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Das perfekte Geheimnis

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Mein Schatz, du gibst mir das Gefühl, dass ich zu dir gehöre. Du brauchst mir nicht zu beweisen, dass du besser oder ausdauernder bist als mein Verlobter. Das bist du nicht, denn du bist wie er. Und das ist dein Ritterschlag, denn er ist der Beste. Du bist genau wie er zärtlich und einfühlsam. Du stellst, wie er es auch tut, meine Lust vor die deine. Deshalb habe ich auch zwei Entschlüsse gefasst. Zuerst verspreche ich dir, ihn in unserem Bett nicht mehr zu erwähnen. Ich weiß, kein Mann möchte mit seinem Nebenbuhler verglichen werden, wenn er nicht Superman persönlich ist. Und zum zweiten verbringe ich, wenn du es auch willst, bis zum Ende unseres Urlaubs jede Nacht mit dir als deine Geliebte. Dann darfst du mich auch noch anal nehmen, schließlich hatte ich dir dies in Aussicht gestellt. Aber, um deine Frage zu beantworten, ich werde Jürgen von der heutigen Nacht berichten, und ich werde es als einen One-Night-Stand darstellen, als deine Belohnung für meine Lebensrettung. Ich werde ihm sagen, dass ich dich nach dem Urlaub nicht mehr wiedersehen werde, und, dass er entscheiden soll, ob er die Verlobung auflösen möchte oder nicht. Ich werde ihm bestätigen, dass ich ihn immer noch als meinen Ehemann haben möchte und dass ich ihn liebe. All dies werde ich ihm in ein paar Stunden sagen, damit er bis zum Ende des Urlaubs Zeit hat, sich seine Meinung zu bilden, wie es aus seiner Sicht mit uns weitergehen soll. Ich werde seine Entscheidung akzeptieren, egal, wie sie ausfällt. Ich hoffe aber, sie fällt für mich aus."

„Du willst wirklich die nächsten Nächte mit mir altem Mann Liebe machen?", fragte Wolfgang, immer noch unsicher, ob er seinem Glück trauen konnte.

„Ja, mein alter Mann. Und wenn wir erst einmal den Badeurlaub am Playa del Carmen genießen werden, dann will ich dich auch noch zusätzlich tagsüber.

Nach ein paar Sekunden des Schweigens ergänzte sie: „Hey, ich danke dir, dass du ein Kondom benutzt hast. Ich nehme zwar die Pille, aber ich möchte nicht von dir schwanger werden. Ein zusätzlicher Schutz ist da nicht verkehrt."

Die beiden unterhielten sich noch über Alltäglichkeiten des Lebens, bis Christina gegen zwei Uhr morgens zu Wolfgang sagte, dass sie jetzt ihren Verlobten anrufen möchte. Sie hatte Angst vor dem Telefonat, denn sie konnte sich vorstellen, dass Jürgen ihr Handeln nicht gutheißen wird. Sie zog sich den Bademantel über, und ging in ihr Zimmer. Sie wollte nicht, dass Wolfgang Zeuge ihres Telefonates würde. Sie wählte Jürgens Rufnummer und hörte das Freizeichen.

Christina informiert ihren Verlobten über ihren Seitensprung

„Hallo, mein Schatz", begrüßte sie Jürgen, als dieser sich meldete. „Selber hallo", erwiderte er. „Bei dir muss es doch schon weit nach Mitternacht sein. So spät hast du noch nie angerufen. Alles in Ordnung bei dir?"

„Ja, ich denke schon", entgegnete Christina. Jürgen ließ sie nicht weiterreden. „Ich entschuldige mich für das, was ich gestern über deinen Lebensretter gesagt habe. Du hattest Recht. Ich habe keine Veranlassung, ihn schlechtzureden."

Jetzt schnitt sie ihm das Wort ab. „Über Wolfgang muss ich mit dir reden. Es tut mir leid, dir sagen zu müssen, dass ich heute mit Wolfgang geschlafen habe. Alles ging dabei von mir aus. Ich habe ihn verführt, weil ich überzeugt war, damit meine Schuld begleichen zu können. Ich glaube nicht, dass ich ihn auch noch die nächsten Tage bis zum Rückflug vögeln werde. Aber unabhängig davon ist nach dem Urlaub definitiv Schluss mit ihm. Versprochen. Ich werde ihn dann nie wieder sehen, oder mit ihm Kontakt haben. Dann ist diese kurze Episode in meinem Leben vorbei, und du wirst mich danach für immer exklusiv haben, wenn du mich dann noch möchtest", führte Christina in einem ruhigen Ton aus und ergänzte: „Ich könnte es verstehen, wenn du unsere Verlobung auflöst. Ich habe dich vor vollendete Tatsachen gestellt, und es ist allein meine Schuld. Es ist passiert, und lässt sich auch nicht mehr rückgängig machen. Ich bereue es nicht. Ich werde mich nicht damit herausreden, dass wir ja noch nicht verheiratet sind, und ich deshalb keinen Ehebruch begangen habe. Das ist Unsinn. Du bist in meinen Gedanken und in meinem Herzen mein Ehemann, und ich war dir untreu. Es tut mir leid, dass ich dir diese seelischen Schmerzen bereitet habe, aber ich musste es dir sagen, denn ich will unsere Ehe, die ich immer noch aus vollem Herzen möchte, nicht mit einer Lüge beginnen."

Jürgen schwieg fast eine halbe Minute lang. Dann erwiderte er: „Das ist harter Tobak, was du mir gerade erzählt hast. Das muss ich erst einmal verdauen. Du bist wie immer so korrekt und geradeaus in dem, was du tust und sagst. Die Beichte deines Betruges hörte sich aus deinem Mund an wie der Erlebnisbericht eines Kaffeekränzchens. Nein, das ist falsch. Du wolltest gar nicht beichten, denn du hast mich überhaupt nicht um Verzeihung gebeten. Du wolltest nur dein Gewissen erleichtern, und es mir als Faktum berichten. Manchmal wünschte ich, du wärst diplomatischer. Was weiß dieser Mann über uns? Redest du mit ihm über uns? Hast du ihm schon unsere persönlichsten Geheimnisse anvertraut?"

Christina antwortete sofort mit bestimmender Stimme: „Nein, Jürgen, er weiß nur, dass du mein Verlobter bist. Ich habe nichts über uns erzählt und werde ihm auch zukünftig nichts über uns erzählen. Er hat auch nicht danach gefragt. Es gibt eine klare Grenze zwischen dir und ihm, in der nur ich auf der Grenzlinie stehe."

Jürgen kommentierte Christinas Aussage sofort: „Christina, ich kenne dich als eine intelligente und entschlussfreudige Frau, die weiß, was sie will, und es bei Bedarf auch umsetzen bzw. durchsetzen kann. Wir haben vor einigen Jahren mal über den Spruch ‚Eine Frau beginnt eine Affäre, weil sie es will, ein Mann, weil er es kann' gelacht, ihn aber für zutreffend erachtet. Ich gebe Wolfgang keine Schuld, denn ich entnehme deinen Aussagen, dass er eigentlich keine andere Chance hatte, als dich zu ficken. Warum? Einzig allein, weil du es so wolltest. Du wolltest ihn und du hast ihn gefickt. Wahrscheinlich wirst du ihn auch noch weiter ficken. Warum solltest du denn jetzt damit aufhören? Einmal oder zweimal oder x-mal ist dann für dich auch kein Unterschied mehr.

Ich weiß im Moment nicht, wie ich auf deinen Verrat reagieren werde. Ich weiß nicht, ob ich dich am dreißigsten noch vom Flughafen abholen werde, oder ich meine Sachen schon aus deiner Wohnung entfernt, und deine, die in meiner Wohnung deponiert waren, dir zurückgebracht habe. Ich brauche Zeit, die Erkenntnis, dass du mir untreu warst und sein wirst, sacken zu lassen, und meine Gefühle und Gedanken dazu zu ordnen. Ich hoffe, du hattest nur eine kurze Affäre und kein Verhältnis mit ihm, wenn du wieder zurück bist. Oder haben sich bereits tiefere Gefühle zwischen dir und Wolfgang entwickelt? Sei in diesem Punkt absolut ehrlich zu mir. Falls du ihn lieben solltest, wäre unsere Verlobung sofort beendet", konstatiert Jürgen traurig.

„Nein, mein Schatz, ich hege keine tieferen Gefühle für Wolfgang. Momentan ist er ein sehr guter Freund, dem ich eine gewisse Sonderbehandlung zugestanden habe, und du hast Recht mit deiner Vermutung, auch wahrscheinlich noch weiter zugestehen werde. Am Ende des Urlaubs, wenn wir wieder in Deutschland sind, werden wir uns trennen, und ich werde keinen Kontakt mehr mit ihm haben", stellte Christina klar.

„Du bist so schonungslos offen. Es bringt wohl nichts, wenn ich dich auffordere, sofort mit deinem Liebhaber Schluss zu machen, und vorzeitig zu mir nach Hause zu fliegen?", fragte Jürgen.

„Nein, Jürgen, das bringt nichts. Ich habe meinen Entschluss gefasst, mit Wolfgang den restlichen Urlaub zu verbringen. Dann, in zwei Wochen, werde ich mit ihm nur drei Wochen zusammen gewesen sein. Mit dir werde ich anschließend den Rest meines Lebens verbringen. Darauf kannst du dich verlassen!"

Jürgen glaubte seinen Ohren nicht zu trauen. Was war in seine Verlobte gefahren? Wurde sie von dem Typen einer Gehirnwäsche unterzogen? Oder war das eine Abart des Stockholm Syndroms, von der er bislang noch nichts gehört hatte? Jürgen war sich sicher, dass Intervenieren, Schimpfen und Drohen seinerseits nutzlos waren, und unter Umständen sogar die Lage noch verschärfen könnten.

„Christina, worauf ich mich verlassen kann, hast du mir gerade ausführlich beschrieben. Warum sollte ich mich noch einmal auf dich verlassen? Du hast mich betrogen, ein paar Wochen vor unserer Hochzeit, und es gibt aus meiner Sicht dafür keine Entschuldigung. Lebensretter hin oder her. Jeder Arzt rettet irgendwann einem Menschen das Leben. Ist das eine Rechtfertigung dafür, dass die beiden dann ficken? Nein, verdammt noch mal, nein!

Ich weiß, Christina, du gehörst mir nicht. Du bist ein eigenständiger Mensch mit eigenen Entscheidungen. Aber du musst auch mit den Konsequenzen, die sich aus deinen Entscheidungen ergeben, leben. Du hast mein Vertrauen in dich schwer beschädigt. Ich möchte nicht, dass du mich bis zu deiner Rückkehr nach Hamburg noch einmal anrufst. Ich brauche Zeit, um für mich eine Entscheidung zu treffen, wie es mit uns weitergehen könnte. Wir sehen uns frühestens am Flughafen, oder auch nie mehr. Mach es gut und habe noch schöne Flitterwochen", um nach einer kurzen Pause mit einem ironischen Unterton zu ergänzen: „Entschuldige, aber diese Spitze musste ich einfach bringen. Falls es dich noch interessiert, mein Vater ist aus dem Koma erwacht und auf dem Wege der Besserung. Er scheint es geschafft zu haben." Damit beendete Jürgen ohne einen Gruß das Telefonat.

Christina blieb noch eine halbe Stunde auf ihrem Bett sitzen und scrollte durch etliche Fotos aus glücklichen Zeiten, die sie mit ihrem Verlobten zeigten. Sie fragte sich selbst, ob sie richtig gehandelt habe, oder ob sie alles zerstört und verloren hatte. Im Geiste ging sie noch einmal das Telefonat mit Jürgen durch. Sie hatte ihm in vielen Punkten die Wahrheit gesagt, bis auf die Lüge, dass sie keine tieferen Gefühle für Wolfgang spüren würde. Ganz im Gegenteil liebte sie ihn so, wie sie ihren Verlobten liebte. Sie war sich sicher, dass es eigentlich schon keine Affäre mehr war, die Wolfgang und sie verband. Es war ein Verhältnis. Sie tröstete sich damit, dass es Jürgen niemals herausfinden würde, denn sie hatte fest vor, mit Urlaubsende Wolfgang nie mehr wiederzusehen, oder mit ihm zu kommunizieren. Wolfgang hatte diesem Vorhaben bereits zugestimmt, und sie hoffte inständig, dass er nicht versuchen würde, diese Übereinkunft zu modifizieren oder gar aufzukündigen. Als sie erkannte, dass sich ihre Gedanken im Kreise drehten, verließ sie ihr Zimmer und ging zu ihrem Geliebten. Sie klopfte an seine Zimmertür. Wolfgang öffnete sie sofort und zog Christina an sich und umarmte sie. Sie merkte, wie die Anspannung, wie der Stress langsam von ihr abfielen. Aber in Gedanken an ihren Jürgen und ihrem Verrat an ihm, überkam sie eine schier endlos große Traurigkeit. Sie fing an, bitterlich in Wolfgangs Armen zu weinen.

Die nächsten Tage und Wochen bis zum Rückflug nach Deutschland verlebte das Liebespaar in Harmonie und Glück. Sie verbrachten jede Minute miteinander und lebten ihre Beziehung in vollen Zügen aus. Der Sex und die Zärtlichkeiten, die sie einander schenkten, war erfüllend und befriedigend. So wie es auch mit ihrem Mann gewesen war. Aber mit jedem Tag, dem sie ihrer Abreise und damit dem Ende ihres Verhältnisses näherkamen, versuchten sie, so wie Verdurstende sich nur noch auf die Suche nach Wasser konzentrieren können, jeden Moment ihrer Glückseligkeit doppelt und dreifach zu genießen. Es blieb nicht aus, dass im Laufe der Zeit das Gefühl des Glücks durch negative Gefühle wie Trennung, Abschied, Trauer und Endgültigkeit verwässert wurde.

Am letzten Abend vor dem Rückflug versprachen sie einander hoch und heilig, ihre Verbindung vollständig und auf Dauer abzubrechen. Dennoch tauschten sie ihre Kontaktdaten aus, und speicherten diese auf ihren Smartphones.

Christina erklärte Wolfgang, dass sie an ihrer Verlobung und an Jürgen festhalten möchte. Sie sagte ihm, dass er für sie in den vergangenen drei Wochen wie ein Ehemann gewesen wäre. Sie vermied es allerdings, ihm ihre Liebe zu ihm zu bestätigen.

Wolfgang bestätigte, dass die letzten drei Wochen für ihn die besten seit dem Tod seiner Frau gewesen wären. Er wäre traurig, dass diese Zeit keine Verlängerung erfahren könnte. Aber er bestätigte ihr noch einmal, dass er sich niemals in eine intakte Beziehung drängen würde. Er versprach ihr, sie nicht anzurufen, oder ihr zu schreiben. Wenn es für sie eine Chance geben würde, müsste sie den ersten Schritt machen. Was sie tun würden, falls Jürgen die Verlobung beenden würde, besprachen sie nicht.

Der Rückflug

Christina und Wolfgang hatten beim Einchecken darauf geachtet, dass sie nebeneinandersaßen. Während des gesamten Rückflugs versuchten sie, Körperkontakt zu halten. Meist hatte Christina ihren Kopf an seine Schultern gelegt, und sich an ihn geschmiegt. Sie sprachen kaum miteinander. Was gesagt werden musste, hatten sie gesagt. Jetzt galt es nur noch, die letzten Stunden der Zweisamkeit auszukosten. Bei der Landung in Frankfurt hatten sie kaum Transferzeit. Da ihr Flieger verspätet ankam, mussten sie, nachdem sie die Grenzformalitäten abgeschlossen hatten, schnell zu ihrem Gate, um den Flug nach Hamburg noch zu erreichen. Christina hatte kurzfristig überlegt, den Transferflug absichtlich zu verpassen, um noch mehr Zeit mit Wolfgang verbringen zu können, verwarf aber diesen Gedanken schnell. Falls Jürgen auf sie in Hamburg warten würde, sollte sie zu der gebuchten Ankunftszeit in Hamburg landen. Obendrein hatte sie Jürgen zugesichert, dass sie mit Landung in Deutschland den Kontakt zu Wolfgang abbrechen würde. Es war für sie nun an der Zeit, das gestörte Vertrauensverhältnis zu ihrem Verlobten und zu ihrer eigenen Einstellung wieder zu festigen.

Nachdem beide ihre Gepäckstücke am Zielflughafen Hamburg in Empfang genommen hatten, umarmten sie sich ein letztes Mal. Christina schaute Wolfgang in die Augen und flüsterte: „Ich möchte keine Abschiedsszene, Wolfgang. Bitte küss mich nicht mehr. Ab jetzt gehöre ich wieder Jürgen, so er mich noch will. Bitte verlasse vor mir das Flughafengebäude. Ich möchte nicht, dass Jürgen uns zusammen sieht, falls er auf mich warten sollte. Ich werde hier noch zehn Minuten bleiben. Mach es gut, mein Geliebter, und noch einmal tausend Dank dafür, dass du dein Leben eingesetzt hast, um meines zu retten. Das werde ich dir nie vergessen!"

„Ich danke dir für die letzten Wochen", erwiderte Wolfgang. „Ich hatte davor nicht im Traum daran gedacht, dass ich noch einmal solch ein Glück erleben dürfte. Von diesem Gefühl, und von den Gedanken an dich, werde ich lange zehren. Wir sind mehr als quitt. Ich hoffe, du kannst dich mit Jürgen wieder versöhnen." Dann drehte er sich um und verließ die Gepäckhalle.

Keine Minute später vibrierte Christinas Smartphone. Sie hatte von Jürgen eine WhatsApp Nachricht erhalten. „Ich habe gerade Wolfgang gesehen, wie er ohne dich den Flughafen verlässt. Zumindest nehme ich an, dass er es gewesen ist. Ich stehe am Ausgang eins. Erwarte nicht zu viel."

Zum ersten Mal nach drei Wochen standen sich Christina und Jürgen gegenüber. Die Begrüßung war frostig, fast unnahbar. Sie umarmten und küssten sich nicht. Jürgen eröffnete ihr: „Hallo Christina. Schön, dass du wieder da bist. Unschön, was du in den vergangenen drei Wochen gemacht hast. Ich fahre dich zu dir nach Hause. Auf der Fahrt werde ich dir erzählen, wie ich mir das weitere Vorgehen vorstelle."

Ohne eine Antwort abzuwarten, nahm er ihren Koffer und sie gingen wortlos zu seinem Wagen. Weiterhin schweigend fuhr er los. Als sie den Flughafenbereich verlassen hatten, fing Jürgen an zu sprechen. „Christina, ich habe den Termin unserer geplanten Hochzeit abgesagt, und auf unbestimmte Zeit verschoben. Ich habe die Absage mit dem Autounfall meines Vaters begründet, und, dass ich nicht ruhigen Gewissens feiern könnte, wenn meine Eltern eine derart schwere Zeit durchmachen müssten. Es steht dir frei, meine Begründung für deine Gespräche zu übernehmen.

Du hast mich betrogen, und damit mein Vertrauen in dich fast vollständig zerstört. Ich sage fast, weil ich es dir zu deinen Gunsten anrechne, dass du mich zeitnah von deiner Affäre in Kenntnis gesetzt, und sie auch begründet hast, so schwachsinnig sich deine Erklärung für mich auch angehört hatte. Wenn du das nicht getan hättest, wäre ich nicht hier.

Du musst dir selbst darüber klar werden, wen und was du willst. Vielleicht willst du auch einen totalen Neuanfang?

Wenn du möchtest, dass wir versuchen sollten, unsere Beziehung zu reparieren, besser zu erneuern, musst du mir zeigen, dass du es wirklich willst. Geh mit mir zu einer Paartherapie. Ich will insbesondere in diesen Sitzungen schonungslose Offenheit und Wahrheit. Wenn ich merke, dass du lügst, bin ich weg.

Wir haben den ersten Therapie-Termin am kommenden Dienstag von fünf bis viertel vor sechs bei Frau Dr. Renate Jäger. Ich maile dir ihre Praxisadresse, und, wenn du es willst, treffen wir uns dort zum vereinbarten Zeitpunkt. Der übernächste Termin ist dann der kommende Donnerstag, und ab dann immer dienstags und donnerstags um 17 Uhr. Ich habe bislang zehn Therapiesitzungen gebucht.

Wenn du gleich deine Wohnung betrittst, wirst du zwei Umzugskartons mit deinen Sachen, die du in meiner Wohnung hattest, finden. Umgekehrt habe ich alle meine Sachen aus deiner Wohnung entfernt. Wir werden auch die Wohnungs- und Haustürschlüssel zurücktauschen.

Ich werde dich bis zum Abschluss der Therapie nicht in deiner Wohnung besuchen, noch wirst du mich in meinem Zuhause antreffen. Nur wenn die Therapeutin etwas anderes vorschlägt, und uns beiden das sinnvoll erscheint, bin ich bereit, diesen Grundsatz aufzuweichen. Aber nur, wenn die Jäger das vorschlagen sollte.

Wenn ich herausfinde, dass du den Kontakt zu deinem Lover mit dem heutigen Tag nicht abgebrochen hast, bin ich weg. Und dazu reicht es, wenn der Mann dir nur eine SMS oder ein Emoji schickt.

Das sind meine Bedingungen, mit dir alles aufzuarbeiten, um herauszufinden, ob wir noch zusammenleben können. Ich garantiere allerdings für nichts. Wenn du meine Bedingungen nicht akzeptierst, ist das zwar schade, aber für mich auch in Ordnung. Dann haben wir einen klaren Schnitt, können uns eine Charade ersparen und mit dem Vergessen beginnen. Ich kann verstehen, wenn du eine Bedenkzeit benötigst. Du hast bis morgen Mittag 12 Uhr Zeit, mir deine Antwort zu übermitteln."

„Ich brauche keine Bedenkzeit", unterbrach Christina ihn. „Ich danke dir und bin glücklich, dass du uns noch eine Chance gibst. Ich bin mit allem einverstanden, was du gesagt hast."

Drei Monate später

Beide versuchten zielorientiert und gewissenhaft an ihrer Partnerschaft zu arbeiten, wobei Christina sich anfänglich noch damit schwertat, sich vollständig zu öffnen. Es wurden sehr viele Themen angesprochen, so auch ein mögliches Verlust-Trauma seitens Christina. Ihr lieblicher Vater hatte die Familie verlassen, als sie drei Jahre alt war. Sie hatte nach der Trennung nie wieder Kontakt mit ihm. Natürlich hatte sie ihn vermisst, und sich so sehr einen Vater gewünscht, dass sie bei diesem Gedanken schon fast körperliche Schmerzen gespürt hatte. Vielleicht war das Fehlen eines Vaters der Grund, warum sie sich zu älteren Männern hingezogen fühlte. Und natürlich wurde die Vergewaltigung und ihre angesprochen, und ihre Auswirkung auf Christinas Psyche analysiert. Sie sprachen über vom Partner nicht erfüllte Wünsche, Hoffnungen und Bedürfnisse. Neben all den negativen Aspekten wurden aber auch die positiven herausgearbeitet. Insbesondere die, die im Laufe der Zeit für „selbstverständlich" gehalten wurden.

Aus zehn Therapiesitzungen wurden es am Ende 24. Der große Durchbruch kam nach etwa der Hälfte der Sitzungstermine. Es schien so, als ob bei Christina ein Hebel umgelegt worden war. Die Therapeutin konnte sich nicht erklären, welches Ereignis oder welche Erkenntnis diesen Umschwung bei ihr bewirkt hatte. Aber da es zum Wohle der Beziehung geschah, hatte sie es einfach als gegeben hingenommen, und nicht weiter hinterfragt.