eigentlich nie rausgekommen. Es war wieder ein sonniger Herbsttag und so hatte sie eine passende Jacke nur über ihrer Handtasche liegen, die sie über der rechten Schulter trug.

Sie stieg bereits zwei Stationen vor dem Einkaufszentrum aus und schlenderte durch den großen Park welcher das Gewerbeareal vom Siedlungsbereich trennte. Eine Bank lud sie ein einer Rentnergruppe bei Boccia-Spiel zuzusehen. Dann ließ sie bei einem Rundgang den Flair des Einkaufzentrums auf sich wirken. Das war wohl erst in den letzten Jahren entstanden. Sie war bisher jedenfalls noch nie hier gewesen. Das Cafe hatte sie gleich entdeckt und zehn Minuten vor vier stand sie an der Kuchentheke und bestellte sich einen großen Cappuccino und ein Stück Apfelkuchen. Im hinteren Bereich gab es drei kleine Nischen mit jeweils einer kleinen Sitzgruppe für maximal 3 Personen. Zwei der Nischen waren frei und sie wählte die ganz rechts. So war noch eine dazwischen zu der aktuell schon besetzten. Sie hatte kaum Platz genommen, da wurde ihr Kaffee und der Kuchen schon von einer jungen Kellnerin gebracht.