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Die Macht des Drachens

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„Du meinst, wenn nicht mehr der Kopf denkt?", lacht er auf.

„So ein Bauerntölpel ganz bestimmt."

Nur gut, dass sie sich meinen Kopf darüber zerbrechen, was ich machen könnte. Wo ich noch gar nicht so weit überlegt habe, was aus mir werden soll, scheint die beiden da unten meine Zukunft ganz schön brennend zu interessieren. Ich muss in meinem Versteck, hoch oben, belustigt grinsen.

Nun vernehme ich auch das Geräusch von Schritten. Offenbar ist eine größere Zahl von Soldaten dazu eingeteilt worden, nach mir zu suchen. Das hatte ich bereits erwartet. Es hätte mich eher gewundert, wenn dem nicht so wäre. Ich bin dem König zu wichtig. Als einzige Frau unter diesen speziell ausgebildeten Kriegern, welche für die waghalsigsten Aufträge ausgebildet wurden, bin ich dem König mit Sicherheit ausgesprochen wichtig. Warum er mich trotzdem immer schlechter behandelt hat, als meine männlichen Kollegen, ist mir allerdings nach wie vor ein Rätsel. Ich will mir auch nicht ausmalen, was passiert, sollten sie mich finden und zurück ins Schloss schleifen. Dann Gnade mir Gott!

Ich verhalte mich ganz still auf meinen Baum, wage es kaum zu atmen und beobachte angespannt die Situation. Trotz der vielen Soldaten am Boden fühle ich mich hier oben allerdings sicher. Sie gehören zur normalen Truppe und würden wohl nie auf die Idee kommen, ich könnte hoch über ihnen auf einem Ast sitzen und alles beobachten. Aber auch, wenn sie es wüssten, könnten sie nicht jeden einzelnen Baum hochklettern, um nachzuschauen.

„Die Kleine soll ja echt hübsch sein", meint einer der beiden von vorhin.

„Ich habe ja vorhin gesagt, sie ist heiß."

„Ich hätte da eine Idee, sollte es uns gelingen sie zu fangen. Zur Belohnung könnte sie uns der König ja für eine Nacht überlassen. Ich wüsste genau, was ich mit ihr anstellen könnte."

„Eine ganze Nacht, da wüsste ich auch einiges."

Beide lachen schmutzig. Offenbar träumen sie schon davon, mich zu erwischen und als Helden dazustehen. So leicht aber lasse ich mich nicht fangen, nicht von einfachen Soldaten. Diese setzen ihre Suche offenbar fort. Ich bekomme mit, wie sich die Schritte und die Stimmen immer mehr von mir entfernen. Langsam entspanne ich mich wieder und schlafe auch bald wieder ein. Natürlich ist es auch weiterhin nur ein sehr leichter Schlaf.

Kapitel 3

Am Nachmittag wache ich auf. Es hat offenbar keine weiteren Zwischenfälle mehr gegeben, sonst wäre ich garantiert früher aus dem Schlaf geschreckt. Dank der Entspannung fühle ich mich ausgeruht. Ich muss jetzt aber weiter. Ich habe schon einiges an Zeit verloren.

Vorsichtig klettere ich vom Baum wieder herunter, ordne meine Kleider und den Rucksack. Beides ist in der Zwischenzeit weitgehend trocken. Nur einige Kleider im Rucksackinneren sind noch ein wenig feucht, aber darum kümmere ich mich, sobald ich in Sicherheit bin.

Ich mache mich zügig auf den Weg. Dabei halte ich Augen und Ohren weit offen. Ich will vermeiden, auf weitere Soldaten zu treffen. Sie sind zwar schon vor einiger Zeit vorbeigezogen, man kann aber nie wissen. Die Suche läuft bestimmt noch auf Hochtouren.

Mein Magen knurrt, aber mehr als ein paar Beeren, die ich entlang des Weges hastig mitgehen lasse, kann ich nicht essen. Natürlich könnte ich ein Tier jagen. Das Problem dabei ist aber, ich kann kein Feuer machen, um es zu braten und rohes Fleisch ist mir zuwider.

Einige Männer, die die gleiche Ausbildung wie ich durchlaufen haben, essen bewusst rohes Fleisch. Unsere Ausbilder haben uns immer wieder dazu animiert und gemeint, es würde helfen, noch mehr Muskeln und damit Kraft aufzubauen. Ich dagegen glaube, es ist wie bei Hunden, zu viel rohes Fleisch macht aggressiv. Ich habe mich zurückgehalten und lieber auf eine Mahlzeit verzichtet. Von den Ausbildern war es vermutlich gewollt, dass wir noch etwas aggressiver werden, damit wir nicht lange nachdenken, wenn wir jemand töten müssen. Mit Aggressionen im Bauch läuft man allerdings auch Gefahr, unvorsichtig zu werden.

Plötzlich wird es still um mich herum. Menschliche Laute habe ich auch vorher nicht gehört, aber jetzt singen auch die Vögel nicht mehr und viele der typischen Geräusche für einen Wald sind plötzlich verstummt. Meine Sinne sind sofort in Alarmbereitschaft und aufs Äußerste angespannt. Etwas ist hier los.

Langsam und sehr vorsichtig schleiche ich weiter. Vor mir erhebt sich in einiger Entfernung ein großer Findling, der einsam zwischen den Bäumen aus dem Boden ragt. Ich stelle mir vor, wie er von einem Vulkan mit ungeheurer Wucht aus dem Krater geschleudert wurde und hier in den Boden eingeschlagen und stehen geblieben ist. Ich hatte schon immer eine blühende Fantasie.

Vorsichtig gehe ich auf den einsamen Felsbrocken zu. Als ich ihn erreiche verharre ich einen Augenblick, konzentriere mich voll und ganz auf meine Umgebung und schiebe schließlich den Kopf Stück für Stück weiter um den Felsen herum, um zu schauen, was dahinter los ist. Geruch von Rauch und Gebratenem liegt in der Luft. Meine Augen und Ohren nehmen jede kleinste Bewegung und jedes kleinste Geräusch wahr. Wenn Feuer in der Nähe ist, dann können Menschen nicht weit sein, überlege ich.

Und tatsächlich, hinter dem Stein vernehme ich Stimmen. Es sind mit Sicherheit mehrere Personen und nach meinem Dafürhalten Männer. Wenn ich jetzt auf Soldaten treffe, ist es für meine Flucht nicht notgedrungen das Aus, aber es hängt davon ab, wie viele es sind.

Ganz vorsichtig bewege ich mich vorwärts. Meine Finger liegen auf dem kalten Stein und krallen sich vor Anspannung in eine kleine Ritze. Ganz langsam schiebe ich den Kopf weiter nach vorne, bis ich endlich sehe, wer sich auf der anderen Seite befindet. Noch bevor ich etwas sehen kann, sticht mir der Geruch von gebratenem Fleisch in die Nase. Mein Magen meldet sich sofort.

Ich recke den Kopf noch ein Stück weiter und erblicke drei Banditen. Zumindest vermute ich stark, dass es solche sind. Ihr Aussehen, ihr Verhalten und ihre Waffen lassen kaum eine andere Einschätzung zu. Es sind auf keinen Fall Soldaten, denn diese hätte ich an ihrer Uniform erkannt. Ich überlege, ob ich mich zurückziehen und einem Kampf aus dem Weg gehen soll. Doch da höre ich hinter mir Geräusche und als ich mich umdrehe sehe ich, wie ein vierter Mann in einiger Entfernung auf mich zukommt.

War ich vorhin noch geneigt, den Rückzug anzutreten, so ist dies kaum noch möglich. Ich wollte eine Auseinandersetzung vermeiden, nicht weil ich mir Sorgen mache, die vier könnten mir gefährlich werden. Es ist vielmehr so, dass ich jedes Aufsehen vermeiden möchte. Aber diese Entscheidung wurde mir mit dem Auftauchen dieses zusätzlichen Mannes abgenommen. Es gibt für mich keinen Weg mehr, ungesehen auszuweichen.

Noch bevor der Mann hinter mir, auf meine Anwesenheit aufmerksam wird, trete ich hinter dem Stein hervor und gebe mich den drei Männern am Feuer zu erkennen. Es dauert ein paar Schritte, bis die drei vor mir reagieren. Sie sind eindeutig keine geübten Kämpfer. Sie sitzen unaufmerksam an einem Lagerfeuer und ich stelle fest, dass zwei Hasen, die über dem Feuer braten und schon recht knusprig aussehen, verzehrt werden könnten. Ich vermute, sie haben nur noch auf ihren Freund gewartet und waren wohl eher vom Hunger abgelenkt.

Mit einem schnellen Blick verschaffe ich mir einen Überblick über die Umgebung. Die Feuerstelle befindet sich gut versteckt direkt hinter dem Stein, der sie auf einer Seite hin abschirmt. Deshalb habe auch ich erst sehr spät bemerkt, dass sich hier jemand befindet. Zudem ist das Feuer nicht besonders groß. Auf der von meinem Standort abgewandten Seite, zieht sich eine tiefe Schlucht durch den Wald und grenzt direkt an den Stein. Damit ist der Rastplatz der Banditen auch zu dieser Seite hin gegen Angreifer geschützt.

Als die drei Kerle mich entdecken, schleicht sich ein lüsternes Grinsen auf ihre Gesichter. Ihre Blicke sind gierig und würden sie können, würden sie mich allein mit den Augen ausziehen. Sie sind sich ihrer Sache offenbar recht sicher, denn sie stehen betont langsam auf. Sie sind sich einer Gefahr, die von mir ausgehen könnte, nicht im Geringsten bewusst. Wie denn auch, ich bin für diese Männer nur eine leichte Beute. Ein dürres und vermeintlich schwaches Mädchen, ganz allein gegen vier Männer, jagt diesen ganz bestimmt keine Angst ein.

„Ja, wen haben wir denn da?", lacht einer von ihnen schmutzig.

„Das ist aber ein hübsches Täubchen, das sich hier zu uns verirrt hat", sagt ein zweiter.

„Heute gibt es Fleisch in Hülle und Fülle", meint der dritte. „Solche Tage lobe ich mir."

„Einen schönen Abend, die Herren", sage ich betont gelassen. Ich ignoriere ihre Anspielungen bewusst.

„Schön wird er, darauf kannst du dich verlassen", höhnt der erste.

„Bist du dir da so sicher? Da habe ich doch auch noch ein Wörtchen mitzureden", werfe ich grinsend ein.

„Das bezweifle ich", sagt nun der vierte, der kurz zuvor hinter dem Stein hervorgekommen ist.

Ich war schon auf ihn vorbereitet und habe ihn kommen sehen. Natürlich behalte ich auch ihn genau im Blick. Wie schon erwähnt, ich glaube nicht, dass sich die vier darüber im Klaren sind, dass sie in akuter Lebensgefahr schweben. Sie unterschätzen mich, wie schon so viele vor ihnen.

Ich bin nur 1,70 m groß und schlank, manche würden mich als dürr bezeichnen. Man sieht mir die stählernen Muskeln aber nicht an, unterschätzt meine Kraft und vor allem bin ich trainiert und ungemein wendig. Selbst ausgebildete Kämpfer haben gegen mich keine Chance. Eine Ausbildung, wie ich sie durchmachen musste, gibt es kein zweites Mal auf der Welt. Nur bei uns werden solche Kampfmaschinen herangezüchtet, wie ich eine bin.

„Wie heißt du denn, mein Püppchen?", will einer wissen.

„Namen sind nicht wichtig", antworte ich trocken.

Mein Blick ist entspannt und ich lächle. Ich versuche in jeder Lebenslage freundlich zu wirken. Es ist eine einstudierte Maske, die immer gelassen wirkt. Das soll den Gegner verunsichern. Er soll mich als das brave Mädchen sehen, das mit einem Lächeln auf den Lippen dasteht, bis es zur Kampfmaschine mutiert und ohne Gnade tötet.

„Was soll ich dir dann ins Ohr flüstern, wenn ich mich mit dir vergnüge?", meint der zweite Bandit süffisant grinsend.

„Ich fürchte, dieses Problem bleibt dir erspart", antworte ich.

Während des Redens kommen die vier Männer langsam auf mich zu. Sie haben dabei keine Eile. Ihre Absicht dagegen ist mehr als offensichtlich, sie wollen mich einkreisen. Ich weiche zwar ein kleines Stück zurück, das aber nur, um einen ebenen Platz zum Kämpfen zu haben. Sie aber glauben, ich versuche zu entkommen und positionieren sich so, dass sie mir den Fluchtweg abschneiden können. Dass ich gar nicht davonlaufen will, können sie sich gar nicht vorstellen. Wie auch? Ich werfe noch einen Blick auf die Hasen, die man bald vom Feuer nehmen sollte und entscheide mich, den Kampf auf der Stelle zu beginnen. Wäre doch schade, um das gute Fleisch.

„Sorry, aber das Essen soll nicht anbrennen", sage ich. „Bringen wir die Sache also schnell hinter uns."

Noch bevor die vier Männer den Sinn meiner Worte verstehen, ziehe ich auch schon mein Schwert, springe auf den Mann zu, der mir am nächsten steht, und trenne ihm mit einem kraftvollen und präzisen Schlag den Kopf vom Leib, noch bevor er die Zeit hätte, erschrocken dreinzuschauen. Er hat seinen Tod nicht einmal kommen sehen, so schnell war es mit ihm auch schon vorbei.

Geschockt schauen nun die restlichen drei Banditen drein, die hastig zu den Waffen greifen. Allerdings hat nur einer von ihnen das Schwert noch am Gürtel hängen. Es ist der, der nachgekommen ist. Die anderen beiden haben ihre Waffen unvorsichtiger Weise am Feuer abgelegt und sie gar nicht mitgenommen, um mich einzufangen. Sie dachten wohl, dass sie dazu keine Waffen brauchen. Nun aber versuchen sie diese noch schnell zu erreichen, aber ich schneide ihnen den Weg ab.

Hilfesuchend blickt einer der beiden zu seinem Freund, der daraufhin mit dem Schwert auf mich zugestürmt kommt. Doch bevor dieser uns erreichen kann, ramme ich dem Banditen vor mir mein Schwert in den Bauch, ziehe es mit einem Ruck ein Stück nach oben, sodass ein längerer Schnitt die Folge ist und ziehe es sofort wieder heraus. Aus dem aufgeschlitzten Bauch quellen augenblicklich die Gedärme hervor und im selben Moment fällt der Mann auch schon nach vorne, wie ein Sack Mehl. Es ist ein grausiger Anblick.

Ich aber habe keine Zeit, mir darüber Gedanken zu machen. Ich springe geschmeidig zur Seite, als mich der, der sein Schwert in der Hand hält, angreifen will, bin mit einem Satz auch schon hinter ihm und noch bevor er realisiert, wo ich überhaupt bin, lasse ich einen Dolch, den ich im Sprung aus einer versteckten Scheide an meiner Hose gezogen habe, quer über seinen Hals streichen. Im Nu spritzt das Blut aus den durchtrennten Halsschlagadern und ich bringe mich mit einem Sprung in Sicherheit, um nicht vollgesudelt zu werden, als der Mann sich mit einem überraschten Ausdruck im Gesicht, zu mir umdrehen will.

Der letzte hat inzwischen seine Waffe erreicht und aufgehoben. Angesichts der drei getöteten Kollegen blickt er mir voller Panik entgegen. Er blickt sich hektisch um, ob er entkommen kann, aber ich dränge ihn in die Ecke und auf die Schlucht zu. Da er schließlich am Abgrund steht, springe ich ihm mit den Füßen voran entgegen, überrasche ihn damit, versetze ihm einen kräftigen Tritt und bringe ihn somit aus dem Gleichgewicht. Er rudert noch einige Zeit mit den Armen im sinnlosen Bemühen, sich doch noch fangen zu können, stürzt dann aber mit einem langgezogenen Schrei in die Tiefe. Das war's!

Schnell nehme ich die Hasen vom Feuer, lösche dieses mit Erde und Sand und versuche meine Spuren so gut es geht, zu verwischen. Lange halte ich mich damit nicht auf. Ich nehme mir gerade so viel Zeit, um die Leichen in die Schlucht zu werfen und schon mache ich mich wieder auf den Weg. Im Gehen verschlinge ich mit einem Bärenhunger die beiden Hasen. Sie schmecken köstlich. Eigentlich muss ich den Männern dankbar sein. So bekomme ich, zum ersten Mal seit Langem, wieder etwas Ordentliches zwischen die Zähne.

Kapitel 4

Die Tage vergehen. Ich komme auf meinem Weg sehr gut voran, es gibt keine Zwischenfälle mehr und ich entferne mich immer weiter vom Schloss. Mein Ziel sind die Berge, welche die beiden Länder Wesaria und Noresia voneinander trennen. Sie sind hoch und werden mich einiges an Anstrengung und Mühe abverlangen. Trotzdem ist es der einzige Weg, um nach Noresia zu gelangen.

Am Fuße der massiven Bergkette angekommen blicke ich mit gemischten Gefühlen nach oben. Dahinter liegt meine Freiheit, aber wie ich dorthin komme, ist mir noch nicht genau klar. Die Bergspitzen sind in Schnee gehüllt und auch an schattigen Plätzen und Mulden weiter unten, hat die Schmelze noch nicht richtig eingesetzt. Ich werde mir Frostbeulen holen, denke ich bei mir. Aber lieber eine erfrorene Zehe als vom Grenzposten erwischt zu werden. Mein Plan ist es, nicht den Pass zu nehmen, sondern quer über die Berge zu klettern. Ein waghalsiges Unterfangen, aber ich komme damit unbemerkt ins Nachbarland.

Ich hole noch einmal tief Luft und steige in eine, nach oben führende Schlucht ein. Mir ist schon nach wenigen Metern klar, dass der Weg mühevoll sein wird. Das war mir von Anfang an klar, aber so anstrengend habe ich es mir doch nicht vorgestellt. Allerdings habe ich keine andere Wahl, ich muss diesen Weg gehen. Ich bin schon so weit gekommen. Umkehren ist keine Option.

Schritt für Schritt setze ich einen Fuß vor den anderen. Ich lasse meine Aufmerksamkeit keine Sekunde sinken. In diesen Felsen ist es zwar leichter, mit einem geschulten Auge schon von Weitem Bewegungen zu registrieren, aber ich will mich auf keinen Fall überraschen lassen. Mit etwas Vorsicht kann man früh genug ausweichen oder sich verstecken, noch lange bevor man selbst entdeckt wird.

So geht es den ganzen Tag, über steinigen Boden, steil nach oben. Immer wieder muss ich riesige Felsbrocken umrunden und Stufen nach oben klettern. Zu Mittag gönne ich mir den Luxus und grille einen Hasen. Ihn habe ich zwischen den Steinen entdeckt und mit einem Pfeil erwischt. An einer geschützten Stelle direkt zwischen Felsen, wage ich es, ein kleines Feuer zu entfachen. Es ist Tag und der Schein des Feuers wird nicht zu sehen sein. Ich muss lediglich darauf achten, dass nicht zu viel Rauch entsteht.

Während der Hase über dem Feuer brät, ruhe ich mich aus, denn gleich nach dem Essen geht es weiter. Ich gönne mir keine unnötige Pause und erst, als das Tageslicht nahezu komplett verschwunden ist und die Nacht alles in Dunkelheit zu tauchen droht, suche ich mir einen Platz fürs Nachtlager. In diesem Gelände, zwischen Steinen und Geröll, wäre es lebensgefährlich, trotz Dunkelheit, den Weg fortzusetzen.

Im allerletzten Restlicht des Tages entdecke ich eine schmale Spalte im Felsen an der rechten Seite der Schlucht. Sie ist gerade so klein, dass ich mich quer hindurchzwängen kann. Zunächst will ich nur in der Spalte Schutz suchen, bemerke aber, dass sich dahinter eine große Höhle auftut. Ich tappe vorsichtig hinein und lege mich auf eine halbwegs ebene Stelle. Auch wenn der Boden aus Stein besteht, so ist er frei von Geröll und ich finde eine glatte Oberfläche, auf der ich einigermaßen bequem liegen kann.

Mich umgibt hier drinnen die völlige Dunkelheit. Das letzte Tageslicht ist auch draußen, vor der Höhle, verschwunden. Es ist Nacht! Ich versuche mich zunächst noch darauf zu konzentrieren, ob ich irgendwo Geräusche wahrnehmen kann, aber außer einer kleinen Maus, die mit ihren Füßchen über den Stein tappst, kann ich nichts ausmachen. Das beruhigt mich und ich sinke in einen ruhigen, wenn auch leichten Schlaf.

Als ich aufwache, hat der Morgen bereits begonnen, zu dämmern. Als ich die Augen öffne, erschließt sich mir erst die wahre Größe der Höhle. Gestern in der Dunkelheit war dies nicht mehr möglich. Sie ist gewaltig. Von der Decke hängen Kristalle in allen möglichen Größen. Es sind solche von enormen Ausmaßen, genauso wie ganz kleine dabei. Mir fällt auf, dass weiter oben im Felsen Öffnungen nach draußen sein müssen, durch die Licht einfällt und den Raum erhellt.

Als aber plötzlich die Sonne über eine Spalte weit oben nahe der Decke direkt in die Höhle strahlt und das helle Licht direkt auf die Kristalle an der Decke trifft, von diesen reflektiert und gebrochen wird und in den schönsten Farben des Regenbogens von Kristall zu Kristall geworfen und immer wieder neu gebrochen wird, kann ich nur noch fasziniert dieses unglaubliche Schauspiel der Natur bewundern.

Ich habe bisher nie auf Schönheiten der Natur geachtet, dazu hatte ich auch nie die Zeit. Doch das, was ich hier sehe, ist einfach magisch und zieht mich augenblicklich in seinen Bann. Die gesamte Höhle scheint aus unendlich vielen Lichtreflexen zu bestehen, die zudem alle in eine bestimmte Richtung, nach oben weisen. Als würde ich von einer unbekannten Macht angezogen, verspüre ich das Bedürfnis, tiefer in die Höhle vorzudringen und muss dabei weiter nach oben klettern. Sie zieht sich ein ganz schönes Stück in die Länge.

Plötzlich endet die Höhle in einem schmalen Gang und dieser wiederum mündet in eine gewaltige Kathedrale. Anders kann ich diesen riesigen Raum nicht bezeichnen. Die bunten Lichtreflexe dringen bis hierher vor. Den Raum umspielt eine Magie, die ich mir einbilde, körperlich spüren zu können.

Ein Felsen, der zu einem großen Teil den Boden der Höhle einnimmt, ist so geformt, als würde dort ein riesengroßer Drache liegend schlafen. Einen Moment lang überlege ich, ob dieses Kunstwerk von Urmenschen oder von anderen Kreaturen stammen könnte. Allerdings kann ich mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass jemand in der Lage ist ein Werk dieser Dimension zu erschaffen. Dazu würde selbst ein ganzes Menschenleben nicht ausreichen.

Ich gehe langsam und andächtig auf den Kopf des Tieres zu, der in Richtung Eingang schaut, durch den ich die Kathedrale betreten habe. Vorsichtig nähere ich mich dem Stein und lege vorsichtig die Hand auf die Oberfläche. Sie sieht aus, als würden Schuppen diese bedecken. Sie ist steinhart, dafür aber wärmer, als ich erwartet hätte. Stein ist doch normalerweise eher kalt, überlege ich.