Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Unterwerfung des Innenarchitekten

ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier
NaSchmi
NaSchmi
209 Anhänger

„Könnte ja auch das gute Geschirr sein, das in den Wohnzimmerschrank kommt."

„Du meinst, wenn ich mal ein Gala-Dinner mit fünfzig Gästen abhalte."

„Zum Beispiel."

„In einer dreißig Quadratmeter Dachgeschosswohnung."

„Wenn du wüsstest! Ich designe dir ein Wohnzimmer, da kriegst du 50 Leute rein!"

„Hier rein, meinst du? In diesen Schuhcarton?"

„Natürlich nicht hier rein, aber du würdest dich wundern, welche Möglichkeiten es gibt, effiziente Raumkonzepte zu gestalten."

„Und was bringt mir das jetzt?"

„Nicht viel."

„Nicht viel. Weißt du, was mir viel bringen würde?"

„Wenn ich die Kiste in die Küche stellen würde?"

„Und dann gleich die nächste holen gingst."

„Bringe ich die auch in die Küche?"

„Nur wenn da Küche drauf steht!"

„Okay, dann werde ich mal sehen!"

„Überrasch mich!"

Aber Alina konnte sich eigentlich nicht beschweren, auch wenn er manchmal etwas zu kompliziert war. Während er mehr oder weniger ohne zu klagen die Kisten herauf schleppte, konnte sie schon auspacken.

Zusammen hatten sie am Ende dann noch ihr Bett aufgebaut und ein paar Regale an die Wand gedübelt.

„Müsste sich so ein Innenarchitekt nicht geschickter bei sowas anstellen?", fragte sie, weil er sich nun wirklich ungeschickt angestellt hatte.

„Ich bin Innenarchitekt, kein Handwerker!", hatte er gemeint und schien ein wenig beleidigt. Seine stoische Haltung jedenfalls war in diesem Moment verschwunden. „Das ist ein riesiger Unterschied!", fügte er nach einer kleinen Pause noch zu. Sie hatte wohl einen wunden Punkt erwischt.

Statt sich aber zu entschuldigen, was sie im Übrigen als albern empfunden hätte, wechselte sie das Thema. Ein bisschen empfindlich, gar weibisch, war er schon. Das hatte sie nach der kurzen Zeit, da sie sich kannten, schon bemerkt.

Aber sie ignorierte dies, wie auch das etwas zu theatralische „Oh!" und „Ah!", das Gejammer wegen seines Hinterns.

Als es ihr dann doch einmal zu viel war, gab sie ihm die passende Antwort:

„Jetzt hör doch endlich auf zu Jammern! Du bist ja wie ein kleines Mädchen!"

„Du hast gut reden!", gab er beleidigt zurück.

„Wenn du dir den Arsch versohlen lässt, weil du auf so einen Scheiß stehst, dann brauchst du nachher auch nicht herum zu jammern!"

Aber das war wohl zu viel für Michaels geschundenes Ego.

„Auf so einen Scheiß stehe ich überhaupt nicht!", blaffte er zurück. „Ich hatte mir das ganz anders vorgestellt, das kannst du mir aber glauben!"

Nun wurde es plötzlich interessant: „Ach ja?"

„Ach ja! Wenn du wüsstest, wie mein Arsch aussieht, dann hättest du etwas mehr Mitleid!

„Sag bloß! Lass mal sehen!"

„Was?"

„Deinen Arsch! Wenn der wirklich so schlimm zugerichtet ist und du Mitleid willst, dann zeig ihn mir doch mal!" Sie schaute herausfordernd, und Michael war sich nicht sicher, ob sie das nun ernst meinte.

„Komm schon! Zeig mir deinen Arsch! Zeig mir deine Striemen! Komm schon! Du willst es doch auch!"

Aber für Michael war das ein Satz zu viel, und er zog sich zurück: „Schon gut. Geht schon."

„Bist du sicher? Ich sehe mir das gerne mal an! Vielleicht kann ich ja was für dich tun. Ein bisschen Penaten-Creme drauf? Für den geschundenen Popo? Oder vielleicht noch ein paar Schläge. Für die Durchblutung? Soll den Heilungsprozess unterstützen."

Michael ging nicht darauf ein und meinte nur schmallippig und verschämt:

„Es wird schon gehen! Ich hole noch eine Kiste!"

„Aber nur, wenn es nicht zu viel verlangt ist!"

„Nein. Schon gut."

Damit war er verschwunden, und Alina musste schmunzeln, hatte aber auch ein schlechtes Gewissen, ob sie ihn zu hart rangenommen hatte.

Michael benahm sich ein bisschen wie ihr kleiner Bruder. Der litt unter allerlei Konzentrations- und Aufmerksamkeitsstörungen, war ständig hyperaktiv und oft unerträglich. Dem konnte sie auch nur beikommen, wenn sie sich die Butter nicht vom Brot nehmen ließ. Da musste man klare Ansagen machen, auch mal drohen und Drohungen wahr machen. Vielleicht tat sie Michael unrecht, wenn sie ihn so scheuchte. Immerhin musste er ihr ja nicht helfen. Er tat es sicherlich mehr aus Verlegenheit.

Eigentlich war er ja ganz nett. Sie verstanden sich. Er war ja auch irgendwie charmant, wenn auch etwas verwöhnt.

Ein wenig empfand sie ihre Sado-Maso-Ignoranz sogar als Wissenslücke. Immerhin war das Thema überall präsent. Auf den Kabelkanälen im Fernsehen ließen Telefon-Sex-Dominas die Peitschen knallen, auf Werbeplakaten sah man Frauen in schwarz böse gucken. Man machte sich lustig darüber und 50 Shades of Grey war scheinbar der neue Harry Potter.

Nichts davon konnte sie so richtig verstehen. Wie konnte man Schmerz, Unterdrückung oder die Unterwerfung von jemand anders gut finden? Sex und Liebe waren in ihrer Welt etwas Schönes, das Spaß machte. Freude, Befriedigung, Sanftheit, Nähe. Wie konnte man Spaß daran haben, andere zu quälen oder gequält zu werden? Sie verstand das nicht. Es war ihr vollkommen fremd. Nicht einmal im Ansatz. Sie verstand es einfach nicht.

Aber noch bevor dieser Gedanke sich geformt hatte, hatte Alina ihn schon wieder zurückgewiesen. Sie wollte nicht so denken, nicht so sein. Sie wollte nicht vorschnell urteilen und nicht so kleingeistig sein. Sie wollte Leute nicht verurteilen, nur weil sie nicht verstand. So dachte man in der Kleinstadt, so dachte man im Dorf. Doch nun war sie in der Stadt, wo die Menschen keine Bretter vor dem Kopf hatten. Sie war nun da, wohin all diejenigen aus der Provinz flohen, wenn sie in der Kleinstadt nicht akzeptiert waren. Sie kannte ein paar Leute, die in die Stadt gezogen waren, weil sie schwul waren und sich nicht immer dafür rechtfertigen wollten.

Sie selbst war in die Stadt gezogen, weil dort die Filme gezeigt wurden, die man im Multiplex ihrer Stadt nie zeigte, von denen sie nur las und die sie sich lediglich als DVD bestellen konnte. Sie wollte auch einmal ins Theater und in die Oper, in ein richtiges Museum. Dafür war sie in die Stadt gekommen. Und in der Stadt lebten halt auch Leute, die gerne zu Dominas gingen. Sie fand das also in Ordnung.

Diese Leute gab es sicherlich auch in der Kleinstadt. Aber sie gingen damit nicht so offen um. Sie fluchten nicht öffentlich in Treppenhäusern. Dass Michael sein Geständnis peinlich war, empfand sie damit auf der anderen Seite fast schon als schade. Es war doch seine Sache, da konnte er auch dazu stehen!

Aber so kosmopolitisch, wie Alina gedacht hatte, war die Stadt dann doch wohl nicht.

So borniert jedenfalls wollte Alina nicht sein. Sie wollte offen und tolerant sein. Sie wollte im Café sitzen, wo Schwule offen Händchen halten konnte, wo sie sich küssen konnten. Sie wollte mit einem schwulen Freund im Starbucks sitzen und die vorbeilaufenden Männer auschecken. Das musste doch witzig sein! In Filmen war es das jedenfalls.

Sie wollte verstehen. Sie wollte neugierig sein. Sie wollte keine Vorurteile haben. Selbst zu Sado-Maso nicht.

Wenn ihr jemand sanft ins Ohrläppchen biss beim Liebesspiel, das mochte sie durchaus. Wenn ein Mann ihr Ohrläppchen zwischen seine Zähne nahm und ein wenig zudrückte. Sie mochte es, ihre Fingernägel über den nackten Rücken eines Mannes fahren zu lassen. Ihr letzter Freund hatte immer eine Gänsehaut bekommen, wenn sie das tat, und er hatte dann immer besonders intensiv gestöhnt. Einmal hatte ihr ein anderer Exfreund die Augen verbunden, und sie dann überall gestreichelt und mit Küssen verwöhnt. Das war geil gewesen, weil sie nie wusste, was als Nächstes kam. Sie hatte ihm in diesem Augenblick vertraut, und es schön gefunden, dass sie das konnte. Ein anderes Mal hatte sie die Hände ihres Freundes mit einem Tuch hinter seinem Rücken gefesselt. Und dann hatte sie ihn geneckt, hatte ihm erlaubt, sie zu küssen, und wenn er zu wild wurde, hatte sie sich einfach zurückgelehnt, und er konnte sie nicht mehr erreichen. Er hatte sie angebettelt. Natürlich nur spielerisch. Sie hatte genossen, dass sie das Sagen hatte, dass sie mit ihm spielen konnte und er ihr ausgeliefert war.

Aber das war alles kein Sado-Maso. Das waren harmlose Spielereien. Peitschen und Handschellen und Keller mit Folterwerkzeugen waren ganz andere Kaliber. Das hatte nichts mit dem zu tun, was sie so gemacht hatte.

Vom Ohrläppchenbeißen zu Peitschenhieben im Lederkorsett war es ein weiter Weg. Zu weit für sie.

Kapitel 6 VORBEREITUNGSZEIT

„Zu dir oder zu mir?"

Michael fragte sich, ob Alina die Anspielung bewusst war, die sie da gerade gemacht hatte.

Michael war davon ausgegangen, dass es in ihrer Wohnung stattfinden würde. Aber er hatte auch nichts dagegen, es bei sich zu machen. Er hatte seine Wohnung gerade neu eingerichtet, hatte einen großen Esstisch aus rustikalen Schiffplanken gekauft, der richtig teuer gewesen war. Der Designer hatte ihm sogar den Namen des Schiffs genannt, von dem es stammte und das jahrelang im karibischen Meer gefahren sein sollte. Passend dazu sechs antike Stühle, die er aus Portugal hatte importieren lassen. Ebenfalls sündhaft teuer. Der Rest des Zimmers (Wände, Decke, Fliesen, Teppich) war komplett in dem gehalten, was seine Putzfrau „weiß" nannte.

„Weiß? Weiß nennen Sie das? Das ist doch nicht weiß!", hatte er sich echauffiert, als sie das Ensemble zum ersten Mal gesehen hatte und nicht in Ehrfurcht erstarrt war. Michael hatte sich so auf ein ehrliches Feedback, also ein überschwängliches Lob gefreut. Er hatte wochenlang nach der perfekten Kombination gesucht.

„Ist das nicht weiß? Was dann?"

„Das ist Elfenbein!"

„Elfenbein? Wie der Zahn vom Elefanten?"

Michael war ernüchtert. „Genau. Wie der Zahn vom Elefanten. Oder wie Perlen vor die Säue!"

Seine Putzfrau wusste das alles immer noch nicht zu schätzen. Sie zeigte auf den ebenfalls elfenbeinfarbenen Teppich, der von glücklichen Kindern in Pakistan in einer Manufaktur handgeknüpft worden war, wie ihm ein Zertifikat versicherte, und meinte:

„Wenn Sie mit Ihren Schuhen darüber laufen, ist der nicht lange elefantenweiß."

„Machen Sie sich darüber mal keine Sorgen!"

Michael hatte noch nie an diesem Tisch gegessen. Er selbst kochte nicht, aß außerhalb oder ließ sich von allen Lieferservices der Umgebung sein Essen bringen. Er schmierte sich manchmal ein Butterbrot mit Käse oder Wurst, aber das aß er in seiner sündhaft teuren Küche.

Er hatte also noch keine Gelegenheit gehabt, sein Esszimmer irgendwem zu zeigen. Eigentlich hatte er nicht so viele Freunde. Schon gar nicht solche, die man zum Essen einlud oder solche, die seinen Geschmack zu schätzen gewusst hätten. Und selbst wenn er solche Freunde gehabt hätte und sie ein Seminar belegt hätten, um zu erkennen, was er da gezaubert hatte, dann hätte er für sie nicht kochen können. Weil er das einfach nicht kochen konnte.

Er war kein Eremit und nicht unbedingt ein Einzelgänger, aber nachdem er seinen dreißigsten Geburtstag gefeiert hatte, war ihm bewusst geworden, dass er langsam zu alt war für Nächte in Clubs und Saufereien. Dazu kam, dass seine Freunde einer nach dem anderen Familien gegründet hatten, heirateten, Väter wurden. Die Saufkumpane waren ihm abhandengekommen. Neue wollte er sich keine suchen, und so hatte er den Entschluss gefasst, sich auf seine Karriere zu konzentrieren. Also arbeitete auch er mehr. Wobei Arbeit bei ihm eben darin bestand, sich im Internet über die neuesten Trends in der Ausstattung von Räumen zu informieren. Das war das A und O in seinem Gewerbe. Man musste wissen, was gerade in war und welche neuen Entwicklungen es gab. So vergingen schon mal ein paar Tage, in denen er sich mit nichts anderem beschäftigte als ultraflachen Membran-Lautsprechern, die man unsichtbar in den Wänden versenken konnte. Und dann vergingen noch einmal Tage damit, diese mit Soundbars zu vergleichen. Um wirklich kompetent zu sein in diesen Dingen, musste er natürlich Erfahrungen aus erster Hand sammeln. Also ging auch schon mal ein Nachmittag beim Hi-Fi-Spezialisten drauf, um sich beraten zu lassen, und ein weiterer, wenn die Boxen dann in seine Wohnung eingebaut wurden. Michael hatte nicht das Gefühl, seine Zeit zu vertrödeln. Er kam allein ganz gut zurecht. Das bezog sich nicht nur auf seine Freunde, sondern auch auf Freundinnen und Beziehungen. Sie waren ihm einfach zu kompliziert geworden. Viele Frauen in seinem Alter hatten bereits so schrecklich konkrete Vorstellungen vom Leben, vom beruflichen Erfolg und von der Familie. Die Frauen waren nicht mehr so locker wie mit Anfang zwanzig. Sie entschlossen sich nicht mehr spontan, mit ihm eine Weltreise zu machen. Stattdessen hatten sie ausgearbeitete Pläne in der Tasche, bis wann sie was erreicht haben wollten, damit sie das nächste Ziel in Angriff nehmen konnten. Und wenn sie ihn aufforderten, seine Pläne für das Leben zu benennen, dann fühlte er sich jedes Mal hilflos. Denn er hatte einfach keine konkreten Pläne. Klar wäre es schön, wenn er erfolgreich wäre. Aber das konnte er ja schlecht sagen. Laut der Biographie, die er anderen erzählte, leitete er ja schon eine erfolgreiche Agentur. Aber Frauen reichte das nicht mehr. Heutzutage war es nicht genug, Carpe Diem als Lebensmotto zu formulieren. Man musste als Frau drei Kinder wollen und gleichzeitig die Karriere managen. Und die passenden Männer mussten auch schrecklich erfolgreich sein.

Auch in sexuellen Belangen stand er nicht unter Druck. Er hatte das Internet, zwei gesunde Hände, und wenn er mal so richtig viel Verlangen hatte, dann ging er zu einer Prostituierten. Oft war das noch nicht vorgekommen, aber er hatte es ein paarmal versucht. Andern gegenüber würde er das allerdings vehement abstreiten. Darauf gekommen war er nach der Lektüre eines Zeitungsartikels, in der es um Zwangsprostitution ging. Hängen geblieben war bei ihm, wie viele Männer gemäß der Statistiken einer Frauenrechtlerin diese Dienste in Anspruch nahmen: Jeder dritte Mann, hatte er gelesen! Da kam er sich fast als Versager vor, dass er in dieser Hinsicht keine Erfahrung hatte. Also war er mal zu eines der besseren Bordelle in der nächsten Stadt gefahren. Es war ungewohnt, vor allem der Gedanke, dass man es mit einer Frau trieb, die das alles nur für Geld tat und für ihn nichts übrig hatte. Aber wenn er ehrlich war, hatte er als reicher Sohn einer Bau-Dynastie auch schon Frauen in der Disko aufgegabelt, die auch nichts anderes von ihm wollten als sein Geld. Den großen Unterschied sah er da nicht. Die Prostituierte machte ihm in der Beziehung jedenfalls nichts vor.

Allerdings hatte er sich bisher nur Blümchen-Sex gekauft, wie man so sagte. Seinen missglückten Versuch mit dieser Mistress Jasmin verbuchte er nicht unter Sex, sondern unter totalem Reinfall.

Sein neues Leben weitgehend ohne Frau und Freunde war also kein Trauriges. Er war mit sich vollkommen im Reinen. Was er vermisste, war der Zuspruch für seine innenarchitektonischen Meisterwerke wie die elfenbeinfarbene Essecke mit dem Schiffswrack-Tisch.

Michael dachte an die reichen Familien, die sich von ihm ihre Wohnung einrichten ließen, und die er zum Essen zu sich einladen würde. Denen musste er etwas bieten. Oder wenn er seine eigene Familie einlüde, um ihr zu verkünden, dass er das erste Mal so richtig schwarze Zahlen geschrieben hatte mit seinem Unternehmen. Seiner Familie würde er etwas bieten müssen. Natürlich waren diese schwarzen Zahlen mit der Anschaffung der Essecke in weitere Ferne gerückt, denn das alles war ihm dann doch etwas teurer gekommen, als er sich das ausgerechnet hatte. Aber man musste ja vorsichtig sein.

Michael war also einverstanden damit, das Essen bei ihm abzuhalten. Alina hatte versprochen, sich um alles zu kümmern, und Michael hatte seinen Nachmittag damit verbracht, bei Villeroy und Bosch nach einem Ess-Service zu suchen, das zu dem Tisch passte. Porzellan in Elfenbein hatte Villeroy und Bosch allerdings nicht im Programm, und so musste er mit Eierschalen-Grau vorlieb nehmen. Er hoffte, dass diese winzige abweichende Farbnuance nicht zu sehr auffallen würde. Für seinen geschulten Blick hingegen war es ein Dorn im Auge. Aber die meisten seiner Bekannten bezeichneten alles als weiß, was nicht grau war.

Michael freute sich auf den Abend. Er mochte Alina. Kein Zweifel. Sie war keck, vorlaut, charmant. Er hätte sie nicht unbedingt als schön bezeichnet, aber definitiv als hübsch. Er kannte Frauen, die gebildeter waren, aber sie war ja auch noch jung. Sie schien ihm unerfahren, vielleicht sogar provinziell, aber daraus machte sie ja auch keinen Hehl. Sie war jung. Das war sie in der Tat. Zu jung für ihn? Circa zehn Jahre jünger.

Er fand, dass sie miteinander noch kompatibel waren. Ältere Männer und jüngere Frauen, das passte.

Als sie schließlich bei ihm klingelte, da war er schon ein wenig aufgeregt, als hätte er ein richtiges Date. Dabei war es ja nur diese kleine, vorlaute Studentin, der er in seiner großherzigen Hilfsbereitschaft beim Umzug geholfen hatte.

Er fühlte sich ein wenig overdressed in seinem weißen Hemd (nicht in Elfenbein und auch nicht in Eierschalen) und dem Boss-Anzug, als er ihr öffnete. Sie stand da in Jeans und T-Shirt mit einem Korb voller Lebensmittel.

„Gerade noch einen Termin gehabt oder hast du dich für mich so in Schale geworfen?" fragte sie. Michael nahm die Gelegenheit gerne wahr, seine übermäßig schicke Kleidung herunterzuspielen und meinte:

„Komme gerade von einem Unternehmer, der sich sein Haus von mir einrichten lassen will! Puh", seufzte er. „Du kannst dir gar nicht vorstellen, wie anstrengend manche Leute sind! Die Leute wollen einfach keinen guten Geschmack entwickeln, egal wie sehr man versucht ihnen zu erklären, warum dies oder das ein No Go ist!"

„So schlimm?", fragte Alina, und Michael glaubte, aufrichtiges Mitleid herauszuhören. Er war froh, dass die Geschichte nicht ganz erfunden war, denn in der Tat gab es diesen Unternehmer, der keinen Geschmack hatte und beratungsresistent war. Die Geschichte war nur schon ein paar Monate her und so schlimm war es dann auch nicht gewesen. Aber immerhin: Michael war bereit, diese Anekdote in all ihren schillernden Details zu erzählen. Zu wenige Leute zeigten Interesse für seine Sorgen und die Probleme, die er zu lösen hatte.

Sie gingen in die Küche und Alina übernahm die Initiative, als wäre das ihre eigene Küche. Sie packte die Zutaten aus, kramte in seinen Schubladen nach Messerchen und Schüsseln. Michael ließ sie machen.

Erst einmal allerdings wechselte Alina das Thema:

„Ich hoffe, du magst vegetarisch. Ich habe nämlich vegetarisch geplant."

Das fing ja schon gut an, dachte Michael, sagte aber:

„Vegetarisch ist super. Ich esse auch immer weniger Fleisch. Und wenn dann nur bio. Ich wusste gar nicht, dass du Vegetarierin bist!"

„Bin ich eigentlich auch nicht. Aber ich will's mal ausprobieren."

„Klar, absolut. Ich kann auch nicht ertragen, wie die Tiere behandelt werden. Antibiotika im Fleisch, und dann all das Methan in der Luft, das das Klima kaputt macht!"

„Ehrlich gesagt esse ich schon ziemlich gern so ein richtiges Steak. Das ist doch was Geiles, wenn es noch so ein bisschen rosa ist!"

„Medium rare!", warf Michael ein. „So mag ich es auch am liebsten...", und bremste augenblicklich seinen Enthusiasmus, um seine Glaubwürdigkeit nicht zu gefährden: „Also, wenn ich mir mal eines gönne. Passiert aber immer seltener!"

„Ganz genau! Aber ich dachte mir, jetzt wo ein neuer Lebensabschnitt anfängt hier in der Stadt, da versuche ich mal was Neues. Kein Fleisch! Zumindest manchmal. Versuche ich zumindest. Was meinst du?"

Michael meinte eigentlich nichts dazu. Es war so eine Sache, die man eigentlich machen könnte. Aber es würde ein zu großes Opfer erfordern. Aber er spielte politisch korrekt mit:

„Ich versuche mich auch zu ändern. Ich esse beispielsweise keinen Thunfisch mehr, seit sich eine Dokumentation gesehen habe, was die mit den Delfinen machen!" Das war sogar nur zum Teil gelogen. Michael aß keinen Thunfisch, weil er den schon als Kind nicht gemocht hatte.

NaSchmi
NaSchmi
209 Anhänger