Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Die Macht des Drachens

ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

„Bist du bereit?"

„Halbwegs. Bin etwas aufgeregt."

„Musst du nicht sein. Denk jetzt daran, dass du deine Energie zu meiner hinzufügst."

„Meine Energie?"

„Ja, den Energiestrom in dir."

Ich versuche es. Ich konzentriere mich auf die Energie und stelle mir vor, dass sie sich mit der des Drachen vereint. Einen Moment lang geschieht gar nichts. Doch plötzlich beginnt alles um mich herum zu verschwimmen und ich stehe vor einem gewaltigen Strom von Energie. Meine ist dagegen ein kleines Licht. Das kann nur die Energie von Horus sein.

Ich kann miterleben, wie sich die beiden Ströme vereinen und ein einziger daraus wird. Dann ist alles ruhig, die Energie fließt gleichmäßig und ruhig. Trotzdem kann ich die unbeschreibliche Macht fühlen. Sie füllt mich aus und nimmt von mir Besitz. Es ist ein wunderbares Gefühl.

Ich öffne die Augen und bin ein wenig irritiert. Die Umgebung hat sich nicht verändert. Es kommt mir nur vor, als wäre ich ein wenig gewachsen.

„Es hat nicht funktioniert", jammere ich.

„Das denke ich weniger."

„Echt?"

„Schau an dir herab."

Ich mache es und verstehe anfangs nicht, was er meint. Dann aber reiße ich die Augen weit auf. Ich bin ein Drache, ich bin der Drache! Ich drehe den Kopf und blicke über meinen Rücken bis hinunter zum Schwanz. Es ist fremd und faszinierend gleichermaßen.

„Ich bin du?"

„Wir sind in meinem Körper vereint."

„Sag nicht, ich bin ein Tattoo an deinem Handgelenk?"

„So in etwa", kichert er.

Ohne mich weiter zu beachten, schwingt er sich in die Luft. Ich kann mich nicht bewegen, ich bin nur ein stiller Beobachter. Allerdings bin ich auch froh, dass Horus alles übernimmt. Ich wüsste nicht, ob ich fliegen könnte. Er aber scheint ein wahrer Meister der Lüfte zu sein. Er schraubt sich geschickt immer höher, bis wir auf gleicher Höhe wie die Bergspitzen sind.

„Warum kann ich alles sehen?"

„Weil du die Welt mit meinen Augen siehst."

„Das ist unglaublich."

„Möchtest du den Pass und die Wachen überfliegen?"

„Besser nicht, sonst entdecken sie uns."

„Keine Sorge, ich bin, wie ich dir gesagt habe, ein Schattendrache."

„Das heißt?"

„Am Nachthimmel kann ich nicht gesehen werden, von Menschen schon gar nicht."

„Gut, dann überfliegen wir den Grenzposten", sage ich belustigt.

Horus scheint sich überraschend gut auszukennen. Er nimmt Kurs auf den Übergang und wir überfliegen ihn in verhältnismäßig geringer Höhe. Ich kann die Wachen erkennen. Einer der Männer stammt aus meiner Einheit. Er hätte mich sofort erkannt. Damit wäre mir echt nur die Möglichkeit geblieben, mich durchzukämpfen.

So aber überquere ich die Berge im Gleitflug und genieße es, wie der Wind um mich streicht. Erst jetzt wird mir so richtig bewusst, dass ich nicht im Drachen stecke, ich bin der Drache.

„Nicht ganz, das Kommando habe immer noch ich."

„Aber ich kann deine Sinne nutzen."

„Das schon."

„Wo landen wir?"

„Auf einer etwas abgelegenen Wiese. Da bleiben wir unbemerkt."

„Wieso kennst du dich so gut aus, wenn du doch dein ganzes Leben in der Höhle verbracht hast?"

„Das ist der Instinkt von uns Drachen."

„Gut, ich verlasse mich auf dich."

Horus lässt sich auf der anderen Seite der Berge im Gleitflug langsam nach unten sinken, dem Boden entgegen. Wir machen dabei allerdings auch einen größeren Bogen und überfliegen das Land. Dank der hervorragenden Augen kann ich trotz der Dunkelheit auch Einzelheiten erkennen.

Mir fällt sofort auf, dass das Land grüner und schöner ist. In meiner Heimat Wesaria ist alles trist und öd, selbst die Felder sind nicht so grün und strotzen nicht dermaßen von Fruchtbarkeit.

Ich atme erleichtert auf. So wie es aussieht, bin ich König Borsin nun definitiv entkommen. Ich bin in einem anderen Land und kann endlich ein neues, ein normales Leben beginnen. Während Horus auf sein Ziel zusteuert und sich langsam dem Boden nähert, hänge ich meinen Gedanken nach. Ich erlaube mir, zum ersten Mal von meinem neuen Leben zu träumen, mir vorzustellen, wie diese endlich gewonnene Freiheit konkret aussehen könnte.

Kapitel 6

Wie von Horus angekündigt, sind wir auf einer abgelegenen Wiese gelandet. Ich habe mich von Horus wieder getrennt und gleich darauf hat er sich in mich zurückgezogen. Nur noch das Drachentattoo ziert meinen rechten Unterarm und ist damit ein Zeichen unserer Verbindung.

Ich sehe mich um und lasse die fruchtbare Landschaft nun auch aus der Nähe auf mich wirken. Da die Morgendämmerung noch nicht eingesetzt hat, lege ich mich noch etwas unter einem Baum ins duftende Gras und döse vor mich hin. Ich brauche mich nicht mehr zu verstecken, ein Gefühl, das mich mit einem unglaublichen Glücksgefühl erfüllt. Es ist eine Leichtigkeit in mir, wie ich sie noch nie erlebt habe. Ich -- bin -- frei!

Wirklich verstehen kann ich immer noch nicht, wie es sein kann, dass ich einen Seelenverwandten und noch dazu einen Drachen habe, einen sehr mächtigen Drachen sogar. Ich habe noch nie etwas von einer solchen Verbindung gehört oder gelesen. König Borsin hat von mir zusätzlich zur normalen Ausbildung verlangt, dass ich viel lerne. Ich musste mir in allen möglichen Bereichen Wissen aneignen. Dabei habe ich nebenbei immer wieder nach Büchern gesucht, die mich interessiert haben und nicht nur die studiert, die mir vorgeschrieben wurden.

Doch so etwas wie eine Verbindung zwischen einem Menschen und einem Drachen oder einem anderen Tier, ist mir dabei nicht untergekommen. An so etwas würde ich mich ganz sicher erinnern. Das hätte mich mit Sicherheit brennend interessiert. Aber ich habe nicht die kleinste Anspielung oder Hinweis gefunden.

„Von dieser Verbindung wissen nur die Drachen und ihre Seelenverwandten. Es ist streng verboten, mit anderen Menschen darüber zu sprechen", mischt sich schon wieder mein Drache ein.

„Dir bleibt auch kein Gedanke verborgen", sage ich etwas ärgerlich.

„Daran wirst du dich gewöhnen müssen."

„Warum bekomme ich deine Gedanken nicht mit?"

„Bekommst du ja, wir kommunizieren."

„Und sonst denkst du nicht?"

„Ich bin ein Drache", grinst Horus.

Ich traue ihm nicht über den Weg. Ich bin überzeugt, dass es einen Weg gibt, den anderen von den eigenen Gedanken auszusperren. Irgendetwas von ihm müsste ich schließlich mitbekommen. Aber da ist nichts. Auch wenn er behauptet, er würde nicht denken, so glaube ich ihm kein Wort. Wozu hätte er sonst einen so großen Kopf.

„Der große Kopf ist, weil es sonst in den Hals hineinregnen würde", grinst er.

„Blödmann!"

„Das hast du schon einmal gesagt."

„Dann muss es ja stimmen."

„Oder auch nicht."

„Wir sollten langsam los", sage ich etwas genervt.

Es ärgert mich tierisch, dass er einen Wissensvorsprung hat. Von gleichberechtigten Partnern ist bei uns wohl noch lange nicht die Rede, auch deshalb, weil er sich bei diesen Dingen um die Seelenverwandtschaft viel besser auskennt als ich. Ich habe null Ahnung davon. Aber dagegen kann ich im Augenblick nicht viel ausrichten. Ich muss einfach versuchen, mich in dieses Thema einzuarbeiten und Informationen zu sammeln.

Ich stehe also auf und mache mich auf den Weg. Die Wiese liegt tatsächlich ein ganzes Stück von jeglicher Zivilisation entfernt und ich suche erstmal einen Weg, den ich gehen kann. Ich finde ihn schon bald und gehe diesen dann auch entlang. Ich habe zwar keine Ahnung, wo ich bin und in welche Richtung ich gehen soll, aber ich bin am Beginn meines neuen Lebens und damit ist es vermutlich egal, wo ich hinkomme. Das Schicksal wird mich schon irgendwohin führen. Ich werde mir dort dann erst einmal einen Job suchen und mich einleben, so gut es eben geht. Dann habe ich immer noch Zeit genug, um Pläne zu schmieden.

„Wo sind wir hier?", frage ich Horus.

„In der Nähe der Hauptstadt."

„Sollten wir nicht besser in einer eher ländlichen Gegend bleiben?"

„Du willst Arbeit, davon gibt es in der Stadt mehr."

„Ja, aber da könnte ich leichter entdeckt werden."

„Von wem? Du bist in diesem Land keine Gejagte mehr."

„Da hast du auch wieder Recht."

Mir fällt auf, dass ich noch immer in alten Denkmustern gefangen bin. Ich muss mich allmählich an mein neues Leben gewöhnen. Doch leider geht das nicht von heute auf morgen, die Dämonen der Vergangenheit lassen sich nicht so schnell verjagen. Aber ich bin mir sicher, dass ich das schaffe und ein wenig Vorsicht ist sicher, auch in diesem Land, nicht von Nachteil.

Ich marschiere eine gute Stunde, immer in die gleiche Richtung. Am frühen Nachmittag erreiche ich die Hauptstadt und werde nach einer kurzen Kontrolle am Stadttor durchgelassen. Ich musste meinen Namen angeben und habe dabei zum ersten Mal meinen neuen genannt, Lotta. Der Wachmann fand ihn nicht ungewöhnlich und hat mich durchgelassen. Das war beruhigend.

Ich muss aber sagen. die Kontrollen hier sind deutlich oberflächlicher als in Wesaria. Dort wäre ich nie im Leben so einfach an der Wache vorbeigekommen. Selbst ich nicht, die man dort kennt.

Ich bin nun in der Hauptstadt von Noresia und schlendere entspannt durch die Gassen. Die Stadt wirkt freundlich, die Menschen reden miteinander, scherzen, lachen, Kinder spielen und rufen sich etwas zu. Es herrscht reges Treiben und am Markplatz stehen unzählige Stände, auf denen Waren feilgeboten werden. Dieser Markt zeugt vom Reichtum dieses Landes. Hier werden nicht nur Lebensmittel und ein paar Stoffe verkauft, wie dies in Wesaria der Fall ist. Hier findet man alles, selbst Stände mit Süßigkeiten, Schmuck und wunderschönen Kleidern, Waffen, Haushaltswaren und vieles mehr.

Ich kann mich zunächst nicht an dieser Vielfalt, an diesem offen sichtbaren Reichtum, sattsehen. Die Menschen haben keine Angst, niemand redet hinter vorgehaltener Hand, damit ja niemand mitbekommt, was man dem anderen ins Ohr flüstert. Diese ungezwungene Atmosphäre ist für mich eine wahre Wohltat.

Auf der Suche nach Arbeit streife ich durch die Außenbezirke der Stadt. Hier scheint eher das normale Volk zu wohnen. Die Häuser sind etwas kleiner und nicht ganz so prunkvoll wie die, die ich in der Ferne, in Richtung Zentrum, sehen kann. Einige von ihnen könnten einige Arbeiten vertragen, ihr Zustand ist nicht mehr der beste. Aber das interessiert mich im Augenblick weniger. Ich beschließe, den Hügel etwas weiter nach oben zu gehen. Dort müssten die Handwerker und die Händler leben. Der Grund, dass ich dorthin gehe, liegt einzig darin, dass dort vermutlich eher eine Arbeit zu vergeben ist als hier, bei den Bewohnern des ärmeren Viertels.

Ich schlendere weiter durch die Gassen und blicke mich aufmerksam um. Plötzlich höre ich einen Schrei. Jemand ruft um Hilfe. Es muss ganz in der Nähe sein. Ich versuche mich zu orientieren und eile wenig später auf eine enge Nebengasse zu, aus der ich glaube, den Ruf gehört zu haben. Ich beschleunige meine Schritte und als ich in die Gasse einbiege, nehme ich ein verzweifeltes Wimmern wahr. Ich bin definitiv richtig.

Als ich mich dem Ende der Gasse nähere, sehe ich auch schon, was los ist. Teil meiner Ausbildung war es auch immer, eine Situation schnell zu erfassen und bei Bedarf sofort zu reagieren. Ich wurde darauf getrimmt, keine Zeit zu verlieren, sollte es brenzlig werden.

„Das Täubchen will nicht", grinst ein Mann. Drei weitere lachen schmutzig.

Ein junges Mädchen, ich würde es auf etwa 12 Jahre schätzen, kauert am Ende der Sackgasse. Sie steht mit dem Rücken zur Wand da, vor ihr lauern vier Männer in heruntergekommenen Kleidern. Das Mädchen ist ausgesprochen hübsch und trägt ein weißes Kleid. Der Stoff, soweit ich das auf die Entfernung beurteilen kann, muss ganz schön teuer sein. Die Absichten der Männer sind nicht schwer zu erraten. Sie wollen ihren Spaß haben. Aber das werde ich nicht zulassen.

„Ihr Wiederlinge!", rufe ich laut. „Lasst das Mädchen in Ruhe! Verschwindet! Auf der Stelle!"

Die Männer drehen sich überrascht um. Sie wollen nachschauen, wer es wagt, sie bei ihrem liederlichen Tun zu stören. Als sie mich erblicken wechselt ihr Gesichtsausdruck von verärgert zu belustigt. Einer von ihnen lacht ausgesprochen überheblich auf.

„Das trifft sich gut. Jetzt haben wir zwei süße Spielgefährtinnen. Schnappen wir uns die dort vorne, die andere kann ja nicht mehr entkommen."

Die Anweisung des Mannes ist klar. Seine drei Kumpane kommen sofort auf mich zu, während der, den ich für den Anführer halte, das Mädchen im Auge behält. Das würde ich an Stelle der Männer wohl auch so machen. Allerdings bin ich mir ebenfalls sicher, dass diese vier Männer mich gehörig unterschätzen.

„Das schafft ihr auch ohne mich", sagt der Anführer. „Ich schnappe mir schon mal die Kleine. Ihr könnt euch dann mit der anderen vergnügen."

Er dreht sich zu dem Mädchen um, das bisher die neu eingetretene Situation mit einer Mischung aus Erleichterung und Sorge beobachtet hat. Sie drängt sich immer noch an die Wand in ihrem Rücken. Als sich der Mann wieder ihr zuwendet, beginnt sie erneut zu zittern. Panik steigt in ihr hoch.

„Lass die Finger von dem Mädchen!", rufe ich dem Mann entschlossen zu.

„Sonst was?", will er belustigt wissen.

„Ich an deiner Stelle würde es nicht darauf ankommen lassen. Aber, wenn du es unbedingt wissen willst, dann musst du schon selbst herausfinden, was die Optionen sind. Mach mir aber am Ende keine Vorwürfe, ich hätte dich nicht davor gewarnt, dass die Sache für dich kein gutes Ende nehmen würde."

„Kein gutes Ende? Was soll das denn heißen", lacht er noch lauter. „Du kleine Göre willst mir Angst machen? Da braucht es schon etwas mehr als ein armseliges Mädchen in einem verwahrlosten Kampfanzug."

„Ich habe dich gewarnt", wiederhole ich meine Drohung.

Er aber lacht nur. Der Mann nimmt mich nicht ernst. Auch seine drei Kumpane bleiben stehen und mustern mich belustigt. Sie haben es nicht eilig. In ihrer Überheblichkeit sind sie davon überzeugt, dass mein Schicksal und das des Mädchens sowieso schon besiegelt sind.

Der Mann, der sich zu mir umgeblickt hatte, dreht sich nun erneut dem Mädchen zu und macht einen weiteren Schritt auf sie zu. Sie schreit erschrocken auf, als er die Hand nach ihr ausstreckt. Sie schafft es gerade noch auszuweichen, damit er sie nicht an den Haaren packen kann.

„Du willst spielen, Täubchen? Das kannst du haben", rufe ich dem Mann zu.

Der Mann aber lacht nur erneut belustigt auf. Mir ist klar, einem zweiten Angriff kann das Mädchen nicht mehr entkommen. Sie ist so weit in die Ecke gedrängt, dass sie keinen Spielraum mehr hat. Das weiß natürlich auch ihr Angreifer und lässt sich entsprechend Zeit. Ich will aber nicht riskieren, dass er dem Mädchen auch nur ein Haar krümmt.

Aus diesem Grund gehe ich zum Angriff über. Wie aus dem Nichts ziehe ich einen Dolch aus einer in meinen Kleidern versteckten Scheide und werfe es noch in derselben geschmeidigen Bewegung. Seine Freunde bekommen gar nicht mit, woher das Messer kommt, das plötzlich auf ihren Kumpan zufliegt und sich mit einem leisen, aber gruseligen Geräusch tief in sein Genick bohrt.

Er schafft es nicht einmal mehr, aufzuschreien. Die Klinge dringt quer zwischen seine Wirbel und durchtrennt vollständig das Rückenmark. Diese Art zu töten habe ich tausendfach geübt und beherrsche sie mit tödlicher Präzision. Sie ist überaus effektiv.

Augenblicklich sackt der Mann mausetot in sich zusammen und bleibt vor dem zitternden Mädchen reglos am Boden liegen. Dieses starrt geschockt auf den leblos vor ihr liegenden Körper. Sie hat das Messer nicht kommen sehen und deshalb auch nicht verstanden, warum der Mann plötzlich zusammensackt.

Es bedarf einer ungeheuren Präzision, auf diese Weise zu töten, denn das Messer muss exakt treffen. Der Messerwerfer muss die menschliche Anatomie perfekt kennen und genau wissen, wo er die Wirbelsäule durchtrennen kann. Trifft er nur einen Millimeter daneben, prallt das Messer am Knochen ab und verursacht lediglich eine oberflächliche Verletzung.

Allerdings ist diese Methode auch die einzige, bei der das Opfer auf der Stelle tot ist. Das durchtrennte Rückenmark verhindert, dass noch weitere Befehle vom Hirn an die Muskeln weitergegeben werden. Herz und Atmung setzen auf der Stelle aus, sämtliche Muskeln erschlaffen auf der Stelle. Selbst ein Stich mitten ins Herz würde nicht so abrupt zum Tod führen.

Als das Mädchen erschrocken aufschreit, blicken die drei verbliebenen Männer zu ihr, drehen sich dann aber sofort wieder zu mir um. In ihren Blicken liegt der blanke Hass.

„Du hast meinen Bruder getötet", ruft einer.

„Das wirst du büßen!", brüllt ein anderer. „Dich mach ich fertig. Du bist tot, so was von tot!"

Ungeschickt zieht er sein Schwert und stürmt auf mich zu. Ich aber bleibe gelassen stehen, wo ich bin. Ich gehe lediglich in Kampfposition, ziehe ebenfalls das Schwert und blicke meinen Angreifer entschlossen entgegen. Auch in die anderen beiden kommt nun endlich wieder Leben, die Schockstarre haben sie überwunden. Sie ziehen ebenfalls ihre Waffen, die allerdings nicht sonderlich gefährlich aussehen. Ich habe den Eindruck, dass es ausgemusterte Klingen sind, die zudem nicht mehr sonderlich scharf sein dürften.

„Überlegt es euch gut. Noch lebt ihr!", rufe ich den Männern zu, die nun zu dritt auf mich zustürmen.

„Pass auf!", ruft das Mädchen. „Die sind zu dritt, du bist allein."

„Das hätte sich diese Hexe vorher überlegen sollen, bevor sie sich eingemischt hat", grinst einer der Männer.

„Das hat sie sich überlegt", gebe ich gelassen zurück. „Da kannst du dich drauf verlassen."

Die drei Männer kommen auf mich zu wie Tollpatsche. Ich erkenne sofort, dass sie keinen blassen Schimmer vom Kämpfen haben. Trotzdem stelle ich mich auf ihren Angriff ein, wie ich es in jedem anderen Fall tun würde. Mir wurde eingebläut, nie überheblich zu sein und einen Gegner nie zu unterschätzen, so offensichtlich es auch scheinen mag, dass er keine Chance gegen mich hat.

Als der erste nahe genug ist, um seinen Angriff zu starten, reißt er sein Schwert in die Höhe und macht gleichzeitig einen großen Schritt auf mich zu. Seine Deckung vernachlässigt er dabei völlig, auch sein Stand ist wackelig. Noch bevor er das Schwert auf mich niedersausen lassen kann, ramme ich ihm meines auch schon in den Bauch, drehe es im Kreis einmal vor und zurück und ziehe es sofort wieder aus ihm heraus.

Der Mann stößt einen gurgelnden Laut aus, starrt mich aus weit aufgerissenen Augen an und fällt dann wie ein Brett nach vorne. Ich bin bereits zur Seite ausgewichen, sodass er mit einem unschönen Geräusch der Länge nach auf den schmutzigen Boden knallt.

Die verbliebenen Angreifer schauen erneut ungläubig drein. Sie hätten es nicht für möglich gehalten, dass dieses hagere Mädchen, zwei von ihnen tötet. Einer der beiden löst sich aus seiner Überraschung, senkt das Schwert ab und rennt damit schreiend auf mich zu, als wolle er mich aufspießen, wie ein wild gewordener Stier. Die blanke Wut blickt mir aus seinen weit aufgerissenen Augen entgegen.

Ich aber warte geduldig, bis er nahe genug ist, springe rechtzeitig zur Seite und ramme ihm meine Klinge im Vorbeilaufen von hinten in die Nierengegend. Sie dringt tief in seinen Körper ein und dürfte seine Wirbelsäule erwischt haben. Auch er fällt zu Boden und windet sich vor Schmerzen. Er ist noch nicht tot, stellt aber keine Gefahr mehr dar. Seine Beine hängen nur noch schlapp an seinem Körper. Er ist gelähmt.

Der letzte reagiert sofort. Er wirft das Schwert weg, zieht einen Dolch und läuft zurück zum Mädchen. Mir ist sofort klar, dass er sie als Geisel nehmen will, um der Falle zu entkommen, in der er sitzt. Wir sind in einer Sackgasse und ich versperre ihm den Weg. Inzwischen ist er sich wohl im Klaren, dass er gegen mich im Kampf keine Chance hat. Nur mit dem Mädchen als Schutzschild kann er noch hoffen, dass ich ihn nicht attackiere.

Doch es kommt nicht so weit. Er ist noch ein ganzes Stück vom Mädchen entfernt, da trifft auch ihn mein Dolch direkt im Genick. Ich trage immer mehrere davon am Körper. Auch, wenn es nicht so aussieht, ich bin immer bis an die Zähne bewaffnet. Damit hat er wohl nicht gerechnet. Der Mann sackt augenblicklich in sich zusammen und ist tot.