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Zur Domina gemacht Teil 13 Band II

Geschichte Info
Obdach bei Victoria, Anna bei Gülens Eltern, Abstand.
14.3k Wörter
4.83
6.1k
00

Teil 13 der 22 teiligen Serie

Aktualisiert 06/10/2023
Erstellt 06/18/2020
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12. Die Übernachtung

Benny eilte die Straße hinunter und wusste nicht so recht wohin mit sich. Sollte er zu seiner Mutter zurück? Das wäre die letzte Möglichkeit für ihn. Häger anrufen? Vielleicht Chara? Sicher, beide würden ihm helfen, aber wie würde er mit ihnen über das, was passiert ist reden können? Er dachte an Victorias Angebot. Vielleicht einfach nur telefonieren? Sie hatte treffsicher sein Problem ausgemacht und war sofort darauf eingegangen. Ganz anders als Anna, die einfach Forderungen in den Raum stellte, die er zu akzeptieren hatte.

Er ahnte selbst, dass er sich in diesen Moment belog. Anna hatte ihn gebeten, aber blieb es nicht im Grunde genommen dennoch dasselbe? Sie wusste genau, dass er ihr solch einen Wunsch nicht abschlagen konnte, ohne als egoistisches Arschloch dazustehen.

Benny zog das Portemonnaie aus der Tasche seiner Baseballjacke, suchte nach Victorias Visitenkarte und wählte die darauf stehende Handynummer. Es klingelte lange, bis sich die raue Stimme Victorias am Telefon meldete.

„Stehmann?"

Es war die letzte Möglichkeit für ihn wieder aufzulegen. Was für ein bescheuerter Gedanke, seine Nummer wurde ihr ja angezeigt.

„Ich bin es, Benny. Ich kann wieder auflegen, wenn ich dich gestört haben sollte."

„Victoria klang müde und abgespannt.

„Hast du, ja. Macht aber nichts. Ich habe geahnt, dass du dich früher oder später melden würdest, aber ganz sicher nicht, dass es so schnell passieren würde. Ärger mit Anna?"

Benny erzählte von dem Streit mit seiner Freundin und auch welchen Ausgang dieser genommen hatte. Zu seiner Überraschung reagierte Victoria verständnisvoll, nicht nur ihm gegenüber, sondern auch in Richtung Anna.

„Mir tut das Mädchen leid. Schade, dass es sich so zwischen euch entwickelt hat. Sie hat mit der Regel einer Domina gebrochen, ihren Sklaven immer unter ihrem Einfluss zu behalten, und gleichzeitig sehe ich den Grund, warum das so ist. Sie wollte nie Domina sein, Benny. Sie wurde von Pierre dazu gemacht. Sie ist viel zu sensibel und integer für diesen Beruf und leidet entsprechen darunter."

„Und wie ist das bei dir?"

Victoria lachte.

„Das hast du doch schon heute Mittag erkannt. Ich bin ein Mensch, der vor allem mit sich selbst beschäftigt ist. Andere haben in meinem Leben nur dann einen Platz, wenn sie mir von Nutzen sind, oder die Umstände es nötig werden lassen."

„Und du hast nie geliebt?" Wollte der Junge wissen.

Victoria verneinte.

„Nie richtig. Gemocht, vielleicht. Aber mehr?"

„Was soll ich jetzt machen?"

Alexanders Schwester kannte Benny gegenüber keine Scheu, trotz dessen sie den Jungen kaum kannten. Wahrscheinlich reichte es ihr zu wissen, dass er Annas Freund war.

„Nimm dir ein Taxi! Ich schicke dir gleich eine Nachricht im Messenger, mit meiner Adresse. Du kannst bei mir schlafen, ich habe genügend Platz."

Benny war einverstanden und dankte ihr. Heute würde er keine Aussprache mehr mit Anna wollen, dafür waren die Wunden, die sie sich gegenseitig gerissen hatten, zu frisch.

Der junge Mann musste zehn Minuten warten, bis ein Wagen kam. Er selbst kannte die Adresse nicht und auch der Fahrer schien Mühe zu haben sie richtig einzuordnen und sah sich schließlich dazu genötigt, über Funk in der Zentrale nachzufragen. Erst als man ihm den Namen eines Vorortes nannte, schien er zu wissen, wo das Fahrziel seiner jetzigen Tour lag.

Benny blickte mit Sorge auf das Taxameter. Er hatte fünfzehn Euro in der Tasche und die waren bald aufgebraucht. Wie peinlich wäre es, wenn er Victoria auch noch um Geld bitten musste.

Sie fuhren durch die ganze Stadt, nahmen eine Auffahrt auf die Autobahn und verließen sie wenige Kilometer später wieder, um sich einem kleineren, weit abseits liegenden Vorort zu nähern. Fünf Minuten später hatten sie das Ortsschild passiert, fuhren die Hauptstraßen entlang, fanden aber auch hier nicht die richtige Adresse. So musste der Fahrer eine Passantin fragen, die ihren kleinen Hund spazieren führte.

Die Hundehalterin gab bereitwillig Auskunft und beschrieb ihnen den Weg. Tatsächlich mussten sie noch eine geschotterte Piste zwei weitere Kilometer entlang fahren, bis auf deren rechten Seite ein kleines unscheinbares Haus sichtbar wurde.

„Zweiunddreißig Euro, zwanzig." Forderte der Fahrer von Benny.

„Sie nehmen keine Karte, oder?"

Der Fahrer blickte ihn genervt an, stöhnte auf und zeigte auf einen Aufkleber an der Armatur.

„Nur Barzahlung!" Las er seinen Fahrgast vor.

„Warten sie bitte, ich werde meine Freundin bitten, mir auszuhelfen."

Der Fahrer blickte ihn misstrauisch nach, während Benny eine Gartenpforte öffnete und auf das einstöckige Haus zuhielt. Noch bevor er klingelte, ging das Flurlicht an und die Haustür öffnete sich vor ihm.

„Hallo Benny!" Victoria, in einem schwarzen Seidenkimono gekleidet, umarmte ihn herzlich.

„Schön das du da bist. Da bin ich wenigstens mal nicht so allein."

Benny wirkte nervös und deutete mit rotem Kopf auf das Taxi.

„Ich hatte nicht genug Geld dabei. Ich wusste nicht, dass du so weit ..."

„Ich mache das schon. Geh du schon mal rein."

Sie holte ein großes Portemonnaie aus ihrer Handtasche heraus und ging über den Steinweg hinaus zum wartenden Taxi. Benny indessen hängte seine Jacke auf, zog sich die Schuhe aus und betrat ein geräumiges Wohnzimmer. Alles war sehr rustikal eingerichtet, ganz anders, als es sich Benny bei solch einer schönen und modern gekleideten Frau vorgestellt hatte.

„Klein aber fein. Fühl dich ganz wie zu Hause." Meinte Victoria, die Haustür hinter sich abschließend.

„Nimm dir Gästepantoffel, sonst arbeitest du dir deine Socken auf."

Die riesige Frau deutete auf graue Filzlatschen im Schuhregal und wartete darauf, dass er sie sich angezogen hatte. Dann zeigte sie auf einen kleinen Esstisch mit Sitzbank, nahm selbst darauf Platz und klopfte neben sich auf eines der ausgelegten Polster. Benny zögerte kurz, dann setzte er sich zu ihr.

„Das Haus ist neu, ich wohne erst seit ein paar Tagen hier. Einiges werde ich noch umbauen lassen, vor allem den Keller. Er wird so etwas wie mein Atelier werden, in dem ich später meine Neigungen ausleben möchte."

Benny wurde hellhörig.

„Du meinst Sadomaso?"

Die Frau nickte.

„Was denn sonst?"

Sie stieß dem Jungen mit ihrem rechten Ellenbogen leicht in die Seite.

„Holst du mir etwas zu trinken? Du darfst dir gerne auch selbst etwas nehmen."

Benny nickte, stand auf und ging in die kleine Küche, die an das Wohnzimmer angrenzte.

„Was möchtest du denn?"

„Hole mir einfach eine Diätcola mit Glas. Die Vitrine siehst du ja."

Benny nahm das Gleiche und kehrte mit Gläsern und Dosen zu ihr zurück. Am Tisch angekommen schenkte er ihr ein und setzte sich anschließend zu ihr. Dabei spürte er den Druck ihrer Hüfte auf seinem Oberschenkel, und musste sich dazu zwingen, ruhig zu bleiben.

Auch der sich über ihren Brüsten wölbende Kimono, vergewaltigte seine Gedanken ohne Unterlass. War es so einfach? Aus den Augen aus den Sinn? Oder stand er nur noch auf diese extreme Art von Frauen? Riesige Brüste, Wespentaille und einen üppigen Hintern, der in kraftvolle Beine auslief. Victoria war nach außen hin vielleicht nicht so trainiert und muskulös wie Anna, doch wirkte sie durch das größere Volumen ihres Körpers insgesamt beeindruckender auf ihn.

„Wie glaubst du, geht es mit euch weiter?"

Fragte ihn Victoria. Sie hatte seine Blicke bemerkt, dessen war er sich sicher.

„Ich weiß es ehrlich gesagt nicht. Ich glaube kaum, dass es sich Anna noch einmal anders überlegen wird."

„Und du? Heute früh hast du noch geglaubt, dass du es lernen kannst, ohne auszukommen."

Benny nickte, erinnerte sich aber auch an Victorias Worte.

„Und du meintest, genau das wird nicht passieren."

Sie gab ihm Recht, schien diesen Umstand aber auch zu bedauern.

„Hat man einmal davon gekostet, will man es immer wieder. Den mit Sadomaso einhergehenden Gefühlscocktail bekommt man nirgendwo anders, das gilt für beide Seiten. Ich mag auch kein Vanilla mehr. Hole ich mir einen Kerl ins Haus, hat er gefälligst zu parieren."

Bennys Gesicht wurde rot. Victoria lachte und strich ihm mit ihrer Hand über den Rücken.

„Das gilt natürlich auch für dich, aber ich will dir dennoch eine zuvorkommende Gastgeberin sein. Keine Sorge."

„Was soll ich jetzt machen?"

„Dich zwischen deinem Herz und deinem Penis entscheiden. Aber ich glaube schon jetzt zu wissen, wie die Sache ausgeht. Lass Anna nicht zu lange leiden und stelle dich deinem Verlangen. Irgendwann wird es eh ausbrechen und sich seinen Weg bahnen."

„Ich weiß nicht, ob ich das kann. Ich möchte ihr nicht wehtun. Und Ralf auch nicht."

Victoria erinnerte sich.

„Ach ja, ihr Bruder. Du magst ihn, oder?"

Benny nickte.

„Ja, schon sehr. Er würde ziemlich leiden, wenn wir auseinandergehen."

Victoria legte ihm ihren Arm über die Schultern. Er war schwer, wie Benny feststellen konnte.

„Das Ganze tut mir leid für euch. Das ist eine Art von Schmerz, der auch mir nicht behagt."

Sie saßen eine Weile nebeneinander, schwiegen und gaben sich ihren Gedanken hin. Dass Victoria sich ihm gegenüber so offen und anständig verhielt, überraschte Benny. Laut Anna war sie ein boshafter Teufel, der andere Menschen in seine Hölle zog und dort verschlang.

„Wenn du nicht allein sein möchtest, wie sieht da für dich deine Zukunft aus?"

Victoria zeigte sich über seine Frage erstaunt. Dennoch schien sie genau zu wissen, wo für sie die Reise des Lebens hinführen sollte.

„Ich habe in Richtung SM schon einiges ausprobiert. Mit Laval und Lydia zum Beispiel die Praktiken eingeübt, mit Manuel die Wirkung von Schmerz, Lust und was Hörigkeit bedeutet. Aber eben auch wie sehr mich die Macht über einen anderen Menschen erregen und erfreuen kann. Trotzdem muss ich mir auch eingestehen einige Fehler gemacht zu haben und werde mir deshalb ein Objekt suchen, das ich zwar nach meinen Vorstellungen formen möchte, es aber nicht nur durch Pein und Zwang allein an mich binden mag. Auch Sex und Nähe sollen wichtige Rollen in unserer Beziehung spielen, in gewisser Weise auch Partnerschaft. Ich will ausprobieren inwieweit das Sympathie und Vertrauen schafft. Vielleicht ähnlich dem Verhältnis zu einem Hund, plus Geschlechtsverkehr?"

Benny blickte sie entgeistert an.

„Dich erregt diese Fantasie, das sehe ich dir an." Stellte Victoria mit lasziver Stimme fest. „Und mich auch."

Der Junge wusste nicht, was er erwidern sollte und wurde rot im Gesicht, während Victoria diesbezüglich keine Probleme hatte. Sie gab sich ihm gegenüber völlig ungehemmt.

„Solltest du dich irgendwann für diese Rolle begeistern können, darfst du dich gerne bei mir darum bewerben, Benny. Allerdings wird es dann ernst für dich werden, einen Rückzieher lasse ich nicht zu."

Sie lächelte, hob ihre Hand zu seinem Gesicht und tätschelte mit einer gnädigen Geste seine Wange.

„Komm! Wir gehen schlafen. Ich muss morgen früh raus. Ich zeige dir, wo das Gästezimmer ist."

13. Quälende Tage

Anna hatte weder in dieser Nacht, noch in der vom vorherigen Tag geschlafen. Ihre Gedanken kreisten ständig um Ralf und Benny, suchten nach Lösungen und versuchte, die möglichen Konstellationen vorauszuahnen, die die Zukunft für sie parat halten könnte.

Benny und sie schrieben zumindest miteinander. Sie waren sich nicht egal, eine wichtige Voraussetzung für eine mögliche Klärung ihrer Probleme. Dennoch fiel Anna dieser Dialog sehr schwer. Sowohl das Schreiben, als auch das quälende Warten auf seine Antworten. Er schlief die Tage bei einer Kollegin, hatte er ihr geschrieben und es dabei offengelassen, ob es dich dabei um diese Chara handelte. Eifersucht, sie konnte das bereits Unerträgliche noch quälender werden lassen.

Die Domina hatte nur mit Mühe ihre Termine wahrgenommen, sich zu konzentrieren versucht, sich schließlich aber ihren Kunden bzw. Sklaven erklären müssen. Die zeigten Verständnis, trösteten sie und hielten zu ihr. Wahnsinn wie schnell die Rollenverteilung in solch einer Situation vergessen werden konnte. Würde sie es ebenso handhaben, wenn eines ihrer Schäfchen Kummer hatte? Sie wusste es nicht genau, wollte es aber in der Zukunft zumindest in Erwägung ziehen.

Sie schrak zusammen, als der Schlüssel im Wohnungsschloss umgedreht wurde. Sie dachte sofort an Benny, dabei war es Gülen, die aus dem Studio zurückkehrte, das sie geputzt und für die nächste Session vorbereitet hatte.

„Gibt es etwas Neues?" Fragte die Freundin von der Tür aus.

Anna schüttelte den Kopf.

„Er meint, er würde mir gerne versprechen ohne SM auszukommen, doch würde er dann lügen. Er liebt mich in dieser Rolle, genauso wie in der seiner Freundin. Für ihn bildet beides eine Einheit, die für ihn einfach nicht mehr wegzudenken ist."

„Und du willst nachgeben?"

Anna zögerte.

„Vielleicht ist es das Beste? Ralfi fragt die ganze Zeit nach ihm, was soll ich denn bitteschön machen?"

Gülen blickte sie wütend an.

„Komm mal klar, Blondchen. Wie bescheuert bist du eigentlich? Erst dein Vater und dann dieser Idiot? Willst du wieder vor einem Mann buckeln, damit Ralf ein schönes Leben hat? Das wird nicht passieren, wenn du selbst nicht glücklich dabei bist. Verstehe das doch bitte mal. Such dir einen Mann, der ehrlich zu dir ist und dich nimmt, wie du bist. Es soll welche geben, hat man mir erzählt."

Anna lachte. Gülen schaffte es immer wieder ihr aus diesen Stimmungen herauszuhelfen, wenn auch nur für kurze Zeit.

„Ich habe meinen Eltern erzählt, dass du Kummer hast. Sie laden dich und Ralf zum Essen ein."

Die junge Blondine erschrak über diese Vorstellung sehr. Gülens Vater und Mutter kannten bisher nur die alte Anna, mit der sie heute kaum noch etwas gemein hatte.

„Du, ich ..."

Ihre Freundin akzeptierte keine Widerworte.

„Ich habe ihnen alles erzählt. Sie wissen also was du machst und vor allem für wen. Natürlich finden sie es Scheiße, aber sie sehen eben auch die andere Seite."

„Gülen! Ich kann doch unmöglich so zu ihnen gehen."

Die Freundin machte sich da keine Sorgen.

„Du schaust geil aus, in deiner ganzen schwarzen Pracht. Meine Mutter ist schon gespannt darauf zu sehen, wie du dich verändert hast."

„Glaubst du nicht, dass Anne erschrecken wird?"

„Nee. Ziehst dir halt nicht unbedingt deinen Gummioverall an und diese Hurenstiefel, dann geht das schon in Ordnung."

Die Freundin blickte demonstrativ auf Annas Handschuhe.

„Auf die magst nicht verzichten, oder?"

Anna biss sich auf die Lippen. Sie trug eigentlich immer welche, außer nachts, wenn sie schlief.

„Lass sie mich tragen, Güli. Ich fühle mich dann sicherer."

Die Freundin fasste sich an den Kopf.

„Du bist schon ein bisschen meschugge geworden. Das weißt eh, oder?"

Anna nickte. Die Freundin hatte ja Recht.

„Mag sein. Aber ich will sie trotzdem anbehalten."

„Na gut. Dann holen wir jetzt Ralf ab und fahren rüber. Ihr werdet kugelrund wiederkommen, sei also gewarnt."

Gülen half Anna noch ein paar Sachen für Ralf mitzunehmen, damit sie den Jungen bei Gülens Eltern waschen und umziehen konnten, dann fuhren sie im Anschluss mit dem Auto zur Schule. Sie wollten ihn überraschen und nahmen sich vor ihm nichts von dem anstehenden Besuch zu erzählen.

„Ist Benny wieder da?"

Es war die erste Frage ihres Bruders gewesen, als sie ihn aus der Betreuung abholten. Anna wurde übel, ihr ganzer Körper reagierte in solch einem Moment. Sie wusste selbst nicht, wie sie sich verhalten sollte, also war es Gülen, die ihren Bruder zu beruhigen suchte.

„Du, er arbeitet im Moment sehr viel, Süßer. Da musst du noch geduldig sein. Aber wir fahren mit dir heute weg und das in einem der tollsten Autos, die du je gesehen hast."

Der Junge blickte sie freudig an, kannte aber ihre Scherze schon.

„Du meinst deins, oder?"

Gülen runzelte die Stirn.

„Na und? Ist es das Tollste, oder nicht? Immerhin ist es rot, wie die von der Feuerwehr."

Anna folgte dem Gespräch, es ging ihr wieder langsam besser. Hatte sich Benny in der Zwischenzeit mal gemeldet? Sie zog ihr Handy aus der Tasche, um nachzusehen, es wurden aber keine neuen Nachrichten angezeigt. Wahrscheinlich hatte er viel zu tun.

Sollte sie ihm eine Nachricht schreiben? Fragen wie es ihm geht? Es interessierte sie ja wirklich. Sie zögerte, tippte die ersten Worte und entschloss sich dann doch anders. Sie brach die Nachricht ab und steckte das Smartphone zurück in die Tasche.

Gülens Eltern bewohnten ein Haus im Flußviertel. Schön gelegen und gepflegt, spiegelte es das Leben der beiden Türken wieder, die mit vielen anderen Migranten dabei geholfen haben, das deutsche Wirtschaftswunder möglich zu machen. Dabei hatten sie das meiste von dem verdienten Geld angespart oder in ihre Familie investiert. Einfache Leute ohne hohen Bildungsgrad, bescheiden und anständig.

Vielleicht waren die beiden auch deshalb mit Annas Anblick überfordert, der trotz der Schilderung Gülens überraschte. Die Frau, die heute ihr Haus betrat, schien nichts mehr gemein zu haben, mit dem deutschen Mädchen, dass sie wie eine zweite Tochter geliebt hatten.

Anna spürte ihre Verlegenheit deutlich und umso schwerer kam sie damit zurecht. Vor allem der Vater schien mit ihrem Anblick völlig überfordert und wollte ihr zur Begrüßung sogar seine Hand reichen.

„Jetzt bleib doch mal locker, Baba. Du kannst sie drücken wie früher, bei der geht nichts kaputt. Glaub mir das, ich habe es auch schon probiert."

Der Alte blieb ernst, sah unsicher seine Tochter an, dann war es Anna, die ihn umarmte. Ihre Stimme schien ihn ein Stück weit zu beruhigen, doch ihr Anblick und das Berühren ihres Körpers, kam ihm wie ein Verbrechen gegenüber der eigenen Frau vor.

Bei Ralf gab es diese Probleme nicht. Der Junge tanzte vor Freude, zeigte deutlich seine Aufregung und plapperte drauf los wie ein Wasserfall. Nur Mehmet gegenüber blieb er auf Abstand, kannte er doch Gülens Freund noch nicht.

Der Esstisch im Wohnzimmer war aufwendig gedeckt worden und auf der Anrichte, stapelte sich das Essen. Anne hatte, wie früher auch schon, völlig übertrieben. Man hätte die Nachbarn dazu bitten können und wäre trotzdem an diesen Mengen gescheitert. Es war alles dabei, was die türkische Küche ausmachte, von Bulgursalat, über Köfte, Lahmacun, Mercimek Corbasi, Etli nohut, Baklava und vieles mehr.

Anna und Ralf fühlten sich spätestens jetzt angekommen, denn dieses Festmal hatte es schon früher für sie gegeben. Im Anschluss hatte Anna Gülens Mutter beim Aufräumen geholfen und Baba war mit ihrem Bruder runter in den Keller gegangen, um in der Werkstatt dort etwas für ihn zu basteln.

Die Eltern der Freundin wussten also über ihren Beruf Bescheid, doch zeigen taten sie es ihr nicht. Während Ralf von der Schule erzählen sollte, fragten sie Anna nach ihrer Gesundheit und ob sie wie Gülen einen Freund hatte. Sie bejahte die Frage, trotz der Unklarheit darüber, wie es mit Benny weitergehen sollte.

„Wir waren in eurem Alter schon verheiratet und hatten Kinder. Warum geht heute alles so langsam, bei euch?"

Gülen wurde bleich. Ihr erging es jetzt ähnlich, wie Anna zuvor, als Ralf nach Benny gefragt hatte. Ihr Vater ahnte nicht, dass er in diesen Moment die gerade heilenden Wunden seiner Tochter erneut aufgebrochen hatte.

„Ich weiß es nicht, Baba. Vielleicht weil alles perfekt sein muss?" Erwiderte Anna. „Ich fühle mich selbst oft überfordert, glaub mir."

Der Fünfzigjährige mit dem breiten Oberlippenbart und Halbglatze blickte sie verständnisvoll an.

„Ich kenne das von der Arbeit her. Das ist traurig, wie sich das alles entwickelt hat. Alles muss planbar und vorhersehbar sein, sonst bedeutet es ein Risiko. Und erst einmal arbeiten, um Geld zu verdienen, das Gründen einer Familie ist nicht so wichtig. Etwas, was man hier in Deutschland verlernt hat. Die Familie und das Leben ist die Priorität, nicht der Beruf. Arbeit kann man immer finden, wenn man sich darum bemüht. Du siehst das an meiner Tochter. Sie gibt niemals auf und findet immer etwas. Vor Kurzem erst hat sie ein großes Büro bekommen, mit dessen Reinigung sie gutes Geld verdient. Dazu die Praxen von Dr. Medew und Dr. Rothart, da kommt schon gut was zusammen.