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Das perfekte Geheimnis

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Während dieser drei Monate hatte das Paar außerhalb der Sitzungen angefangen, erste zaghafte Kontakte zueinander zu etablieren. So riefen sie sich zum Beispiel einige Male unter der Woche abends an, um sich nach dem Tag und des Befindens des anderen zu erkunden. Oder sie erzählten von Kinofilmen, die sie gesehen hatten, und die sie gerne mit dem anderen zusammen angeschaut hätten. Gelegentlich fragte Jürgen Christina auch, ob sie noch Kontakt mit Wolfgang hätte. Sie verneinte es immer. Jürgen glaubte ihr.

Wenn es nach Christina gegangen wäre, hätten sie auch schon lange wieder miteinander Sex gehabt. Aber Jürgen lehnte immer wieder ab. Er wollte erst das Ende der Paartherapie abwarten, um dann zu entscheiden, ob es ein neues „wir" gab oder jeder seinen eigenen Weg gehen musste.

In ihrer letzten Sitzung bestätigte die Therapeutin ihnen, dass die beiden aus ihrer Sicht austherapiert wären, und sie die nächsten Schritte, wie Dates, gemeinsame Aktivitäten und den Austausch von Zärtlichkeiten auf eigene Faust erproben sollten.

Jürgen war der Erste, der sich bei der Therapeutin bedankte, und ihr bestätigte, dass ihm die Sitzungen, ihre Gesprächsführung und die dadurch offenen und tabulosen Gespräche mit seiner Frau sehr geholfen hätten, um über Christinas Untreu und den damit verbundenen Vertrauensverlust hinwegzukommen. Er wäre bereit, die nächsten Schritte, wie von ihr vorgeschlagen, zu gehen. Allerdings würde er vorerst weiterhin auf getrennte Wohnungen bestehen. Er könnte sich aber vorstellen, dass in einigen Monaten sein Vertrauen in seine Freundin wieder vollständig hergestellt wäre, dass er dann sogar abermals ans Heiraten denken könnte.

Als Christina das hörte, fiel sie ihm um den Hals, und gab ihm im Überschwang ihrer Gefühle einen Kuss auf den Mund. Sie merkte an Jürgens eher abwehrender Reaktion schnell, dass sie damit wohl zu weit gegangen war. Sie murmelte eine Entschuldigung, und setzte sich wieder auf ihren Platz. Anschließend bestätigte sie Frau Dr. Jäger freudig, dass sie in den Sitzungen mehr erreicht hätte, als sie sich hätte vorstellen können, und dass sie auf die nächsten Schritte brennen würde.

Weitere vier Monate später

Im Februar 2023, vier Monate nach Abschluss ihrer Paartherapie, heirateten Christina und Jürgen heimlich, ohne dass ihre Freunde und Verwandte davon etwas mitbekommen hätten. Um der deutschen Bürokratie zu entgehen, hatten sie eine dänischer Heiratsagentur mit den Vorbereitungen einer Hochzeit in Dänemark beauftragt. Die dafür benötigten deutschen Dokumente waren schnell besorgt und ein Standesamttermin bestätigt. Morgens fuhren sie mit dem Auto zum vereinbarten Standesamt, knapp hinter der deutsch-dänischen Grenze, und heirateten. Danach speisten sie in einem Restaurant zu Mittag und fuhren anschließend wieder zurück nach Hamburg als Mann und Frau. Heirat im Eiltempo.

Jürgen zog bei Christina ein, da sie über die größere Wohnung verfügte. Erst als der Umzug komplett abgeschlossen war, und alle deutschen Formalitäten erledigt waren, luden sie an einem Samstag ihre Eltern und am folgenden Sonntag ihre besten Freunde ein, und verkündeten ihre Vermählung. Sie schienen glücklich zu sein.

17. Juli - Das perfekte Geheimnis

Für den heutigen Abend war ein geselliges Abendessen mit sich anschließenden Gesellschaftsspielen mit einem eng befreundeten Ehepaar geplant. Üblicherweise trafen sie sich alle zwei bis drei Wochen, abwechselnd mal bei den einen und mal bei den anderen. Heute waren sie bei Bärbel und Axel, die mit ihre halbwüchsigen Kindern Achim und Moritz, 15 und 13 Jahre alt, außerhalb von Hamburg, in Lauenburg, in einem Einfamilienhaus lebten.

Nach dem Begrüßungstrunk saßen die Erwachsenen und die Kinder noch gemütlich im Wohnzimmer und unterhielten sich über Gott und die Welt. Die Teenager wollten sich gerade verabschieden, um ein Ballerspiel auf dem Computer zu spielen, als Jürgen anfing, von ihrem Theaterbesuch zu berichten.

„Gestern waren Christina und ich im St. Pauli Theater. Es wurde ‚Das perfekte Geheimnis' gegeben", begann Jürgen die Konversation.

„Das hört sich spannend an", bemerkte Axel. „Erzähl mal".

Christina übernahm statt Jürgen die Inhaltsangabe des Stücks: „Einige Freunde thematisieren bei einem gemeinsamen Abendessen ‚Ehrlichkeit'. Dazu lassen sie sich auf ein Spiel ein. Jeder muss alles, was an diesem Abend über sein Smartphone rein- oder rausgeht, mit allen Anwesenden teilen. Ihr könnt euch vorstellen, dass das Spiel schnell für diverse Eklats sorgt. Im Laufe des Abends wurden so emotionale und sexuelle Affären, Ehebrüche, Lügen und persönliche Probleme aufgedeckt. Die Handlung springt von einer Enttarnung zur nächsten. Aber jedes einzelne „Geheimnis" für sich gesehen ist realistisch und damit möglich. Wir haben uns köstlich amüsiert, und fragen euch, ob wir zusammen dieses Spiel heute Abend mal ausprobieren wollen. Ich gehe davon aus, dass wir damit keine Affäre aufdecken, aber vielleicht ein paar kleine Geheimnisse."

Bärbel und Axel sahen sich grinsend an, nickten und Bärbel meinte: „Warum nicht? Lasst uns unsere Handys hier auf den Wohnzimmertisch legen und wenn ein Smartphone etwas empfängt, liest der Ehepartner von dem, dem das Telefon gehört, die Nachricht vor. Das wird bestimmt ein toller Spaß, wobei ich eigentlich nicht davon ausgehe, dass wir viele Nachrichten erhalten werden."

Die Kinder fragten, ob sie auch an diesem Spiel teilnehmen könnten. Ihre Eltern verneinten dies.

Nach einer viertel Stunde, in der keines der Handys den Empfang einer Nachricht ankündigte, meinte Axel: „Lasst uns mal mit der Vorspeise beginnen", und zu seinen Jungs gewandt: „Bestellt euch heute Abend eine Pizza."

Die Kinder verabschiedeten sich und gingen in ihr Zimmer. Keine zwanzig Minuten später, kurz nachdem der Pizzabote die Speisen angeliefert hatte, vibrierte Jürgens Telefon. „Na endlich", rief Christina aus und ging zum Tisch, nahm sein Telefon mit dem Verweis, dass heute Abend alles öffentlich wäre, in die Hand und las die WhatsApp Nachricht laut vor: „Hallo Jürgen, mein starker Hengst! Bleibt es bei unserem Treffen nächsten Mittwoch? Ich will dich in mir spüren. Pass auf, dass Christina nichts merkt. In Liebe. A."

Jürgen wurde weiß im Gesicht. Stotternd beteuerte er nach etlichen Sekunden des Schweigens: „Das ist nicht für mich. Ich kenne keine A. Das musst du mir glauben, Christina. "

Christina schüttelte den Kopf. Sie sah Jürgen an, und meinte zornig: „Und woher kennt sie dann deinen Namen?"

„Ich weiß es nicht", beteuerte Jürgen seine Unschuld. Die Situation schien verfahren zu sein.

„Darf ich mal die Nachricht sehen?", bat Axel. Christina gab ihm das Telefon. Alle schauten ihn an, als er plötzlich anfing zu lachen. Axel kannte die Absendernummer.

„Hey, hallo, Frieden! Es ist alles harmlos!", sagte er ziemlich laut, und versuchte so die Wogen zwischen Jürgen und Christina zu glätten. Er rief nach seinen Söhnen, die auch schnell angelaufen kamen. Sie wirkten aufgeregt und schuldbewusst.

Axel erklärte ihnen, dass Jürgen gerade eine WhatsApp erhalten hätte, die nahelegt, dass er seine Ehefrau betrügt. Christina wollte sich deshalb schon von Jürgen scheiden lassen. Er aber würde die Telefonnummer des Absenders kennen. Er sah seine Söhne böse an, und fuhr fort: „Oder habt ihr uns etwas zu sagen, was Licht in diese schreckliche Situation bringen könnte?"

Die Kinder wurden hibbelig. Jeder merkte ihnen ihr schlechtes Gewissen an. Dennoch stritten sie alles ab. Als sie keine Antwort darauf geben konnten, warum die Nachricht von ihrem Handy aus verschickt worden war, gestand Achim: „Ich war es. Ich wollte nur einen kleinen Scherz machen. Christina hat doch von dem Theaterstück erzählt, und was dort für Mitteilungen versandt worden waren. Ihr wolltet uns doch nicht mitspielen lassen. Also fand ich es eine lustige Idee, Jürgen eine solche Nachricht zu schicken. Es sollte doch nur ein Scherz sein. Es tut mir leid. Bitte glaube mir."

Bärbel schaltete sich ein und befahl beiden Kindern, ihre Handys abzugeben. Moritz schimpfte, dass er doch nichts gemacht hätte, und fragte, warum er denn sein Mobiltelefon auch abgeben müsste.

„Erstens, weil du gewusst hast, was dein Bruder ausgeheckt hat. Zweitens, weil du ihn nicht aufgehalten hast. Und drittens, weil ich es sage", beendete Bärbel, ganz die Mutter, die Diskussion.

Nachdem sie die beiden Telefone entgegengenommen hatte, trollten sich die Kinder missmutig in ihre Zimmer.

Christina entschuldigte sich bei Jürgen, dass sie ihn verdächtigt hatte. Die Freunde zweifelten allerdings daran, dass es Christina mit der Verdächtigung wirklich ernst gewesen wäre. Schließlich waren Jürgen und Christina noch nicht einmal ein halbes Jahr verheiratet, und Jürgen war in ihren Augen nicht der Typ, der fremdgeht.

Während des Abendessens blieben die Smartphones der vier Freunde, bis auf Reklamemails und Spams, ruhig. Sie sprachen von ihren Jobs, erzählten von den Kindern und von vielen Nebensächlichkeiten, und diskutierten insbesondere darüber, ob Eheleute Geheimnisse voreinander haben dürfen.

Als Axel in die Küche ging, um den Nachtisch zu servieren, war es, wie von Zauberhand, einen Moment ganz still in der Wohnung. Die Stille wurde plötzlich unterbrochen durch die Vibrationsgeräusche eines Handys, das nicht auf dem Tisch lag. Jürgen rief laut: „Ruhe bitte. Bitte absolute Ruhe. Ich habe gerade ein Handy gehört, das nicht auf dem Tisch liegt."

Theatralisch ging Jürgen durch den Raum auf die Handtasche seiner Frau zu. Als er die Tasche hochnahm, konnten auch die anderen die Vibrationsgeräusche aus der Tasche hören.

Christina lief im Gesicht weiß an. Offensichtlich hatte sie das Handy nicht ausgeschaltet, so wie sie es sonst tat, wenn sie die Schule verließ, um nach Hause zu fahren. Die an diesem Tag angesetzte Lehrerkonferenz hatte länger gedauert, als geplant worden war, und sie hatte sich beeilen müssen, damit sie noch einigermaßen pünktlich bei ihren Freunden erscheinen konnten. In der Eile hatte sie wohl das Telefon vergessen.

Als Jürgen in die Tasche griff, und ein kleines Smartphone herausholte, sah er Christina wütend an. Er bestätigte, so wie sie es kurz vorher getan hatte: „Wir haben gesagt, dass heute alle Telefone öffentlich sind, mein Schatz", und ergänzte dann mit einem süffisanten Unterton, „ich wusste gar nicht, dass du noch ein zweites Handy besitzt. Ich bin gespannt, welche Nachricht du erhalten hast. Von wem, kann ich mir allerdings denken. Du auch?"

Christina lief schnell auf ihn zu, und versuchte vergeblich, ihm das Handy zu entreißen. „Nein, oh Gott, nein!", rief sie, „das ist privat. Ich will nicht, dass die Nachricht vorgelesen wird. Das Spiel ist zu Ende. Aus, vorbei! Gib mir mein Handy, Jürgen! Bitte."

Jürgen sah sie giftig an und bestätigte ihre Worte: „Ja, mit ‚aus und vorbei' wird du wahrscheinlich recht haben. Trotzdem, so geht das nicht, meine Süße. Du hast eingewilligt, dass heute Abend jede elektronische Nachricht, die du erhältst, und jedes Telefonat, das du führst, öffentlich vorgelesen und mitgehört wird. Das gilt auch und insbesondere für versteckte und geheim gehaltene Telefone."

Jürgen holte tief Luft und las die WhatsApp Nachricht, die Christina gerade bekommen hatte, laut vor: „Liebe Christina, weißt du, was heute für ein Tag ist? Heute jährt sich zum ersten Mal unsere erste Liebesnacht. Wir haben so etwas wie einen Hochzeitstag. Ich schlage vor, dass wir diesen gebührend feiern. Was hältst du von nächstem Mittwoch? Bei mir zuhause? Zur üblichen Zeit?" Jürgen ergänzte noch, dass hinter dem letzten Wort noch viele Liebes-Emojis stehen würden.

Jürgens Stimme wurde, während er die Nachricht vorlas, mit jedem vorgelesenen Wort trauriger und frostiger. Es herrschte Totenstille im Raum. Jürgen unterbrach diese nach einigen Sekunden und fragte seine Frau: „Seit wann bist du wieder mit Wolfgang zusammen?"

Christina meinte daraufhin bockig: „Es reicht, Jürgen. Ich möchte das nicht vor unseren Freunden diskutieren. Dieses dumme Spiel ist für mich beendet. Wir sind hier nicht im Theater, und müssen uns nicht an ein Drehbuch halten. Ich möchte, dass du mir mein Handy wiedergibst, und wir sofort nach Hause fahren. Dann können wir über alles sprechen."

Er erwiderte kalt: „Du kannst fahren, wohin du willst, aber erst nachdem ich mit deinem Zweit-, oder ist er vielleicht doch dein Erst-Ehemann, egal, auf alle Fälle mit Wolfgang, mit dem du heute deinen ersten Hochzeitstag hättest feiern können, telefoniert habe.

Jürgen rief die App mit den Kontakten, die auf diesem Handy gespeichert waren, auf. Es war nur ein Eintrag mit dem Namen „Wolfgang" vorhanden. Er wählte diese Nummer und stellte das Handy auf laut. Jetzt konnte jeder im Raum das Gespräch mithören.

„Bitte, mach es nicht. Mach es einfach nicht. Es bringt doch nichts!", flehte Christina. Als Jürgen darauf nicht reagierte, setzte sie sich aufs Sofa und starrte traurig und resigniert ihren Mann an.

Bärbel wandte sich direkt an Jürgen, und forderte ihn auf, das Spiel zu beenden. Sie wurde durch die Stimme, die aus dem Handy erklang, unterbrochen. Bereits nach dem zweiten Klingelton hatte Wolfgang das Telefonat angenommen, und begrüßte vermeintlich seine Geliebte: „Ich habe nicht erwartet, dass du mich so schnell anrufst. Ich hatte gedacht, du schaltest dein Telefon am Abend immer aus. Umso besser. Kannst du reden?"

Jürgen beantwortete diese Frage: „Nein, sie kann zurzeit nicht reden. Hier spricht Christinas Ehemann, Jürgen, der sehr erstaunt ist, gerade erst erfahren zu müssen, dass seine Frau immer noch Kontakt zu Ihnen hält. Offensichtlich hat sie auch die Affäre mit Ihnen niemals beendet."

Wolfgang unterbrach ihn: „Hör zu, Jürgen, wir sollten das nicht am Telefon besprechen. Wann hast du Zeit, dass wir uns zu dritt zusammensetzen können, um diese unangenehme Situation im Sinne aller Beteiligten zu klären?"

Jürgen wandte sich an seine Frau, und forderte sie auf, dazu Stellung zu nehmen: „Warten Sie einen Moment, Wolfgang. Ich frage mal Ihre Geliebte, was sie dazu zu sagen hat." Dann drehte er sich zu Christina und richtete das Smartphone auf sie aus: „Meinst du Christina, es gibt zwischen uns noch etwas zu besprechen? Möchtest du vielleicht eine neue Paartherapie? Haben drei Monate nicht gereicht? Ich hatte dir doch am Flughafen, als du mit der Affäre mit Wolfgang im Gepäck nach Hause gekommen bist, gesagt, dass, wenn ich jemals herausfinden sollte, dass du den Kontakt zu ihm nicht abgebrochen hast, ich weg wäre. Ich stelle fest, du hast den Kontakt nicht abgebrochen. Warum hast du mir nicht vor unserer Hochzeit einfach gesagt, dass du lieber mit Wolfgang, als mit mir zusammenleben möchtest? Warum hast du mich in dem Wissen geheiratet, dass ich nicht dein einziger Ehemann sein werde. Dein Herz gehört offensichtlich nicht mir, sondern ihm, denn sonst hättest du mir nicht ein zweites Mal seinetwegen Hörner aufgesetzt."

Und, als ob er ihre Reaktion auf seine folgenden Sätze nicht erwarten konnte, fragte er sie süffisant: „Habe ich dir eigentlich schon erzählt, dass die beiden Mexikaner, die dich fast vergewaltigt hatten, von Wolfgang dazu für Geld beauftragt worden waren. Natürlich sollten sie dich nicht vergewaltigen, sondern, wenn Wolfgang dich retten würde, möglichst schnell zu Boden gehen. Er würde dann als dein Lebensretter dastehen, und konnte darauf hoffen, dass du dich bei ihm dafür so bedankst, wie du es schließlich getan hast, mit deiner Fotze. Wenn du mir nicht glaubst, dann frag dich doch mal, warum Wolfgang nicht wollte, dass der Angriff der Polizei gemeldet wird."

Jürgen wusste nicht wirklich, dass Wolfgang dieses Schauspiel initiiert hatte. Es war ihm spontan in den Sinn gekommen, Zweifel an Wolfgangs Heldentum bei seiner Noch-Ehefrau zu sähen. Er empfand diese kleine Rache als mehr als gerechtfertigt.

Aus dem Telefon versuchte Wolfgang zu intervenieren, indem er laut rief, dass Jürgens Anschuldigungen nicht stimmen würden.

Jürgen wandte sich seinen Freunden zu, und bat sie, für Christina ein Taxi zu bestellen. Erstaunt blickte Christina auf, und fragte ihn: „Wozu brauche ich ein Taxi? Wir haben doch ein Auto vor der Tür stehen."

Jürgen lächelte süffisant, als er sagte: „Das Taxi kann dich zu deinem Wunsch-Ehemann bringen, zu Wolfgang. Ich möchte euch doch nicht im Wege stehen, euren ersten Jahrestag heute feiern zu können. Ich selbst fahre gleich zu meinem ehemaligen Zuhause. Da dieses Heim deine Wohnung ist, werde ich heute noch anfangen, meine Sachen zu packen und vorübergehend in ein Hotel ziehen. Ich werde spätestens morgen früh gegen 10 Uhr deine Wohnung verlassen haben. Da morgen Montag ist, und du ja montags keinen Unterricht hast, brauchst du vielleicht auch nicht früher in deine Wohnung zu kommen. Falls doch, sag es mir bitte, und ich werde rechtzeitig vor deiner Ankunft weg bin."

Jürgen sprach noch einmal seine Freunde an: „Es tut mir leid, wie der Abend verlaufen ist. Das hatte ich so nicht erwartet. Meine Noch-Ehefrau hatte wohl nicht damit gerechnet, dass ihre Affäre auffliegen könnte, sonst hätte sie ja wohl diesem dummen Spiel nicht zugestimmt. Aber wahrscheinlich ist nicht das Spiel dumm, sondern ich bin es. Ich habe ihr ihre Schwüre und ihre Versprechen, dass sie die Affäre mit Wolfgang ein für alle Mal beendet hätte, geglaubt.

Bitte bestätigt es allen, die danach fragen, dass ich Christina nicht körperlich angegriffen habe, dass ich sie nicht geschlagen habe. Sie ist unversehrt zu dem Zeitpunkt, zu dem sie zu ihrem Geliebten chauffiert werden wird."

Jürgen führte Christinas Handy wieder an sein Ohr und fragte Wolfgang rhetorisch: „Sind Sie noch dran? Haben Sie alles mitbekommen? Sie können die Schlampe nun für immer haben. Ich gratuliere Ihnen noch einmal zu der Initiierung und Ihrer Regieleistung. Meine Frau vergewaltigen zu lassen, nur um ihr anschließend den Verstand herauszuvögeln, und sie von Ihnen abhängig zu machen, war eine Meisterleistung. Ich gratuliere Ihnen dafür. Ich hoffe, wir sehen uns niemals in die Augen, denn dann kann ich Ihnen für nichts garantieren." Damit beendete er das Telefonat.

Jürgen zog seinen Ehering ab und ging zu Christina, die ihn mit leerem Blick anschaute. Er hatte eigentlich damit gerechnet, dass seine Frau vor Scham oder Trauer weinen würde, aber da sah er sich getäuscht.

Jürgen hielt ihr das Handy hin, und als sie ihre Hand danach ausstreckte, ergriff er diese, und zog ihr den Verlobungs- und den Ehering ab. „Die brauchst du nicht mehr. Es gibt kein Symbol der Liebe mehr für uns beide. Dann fügte er mit einem sarkastischen Unterton hinzu: „Und überhaupt kann ich doch weder von dir noch von Wolfgang erwarten, dass ihr ständig daran erinnert werdet, dass ihr beide unsere Ehe zerstört habt. Zum Ausgleich gebe ich dir meinen Ehering. Wenn du magst, kannst du ihn ja Wolfgang geben, oder ihn einfach wegwerfen." Christina nahm den Ring wortlos entgegen, und schaute ihn an, als ob sie nicht verstehen würde, was gerade passiert, und was der Ehering ihres Mannes in ihrer Hand zu bedeuten hatte.

Jürgen nahm sein Handy vom Tisch. Er griff sich seinen Mantel, und verließ wortlos die Wohnung, und ohne sich zu Christina noch einmal umzusehen.

Nachwort

Für Christina waren „ihre" beiden Männer auf allen Ebenen vergleichbar. Sie war überzeugt, beide gleich zu lieben. Der Durchbruch in der Paartherapie kam allerdings erst, nachdem Christina, als die initiierende Kraft, während der Therapie wieder Kontakt zu Wolfgang aufgenommen hatte. Erst da meinte sie verstanden zu haben, dass sie es schaffen könnte, ihre beiden Lebensgefährten gleichzeitig lieben, und mit ihnen in zwei getrennten Welten leben zu können. So konnte sie sowohl ihren Verlobten davon überzeugen, dass er wieder ihre einzige Wahl war, und ihren Geliebten, dass er ihre erste Wahl war.

Sie hatte diese beiden Leben in einem, aus ihrer Sicht, perfekten Geheimnis eingebettet. Doch kein Geheimnis bleibt für immer geheim. Meist ist es der Zufall oder eine kleine Unachtsamkeit, die das Geheimnis ans Licht bringen.