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Unterwerfung des Innenarchitekten

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Sie mochte seine Unsicherheit, dass er nicht wusste, was sie vorhatte, was sie mit ihm anstellen konnte.

Es waren nie zuvor gedachte Gedanken, und Alina erkannte, dass sie unglaubliche Möglichkeiten hatte. Sie wusste nur nicht, wie sie damit umgehen sollte.

„Dreh dich um!", befahl sie und winkte beiläufig mit dem Zeigefinger.

Michael gehorchte.

+ + +

Nun stand er mit dem Rücken vor ihr, konnte nicht sehen, was sie tat. Er fügte sich in seine Rolle, hörte, wie sie sich in ihrem Stuhl regte. Vielleicht um besser zu sehen? Was dachte sie von ihm? Wurde er ihren Erwartungen gerecht? Gefiel er ihr? Michael fand, dass er sich ganz gut gehalten hatte. Er hielt sich in Schuss, trainierte ein wenig, joggte.

Aber natürlich war das subjektiv, und Alina als viele jüngere Frau hatte vielleicht andere Standards. Michael hatte seine erste Midlifecrisis, wie er das Überschreiten des dreißigsten Lebensjahres nannte, gut überstanden. Aber er war natürlich keine Zwanzig mehr.

Allein die Tatsache, dass er sich begutachten lassen musste! Er hatte das nicht nötig, und doch setzte er sich dieser erniedrigenden Prozedur aus, und er war ernsthaft besorgt, ob er ihren Anforderungen gerecht werden könnte. Das war ein neues Gefühl für ihn. Bisher hatte er sich im Umgang mit Frauen immer selbstbewusst gefühlt. Nun war das plötzlich anders.

„Kannst du mit gestreckten Beinen deine Zehen berühren?", fragte Alina kühl.

Michael bückte sich und schaffte es mit wenig Mühe. Zwar hatte er nicht so viel getrunken, aber trotzdem schoss der Alkohol nun in seinen Kopf, und er musste sich ein wenig konzentrieren, dass er nicht das Gleichgewicht verlor.

„Klappt ja schon ganz gut!, kommentierte Alina selbstgefällig, und Michael empfand einerseits Genugtuung über das Lob, war gleichzeitig aber indigniert über den arroganten Tonfall. Was immer aber gerade passierte, es war geil. Total sexuell, obwohl nichts passierte. Er tat nur, was sie sagte. Aber allein die Tatsache, dass sie es ihm befahl, und er sich ihr unterwarf, er ihren Befehlen nachkam, nur um ihr zu gefallen. Die Prekariatsdomina hätte sich davon eine Scheibe abschneiden können!

„Du hast einen knackigen Arsch! Wackle mal was damit!"

Michael tat es. Umständlich wackelte er mit den Hüften hin und her. Was für ein peinliches Bild er da abgab!

„Schüttel dein' Arsch für mich!", sang sie dazu mit einer erstaunlich hellen Stimme.

Wieder so ein Stich! Michael nahm es hin und ertrug auch ihr mädchenhaftes Lachen.

„Du machst ja echt, was ich will! Du bist mir ja ein kleiner Arschwackler!"

Michaels Selbstachtung war im Keller, aber er machte weiter, bis sie ihn aus der peinlichen Lage entließ und er sich wieder aufrichten konnte.

„Kannst dich wieder umdrehen!"

Sein Kopf war rot und er schwitzte auch ein wenig, als er sich ihr wieder zuwandte. Auch das war ihm peinlich, er hatte sich so eine Mühe gegeben, souverän zu sein.

„Du machst ja echt, was man dir sagt!", lachte sie. Alina hatte die Füße keck auf den Tisch gelegt.

„Gefällt mir!"

Michael kommentierte das nicht. Er betrachtete sie stattdessen mit gesenktem Kopf. Sie erschien plötzlich so unglaublich schön, wie sie sich in ihren Stuhl geräkelt hatte, mit geröteten Bäckchen und leicht glasigen Augen. Dazu der Pferdeschwanz, der sie unschuldig wirken ließ, und trotzdem gab sie ihm all diese Befehle, die er dankbar aufleckte wie ein Kater die ihm hingestellte Milch.

Alina goss sich noch etwas von dem Cognac ein und leerte das Glas in einem Zug. Dann nahm sie einen Eiswürfel und lutschte schmatzend daran.

Michael beobachtete neidisch, wie das gefrorene Wasser langsam zwischen ihren roten, weichen Lippen schmolz.

Wusste sie, was sie da tat? Wie erotisch das wirkte? Oder war sie wirklich so unschuldig?

+ + +

Alina hatte in diesem Moment keine so tiefen Gefühle. Sie amüsierte sich darüber, dass er tat, was sie sagte. Sie war das von ihrem Ex nicht gewohnt. Sie war das von Männern generell nicht gewohnt.

Ihr wurde das Ganze allerdings auch unheimlich. Sie war nicht mehr ganz nüchtern, nicht mehr ganz zurechnungsfähig, und was sie da machte, könnte sie am nächsten Tag bereuen. Sie war sich nicht sicher. Es war Zeit, sich zu verabschieden, über alles nachzudenken und am nächsten Morgen eine Liste mit Pros und Kontras zu machen. Auch wenn sie im Moment nicht so genau wusste, worüber. Einfach pro und kontra. Einfach versuchen, es zu strukturieren und zu verstehen.

„Es ist spät. Ich sollte gehen, bevor wir hier noch Sachen machen, die nicht so gut wären!"

„Ich kann mir gar nicht vorstellen, was aus dieser Situation nicht gut werden könnte!", meinte Michael süffisant, und nun wurde Alina erst bewusst, dass er lange nichts gesagt hatte. Sie hoffte, dass sie selbst nicht zu viel Unsinn von sich gegeben hatte.

„Okay, das Spiel ist beendet! Du darfst mir noch die Füße küssen, und dann bin ich weg!"

+ + +

Was hatte sie da gerade gesagt? Es war wirklich Zeit, sich zu verabschieden. Sie redete sich um Kopf und Kragen!

Alina konnte es nicht fassen, Michael konnte es auch nicht fassen.

Er sah, wie sie sich über ihre eigenen Worte erschrak und platzierte nur einen kurzen Kuss auf die Spitze ihrer Chucks. Ihm schien das der Weg zu sein, der zu den wenigsten Komplikationen führte. So entstünde keine total unangenehme Situation. Er signalisierte nicht, dass er zu weit gegangen war, und er ließ sich nicht gehen, indem er sich vor ihr auf die Knie warf und mit seiner Zunge ihre Sohle ableckte.

Sie wollte die Füße vom Tisch nehmen, aber verlor die Koordination, und so endete die Bewegung, die schwungvoll und dynamisch hätte sein sollen, in einem ungelenken und dumpfen Hinunterfallen ihrer Füße auf die Holzdielen.

„Uups!", kicherte sie.

Es lag wohl nun an Michael, sich um Alina zu kümmern.

Er half ihr auf, aber ihre Schritte waren unsicher.

„Hab wohl was zu viel getankt!", meinte sie.

Michael versuchte sie, zu stützen, da das aber nicht so richtig half, hob er sie schließlich kurzerhand hoch und trug sie aus seiner, durch das Treppenhaus hinauf zu ihrer Wohnung.

„Du bist mir ja ein Gentleman!", rief sie laut, und ihre Stimme hallte durch das Treppenhaus.

„Psst!", machte er, und Alina lachte erst laut auf, dann äffte sie ihn lautstark nach.

Sie legte ihren Kopf an seine Schulter, und Michael konnte nicht anders, als seine Nase einmal kurz in dem warmen Duft ihrer Haare zu ertränken. Er hätte darin wirklich baden können, so warm, so weich, so betörend. Er hatte das vermisst: Den Duft der Haare einer Frau.

Als sie schließlich an ihrer Wohnung angekommen waren, richtete sie sich auf und drehte den Kopf so schnell, dass ihr Pferdeschwanz über sein Gesicht strich wie eine unglaublich weiche neunschwänzige Katze. Die Berührung elektrisierte ihn, und seine Nerven erinnerten sich lange an diesen Augenblick.

„Okay, mein kleiner Hengst. Den Rest schaffe ich allein. Lass mich mal runter!"

Er kam dem Wunsch nach, und Alina kramte in ihrer Hosentasche nach dem Schlüssel, fand ihn, schaffte es mit Michaels Hilfe, den Schlüssel ins Schloss zu stecken und die Tür zu öffnen.

„Jetzt weiß ich auch, warum ihr Männer es besoffen nicht hinkriegt! Ihr findet den Eingang nicht!"

Sie lachte über ihren eigenen Witz, schlüpfte durch die Tür und knallte sie hinter sich zu.

Wenn Michael sich noch einen Abschiedskuss erhofft hatte, war er enttäuscht worden.

Er hatte zu Beginn des Abends mit diesem Verlauf nicht gerechnet.

In Alinas Wohnung rumpelte es noch einmal kräftig, irgendwas fiel auf den Boden, und es klang, als wäre etwas kaputt gegangen. Aber bevor Michael fragen konnte, rief sie hastig durch die geschlossene Tür:

„Alles gut, nichts passiert!"

Süß war sie, das musste man ihr lassen!

Kapitel 8 KATERFRÜHSTÜCK

Alina stöhnte.

Ihre Kopfschmerzen waren schlimm. Ihr Hirn schien aufgequollen und drückte gegen die Schädeldecke.

Sie hatte zu viel getrunken.

Sie hätte nicht so viel trinken sollen!

Ihre zweite Nacht in der Stadt war schon eine Nacht mit zu viel Alkohol gewesen.

Als sie zum Bad tapste, um sich kalt oder zumindest lauwarm zu duschen und wieder Herrin über ihren Kopf zu werden, sah sie unter ihrer Wohnungstür hindurch geschoben einen Zettel.

„Mach die Tür auf!"

Was für ein Ton!

Sie tat es trotzdem. Auf der Fußmatte stand ein Tablett. Darauf ein Sektkübel gefüllt mit Eis, in dem eine Flasche Orangensaft steckte. Daneben eine Packung Aspirin und ein Zettel: „Kaffee und Croissants gibt's bei mir!".

„Wie aufmerksam", dachte sie sich, nahm das Tablett hinein. Sie warf sich zwei Tabletten ein und nahm einen tiefen Schluck aus der Flasche. Danach kam die Dusche, die sie dann doch nicht ganz so kalt nahm, wie sie sich vorgenommen hatte.

Langsam erinnerte Alina sich an den vergangenen Abend. Es war nett gewesen. Sehr nett. Michael war interessanter, als sie gedacht hätte. Sicherlich ein wenig seltsam in seinen Ansichten, aber nicht unbedingt das arrogante Arschloch, für das man ihn hätte halten können. Sie verstand, dass er einfach ein wenig zu reich war für sein eigenes Wohl.

Langsam kam ihr die kleine Spielerei am Ende des Abends auch wieder in den Sinn.

Gott, sie hatte wirklich zu viel getrunken, dass sie ihn da für sich hatte posieren lassen! Es war ihr zuerst schrecklich peinlich, wie sie sich da verhalten hatte. Aber dann fand sie, dass sie sich nicht wirklich schämen müsste. Wofür auch?

Während sie ihren Körper einseifte, kam ihr der Gedanke, dass sie schon länger keine fremden Hände mehr berührt hatten. Ihr erster Freund hatte fast ein Ritual daraus gemacht, ihr die Haare zu waschen. Eine Zeitlang hatten sie jeden Samstag zusammen gebadet. Er hatte hinter ihr in der Wanne gesessen und ihre Haare shampooniert. Dabei war es dann fast immer zum Sex gekommen. Sie erinnerte sich noch gut an seine Hände, die ihre Brüste von hinten umfasst hatten und dann langsam tiefer wanderten. Sie hatte sich dann zurückgelehnt an die Brust ihres Freundes und sich verwöhnen lassen. Das war schon geil gewesen.

Lange hatte diese Beziehung allerdings nicht gedauert, denn außer dem Sex hatte dieser Typ nicht viel zu bieten gehabt. Er war ein richtiges Arschloch, um es genau zu sagen, und diese Bade-Sache war auch eigentlich die einzige Qualität, die er zu bieten hatte. Im Bett konnte er nicht so viel reißen. Aber da er Alinas erster war, konnte sie seine mangelnde Qualität erst im Nachhinein beurteilen. Alina hatte irgendwann das Gefühl, dass er diese Bade-Sache irgendwo aufgegabelt hatte, vielleicht in einem Pornofilm, und dass er nun sein winziges Repertoire immer wieder mit leichten Variationen abspulte. Sie warf ihm das allerdings nicht wirklich vor, denn so wahnsinnig experimentierfreudig war sie in sexuellen Angelegenheiten bisher auch nicht gewesen. Zumindest war die Welt, in der Michael sich bewegte, ihr vollkommen fremd, und auf „23 Positions in a One Night Stand", wie Prince gesungen hatte, war sie auch noch nie gekommen. In ihrem ganzen Leben war sie noch nicht annähernd an diese Zahl gekommen. Wenn sie richtig ehrlich war, konnte sie die unterschiedlichen Positionen an den Fingern einer Hand abzählen. Allerdings bedeutete ihr das auch nicht viel.

Aber dieses gemeinsame Baden, das hatte sie in guter Erinnerung. Ihr schoss der Gedanke durch den Kopf, dass sie dergleichen wieder haben könnte, wenn sie auf Michaels Angebot einstieg. Sie könnte ihm einfach befehlen, zu tun, was sie wollte, und er würde gehorchen. Der Gedanke hatte in der Tat etwas. Ein Sexspielzeug zu haben, das ihr die Haare wusch, ihr nach einem langen Tag die Füße oder den Rücken massierte, ihr Arbeit abnahm.

Sie hätte so einen kleinen Lakaien schon gebrauchen können!

Aber natürlich war ihr auch klar, dass er eine Gegenleistung erwartete, und die konnte sie nicht akzeptieren.

Sie stieg schließlich aus der Dusche und fühlte sich besser. Die Kopfschmerzen waren einigermaßen verschwunden. Alina überlegte, ob sie Michaels Angebot mit Kaffee und Croissants annehmen sollte, aber sie entschied sich dagegen. Sie hatte noch Brot da, das weg musste, und sie wollte ihm auch nicht den Anschein vermitteln, dass sie beide jetzt irgendwie in einer engeren Beziehung zueinander stünden. Immerhin war er immer noch mehr als zehn Jahre älter, führte ein anderes Leben und war überhaupt nicht ihr Typ. Und dann war da auch noch das mit der Domina.

Alina machte sich also ihr Frühstück und surfte auf ihrem Tablet, während sie das doch schon etwas trockene Brot kaute. Es erinnerte sie an zuhause. Ihre Mutter kaufte auch immer zu viel Brot, das dann alt und trocken wurde. Sie hatte jetzt die Gelegenheit, ihre Gewohnheiten zu ändern. Es war jetzt ihr Leben.

Einfach mal weniger Brot kaufen!

Nachdem sie herausgefunden hatte, dass Spiegel Online keine interessanten Neuigkeiten zu vermelden hatte, surfte sie ein wenig herum, bis sie irgendwie bei dem Begriff „Domina" landete. Aber die Bildersuche brachte nur Frauen in schwarzen Latexklamotten, die Peitschen oder andere Utensilien schwangen. Sie fand sich darin nicht wieder. Daher tippte sie „Helmut Newton" ein und stöberte in den Fotos all der Frauen (und Männer), die alle etwas anderes ausstrahlten. Mehr noch als die Fotos, die er am Tag zuvor gesehen hatte, wurde sie jetzt aufmerksam auf die unterschiedlichen Menschen, und bald schon interessierten sie die nicht erotischen oder pornografischen Fotos viel mehr, denn sie sagten etwas über die abgebildete Person aus.

Sie wollte auch in Schwarzweiß abgelichtet werden. Sie wollte auch interessant und nicht so spießig sein. Doch bevor sie anfing, eine Liste zu machen, was nötig wäre, ihren Charakter spannender zu machen, schob sie Block und Bleistift beiseite. Ihre Listen waren eher Teil des Problems als der Lösung.

Kapitel 9 STELLENANGEBOTE

Michael stöhnte.

Er saß in seinem Büro, das auf der gleichen Etage gegenüber seiner Wohnung lag. Es war in kühler Sachlichkeit eingerichtet. Hier empfing er seine Klienten, hier erstellte er seine Pläne für Designs. Es war ein Luxus, sich ein so großes Büro zu leisten, aber er musste ja schließlich repräsentieren.

Michael wollte arbeiten, aber er konnte sich auf nichts konzentrieren. Immerzu drehten sich seine Gedanken um den vergangenen Abend. Vor allem um die letzte Stunde, in der er sich Alina, wenn auch nur kurz, ausgeliefert hatte. Es war ein winziges Spielchen gewesen, das nicht mehr als ein paar Minuten gedauert hatte, aber es hatte eine Welt an Möglichkeiten eröffnet.

Genau das war es gewesen, was er suchte, was er bei dieser Mistress Jasmin nicht bekommen hatte. Er brauchte keine Schmerzen und nicht diese Verachtung, die sich wie kalter und schaler Zigarettenrauch überall breit gemacht hatte.

Er wollte diese Spiele von einer Frau, die nicht mit routinierter Geringschätzung einem Geschäft nachging. Was er wollte, war eine Frau, die ihn mochte, während sie ihn herumkommandierte.

Michael wusste nicht, ob der Wunsch unrealistisch war. Aber er war plötzlich in greifbare Nähe gerückt.

Alina war sicherlich die unwahrscheinlichste Domina, die man sich vorstellen konnte, aber hinter all ihrer Unbedarftheit und ihrer latenten Unsicherheit steckte eben Potenzial.

In der vergangenen Nacht hatte sie das bewiesen.

Das Posieren vor ihr, die Übungen, die sie ihn hatte machen lassen, schließlich der Kuss auf ihren Schuh. All das waren ihre Ideen gewesen, die einfach so aus dem Nichts gekommen waren. Was wäre da erst drin, wenn sie sich ein wenig in ihre Rolle eingefunden hätte?

Er musste sie für sich gewinnen.

Michael musste sie nur noch überzeugen, dass sie das auch wollte.

Daran arbeitete er gerade.

Denn nicht nur seine Erektionen hatten ihn in der Nacht wach gehalten, sondern auch die Ideen, sie stärker an sich zu binden. Ihren Hinweis darauf, dass sie keine Prostituierte sein wollte, konnte er nur vage nachvollziehen. Angestellte bezahlte man schließlich auch, und die hatten auch zu tun, was man von ihnen verlangte. Waren das nicht die Spielregeln am Arbeitsmarkt? Mussten sich nicht alle Arbeitnehmer irgendwie prostituieren? Man bezahlte jemanden, und im Gegenzug bekam man Gegenleistungen in Form von Arbeit.

Die Lösung lag also so nah. Wenn er Alina bezahlen sollte, dann eben für Leistungen, die nicht verfänglich waren. Der Rest käme dann von selbst, quasi als Überstunden oder Nebenleistungen. Er würde höchstens den Wunsch danach aussprechen, den hatte er ihr ja bereits mitgeteilt. Die Lösung war also einfach. Er musste ihr nur einen Job anbieten.

Eigentlich hätte er einen Termin mit einem Klienten vorbereiten sollen, der unbedingt Informationen über Terrazzo-Böden haben wollte. Terrazzo fand man häufig in Museen und es gab das Zeugs schon seit Tausenden von Jahren. Kurz gesagt mischte man bunte Steinchen mit Zement an, kippte das flüssige Zeugs auf den Boden, ließ es trocknen und schliff es dann ab, bis es glänzte und nett aussah. Michael hielt nichts davon. Es war eine ziemliche Sauerei und neigte dazu, Risse zu bekommen. Aber es war auch extravagant, und Michael versprach sich einen netten Profit, wenn er einen Terrazzo-Gießer fand, der all die Wünsche erfüllen konnte, die sein Klient geäußert hatte. Der wollte beispielsweise das Familienwappen als Mosaik mit Glitzersteinen.

Schrecklich!

Einflussreiche Klienten waren das, die ihm viele Aufträge verschaffen konnten, wenn er mit diesem Auftrag erfolgreich wäre. Es war nicht das, was Michael sich vorstellte. Als besserer Fliesenleger seinen Ruhm zu begründen.

Aber immerhin!

Aber statt herumzutelefonieren, feilte er an der Stellenanzeige, die er sich ausgedacht hatte, um Alinas moralische Probleme mit seinem Angebot auszuräumen.

Es war eigentlich ganz einfach: Er brauchte sie nur einzustellen!

Er würde sie für ihre Arbeit bezahlen. Fürstlich fügte er hinzu. Sie würden zusammen Zeit verbringen, und wenn Alina wollte, und nach dem vorhergegangenen Abend hatte er da keine Zweifel, könnten sie ein wenig miteinander spielen.

Michael hatte schon lange nach jemandem gesucht, der die Buchhaltung für ihn machte. Er war es einfach Leid, diese Arbeit über die Firma seines Vaters laufen zu lassen. Er wollte nicht, dass so ein Buchhalter der Firma seines Vaters ihn ständig hinterfragte, warum er dies oder das gekauft hatte, und ob Jenes oder Welches unbedingt nötig gewesen wäre. Herr Well, der oberste Buchhalter seines Vaters war da ziemlich penetrant und manchmal auch richtig impertinent. Was bildete der Mann sich ein, in seine Ausgabe reinzureden?

Also hatte Michael mit dem Gedanken gespielt, die Buchhaltung selbst zu übernehmen. Na gut, der Gedanke war ihm eigentlich erst am Tag zuvor gekommen, als Alina von ihrer Ausbildung erzählt hatte. Aber nichtsdestotrotz war das ein guter Vorschlag. Er würde sie offiziell als geringfügig Beschäftigte oder so führen und ihr die Miete erlassen. So genau hatte er nicht darüber nachgedacht, was genau er ihr anbieten sollte oder wie viel eine Buchhaltungs-Domina so verlangte. Er war sich ziemlich sicher, dass er im Internet dazu nichts finden würde. Keine Lohntabellen oder so.

Aber was machte das schon?

Er spielte an dem Text herum. So weit war er schon:

Buchhalterin gesucht. Sind Sie jung, attraktiv, haben einen blonden Pferdeschwanz und Durchsetzungsvermögen? Dann haben wir die richtige Stelle für Sie. Bestimmen Sie Ihre Arbeitszeit nach eigener Wahl! Ein Ihnen untergebener Chef wird Ihnen stets zu Diensten sein.

Freie Kost und Logis, sowie ein Gehalt nach Vereinbarung. Melden Sie sich noch heute!

Er las seine Anzeige noch einmal und war zufrieden. Es wäre ein Angebot, das sie nicht ausschlagen könnte!

Michael feilte noch ein wenig am Design und dann druckte er die Anzeige aus.

Nachdem er Alina am vergangenen Abend zu ihrer Wohnung gebracht hatte war er... verliebt wollte er es nicht nennen, aber es ging schon so in diese Richtung. Wenn er an Alina dachte, dann regte es sich in erster Linie in seiner Hose, das aber ständig. Keine andere Frau hatte ihn seit Langem so sehr umgetrieben. Und dabei kannte er sie erst seit wenigen Tagen! Verrückt, wie die Dinge so liefen.

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