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Die Beute

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Ihr Gesicht war von strenger, klassischer Schönheit. Dank ihrer makellosen Alabasterhaut und den fein geschnittenen Gesichtszügen erinnerte sie ihn an das Idealbild einer Aristokratin vergangener Epochen. Erstaunt stellte er fest, dass die Spuren, die das Kopfgeschirr auf ihrer Haut hinterlassen hatte, bereits verblasst waren.

Mit geschlossenen Augen sah sie sehr jung aus. Eric hätte sie - wäre sie ihm unter gewöhnlichen Umständen begegnet - auf höchstens 25 geschätzt. So aber stand er noch ganz unter dem Eindruck ihres uralten, beinahe hypnotischen Blicks. Er konnte kaum ermessen, was sie alles durchgemacht hatte, aber vermutlich war es dazu angetan, einen jeden vor der Zeit altern zu lassen. Ihrer faszinierenden Schönheit hatten die Tage, Wochen, oder vielleicht sogar Monate in Hartmanns Kerker jedoch nichts anhaben können.

Eric wurde sich erst bewusst, dass er seine Hand ausgestreckt und die Frau an der Wange berührt hatte, als sie die Augen aufriss und ihn misstrauisch musterte. Natürlich, in ihrer hilflosen Lage konnte sich ihre magnetische Anziehungskraft auf das andere Geschlecht im Handumdrehen in einen gefährlichen Nachteil verkehren. Verlegen deutete er mit einem Kopfnicken auf seine Armbanduhr.

„Wir verlieren Zeit. Lass' mich deine Fesseln lösen. Dreh dich bitte um!"

Durch seine betont zurückhaltende Art vorläufig beruhigt, wandte sie ihm stumm den Rücken zu. Eric widmete sich zuerst dem Schloss, dass die Schellen um ihre Handgelenke untereinander und mit der von ihrem Halsreif kommenden Kette verband. Noch während er arbeitete, begann er, seine brennende Neugier zu stillen.

„Wie heißt du?"

„Lisbeth Bathory."

„Wie lange bist du schon hier?"

Es gab eine lange Pause. Eric wollte die Frage schon wiederholen, als sie sie mit belegter Stimme doch noch antwortete:

„Das kann ich nicht sagen. Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor."

Eric schwieg betreten. Verbissen richtete er seine Aufmerksamkeit auf das widerspenstige Vorhängeschloss, bis es endlich aufsprang.

„Geschafft, gleich bist du frei", kommentierte er seinen Erfolg. Er musste nur noch den massiven Bügel des Schlosses aus den Ösen der Manschetten und dem Kettenglied drehen, dann konnte Lisbeth ihre Arme endlich sinken lassen. Sie tat es mit schmerzverzerrtem Gesicht, begleitet von einem unterdrückten Stöhnen. Nachdem ihre Handgelenke wer weiß wie viele Stunden in unnatürlicher Lage hoch zwischen ihren Schulterblättern fixiert gewesen waren, musste jede Bewegung eine Tortur sein. Es war sogar denkbar, dass sie dauerhafte Nervenschäden davongetragen hatte.

Eric fasste einen der kraftlos an ihrer Seite herabhängenden Arme und untersuchte die Stahlkugel, die ihre Faust umschloss. Er drehte ihr Handgelenk hin und her. Nur mit Mühe konnte er eine feine Naht entdecken, die um die Kugel herum verlief. Ihre Stimme riss ihn aus seiner Konzentration.

„Du blutest."

Lisbeth betrachtete seine verletzte Hand und leckte sich nervös über die Lippen. Tatsächlich hatte die Wunde an seinen Knöcheln leicht zu bluten begonnen.

„Nicht schlimm, bloß eine Schramme", wiegelte er ab. „Sag' mir lieber, wie ich diese Kugeln aufkriege."

„Man kann sie nicht öffnen. Die Sperrhaken zu all meinen Fesseln liegen unerreichbar im Innern des Metalls. Einmal angelegt, ist man darin für immer gefangen. Du musst sie zerstören, um mich zu befreien."

Eric starrte sie entsetzt an. Fast noch mehr als die Ungeheuerlichkeit dessen, was Hartmann ihr angetan hatte, erschreckte ihn der nüchterne Tonfall, mit dem sie ihre Situation diskutierte. Andererseits hatte Lisbeth sich vermutlich schon seit längerer Zeit mit dem Gedanken anfreunden müssen, auf Dauer ihrer Hände beraubt zu sein. Da Hartmann offensichtlich nicht beabsichtigt hatte, sie lebendig wieder laufen zu lassen, handelte es sich tatsächlich nicht einmal um das Vordringlichste ihrer Probleme. Immerhin schien sie sich im Angesicht ihrer Rettung erfreulich schnell von den physischen und psychischen Traumata ihrer Gefangenschaft zu erholen.

„Mach dir keine Sorgen. Wir werden eine Lösung finden, wenn du erst hier raus bist", versicherte Eric und drückte ihre Schulter. „Es tut mir unendlich Leid, was dir angetan wurde. Warum machen Menschen so etwas?"

„Warum sie jemanden in einen Käfig sperren?"

Die unerwartete Gegenfrage brachte Eric aus dem Konzept. Eigentlich hatte er mit seiner Plattitüde nur Empathie zeigen wollen. Hilflos zuckte er mit den Schultern.

„Das alles hier habe ich gemeint. Hartmann ist ein gemeingefährlicher, kranker Perverser. Aber er wird für seine Verbrechen zur Rechenschaft gezogen und seine gerechte Strafe bekommen, dafür werde ich sorgen."

„Du täuschst dich, er ist nicht krank! Eindeutig gefährlich, zweifellos pervers, aber nicht krank. Im Gegenteil, er hat sogar versucht, mich zu heilen!" Lisbeth machte eine abfällige Geste in Richtung der Laborausrüstung. „Und für seine Bestrafung sorge ich schon selbst."

Ihr Gesichtsausdruck jagte Eric einen kalten Schauer über den Rücken. Er konnte ihren Worten zwar nicht ganz folgen, aber seine Befürchtung, dass Lisbeth während ihrer langen Gefangenschaft ein Stockholm-Syndrom entwickelt haben könnte, hatte sie widerlegt. Im Gegenteil, er wollte nicht in Hartmanns Haut stecken, wenn Lisbeth ihre Drohung wahr machen sollte. Bevor Eric etwas erwidern konnte, fuhr sie fort:

„Aber um auf deine Frage zurückzukommen, wie so oft wird die einfachste Erklärung gerne übersehen: Man sperrt eine Person ein, um sie zu bestrafen und die Gesellschaft vor ihr zu schützen."

Ihre katzenhaften Augen funkelten ironisch, dann lächelte sie maliziös und entblößte zwei Fangzähne. Eric stockte der Atem. Ansatzlos versetzte sie ihm mit ihrem Ellbogen einen Kinnhaken, so dass er benommen nach hinten kippte und mit dem Hinterkopf hart auf den Boden aufschlug. Mit einem Satz sprang sie auf ihn und fixierte seine schwach um sich schlagenden Arme mit ihren Unterschenkeln. Ihr linker Unterarm zwang seinen Kopf zur Seite und presste ihn mit unwiderstehlicher Gewalt auf die kalten Fliesen. Aus den Augenwinkeln verfolgte er, wie Lisbeth sich zu ihm herab beugte. Dann spürte er ihre Lippen an seinem Hals. Mit aufreizender Langsamkeit fuhr ihre Zunge seinen Hals entlang zum Ohr. Ihre Stimme war nicht mehr als ein laszives Flüstern:

„Danke für deine Hilfe, Eric Rennfeld. Ich weiß nicht, ob es in deinem Leben eine Frau gibt, die auf deine Rückkehr wartet, aber jetzt wäre es an der Zeit, dein 'Ch'ella mi creda' anzustimmen ..."

Im nächsten Moment durchzuckte ihn ein gewaltiger Schmerz, als sie ihre Zähne tief in seinen Hals schlug. Als Letztes fühlte er noch, wie sie gierig sein Blut trank, dann schwanden ihm endgültig die Sinne.

Epilog

Nach einer Ewigkeit ohne echtes Menschenblut kostete es sie schier unendliche Überwindung, aber schließlich ließ Lisbeth von Eric ab. Sie leckte sich die Lippen und genoss die lange entbehrte, berauschende Energie, die endlich wieder ihren Körper und Geist durchströmte.

Lisbeth erhob sich in einer elegant fließenden Bewegung. Mit einem Stirnrunzeln musterte sie die Stahlkugeln, die ihre Hände gefangen hielten. Sie nahm seitlich neben der nächstgelegenen Wand Aufstellung, spreizte die Beine, senkte den Kopf und verharrte so einige Sekunden mit geschlossenen Augen in tiefer Konzentration. In einem Ausbruch kontrollierter Gewalt ließ sie ihren rechten Arm gegen die Mauer schwingen. Begleitet von einem infernalischen Krachen traf das Metallgefängnis ihrer Faust auf den Stahlbeton der Wand. Wieder und wieder schlug sie ihre Hand mit übermenschlicher Wucht und Präzision gegen die Betonwand ihres Kerkers.

Die Stahlkugel erwies sich dieser Behandlung auf Dauer nicht gewachsen. Zuerst bekam sie Dellen, dann verformte sie sich, schließlich sprang sie entlang der Naht ihrer beiden Hälften auf. Dann kapitulierte der Schließmechanismus endgültig und gab Lisbeths zerschundene Faust frei. Sie konnte ein Stöhnen nicht unterdrücken, als sie zum ersten Mal seit Jahren wieder ihre Finger ausstreckte. Es dauerte ein paar Minuten, bis sie die Hand wie gewohnt bewegen konnte. Während dieser Zeitspanne waren auch ihre oberflächlichen Wunden wieder verheilt.

Wenig später hatte Lisbeth auch ihre linke Hand befreit. Für ihren Halsreif und die breiten Stahlbänder um Hand- und Fußgelenke, die ihre Gliedmaßen ohne jedes Spiel eng umschlossen, musste sie eine andere Lösung finden. Allerdings konnte das noch warten. Tatsächlich spielte sie mit dem Gedanken, ihre Sklavenfesseln als Memento weiterhin zu tragen, solange sie nicht mit Hartmann in gleicher Münze abgerechnet hatte. Bis dahin waren noch einige Vorbereitungen zu treffen. Hartmann war ein Gegner, den man keinesfalls unterschätzen durfte. Diesen Fehler hatte sie in Bezug auf seinen Vater begangen, um ihn danach viele Jahrzehnte lang zu bereuen. Damals wusste sie allerdings auch noch nicht, dass sie es mit einem Enkel van Helsings zu tun hatte.

Lisbeth beugte sich wieder zu Eric herunter. Befriedigt stellte sie fest, dass er noch atmete. Dank seiner Kenntnisse und Fähigkeiten konnte er bei ihren Racheplänen eine wichtige Rolle spielen. Sie selbst hatte die letzten Jahrzehnte als Gefangene in einem Kellerverlies verbracht, sie brauchte jemanden, der ihr dabei half, sich in der Außenwelt zurecht zu finden. Der spezielle Rapport zwischen einem neu geschaffenen Vampir und seinem Schöpfer würde Eric keine andere Wahl lassen, als ihr zu Diensten zu sein.

Mit ihren rasiermesserscharfen Fingernägeln ritzte sie sich am Handgelenk unterhalb der Metallmanschette und ließ den einsetzenden Blutstrom in Erics halb geöffneten Mund rinnen. Anschließend setze sie sich im Schneidersitz neben ihn, um die Vollendung seiner Verwandlung abzuwarten. Wenn die langen Jahre in Hartmanns Gewalt sie eines gelehrt hatten, dann war es Geduld. Sie würde sich für ihre Rache viel Zeit nehmen; Reinhard Hartmann würde weder das Wann noch das Wo ihres nächsten Zusammentreffens kennen -- nur wissen, dass es unausweichlich war.

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2 Kommentare
KatschiBlnKatschiBlnvor etwa 3 Jahren

Guter Anfang.... Gerne mehr

AnonymousAnonymvor etwa 3 Jahren

Liest sich sauber und flüssig, gerne mehr davon

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