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Die Erbschaft

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„Sag es mir."

„Es sind ausschließlich Pornos. Aber nicht einfache, ich möchte mal sagen normale Pornos, die man sich problemlos jederzeit im Internet ansehen kann. Es sind ausschließlich solche mit Mädchen, die nicht älter als zwölf, höchstens vierzehn Jahre sind. Das besonders Widerliche bei diesen Sachen ist, dass es nicht nur anonyme Pornos aus dem Netz sind, sondern vielfach eindeutig selbst hergestellte. Mehrfach ist der Mann, den du als deinen Vater kennengelernt hast, darauf zu erkennen. Oft sogar zusammen mit anderen Männern. Auch Frauen haben dabei mitgemacht. Auch deine..."

„Hör auf, Wilhelm, hör bitte auf. Ich ertrag das nicht. Diese Schweine, diese Verbrecher. Wenn sie nicht schon tot wären würde ich sie eigenhändig ermorden."

„Entschuldige, Sandra. Ich wollte es dir nicht sagen. Aber du hast mich gedrängt."

„Ist schon gut. Mein Gott, in was für einer Familie bin ich da aufgewachsen. Ich kann es nicht fassen. Und keiner hat irgendetwas mitbekommen? Keiner hat etwas gesagt? Man muss doch wissen, was das für arme Mädchen gewesen sind. So etwas kann man doch auf die Dauer nicht verheimlichen."

„Wärest du damit einverstanden, wenn ich diese ganzen Sachen der Staatsanwaltschaft übergebe? Einige der Videos scheinen ziemlich neu zu sein. Vielleicht können einige der beteiligten Männer und Frauen doch noch zur Rechenschaft gezogen werden."

„Unbedingt. Denen muss ganz schnell das Handwerk gelegt werden."

Sandra war schon lange an der Grenze dessen angelangt, was sie vertragen konnte. Sie war erschüttert, verzweifelt und entsetzt. Und wie froh war sie, dass sie damals Hals über Kopf das Haus verlassen hat. Wenn sie daran dachte, dass sie vielleicht auch eines dieser Mädchen geworden wäre, wenn sie nicht von zu Hause ausgerissen wäre, dann war alles das, was sie in dem einen Jahr danach erlebt hat, ein reines Sanatorium gewesen.

Wilhelm sah, wie sie zitterte, wie sie sich kaum noch zusammennehmen konnte, wie ihre Augen entsetzt blickten und feucht geworden waren. Er hatte schon gewusst, warum er Sandra damit verschonen wollte. Aber jetzt wusste sie es und er überlegte nur noch, wie er ihr helfen konnte. Gerne hätte er sie jetzt in den Arm genommen, um sie zu trösten. Doch bis jetzt hat es noch nie irgendeine Art von körperlicher Annäherung gegeben.

Mit einem Ruck setzte sich Sandra auf.

„Ich muss jetzt gehen, Wilhelm. Entschuldige. Ich muss jetzt alleine sein. Bringst du mich nach Hause?"

Im Auto saß Sandra zusammengesunken neben Wilhelm und sprach kein Wort. Auch Wilhelm fand es nicht angemessen, mit ihr jetzt ein nichtssagendes Gespräch zu führen. Er war sich bewusst, dass sie das, was er ihr gerade gesagt hatte, erst einmal verarbeiten musste.

Vor ihrer Haustür blieb sie noch in seinem Auto sitzen, ehe sie ausstieg. Auch Wilhelm stieg aus.

„Geht es wieder, Sandra?"

„Ja. Es geht. Es muss ja gehen. Alles ist gut."

„Schlaf schön, Sandra. Ich melde mich in den nächsten Tagen, wenn ich etwas Neues erfahren habe."

Für Wilhelm völlig überraschend griff sie nach seinen Händen und drückte sie.

„Trotzdem danke, Wilhelm. Danke, dass du mir alles gesagt hast."

Aus einem inneren Impuls heraus drückte sie sich plötzlich an Wilhelm und umarmte ihn. Auch er legte seine Arme um sie. Sie zog ihn an sich, legte ihren Kopf an seine Brust. Plötzlich spürte Wilhelm ihre Lippen auf seinen. Der Kuss war kurz und heftig, ehe sie sich schnell wieder von ihm löste und in ihrer Haustür verschwand.

Völlig überrascht blieb Wilhelm an seinem Auto stehen. Was war das eben? Hat er geträumt? Dieser kurze, aber innige Kuss hat ihn fast aus der Bahn geworfen. Noch jetzt spürte er ihre feuchten, warmen Lippen auf seinen und ihre feuchte Zunge in seinem Mund. Das erste Mal hat er diese wunderschöne Frau mit ihrem so herrlichen Körper an seinem gespürt. Dieser weiche, so frauliche Körper, diese vollen, festen Brüste, die sich an seine Brust gepresst haben. Sie waren sich schon so vertraut, aber dass das einmal passieren würde, hat er doch nicht vermutet, nur gehofft. Es war viel zu kurz gewesen. Leider ist sie viel zu schnell verschwunden.

Sandra brauchte noch lange, um nicht dauernd daran denken zu müssen, was Wilhelm ihr alles erzählt hat. Nahm das alles überhaupt kein Ende? Worauf hat sie sich da eingelassen? Und welche Lawine hat sie losgetreten. In dieser Nacht hat sie kaum ein Auge zugetan. Geschlafen hat sie kaum. Und was war in sie gefahren, dass sie Wilhelm geküsst hat? Ist sie wahnsinnig gewesen? Ein kurzer, freundschaftlicher Kuss auf die Wange hätte es doch auch getan. Sie wusste nicht, warum es gerade heute passiert ist, aber sie wusste, dass es irgendwann einmal passieren würde. War es wirklich unbewusst oder hat sie sich nicht in Wirklichkeit schon lange nach seinen Lippen gesehnt?

An den nächsten Tagen erreichte sie Wilhelm nur kurz auf seinem Handy. Er war wieder unterwegs und konnte ihr immer nur sagen, dass er die letzten Unklarheiten fast aufgeklärt hat und dass sie sich noch etwas gedulden soll. Sandra war schon lange nicht mehr in der Lage, sich auf ihre eigentliche Arbeit zu konzentrieren. Fast alles hatte sie ihrer Mitarbeiterin übergeben, die sich schon seit Wochen kopfschüttelnd wunderte, was mit ihrer Chefin los ist. Aber auf keine ihrer Fragen bekam sie eine Antwort.

Endlich war Wilhelm wieder zurück und rief sie an.

„Hallo, Sandra. Ich bin wieder zurück. Können wir uns heute Abend irgendwo treffen?"

„Natürlich. Ich bin gespannt. Bist du erfolgreich gewesen?"

„Ich glaube, wir können das Kapitel abschließen. Ein paar Kleinigkeiten muss ich noch klären, aber die sind unwichtig. Ich bin mir jetzt sicher, wie sich alles abgespielt hat."

„Ich kann es kaum erwarten. Wo und wann treffen wir uns? Gehen wir ein Glas Wein trinken?"

„Ich glaube, das ist alles nichts für eine öffentliche Gaststätte. Ich möchte, dass wir unter uns bleiben. Wie wär's, wenn du in mein Büro kommst? Du weißt ja, dass ich dort auch eine gemütliche Ecke habe."

„Das kann ich natürlich. Und wann?"

Mit der Uhrzeit, die Wilhelm ihr vorschlug, war sie sofort einverstanden. Sie wäre auch sofort losgefahren. Sie war aufgeregt und nervös. Doch warum eigentlich in seinem Büro? Er könnte doch auch zu ihr kommen. Nur ein einziges Mal war er in ihrer Wohnung gewesen. Es war das erste Mal gewesen, dass sie sich gesehen hatten und sie ihm den Auftrag erteilt hat. Dann konnten sie die ganze Geschichte genauso gut auch bei ihr zuhause beenden. Sie griff zum Handy und rief ihn noch einmal an.

„Hier ist noch mal Sandra. Hast du was dagegen, wenn ich nicht zu dir komme, sondern du zu mir? Bei mir ist es auch gemütlich und ich habe auch eine schöne Flasche Wein."

„Einverstanden. Wenn es dir nichts ausmacht."

„Überhaupt nichts. Ich freue mich darauf und bin gespannt."

Sandras Nervosität und Aufgeregtheit verschwanden den ganzen Nachmittag nicht.

Sie ging in ihrer kleinen Wohnung auf und ab ohne einen klaren Gedanken fassen zu können. Sie räumt noch etwas auf, obwohl es nichts aufzuräumen gab. Sie hat das unklare Gefühl, dass sich heute Abend alles klären wird und dass sie diese unselige Geschichte endlich abschließen konnte. Wie lange es dauern wird, bis sie tatsächlich darüber hinwegkommt, wusste sie nicht. Sie wird sicher sehr viel Zeit dafür brauchen. Wahrscheinlich wird sie wohl eine längere Auszeit nehmen müssen und irgendwohin verreisen, um auf andere Gedanken zu kommen. Zum ersten Mal nach langer Zeit war sie froh, dass sie alleine lebte und ihre Sorgen und Ängste nicht noch mit einem Partner teilen musste.

Wie immer, wenn sie abends etwas vorhat, machte sich Sandra auch für diesen Abend ausgiebig zurecht. Sie duschte sich lange, wusch sich die Haare. Während sie sich die Haare föhnte und versuchte, ihre langen Haare in Form zu bringen, betrachtete sie sich in dem großen Spiegel. Sie konnte sich noch genau erinnern, was für ein spindeldürres Mädchen sie gewesen war, als sie von den beiden jungen Studentinnen aufgegriffen worden ist. Wie lange war das jetzt schon her. Diese beiden Frauen sind noch jetzt ihre besten Freundinnen und sind bis heute die Einzigen, die wirklich wissen, was damals mit ihr passiert war. Jetzt sah sie in dem Spiegel eine junge, attraktive Frau, die sich nicht einer einzigen Stelle ihres herrlichen, wohlproportionierten Körpers zu schämen brauchte. Mit ihren 1.75 fand sie sich manchmal ein bisschen groß. Doch eigentlich stimmte alles. Die wunderschönen schlanken langen Beine, der flache Bauch, die runden, aber straffen Hüften und der feste Po. Stolz war Sandra auf ihre wohlgeformten und so festen Brüste. Nur wenig hingen sie nach unten. Die hellbraunen Warzen krönten keck ihre Spitzen. Auch mit ihrem Gesicht war sie sehr zufrieden. Sie wusste, dass sie ein Blickfang für Männer war und genoss immer wieder die Aufmerksamkeiten, die man ihr entgegen brachte. Sie versuchte alles dafür zu tun, dass es so blieb. Die Blicke, mit denen Wilhelm sie immer wieder ansah, waren ihr auch nicht verborgen geblieben und ihr war auch nicht entgangen, dass er nicht nur einen Blick in ihr meistens sehr tiefes Dekolleté warf. Aber das alles hat Sandra nie gestört. Wenn es sie gestört hätte, hätte sie sich etwas anderes angezogen.

Ehe sich Sandra die für den Abend passende Garderobe aussuchte, kümmerte sie sich noch etwas um ihren Schambereich. Regelmäßig beseitigte sie die nachgewachsenen Stoppeln ihres normalerweise dichten blonden Buschs. Wie immer ließ sie einen kleinen Streifen, der keck ihre enge Spalte verlängerte, stehen. Zum Schluss rieb sie sich mit einer wohlriechenden Lotion ein.

Doch war sollte sie heute anziehen? Ihr reichlich gefüllter Kleiderschrank bot für jeden Anlass etwas. Es waren passende Kleider und Kostüme für die tägliche Arbeit in ihrem Studio, legere Kleider für die Freizeit, natürlich Jeans und Hosen in allen Farben. Dazu Blusen, Tops und Pullover. Heute entschloss sie sich für ein leichtes, ärmelloses schwarzes, schmales Kleid, das ausnahmsweise mal nicht tief ausgeschnitten, sondern fast hoch geschlossen war. Aber es betonte wunderbar ihre Figur und passte wunderbar zu ihrer Größe. Der Rock des Kleides war kurz und endete einige Zentimeter über ihren Knien. Sie konnte sich mit ihren wunderschönen langen und schlanken Beinen diese kurzen Röcke leisten. Sandra dachte nicht darüber nach, warum sie gerade heute so viel Aufmerksamkeit auf ihre Kleidung legte. Vielleicht war es doch der besondere Anlass. Ihr fiel auch nicht auf, dass sie auch bei der Auswahl ihrer Unterwäsche besonders sorgfältig und wählerisch war. Schließlich entschied sie sich, passend zu der Farbe ihres Kleides, zu einem knappen schwarzen Slip und einem schwarzen BH, von dem sie wusste, dass er ihren vollen Brüsten unter ihrem engen Kleid eine wunderschöne Form gab. Nachdem sie sich angezogen hatte, machte sie noch etwas Kosmetik. Etwas Rouge auf die Wangen, etwas Lidschatten, Wimperntusche, Lippenstift, ein leichtes Parfüm. Mehr braucht sie nicht. Sandra war selbst überrascht, wie ungewöhnlich lange sie heute gebraucht hat. Aber es hat ihr gut getan und sie fühlte sich wohl. Die Nervosität, die sie den ganzen Tag gespürt hatte, war fast weg.

Kaum war sie fertig, klingelte es und Wilhelm stand in der Tür. Seit ihrer letzten und etwas ungewöhnlichen Verabschiedung hatten sie sich nicht mehr gesehen. Wieder konnte es Wilhelm nicht lassen, ihr einen großen Blumenstrauß mitzubringen. Sandra hat sich schon abgewöhnt, dagegen zu protestieren. Es hätte keinen Sinn gehabt.

Kaum saßen sie sich in ihrem kleinen Wohnzimmer gegenüber und hatten den ersten Schluck getrunken, kam Sandra sofort zur Sache.

„Bist du zu einem Ergebnis gekommen? Weißt du jetzt, was alles passiert ist?" wollte sie wissen.

„Ja. Aber mal langsam. Erst einmal trinken wir noch etwas. Du siehst übrigens wieder bezaubernd aus, Sandra. Wenn ich etwas jünger wäre..."

„Lass das, Wilhelm. Trotzdem danke für das Kompliment. Dazu sind wir aber heute nicht hier."

„Also gut. Für mich gibt es keine Unklarheiten mehr. Ein paar Kleinigkeiten vielleicht noch, die aber nicht so wichtig sind."

„Dann erzähl mal. Du warst wieder so lange weg. Ich kann es kaum erwarten, endlich alles zu erfahren."

„Das wird aber wieder nicht so sehr erfreulich sein. Bis auf eine Ausnahme. Aber davon zum Schluss."

Nach einer längeren Pause, in der Sandra Wilhelm, der mit geschlossenen Augen in seinem Sessel saß, ansah, sammelte sich Wilhelm. Wo sollte er anfangen? Was war jetzt das Wichtigste? Endlich richtete er sich auf und sah Sandra an.

„Mit deiner allerersten Vermutung hattest du Recht. Du bist wirklich adoptiert worden. Es war, wie du dir denken kannst, nicht ganz einfach, den tatsächlichen Beweis zu erbringen. Ich berichte mal der Reihe nach, was passiert ist. Du kannst mich jederzeit unterbrechen oder dir auch alles erst einmal anhören. Der Einfachheit halber spreche ich weiter von den Leuten, die dich adoptiert haben und bei denen du aufgewachsen bist, als von deinen Eltern, auch wenn es mir selber, nach allem, was ich erfahren habe, schwer fällt, sie so zu bezeichnen. Dass dein Adoptivvater höherer Stasioffizier gewesen ist, weißt du schon. In dieser Eigenschaft hat er diese so genannte staatsgefährdende Gruppe beobachten und observieren lassen. Das gipfelte in einem Prozess und einer langjährigen Haftstrafe für die Beteiligten. Das Paar um das es hauptsächlich ging, hießen Constanze und Rolf. Beide wurden zu zehn Jahren Haft verurteilt. Übrigens waren sie nicht verheiratet. Schon in der Untersuchungshaft bemerkte Constanze, dass sie schwanger ist. Trotz ihrer Schwangerschaft musste sie die Haft antreten. Von Rolf, dem Vater des Kindes, wurde sie sofort nach dem Prozess getrennt. Entbunden hat Constanze im Haftkrankenhaus unter strengster Geheimhaltung. Schon als die Schwangerschaft sichtbar geworden ist, wurde sie von den anderen Häftlingen separiert. Das, was jetzt folgt, ist ein Verbrechen, dass bis heute ungesühnt ist. Sofort nach der Entbindung, die unter Vollnarkose stattfand, wurde ihr das Kind weggenommen. Als Constanze wieder bei Bewusstsein war, wurde ihr gesagt, dass das Kind tot ist."

„Oh, mein Gott" entfuhr es Sandra. „Ist das wirklich wahr? Die arme Frau."

„Ja. Die arme Frau. Aber sie konnte nichts machen. Sie wusste es nicht anders. Das Kind lebte aber und es musste jetzt offiziell registriert werden. Dafür gab es in dem Haftkrankenhaus, also im Gefängnis, ein geheimes Standesamtes. Ich habe lange gebraucht, um dieses Standesamt ausfindig zu machen und an die offiziellen Unterlagen heranzukommen. In diesem Standesamt wurden alle Todesfälle und alle Geburten, die in dem Gefängnis vorkamen, registriert und amtlich erfasst. Vor allem Todesfälle waren in dem Zuchthaus an der Tagesordnung. Irgendwie musste nach der Geburt für das Kind gesorgt werden. Es hätte in ein Heim gegeben werden können. Aber für dieses Kind war schon lange vorher etwas anderes vorgesehen. Es wurde ausgerechnet von dem Ehepaar adoptiert, das Constanze und Rolf hinter Gitter gebracht hat. Damit hatte das Kind ganz offiziell Eltern, deine Adoptiveltern. Keiner hat etwas gemerkt und keinem ist irgendetwas aufgefallen. Es schien alles ganz offiziell zu sein."

„Und Rolf, der Vater des Kindes?"

„Er war der Einzige, der von Constanzes Schwangerschaft gewusst hat und wollte natürlich zu gegebener Zeit wissen, was aus dem Kind geworden ist. Natürlich wurde ihm nicht die Wahrheit gesagt. Auch für ihn war es eine Todgeburt. Er wurde gewaltsam ruhig gestellt. Diese und viele andere Schikanen hat er nicht lange ausgehalten und sich nach einem Jahr im Zuchthaus das Leben genommen."

Sandra standen die Tränen in den Augen, als sie das hörte. Ihr Vater, den sie nie kennen lernen durfte, hat sich das Leben genommen. Sie konnte es nicht fassen. Doch sie konnte jetzt nicht losheulen. Sie musste alles wissen. Sie musste sich zusammenreißen.

„Und meine Mutter? Meine richtige Mutter? Was ist aus ihr geworden?"

„Dass ihr Kind bei der Geburt nicht gestorben ist, hat sie ungefähr zwei Jahre später erfahren. Du kannst nicht wissen, weil du dafür noch viel zu jung bist, dass noch vor der Wiedervereinigung alle politischen Gefangenen frei gelassen wurden. Im Zuge dieser Amnestie hat Constanze Einsicht in ihre Gefängnisakten nehmen können. Aus denen hat sie erfahren, dass ihre Tochter die Entbindung gesund und munter überstanden hat. Ihr war es aber nicht möglich rauszukriegen, was aus ihr geworden ist. Diese Akten waren alle verschwunden. Wir beide wissen, wer sie entwendet hat und wo sie abgeblieben sind. Aus diesen Unterlagen hat sie auch erfahren müssen, dass sich Rolf im Zuchthaus das Leben genommen hat."

„Oh Gott, die arme Frau" stöhnte Constanze ein ums andere Mal auf. „Und mehr hat Constanze nie erfahren?"

„Nein, mehr hat die arme Frau nie erfahren."

Das war schon wieder alles fast viel zu viel für Sandra. Ihr Vater tot, die Mutter weiß nicht, wo ihre Tochter abgeblieben ist und dann noch diese Torturen, die sie auszustehen gehabt haben.

„Diese Schweine, diese gottverdammten Schweine und Verbrecher" stöhnte sie nur immer wieder. Nur langsam konnte sie sich erholen. Wilhelm setzte sich zu ihr auf die Couch, legte seinen Arm um sie und versucht sie zu trösten.

„Versuch dich zu beruhigen, Sandra. Jetzt wissen wir wenigstens über alles Bescheid. Ich weiß, dass es schwer für dich ist."

„Ist schon gut, Wilhelm. Ich habe es nicht anders gewollt. Ich habe aber diese Gewissheit gebraucht. Jetzt habe ich sie. Ich werde damit schon irgendwie klarkommen."

„Zwei Sachen habe ich noch, Sandra. Vielleicht ist das nicht mehr so wichtig. Ich bin auch nachgegangen, wo das ganze Geld auf dem Schweizer Konto herkommt. Auch darüber war man in dem Zentralarchiv einigermaßen informiert. Es gibt eine ausländische Bank, bei der wahrscheinlich das heimliche Vermögen der Stasi und der Partei gebunkert ist. Aus diesem Vermögen bekommen ehemalige höhere Angehörige dieses Vereins eine Art Entschädigung oder Apanage. Wie du willst. Daraus haben sie wohl für deine Betreuung das Geld bekommen. Das schließe ich daraus, dass diese Gelder nicht mehr geflossen sind, nachdem du dich aus dem Staub gemacht hast. Das andere Geld, auch die Beiträge für die Lebensversicherungen ist bis zu ihrem Tod geflossen."

„Diese Mistkerle. Da werden diese Verbrecher noch bis zu ihrem Lebensende versorgt und können in Saus und Braus leben. Es ist nicht zu fassen."

„Ja. Das ist wirklich nicht zu fassen. Aber niemand kann dagegen etwas tun. Man kommt an die Banken nicht ran und jeder kann Geld bekommen von wem er will. Es wird schwierig werden, an das Geld bei der Schweizer Bank heranzukommen. Aber unmöglich ist es nicht. Du bist ja die Alleinerbin und das müssen auch die akzeptieren. Darum wird sich dein Anwalt kümmern. Aber ich habe noch etwas anderes erfahren, was dich jetzt vielleicht gar nicht mehr erschüttern wird. Diese beiden waren nicht einen Tag in ihrem Leben verheiratet."

„Aber wieso denn das? Sie hatten doch den gleichen Namen."

„Das ist richtig. Die Namen stimmen auch. Aber den gleichen Namen hatten sie nicht, weil sie verheiratet, sondern weil sie Geschwister waren."

„Ach du Scheiße. Auch das noch. Hört das denn gar nicht auf? Aber sie haben doch wie ein Ehepaar zusammen gelebt und haben auch zusammen geschlafen. Hat das denn keiner gewusst?"

Wilhelm zuckt nur mit den Achseln.

„Und wenn? Scheinbar hat es niemanden interessiert."

Sandra konnte wieder nur den Kopf schütteln. Sie fand es widerlich und abscheulich. Aber so richtig interessierte sie das jetzt auch nicht mehr.

„Wegen der Videos und der Bilder auf den Computer habe ich übrigens ganz offiziell Anzeige erstattet. Der Computer ist schon abgeholt worden und wird entsprechend ausgewertet."

„Danke. Ich hoffe, dass diese Schweine hinter Gittern versauern und nie wieder einem Mädchen etwas antun können. Ich weiß nur zu gut, was sie diesen armen Mädchen angetan haben."

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