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Argonauta Kapitel 03-07

Geschichte Info
Julia erlebt Down Under das Abenteuer ihres Lebens.
18k Wörter
4.63
6.6k
0

Teil 2 der 4 teiligen Serie

Aktualisiert 06/15/2023
Erstellt 02/06/2019
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Liebe Leserinnen und Leser,

Viele von euch haben sich eine schnelle Fortsetzung meiner Geschichte Argonauta gewünscht. Diesem Wunsch konnte ich leider nicht entsprechen. Das liegt zum einen daran, dass mich in meinem privaten und beruflichen Leben viele andere Dinge in Anspruch genommen haben und nehmen. Zum anderen hat es auch damit zu tun, dass die Recherchearbeit recht umfangreich ist und viel Zeit verschlingt. Mir ist aber genau dies auch sehr wichtig. Denn ich möchte nicht schnell abliefern, sondern euch eine qualitativ hochwertige Geschichte liefern.

Umso erfreuter bin ich, dass ich euch nun endlich die lange ersehnten neuen Kapitel meiner Story sozusagen als ein kleines Weihnachtsgeschenk präsentieren darf. Die folgenden fünf Kapitel enthalten diesmal kaum Sex-Szenen. Sie sind für die Fortführung der Handlung aber wichtig. Außerdem hoffe ich, dass dieser Teil ein wenig die Sehnsucht nach entfernten, exotischen Orten bedienen kann -- in einem Jahr voller Einschränkungen sollt ihr wenigstens in eurer Fantasie auf Reisen gehen dürfen und ich hoffe, meine Geschichte hilft euch dabei, die Fantasie fliegen zu lassen.

Im kommenden dritten Teil geht es dann auch wieder mehr zur Sache, versprochen! Den habe ich auch schon so gut wie fertig, ich überprüfe ihn gerade noch einmal auf eingeschlichene Fehlerchen. Das Warten wird diesmal also nicht so lange dauern und ihr könnt mit einer zeitnahen Veröffentlichung in den kommenden Tagen rechnen. Auch an den Kapiteln des vierten Teils schreibe ich schon fleißig.

Allen Leserinnen und Lesern, welche den ersten Teil der Geschichte noch nicht kennen, empfehle ich, diesen zuvor zu lesen. Für das Verständnis der Handlung ist es sicher von Vorteil. Zum ersten Teil gelangt ihr hier: Argonauta Kapitel 01 -- 02.

Zum Abschluss wünsche ich euch nun beim Lesen viel Freude, euch allen ein besinnliches und schönes Weihnachtsfest -- auch wenn in diesem Jahr alles ein bisschen anders ist als sonst.

Bleibt gesund!

Euer

Panthera tigris

Kapitel 3: Argo

Als Julia am nächsten Morgen von gleißendem Sonnenlicht geweckt wurde, war sie völlig orientierungslos. Ihre Augen mussten sich erst an das grelle Licht gewöhnen, sodass alles um sie herum völlig verschwommen war. Verwaschene Schemen wie in einem schlechten Schattentheater. Benommen kniff sie die Augen zusammen und blinzelte. Die Schemen nahmen allmählich klare Umrisse an, wurden deutlicherer und ergaben schließlich ein scharfes Bild. Doch nichts um sie herum kam ihr bekannt vor.

Das ist nicht mein Zimmer, ging es ihr durch den Kopf. Wo zum Teufel war sie nur?

Schlaftrunken richtete sie sich kerzengerade in einem ihr fremden Bett auf, wobei die Decke ihren schlanken Körper hinab rutschte und ihre blanken Brüste freilegte. Sie war nackt. Erinnerungsfetzen an den gestrigen Abend kehrten zurück. Wirre Bilder in ihrem Kopf, die sich in ihren Gedanken manifestierten, aber keinen Sinn zu ergeben schienen. Eine Bar. Gemütlich eingerichtet, leise Musik, ein fantastisches Fischgericht und jede Menge Alkohol. Offenbar musste sie den Abend in einer Bar verbracht haben, reimte sie sich zusammen. Und dann? Was war anschließend geschehen?

Ein leises Schnarchen riss sie aus ihren Gedanken. Sie drehte sich in die Richtung um, aus der das Geräusch gekommen war und erfasste den nackten Männerkörper, der, ihr mit dem Rücken zugewandt, neben ihr lag und ebenfalls nackt zu sein schien. Sein dunkles Haar war zerzaust von der Nacht und hatte große Ähnlichkeit mit dem struppigen Kopf einer Vogelscheuche.

Schlagartig kehrte die Erinnerung zurück. Florian und sie, eng umschlungen und heftig miteinander knutschend. Kleidungsstücke, die zu Boden fielen, zwei nackte Leiber, die sich heftig im Bett wälzten, sich einander völlig hingaben.

Oh mein Gott, ich habe mit ihm geschlafen.

Plötzlich drehte sich alles um Julia. Ihr wurde schwindelig. Als hätte man ihr mit einem Vorschlaghammer kräftig in die Magengegend geschlagen, war ihr, als würde sie jeglichen Atems beraubt werden. Julia wurde vom schlechten Gewissen übermannt. Sie fühlte sich plötzlich schuldig. Der Sex mit Florian war fantastisch gewesen. Doch das steigerte ihre Schuldgefühle nur noch mehr. Machte es nur noch schlimmer. Julia hatte das Gefühl, Tom betrogen zu haben. Als hätte sie sein Andenken beschmutzt. Ihr wurde schlecht und sie fühlte sich von sich selbst angeekelt. Panik kroch in ihr hoch, brodelnd und blubbernd bahnte sie sich ihren Weg, kochte über wie Milch.

Ich muss hier weg! Und zwar schnell, schrie sie innerlich auf.

Fluchtartig schwang sie sich aus dem Bett, so leise wie möglich, um den noch immer tief und fest neben ihr schlafenden Florian bloß nicht zu wecken. Sie fühlte sich schon schlecht genug und hatte keine große Lust auf eine Auseinandersetzung mit Florian. Wollte einfach nur noch so eilig wie möglich weit weg von hier und die Erinnerungen der letzten Nacht aus ihrem Gedächtnis ausradieren. Hastig klaubte sie ihre Sachen zusammen. Ihre Haare waren völlig verstrubbelt und der Schweiß der letzten Nacht roch unangenehm und intensiv. Einen Moment lang spielte sie mit dem Gedanken, bevor sie Florians Appartement für immer verlassen würde, noch schnell unter die Dusche zu hüpfen. Doch das würde ihn garantiert wecken und sie hatte keine Ahnung, wie sie sich dann verhalten sollte. Also schlüpfte sie gleich in ihre Klamotten, möglichst geräuschlos. Duschen würde sie auch in ihrer eigenen Wohnung können. Außerdem meldete sich knurrend ihr Magen zu Wort. Sie blickte auf die Armbanduhr an ihrem Handgelenk. 08:43 Uhr. Wenn sie erst daheim geduscht hätte, würde sie sich unterwegs ein ausgiebiges Frühstück gönnen, bevor sie sich mittags mit dem Professor am Hafen treffen würde.

Leise schlich Julia durch den Flur. Sie erreichte die Wohnungstür, legte die Hand auf die Klinke und wollte sie nach unten drücken als plötzlich eine verschlafene Stimme aus dem Schlafzimmer ertönte: „Julia? Bist du im Bad?" Florian war aufgewacht.

Julia hielt inne. Lauschte. Dann hörte sie das Rascheln der Decke und zwei dumpfe Schläge, die nur von Florians Füßen stammen konnten, die den Boden berührten. Er war aufgestanden. Schritte waren zu hören, die sich rasch näherten.

Jetzt aber schnell, dachte Julia. Es war ihr egal, ob Florian sie jetzt hörte oder nicht, Hauptsache, dass sie so schnell wie möglich weg käme. Sie drückte die Klinke, die Tür schwang auf und sie schlüpfte ins einsame Treppenhaus. Hinter ihr fiel die Wohnungstür laut knallend zu und Julia rannte los. Panikartig hastete sie die Stufen hinab, nahm mehrere Stufen auf einmal. Sie stolperte, als sie eine Stufe verpasste. Drohte, das Gleichgewicht zu verlieren, griff gerade noch rechtzeitig geistesgegenwärtig das Treppengeländer und wandte den drohenden Genickbruch noch einmal ab. Sie fing sich wieder, taumelte die letzten Stufen nach unten und rannte dann nach draußen ins Freie. Auf dem Bürgersteig herrschte bereits reges Treiben, sodass sie sich in die willkommene Menge der Anonymität mischen konnte. Sie rannte weiter, quetschte sich durch die Menschenmassen als befürchtete sie, von Florian verfolgt zu werden. Jagte immer weiter kopflos durch die Stadt, dass ihre Lungen brannten. Julia wusste nicht, wohin sie lief und es war ihr auch vollkommen gleichgültig. Wichtig war nur, möglichst viel Distanz zu gewinnen und diesen Mann für immer aus ihrem Leben zu verbannen.

Ihr Herz raste als sie endlich stehen blieb. Kräftig pochte es in sich beinahe überschlagendem Rhythmus gegen ihren Brustkorb. Sie keuchte und rang nach Atem. Julia lehnte sich gegen eine Hauswand und kämpfte mit der Übelkeit, die ganz langsam ihre Speiseröhre nach oben kroch. Mehrere Minuten lang brauchte sie, bis sich ihr Zustand wieder halbwegs normalisiert hatte. Orientierungslos blickte sie sich um.

Wo zum Teufel bin ich?

Quälend langsam setzte ihr Verstand wieder ein und Julia begriff allmählich, dass es keine so gute Idee gewesen war, ohne ein bestimmtes Ziel durch eine ihr vollkommen fremde Stadt zu hetzen. Panisch schaute sie nach irgendeinem Ankerpunkt, einem markanten Platz, Schild, Schaufenster ... irgendetwas, das ihr verraten konnte, wo sie war und wie sie zu ihrer Wohnung geraten würde.

Ein Bus fuhr an ihr vorbei. Die Linie kam ihr bekannt vor, denn sie hielt nur wenige Meter von ihrer Haustür entfernt. Doch fuhr sie auch in die richtige Richtung? Julia hatte keine Ahnung und ohnehin hatte sie in ihrem Geldbeutel nicht mehr genug Kleingeld, um sich ein Ticket zu kaufen. Sie dachte an ihr Smartphone. Hoffnungsvoll zog sie es aus ihrer Hosentasche, doch der Akku war leer.

„Verdammte Scheiße!", fluchte sie laut und einige Leute drehten sich kopfschüttelnd zu ihr um. Julia bezweifelte, dass die Leute wirklich Deutsch verstanden, doch der Tonfall von obszönen Flüchen war international verständlich. Julia lief rot an, peinlich berührt und ärgerlich über sich selbst. Ihr blieb keine Wahl. Sie beschloss, zu Fuß dem Bus zu folgen und sich von Haltestellenschild zu Haltestellenschild durchzuschlagen. Dann dachte sie daran, einfach nach dem Weg zu fragen. Aber wie hieß noch gleich ihr Hotel? In welcher Straße lag es? Sie hatte es vergessen. Dann fiel ihr doch etwas ein, eine verschwommene Erinnerung.

Vor einem kleinen Antiquariat blieb sie stehen. Der Ladenbesitzer war ein grauhaariger Mann mit einem imposanten Schnauzbart, der Julia unweigerlich an einen Kaiserschnurrbarttamarin erinnerte, einen kleinen Krallenaffen aus dem südlichen Amerika. Der Mann war gerade damit beschäftigt, besonders preisgünstige Sonderangebote vor seinen Laden zu stellen.

„Excuse me", fragte Julia höflich, „could you please tell me the way to The Laughing Kookaburra? It's a pub."

Der Mann überlegte kurz, dann nickte er und erklärte Julia den Weg. Die Bar, in der sie am Abend zuvor Florian kennengelernt hatte, schien nicht weit weg zu sein. Sie dankte dem Ladenbesitzer und machte sich auf den Weg. Von der Bar aus würde sie den Weg zu ihrem Hotel rekonstruieren können.

Eine Dreiviertelstunde später hatte sie tatsächlich nach Hause in ihr kleines Appartement gefunden und genoss eine wohltuende heiße Dusche, während ihr Smartphone an der Steckdose hing und aufgeladen wurde. Nachdem sie fertig geduscht hatte, fühlte sie eine große innere Erleichterung. Mit der Dusche war nicht nur der Schweiß der vergangenen Nacht von ihrem Körper gespült worden, sie fühlte sich auch innerlich gereinigt. So als hätte es die letzten Stunden in ihrem Leben nie gegeben. Sie trocknete sich mit ihrem weichen Frotteetuch die Haare und lief dann nackt in die winzige Küche, um sich einen Schwarztee zu kochen und steckte zwei Scheiben Weißbrot in den Toaster. Während das Wasser wärmer wurde, eilte Julia nebenan in das Schlafzimmer und suchte aus ihrem Reisekoffer neue Sachen für den Tag. Es versprach, ein warmer und sonniger Tag zu werden. Sie entschied sich für knielange, eng anliegende Jeans und ein weißes Top und legte beides zusammen mit frischer Unterwäsche auf das Bett. Dann eilte sie zurück in die Küche, wo das Wasser inzwischen sprudelnd blubberte. Sie gab das Teeei in eine Tasse und goss sich Wasser ein. Anschließend entnahm Julia die Toastscheiben, bestrich sie mit Butter und Himbeerkonfitüre und setzte sich, immer noch nackt, an den kleinen Küchentisch. Sie ließ den Tee kurz ziehen, entnahm dann das Teeei, gab drei gehäufte Teelöffel Zucker hinzu und ließ sich dann ihr Frühstück schmecken. Der Tee schmeckte herrlich frisch und entfaltete bald seine belebende Wirkung. Als sie mit dem Frühstück fertig war, war ihr Körper an der Luft vollständig getrocknet. Die Rothaarige ging noch einmal ins Bad und cremte sich vorsichtshalber gründlich mit Sonnencreme ein, denn sie wollte keinen Sonnenbrand riskieren und die Sonne zeigte sich an diesem Tag von ihrer besten Seite. Schließlich schlüpfte Julia in ihre frischen Kleider und machte sich dann auf den Weg zum Hafen.

*******

Mindestens ebenso berühmt wie David Fisher selbst war sein Forschungsschiff. Die Argo.

Allein der Name des Schiffes klang verheißungsvoll. Argo, so hatte auch jenes legendäre Schiff geheißen, das den antiken griechischen Helden Iason und seine getreuen Gefährten, die tapferen Argonauten, auf der Suche nach dem goldenen Vlies über das Mittelmeer geführt hatte.

Genau wie David Fisher, so war auch das Schiff dank der Fernsehserie zu großer Berühmtheit gekommen. Unzählige Male hatte Julia daheim vor dem Fernseher gesessen und ehrfurchtsvoll gestaunt, wenn in einer Totalen der stählerne Koloss durchs Bild gepflügt war. Doch jetzt, wo sie das erste Mal die Argo mit eigenen Augen sah, musste sie schwer schlucken. Es war erstaunlich, doch in der Realität erschien das Schiff noch imposanter zu sein. Es war mit nichts zu vergleichen. Die Argo war einhundertfünfzehn Meter lang, knapp zwanzig Meter breit und bot auf sieben Decks insgesamt einer dreißigköpfigen Besatzung sowie weiteren dreißig Meeresforschenden ausreichend Platz zum Arbeiten, Wohnen und Leben. Das Schiff konnte mit einer Maximalgeschwindigkeit von fünfzehn Knoten gesteuert werden und mehr als fünfzig Tage auf hoher See verbringen, ohne auch nur einen einzigen Hafen anzusteuern.

Wie ein gigantisches Meeresungeheuer ragte die Argo aus dem schmutzig braunen Wasser des Hafenbeckens. Julia klappte der Mund auf, als sie den marineblauen Rumpf des Giganten überblickte, der in der Sonne glänzte und funkelte. Selbst aus gut zweihundert Metern Entfernung sah der stählerne Koloss wie eine unwirkliche, gigantische Kreatur aus und wirkte ziemlich einschüchternd. Mit einem Mal kam Julia sich winzig und unbedeutend vor und sie hatte das Gefühl, auf Ameisengröße geschrumpft worden zu sein. Julia musterte den Aufbau auf der Bugseite des Schiffs, der einem New Yorker Hochhaus gleich in die Luft ragte und in seinem obersten Deck gewiss die Brücke beherbergte und in einem turmartigen Gebilde endete, in dem ein Großteil der Technik zur Navigation auf hoher See sowie eine Wetterstation untergebracht waren. Auf der Heckseite streckte sich ein bogenförmiges titanweiß gestrichenes Konstrukt wie eine überdimensionierte Hand in den Himmel, ein Galgenkran, mit dem allerlei Geräte, ferngesteuerte Roboter, diverse technische Sonden und sogar ein kleines Tauchboot der neuesten Generation, ins Wasser gelassen oder wieder herausgefischt werden konnten.

David Fishers Schiff gehörte zu den modernsten Meeresforschungsschiffen überhaupt und genoss international den allerbesten Ruf. Jeder, der in irgendeiner Weise mit der Erforschung des Meeres zu tun hatte, wollte wenigstens einmal in seinem Leben an Bord dieses Schiffes sein. Julia erschauerte. Ihr Puls schnellte in die Höhe als sie realisierte, dass dieser Traum für sie tatsächlich bald in Erfüllung gehen würde. So ähnlich musste sich wohl der junge Charles Darwin gefühlt haben, kurz bevor er zu seiner weltverändernden Fünfjahresreise an Bord des Vermessungsschiffs HMS Beagle aufgebrochen war.

Julia atmete tief die salzige Luft ein, die nach Meer roch; ein unbeschreibliches Potpourri aus dem Duft nach Algen und Iod. Der Wind blies ihr eine angenehme, warme Brise ins sommersprossige Gesicht. Hoch in der Luft stritten sich zwei Silberkopfmöwen laut krakeelend um eine Muschel.

„Eine Schönheit, nicht wahr?", ertönte eine tiefe Bassstimme und Julia wurde aus ihren Gedanken gerissen. Sie drehte sich um und blickte in das breit grinsende Gesicht David Fishers, der lautlos an sie herangetreten war, nur wenige Zentimeter von ihr entfernt. Julia inhalierte den stechenden Geruch von Sonnencreme.

„Oh, hallo Professor", sagte Julia, die gar nicht bemerkt hatte, dass sie nicht mehr allein war und errötete leicht.

„Sie sollen mich doch nicht so nennen, Julia", ermahnte Fisher sie freundlich.

„Entschuldigung, Herr Pro ... David."

„Na geht doch", antwortete Fisher breit lächelnd. „Na, wie gefällt sie Ihnen?"

„Es ist überwältigend. Ich meine, ich habe schon Bilder im Fernsehen gesehen, aber ich hätte nicht erwartet, dass sie so groß ist", sagte Julia.

„Den Eindruck haben viele. Die meisten, die die Argo zum ersten Mal sehen, sind ziemlich eingeschüchtert. Offen gestanden ging es mir am Anfang genauso."

„Wirklich?"

„Ja. Aber erwarten Sie nicht zu viel, Julia. Wenn Sie erst mal an Bord sind und überall Probenbehälter und Forschungsequipment den Weg versperren, werden Sie schnell merken, dass es trotzdem ziemlich beengt ist. Ich fürchte, dass Sie sich in den kommenden Wochen ein wenig einschränken werden müssen."

„Ach, das macht nichts, Sir. Solange es an Bord ein Bett und eine Dusche für mich gibt, bin ich zufrieden."

„Braves Mädchen", lobte Fisher und sagte dann: „Kommen Sie, Julia. Ich zeige Ihnen das Schiff und möchte Ihnen die Crew vorstellen."

Julia nickte stumm und folgte Fisher. Gemeinsam liefen sie in gemütlichem Tempo den Kai entlang. Mit jedem Schritt, dem sie sich dem Forschungsschiff näherten, wurde das Stahlungetüm größer und größer. Wie die Bohnenranke im Märchen schien es in Windeseile in den Himmel empor zu wachsen. Ein Kran wuchtete einen großen Metallcontainer scheinbar mühelos in die Luft. Wie schwerelos schwebte der signalrot gestrichene Kasten über dem Arbeitsdeck. Julia sah nun, dass zwei Matrosen, die von hier unten wie stecknadelkopfgroße Punkte aussahen, damit beschäftigt waren, per Funk dem Kranführer Anweisungen durchzugeben. An der Kaimauer stand ein dritter Mann, der wild mit seinen Armen gestikulierte. Als er David Fisher und Julia bemerkte, hielt er inne und winkte den beiden zu.

„Hey Prof", begrüßte er die Neuankömmlinge, „ich dachte schon, du kommst gar nicht mehr. So viel zu tun in deiner Uni?"

Fisher lachte gequält und antwortete: „Hatte noch Klausuren zu korrigieren. Aber wie ich sehe, kommt ihr auch ohne mich gut voran." Dann wandte der Professor sich seiner Begleiterin zu und sagte: „Darf ich Ihnen unseren Kapitän vorstellen? Mads Hansen."

Mads Hansen war ein Riese. Er überragte selbst den immerhin fast zwei Meter großen Fisher noch um gut einen halben Kopf und hatte Arme, dick wie Baumstämme. Er trug seine Uniform, eine dunkelblaue Stoffhose und ein schneeweißes Hemd, unter dessen Stoff sich kräftige Muskelpakete deutlich abzeichneten. Seine Haut war ebenso braungebrannt und wettergegerbt wie die des Professors und seine Gesichtszüge hinter einem dichten graumelierten Bart versteckt. Julia schätzte ihn auf Mitte fünfzig.

„Moin", sagte der Kapitän überraschenderweise auf Deutsch mit einer Stimme, die so rau wie die See war und reichte ihr zur Begrüßung seine gigantische Pranke.

„Freut mich auch", sagte Julia eingeschüchtert und erwiderte den Gruß. Sie hatte das Gefühl als wäre ihre Hand in einen Schraubstock geraten.

„Mads ist ein Landsmann von Ihnen, Julia", erklärte Fisher.

„Ja, ein richtiger Hamburger Jung'", erklärte Hansen stolz.

„Julia", stellte sich die Rothaarige vor und fragte dann: „Mads ... ist das eine Kurzform?"

„Ne", lachte Hansen, „eigentlich heiße ich Matthias. Aber die Australier können das einfach nicht richtig aussprechen und meine Mutter kommt aus Dänemark, also erlaube ich ihnen die dänische Variante Mads." Er grinste breit und präsentierte dabei gepflegte, strahlend weiße Zähne. „Und die Kleine will uns also die nächsten Wochen begleiten?", fragte er Fisher.

„Sie ist meine Doktorandin und weist die allerbesten Referenzen auf", antwortete Fisher.

„Also gut", antwortete Hansen fröhlich, „dann zeige ich euch mal das Schiff." Er machte eine einladende Geste und zeigte auf die Gangway. „Hier entlang bitte."

Kapitän Hansen ging voraus, dicht gefolgt von Fisher. Julia bildete die Nachhut und blieb zögernd vor der Schiffstreppe stehen. Der schmale Steg sah ziemlich wackelig aus.