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Zwingerlinge

Geschichte Info
Ein Herz und eine Seele.
14.8k Wörter
20.5k
20
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Das dauerte ja Ewigkeiten. Wann waren die beiden Kleinen gelandet? War doch schon bestimmt eine dreiviertel Stunde her, wenn nicht länger. Ach, Sandra. Da hast du mir was angetan. Ihre Töchter hier in London. Die Zwillinge. Zwingerlinge, wie meine Mutter sie damals immer nannte.

Na, hoffentlich konnte ich sie diesmal auseinanderhalten. Wann hatte ich sie das letzte Mal gesehen? Vor zehn Jahren? Meine beiden kleinen Nichten. Das heißt, so klein nun nicht mehr. Siebzehn, achtzehn würden sie in zwei Wochen werden.

Sandra hatte mir nicht nur abgerungen, die beiden vier Wochen unterzubringen, sondern das auch noch hier in meiner Stadtwohnung in London und nicht in meinem Haus in Cornwall. Als sie mich am Telefon an das tatsächliche Alter der beiden erinnerte, hatte ich vorgeschlagen, ihnen einfach nur die Schlüssel für die Wohnung zu geben.

Das wurde nicht akzeptiert. Na ja, verständlich, zwei Teenager ganz allein und ohne Aufsicht in London waren vielleicht nicht die beste Idee. Das hieß aber für mich, dass ich die beiden wohl auf endlose Sightseeing-Touren schleppen musste, zudem verköstigen und so was.

In Cornwall hatte ich meine Haushälterin, Mrs Greene, die alles machte, kochte, Wäsche wusch, den Haushalt insgesamt, einkaufte, dafür sorgte, dass ich nicht vergaß, zu essen und zu trinken, wenn ich schrieb. Oder dass es eine Welt außerhalb meines Arbeitszimmers gab. Mich kurzerhand vor die Tür setzte, wenn sie putzen wollte.

Den Luxus hatte ich in der Stadtwohnung nicht, die ich wie das Haus von meinem verstorbenen Freund und Mentor Richard geerbt hatte. Hier in London war ich eigentlich nur, wenn gerade ein Theaterstück von mir auf die Bühne kam, oder eine Fernsehproduktion, wo ich das Drehbuch schrieb, anlief. Meine Agentin oder die wenigen hier verbliebenen Freunde besuchte.

Wo blieben die denn? Dem Aussehen nach kamen aber noch vereinzelt weitere Deutsche raus.

„Onkel Thomas?", wurde ich dann überraschend angesprochen.

Oh mein Gott. Das waren die Zwingerlinge? Das waren vom Aussehen nun nicht unbedingt die kleinen Mädchen, die ich erwartet hatte. Zwei sehr ausgewachsene junge Damen stattdessen.

Sehr, sehr ausgewachsen. Und leicht zu unterscheiden, eine mit orangem, eine mit blauem Haar. Das konnte sich notfalls sogar so ein Schussel wie ich merken, wenn ich herausfand, welche Farbe zu welchem Namen gehörte.

„Ja, genau... Marie?", sprach ich die blaue Variante an.

„Nee, Luise. Eh, du siehst wie Opa aus. Sonst hätten wir dich wohl nicht erkannt."

Blau, Luise. Orange, Marie. Okay, das war machbar.

„Danke, ich habe schon immer wie ein Opa ausgesehen. Welcher Mann hört das nicht gerne. Ihr seht allerdings ebenfalls nicht ganz so wie erwartet aus. Groß seid ihr geworden. Und farbenprächtig. Soll ich euch beim Gepäck helfen?"

Die Mädels kicherten und lehnten ab.

„Das wollte ich damit nicht sagen. Eigentlich siehst du richtig fit aus, für dein Alter", wurde ich dann beschwichtigt.

Ah, fit. Dann hatte diese Verwendung des Wortes gleichfalls den Einzug in die deutsche Sprache gefunden. Das würde gar nicht so einfach werden, mit den beiden Deutsch zu sprechen. Ich ertappte mich beim Versuch, meine englischen Gedanken ins Deutsche zu übersetzen. Denk Deutsch, Mann.

Immerhin lebte ich schon fast zwanzig Jahre hier. Auch bei meinen seltenen Kurzbesuchen in Deutschland hatte es immer eine Wiedereingewöhnungsperiode gegeben. Und den einen oder anderen lustigen Hänger, wenn mir das deutsche Wort absolut nicht einfallen wollte, oder ich fehlübersetzte.

„Danke dir. Ihr seht... erstaunlich erwachsen aus. Irgendwie habe ich wohl noch die beiden kleinen Mädchen mit größerer Körperlänge erwartet. Und offenbar hat sich die Einstellung meiner lieben Schwester, was Kleidung und Haarfarbe ihrer Kinder angeht, deutlich verändert. Oder war das ein fortwährender Kampf und Spannungsfeld?"

„Tagtägliches Nerven", meldete sich Orange erstmalig zu Wort. Orange... Luise, nein Marie. Kann doch wohl nicht so schwer sein.

„Verstehe."

„Und aufm Klo umgezogen", ergänzte die blaue Luise. „Hätten wohl damit warten sollen, dann wäre uns die Leibesvisitation vielleicht erspart geblieben."

„Oje, ihr Armen. Na, hoffentlich wurde nichts gefunden?", brachte ich leichthin an, duckte mich innerlich aber vorsorglich, falls dabei eine beunruhigende Antwort kommen sollte.

„Wir sind doch nicht blöd", informierte mich Marie in schönstem Orange.

„Und total brave Mädchen", ergänzte die blaue Luise. Entkräftete die Glaubhaftigkeit dieser Aussage aber im Zuge sofort mit einem Zwillingskichern, das es in sich hatte. Oje. Nicht drüber nachdenken.

„Was issen das?", erkundigte sie sich dann auf dem Parkplatz ungläubig.

„Wir verwenden hier einen Begriff dafür, der sich am besten mit Auto übersetzen ließe", dozierte ich geduldig. „Car."

„Wir würden Schrottkiste dazu sagen", wurde ich von Marie aufgeklärt.

„Nun, mein edles Gefährt mag schon bessere Tage gesehen habe, aber den Kaufpreis von fünfzig Pfund war und ist es sicher wert. Es wird pro Jahr vielleicht dreihundert Meilen bewegt, die wenigsten davon in die Werkstatt. Die Koffer bitte mit nach hinten nehmen, der Kofferraum geht leider nicht mehr auf."

„Eingerostet?", wurde ich kichernd befragt.

„Unglücklich eingeparkt. Ich bin nicht eben der Königsfahrer. Aber keine Angst, meist komme ich unfallfrei von A nach B."

„Geil", freute sich Marie. „Du bist total anders als Mama. Voll locker."

„Einen Gurt gibt es hier nicht?", wollte Luise von ihrer linken Seite wissen.

„Doch. Einen fast neuen sogar. Im Kofferraum."

Großes Gegacker. Also gut, die Mädels wirkten soweit umgänglich. Sandras Erziehung hatte sich offenbar nicht durchgesetzt. Das war einerseits erfreulich, andererseits hatte sie mir wahrscheinlich einen Zwillingssack voller Flöhe untergejubelt. Danke schön, Schwesterlein.

„Ich dachte, du wärst berühmt und schwimmst im Geld und so?", erkundigte sich Luise.

„Berühmt nun wirklich nicht, und ein passionierter Nichtschwimmer darüber hinaus. Ich komme ganz gut zurecht, aber viel mehr auch nicht. Die Wohnung und das Haus habe ich geerbt."

„Ist dir schon aufgefallen, dass du auf der falschen Straßenseite fährst?", kam ein jugendlich-humoristischer Versuch von ihrer Schwester.

„Ja, aber alle anderen haben sich mir Gott sei Dank angepasst. Das ist mir in Deutschland nie gelungen. Da wurde ich sogar im Radio warnend erwähnt."

Wieder wurde gemeinschaftlich auf der Rückbank gegackert. Also hatten sie Humor. Bildhübsch waren sie darüber hinaus geworden. Meine Fresie. Besser nicht so hinsehen, auf die satten Füllungen ihrer Tops und herrlich langen Beine, die nur ansatzweise verborgen wurden.

„Geerbt?", wunderte sich Marie verspätet. „Wir haben doch gar keine Verwandte in England außer dir?"

„Von meinem Freund und Mentor Richard, kein Verwandter."

„Ach, du bist schwul? Davon hat uns Mama gar nichts erzählt", kam Luises Fehlschluss.

Lasse ich sie in den Glauben? Das könnte als Tarnkappe dienen, wenn es irgendwie notwendig wird. Ach Quatsch.

„Nein, nicht schwul. Mit Richard... hatte ich schon ein sehr spezielles Verhältnis. Er war fast dreißig Jahre älter als ich, hat mir sehr viel beigebracht und ermöglicht."

„Also bi", kam Maries treffendere Schlussfolgerung trotz meiner vagen Ehrlichkeit.

„Er hat meinen Horizont insgesamt erweitert", bestätigte ich das schmunzelnd.

„Cool. Wow, hier ist ja mächtig Verkehr", wurde unser Vordringen in belebtere Gegenden kommentiert.

„Noch nicht einmal Rushhour. Es wird gleich noch schlimmer. Meine Wohnung ist im Westend, also in der Innenstadt."

„Das ist doch geil. Wegen Weggehen und so. Boah, die Häuser sehen total krass aus, voll nobel, mit Säulen und allem. Ist deine Wohnung auch so edel, oder mehr wie dein Auto?", erkundigte sich, ja wer? Jetzt hatte ich gerade nicht aufgepasst.

„Die ist schon okay. Und recht geräumig. Wir kommen sicher klar."

„Aber sonst lebst du in Cornwall? Warum? London ist doch total mega, sagen alle."

„Das ist so, aber mir ist Ruhe und Beschaulichkeit wichtiger geworden. Vor allem für meine Arbeit. Die ersten Jahre habe ich natürlich hier gelebt. Alles mitgenommen, was die Stadt zu bieten hat. Und das ist eine Menge, wie ihr sicher herausfinden werdet. Gute Idee übrigens, das euren Eltern als Sprachferien vor dem kommenden Abitur zu verkaufen."

„Nur Mama", gab Marie grinsend zurück. „Papa hat sich schon vor zwei Jahren abgesetzt. Das wusstest du nicht?"

Nein, tatsächlich nicht. In wirklich regem Kontakt stand ich mit Sandra nun nicht mehr. Aber das hätte sie ja vielleicht doch mal erwähnen können, weil sporadisch telefoniert hatten wir schon noch. Oder? Konnte auch schon wieder einige Jahre her sein, vor dem letzten Anruf.

„Oh. Das tut mir leid."

„Uns nicht. Wir wissen nicht mal, wo er steckt. Er war total schräg drauf. Aber er zahlt wohl regelmäßig Unterhalt. Und du, hast du wieder einen Freund oder eine Freundin?"

„Nö, nur Mrs Greene, meine Haushälterin."

„Das sagt man dann so", grinste Luise.

„Sie ist sicher eine formidable Persönlichkeit und trotz ihrer siebzig Lenze eine schöne Frau, aber mir ein bisschen zu herrisch, um mich mit ihr über ihre Anstellung hinaus verbinden zu wollen. Nachts bin ich Gott sei Dank vor ihr sicher, sie lebt nicht mit mir im Haus."

Ja, lacht ihr nur, vielleicht fahren wir mal rüber, dann seht ihr schon, wovon ich spreche. Die würde euch ebenfalls in kürzester Zeit erziehen. Ich überließ die zwei ihren ersten Eindrücken von der Stadt, die ich ihnen sicher noch im Detail zeigen musste.

Das tat ich bei unserer Ankunft mit meiner Wohnung.

„Das ist das Bad, direkt gegenüber das Gäste-, also damit euer Zimmer. Hier ist mein Arbeitszimmer, die Küche, und... hm...", stoppte ich, weil mir auf doch mal wieder die Übersetzung fehlte. „Master bedroom", testete ich aus der Not heraus ihre Englischkenntnisse.

„Ach, du bist jetzt unser Master?", freute sich Marie, die dabei mehr als nur Englischkenntnisse preisgab.

„Wirst du uns schön bestrafen, weil wir so schlimme Mädchen sind?", spann Luise das gleich weiter.

„Schlafzimmer", kam mir die rettende Lösung. „Das ist mein Schlafzimmer."

„Jetzt, sofort? Ja, Master. Wir gehorchen dir", machten sie gnadenlos im Chor weiter.

„Ehm... nicht nötig. Ich überlasse eure Erziehung weiterhin völlig und vollständig meiner Schwester. Außerdem seid ihr ja bald volljährig. Da hinten ist noch die Lounge... das Wohnzimmer. Ach, fuck, im Gästezimmer ist natürlich nur ein schmales Bett. Wir können selbstverständlich tauschen."

„Wen von uns hättest du denn gern als Erstes in deinem?", erkundigte sich Luise mit einem Grinsen, das so ein junges Ding noch nicht haben sollte.

„Natürlich beide... und jetzt nicht gleichzeitig... das heißt doch... aber nur ihr zwei allein, hört mal auf zu lachen, Kinder, ihr macht mich ganz verrückt."

Das wurde aber ungerührt fortgesetzt.

„Das ist gar nicht nötig. Wir schlafen gerne im selben Bett. Gerne auch mit dir, wenn du das möchtest", bot Marie treuherzig an und Luise nickte eifrig unterstützend.

„So knapp ist der Platz hier nun nicht, wie ihr seht. Ernsthaft, ich überlasse euch selbstredend das große Bett. Reicht ja, wenn ihr euch schon ein Ei und dann einen engen Mutterleib teilen musstet, Sandra hatte damals noch nicht so ein großzügiges Format wie heute."

Das fanden die Zwingerlinge enorm komisch. Okay, lacht weiter über den Humor eures Onkels, und ein großzügiges Geburtstagsgeschenk ist euch gewiss. Ihr seid echt goldig und... oh? Sehr kuschelig? Sie präsentierten mir, wie wenig ihnen die Nähe zueinander ausmachte.

Umarmten sich und rieben ihre Gesichter aneinander, die dann grinsend wieder in meine Richtung gedreht wurden.

„Es kann uns nicht eng genug sein", versicherte mir diesmal Luise, mit Marie nickend.

Das ist ja nun... faszinierend. Sollte es aber wohl nicht sein. Ei wei.

„Ehm... na, dann ist es ja gut. Vermutlich. Falls ihr mich nicht hochnehmt und eure Mutter nicht im Bilde ist, habe ich das gar nicht zur Kenntnis genommen. Weil ich ansonsten so etwas wie eine Informationspflicht annehmen würde, meiner nicht ganz so heiß geliebten Schwester gegenüber. Ich war immer sehr glücklich, nicht die mindeste Ahnung zu haben, insbesondere nicht von Erziehung. Sobald ihr volljährig seid, können wir uns da gerne mal wie Erwachsene drüber unterhalten. Und ich euch eventuell auch einige Läden empfehlen, die euch gefallen könnten."

„Du bist gut drauf, Onkel Thomas", freute sich Marie. „Wir werden uns großartig mit dir amüsieren."

„Hier kennt man mich eigentlich als Tom. Also, herzlich willkommen in Onkel Toms Hütte. Ja, das denke ich auch. So, ihr seid schon zehn Minuten hier und ich habe euch noch nicht einmal einen Tee angeboten. Wie schrecklich unbritisch von mir. Das wird umgehend korrigiert."

So, so. Na, Zwillinge sind sich vermutlich ohnehin sehr nahe. Die beiden etwas näher als gewöhnlich. Auch schön. Hatte ich zwei hoffentlich rein lesbische Nichten mit ausgesprochen gutem Geschmack. Hübsch waren sie ja. Es wäre ja fast unnatürlich, nicht auf die Idee zu kommen.

Ich sollte mir das allerdings wohl nicht so detailliert vorstellen. Sowas aber auch. Ah, sie hatten sich umgezogen. Jeans, T-Shirt, wäre ja fast als gesittet durchgegangen, hätte sich auf Maries T-Shirt nicht das Wort „Fuck" befunden, und auf Luises „Me". Die waren drauf. Oh, Mann.

Ich lachte herzlich und verschüttete nur wenig Tee dabei.

„Ich glaube, ihr werdet London im Sturm erobern, liebste Nichtlein. Milch ist hier obligatorisch im Tee, Zucker tut euch bitte selbst rein, soviel ihr wollt."

„Wir werden sicher jede Menge Spaß zusammen haben", stellte sich Luise das vermutlich richtig vor.

„Nun, ich werde keine Bremse sein wollen und erkläre mich gern bereit, euch auf was auch immer für abstruse Sightseeing-Touren zu begleiten und euch Tipps zu geben, was man hier, wo gut machen kann."

„Sightseeing? Lass mal stecken. Was machst du denn, um dich zu amüsieren, wenn du hier in London bist?", verschaffte sie mir gleich enorme Erleichterung.

„Ah, ich. Na, kommt drauf an. Es gibt hier richtig nette Pubs in der Gegend. Ich schreibe nicht nur Theaterstücke, sondern sehe auch gern welche. Und da hat man hier einiges an Auswahl. Da ich nun etwas abgeschiedener wohne, nutze ich oft Besuche hier, um ins Kino zu gehen und die Filme zu sehen, für die ich nicht extra etliche Meilen runterreißen wollte. Wir sollten nachher schön essen gehen, die Restaurants in unmittelbarer Umgebung sind exzellent."

„Läuft denn gerade ein Stück von dir?", erkundigte sich Marie.

„Ach so. Ja. Tatsächlich. Gar nicht mal mein neustes, aber eins der besseren."

„Das müssen wir uns auf jeden Fall anschauen", entschied Luise.

„Das hättest du nicht sagen sollen, jetzt werde ich euch drauf festnageln", gab ich meiner Freude darüber Ausdruck. „Aber ihr habt noch eine Gnadenfrist. Wenn das eure Zustimmung findet, würde ich sagen, wir gehen schön essen und ich zeige euch hinterher ein paar nette Pubs. Immerhin ist es Samstagabend."

„Schreibst du nur für die Bühne, oder auch anderes?", interessierte sich Marie.

„Drehbücher für Fernsehfilme, für die BBC. Ich habe einen Roman veröffentlicht und einige Kurzgeschichten. Das war es dann aber auch schon. Meine Bühnenstücke erfreuen sich aber einiger Beliebtheit."

„Marie schreibt auch", ließ Luise mich wissen.

„Ernsthaft? Schau an. Das freut mich irrsinnig. Ich würde gerne mal was von dir lesen. Was schreibst du so?"

„Och. Was mich gerade so beschäftigt, halt", erklärte sie unschuldig.

„Sex. Nur über Sex. Total geil, nebenbei", übersetzte ihre Schwester.

„Ja, das beschäftigt mich am meisten", gab Marie gerne zu.

Oha. Erst vorher fragen, du Idiot.

„Tja, das habe ich für die Bühne noch nicht probiert. Aber die meisten Schauspieler hier sind auch ziemliche Mimosen", versuchte ich Land zu gewinnen.

„Dabei würde das ausverkaufte Vorstellungen garantieren", haute mich nun Luise vom Hocker. Man gut, dass ich im Sessel saß.

„Absolut richtig. Und du hast dich noch nicht daran versucht? Schreiben, meine ich?"

„Nein, ich lese gern. Am liebsten aber lasse ich mir von Marie ihre Geschichten vorlesen. Sie garantieren eine wirklich gute Nacht", kam Luises Antwort, die mich in Unisono mit Marie bis über beide Ohren grinsen ließ.

„Das glaube ich nur zu gern", gab ich unumwunden zu.

„Das brauchst du nicht zu glauben. Das kannst du am eigenen Leib erfahren", bot Marie mit einer Kostprobe ihrer Vorlesestimme an.

Da richteten sich nicht nur meine Nackenhaare auf. Himmelherrgott. Kein Sack Flöhe, Bettwanzen stattdessen. Der wirklich kribbligen Art. Sagenhaft.

„Ehm... so, so. Na, danke für das Angebot. Wie ist es denn, Mädels, habt ihr langsam Appetit?", stellte ich die falsche Frage und beeilte mich das zu spezifizieren. „Mögt ihr Italienisch?", weil mir ad hoc nichts Anderes einfiel.

„Klar, selbstverständlich auch Griechisch und natürlich besonders Französisch", haute mir Luise selbst das gnadenlos um die Ohren.

„Natürlich", schüttelte ich mich mühsam aus der einsetzenden Lähmung und war bereit, die Flucht in die hoffentlich schützende Öffentlichkeit anzutreten. Dear, oh dear. Siebzehn. Die Mädels waren siebzehn. Armes London. Armer Tom?

Ich überreichte ihnen noch einen Satz Schlüssel, als ich diesen in der Holzschale im Flur bemerkte.

„Damit ihr wirklich zu jeder Zeit kommen und gehen könnt, wie ihr wollt. Ihr werdet ja schließlich nicht die ganze Zeit mit mir verbringen wollen, oder?"

„Dann bräuchten wir zum Kommen doch nicht zu gehen. Trotzdem danke", bewies Marie ansatzweise ihr Talent, wie auch das, mich in jeder Situation mit Leichtigkeit verbal aufs Kreuz zu legen. Luise grinste dabei wie ein Honigkuchenpferd.

Jesses. Vielleicht ließ sich dem doch noch die Spitze nehmen?

„Habe ich vielleicht vorhin etwas fehlinterpretiert? Ihr seid nicht nur aneinander und Vertreterinnen eurer Zunft interessiert, sondern..."

„Natürlich sind wir bi", schloss Luise alle möglichen Notausgänge, während ich das mit der Wohnungstür tat.

„Theoretisch", schränkte Marie das ein und fügte beschwichtigend hinzu. „Keine Angst, Onkel Tom, wir fallen heute nicht über dich her. Auch du hast noch eine Gnadenfrist."

Irgendwie war das nicht wirklich beruhigend, vor allem, weil Luise da stirnkrausender anderer Meinung zu sein schien, nach einem kurzen beredten Blicktausch mit ihrem orangen Spiegelbild aber schulterzuckend zustimmte.

„So, so. Dann verlasse ich mich darauf", entgegnete ich vorsichtig. „Das ‚Onkel' ist übrigens nicht notwendig. Tom reicht völlig."

„Danke. Ich bin mir sicher, auch uns wird Tom völlig reichen", wurde ich auf diesem Wege von Marie informiert, dass der Verzicht auf das verbale Herfallen darin nicht inkludiert war.

„Du bist gut drauf, Tom", bekam ich Luises blitzendes Lob, als ich mir ein leicht hysterisches Kichern nicht verkneifen konnte.

„Das gebe ich gerne zurück. Wenn ihr nicht bald volljährig wärt, würde ich euch adoptieren wollen. Habt ihr euch denn schon Gedanken gemacht, wie ihr euren Geburtstag begehen wollt? Irgendwelche besonderen Pläne?"

„Doch, wir haben sogar ziemlich genaue Vorstellungen. Ich habe sie aufgeschrieben", informierte mich Marie erneut mit diesem Unschulds-Blick. Diesmal brauchte Luise nicht mehr zu übersetzen.

Das konnte sie in dem Moment auch nicht, denn sie kicherte sehr angestrengt in sich hinein. So, so. Moment. Jetzt waren wir an dem Restaurant, das ich angedacht hatte, vorbeigelaufen. Kehrt Marsch mit den beiden, und ein breites Grinsen von zwei entgegenkommenden Burschen, die sich über die T-Shirts der Zwillinge freuten.

So ziemlich das irrsinnigste und lustigste Abendessen meines Lebens. Bei dem die zahlreich anwesenden englischen Gäste indigniert zur Kenntnis nahmen, dass sich der deutsche Sinn für Humor offenbar nicht nur auf den Einmarsch in Frankreich beschränkte.