Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Eine Pornographische Romanze Teil 04

ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

Ich fuhr zu Lisas Wohnung. Es war erst zehn Uhr. Sie korrigierte im Wohnzimmer Klassenarbeiten während im Fernseher ein Krimi lief. Ich ging zu ihr und küßte Sie.

"Ich bin gleich fertig. Wollen wir noch ein Glas Wein trinken."

Ich nickte.

"Dann mache doch bitte eine Flasche auf. Ich nehme an, Du findest alles."

Ich nickte erneut, ging in die Küche und kam mit zwei Gläsern Wein zurück. Ich stellte ihr ein Glas auf den Eßtisch, setzte mich mit dem anderen aufs Sofa und versuchte zu entschlüsseln, worum es in dem Film geht.

"Stell' doch den Fernseher aus und leg' Musik auf" bat Lisa mich.

Ich kam ihrer Aufforderung nach. Kurz darauf war sie mit der Arbeit fertig und kam zu mir. Wir kuschelten uns aneinander und sprachen über den kommenden Urlaub. Wir würden mit ihrem Auto fahren, einem nagelneuen Renault-Kombi. Mein altersschwacher Fiat war für derart lange Strecken nicht mehr tauglich und auch nicht geräumig genug. Mein Zelt war kaputt, also mußte ich ein neues kaufen. Wir würden zuerst nach England, und dann nach Frankreich fahren. Flexibel bleiben, also die Nachtfähren nehmen... Als wir diese Dinge besprachen, baute sich eine schier unbändige Vorfreude in uns auf. Wir hätten sofort losfahren können.

An diesem Abend hatte ich aber noch etwas anderes vor, also schlug ich vor, ins Bett zu gehen, bevor es dafür zu spät war. Ich richtete es so ein, daß sie schon im Bett lag, als ich ins Schlafzimmer kam. Ich blieb in der Tür stehen. Auch Lisa besaß einen Schirmständer mit Schlaginstrumenten. Ich zog die Reitpeitsche heraus und sah sie fragend an. Sie lächelte mich liebevoll an, schüttelte aber den Kopf. "Nein... komm her bitte."

Sie nahm mich in die Arme und gab mir einen Kuß. "Es ist lieb, daß Du das für mich tun willst, aber es geht nicht."

"Warum nicht?" fragte ich.

"Weil es Dich nicht anmacht. Du würdest es allein für mich tun. Und weil ich das weiß, bringt es auch mir nichts."

"Aber wenn wir miteinander schlafen bringt es Dir nichts..."

"Oh doch, und ob. Frauen ticken da anders als Männer." Sie zog mich eng an sich und küßte mich erneut. "Du mußt mir einfach glauben, daß ich Dich so gern in mir spüre. Es ist eine Vereinigung... ich liebe diese Nähe. Aber wenn Du mich schlagen würdest, wäre das ganz anders."

Ich nickte. Und doch würde es ihr nicht genügen, nicht auf Dauer. Und mir auch nicht. Ich sprach es nicht aus und küßte sie statt dessen.

*

Dann war es soweit, endlich. Wir fuhren noch am Nachmittag des letzten Schultags los. In der Nacht schifften wir in Oostende ein. Auf dem Bootsdeck fanden wir eine freie Bank. Wir setzten uns, lehnten uns aneinander und versuchten ein wenig zu schlafen. Als die Fähre in Ramsgate anlegte, begann der Himmel im Osten sich zunächst noch kaum merklich aufzuhellen. Ich fuhr das erste Stück. Wir umrundeten London, bevor der Berufsverkehr einsetzte. An einer Raststätte hielten wir an, frühstückten, kauften aktuelle Straßenkarten und fuhren dann weiter. Lisa saß nun am Steuer. Dann gabelte sich die Autobahn.

"Nach Westen oder nach Südwesten" fragte ich sie.

"Laß' uns als erstes diesen magischen Berg besteigen. Du freust Dich doch so darauf."

Also fuhren wir nach Westen, über die Severn-Brücke, dann nach Wales hinein. Bei Caerlon verließen wir die Küstenautobahn und wechselten erneut. Lisa war der Linksverkehr noch nicht ganz geheuer, und auf den nächsten fünfzig Meilen wartete eine aberwitzige Konzentration von Kreisverkehren auf uns. Schließlich hatten wir die dichtbesiedelten ehemaligen Bergbaugebiete verlassen. In Builth Wells, einem düsteren ehemaligen Kurort für lungenkranke Bergleute, pausierten wir. Wir tranken einen Kaffee, aßen eine Kleinigkeit und kauften Milch und Toast. Dann drängte Lisa mich zum Aufbruch.

"Dieser Ort ist mir unheimlich. All diese Kirchen, in denen früher wahrscheinlich Presbyterianerprediger den todkranken Bergmännern mit Gottes Zorn und ewiger Verdammnis gedroht haben."

"Ja, laß' uns fahren. Mir gefällt es hier auch nicht. Aber es war die letzte Möglichkeit zu rasten."

"Kannst Du bitte weiterfahren? Ich bin derart müde..."

"Sicher." Ich war hellwach, fast fiebrig erregt von der Aussicht, mit Lisa auf den Cader Idris zu steigen.

Sie schlief kurz darauf ein. Glücklicherweise kannte ich die Strecke und mußte keine Karte konsultieren. Vor Aberystwyth (wo angeblich 'the holyday fun begins' aber in Wirklichkeit ewig Nachsaison ist) nach Norden abbiegen, hinter Corris links auf die Straße nach Towyn, nach vierhundert Metern dann rechts in die Einfahrt. Der Campingplatz war praktisch leer, und so hatten wir die freie Auswahl. Ich fuhr einmal quer über die ausgedehnte Wiese, stellte den Motor ab und öffnete die Wagentür. Lisa schlug die Augen auf.

"Was ist?" fragte sie verschlafen.

"Wir sind da."

"Ja?" Sie holte eine Wasserflasche unter dem Sitz hervor und nahm einen tiefen Schluck.

"Zigarette?"

Sie nickte. Ich zündete uns zwei Zigaretten an. Dann stiegen wir aus. Lisa sah sich um.

"Es ist schön hier." Ich hatte das Auto wenige Meter von einem munter plätschernden Bach entfernt aufgestellt, an dessen Ufer uralte Weiden standen. Das Gewässer markierte die nördliche Grenze des Campingplatzes, dahinter befand sich eine baumbestandene Schafweide hinter der sich der Berg erhob. Der Aufstieg zum Cader Idris war buchstäblich nur einen Steinwurf entfernt. An der Ostseite grenzte das Gelände an einen halbverwilderten Park, der ehemals zu einem Herrenhaus gehört hatte, das kurz nach dem Großen Krieg abgebrannt war. Mittlerweile war das Grundstück Teil des Nationalparks. Im Westen lag das Haus der Landlady, im Süden verlief die Straße, die aber nicht zu sehen war, da eine moosbewachsene Steinmauer den Campingplatz vor Motorengeräusch und neugierigen Blicken schützte. Die wenigen anderen Zelte verloren sich auf der weitläufigen Wiese.

"Dieser Platz ist perfekt..." Lisa blickte zur Bergflanke hoch. Aus dieser Perspektive sieht der Cader Idris aber alles andere als bedrohlich und geheimnisvoll aus...Schaffen wir es noch, einen Blick auf den Kratersee zu werfen?"

Ich sah auf die Uhr. "Nein, heute keinesfalls mehr. Aber keine Angst, das Wetter wird sich halten. Wenn Du Lust hast, könnten wir morgen nacht auf dem Gipfel schlafen. Jetzt sollten wir uns aber beeilen, das Zelt aufzubauen, wenn die Sonne hinter dem Berg dort verschwunden ist, wird es recht kühl werden."

"Was essen wir eigentlich zu abend?"

"Ein paar Kilometer die Straße runter ist ein Hotel. Das Essen dort war beim letzten Mal durchaus in Ordnung."

Als wir das Zelt aufgebaut hatten, ging ich zum Haus der Landlady, um uns anzumelden. Lisa holte derweil Wasser, um Kaffee zu kochen.

"Gibt es eigentlich in Wales einen Ort, an dem man keine Schafe blöken hört?" fragte sie als ich zurückkehrte. "Dieses Geräusch verfolgt mich, seit wir die Grenze überquert haben."

"In der Burg von Caernarvon wahrscheinlich. Und in der Innenstadt von Cardiff sicherlich auch. Aber darüber hinaus gilt, was einst der große Dichter schrieb: 'Denke ich an Wales, höre ich Schafe'."

Lisa lachte. "Ich wußte gar nicht, daß Du Dich mit Gedichten auskennst."

"Du weißt so vieles nicht von mir." Ich gab ihr einen Kuß.

"Aber ich will alles wissen" antwortete sie.

Am folgenden Morgen machten wir uns auf den Weg. Wir kletterten über den Zaun der den Campingplatz vom Parkgelände trennte, und folgten einer Platanenallee, die uns an die Bergflanke führte. Der Pfad zum Gipfel war von einem Gatter versperrt, neben dem ein Hinweisschild angebracht war, das den Weg erläuterte und einige Warnhinweise gab: Man sollte passende Kleidung tragen, Karte, Kompaß, Trillerpfeife Taschenlampe, Nahrungsmittel und ein Erste-Hilfe-Set mit sich führen, vor dem Aufstieg den Wetterbericht konsultieren, daran denken, daß der Abstieg schwerer als der Aufstieg ist, und bei jedem sich andeutenden Wetterumschwung sofort umkehren. Wir schlossen das Tor hinter uns und begannen den Aufstieg. Auf dem ersten Stück führte der Weg steil bergan durch eine dicht bewaldete Schlucht, am Ufer eines Baches entlang, der sich in Kaskaden ins Tal ergoß. Die Bäume zur Linken waren die Überreste eines uralten Eichenwaldes, der seit Ende der letzten Eiszeit dort stand. Zur Rechten setzte sich der Landschaftsgarten mit einer Vielfalt von unterschiedlichen Nadelbäumen fort, Lisa identifizierte Mammutbäume, Zypressen, Kiefern, Tannen und Douglasien. Zwischen den Bäumen wuchsen Blumen, Farne, Flechten und Moose. Wir konnten uns allerdings nicht leisten, unseren Blick allzu sorglos durch die malerische Szenerie schweifen zu lassen, denn auch wenn teilweise Holzstufen in den Hang gelassen waren, mußten wir acht geben, nicht ins straucheln zu geraten, die Steigung war enorm. Nach vielleicht dreihundert Höhenmetern hörte der Wald auf, zuerst auf der Linken, dann schließlich auch zur Rechten. Was blieb waren Farn, Felsen, Heidekraut und mageres Gras. Nun ging es nicht mehr ganz so steil bergan, der Pfad beschrieb einen weiten Bogen nach Westen, und führte durch eine von steilen Bergflanken gesäumte Hochebene, die einigermaßen trostlos und abweisend wirkte.

"Müßten wir nicht längst den Kratersee erreicht haben?" fragte Lisa. "Der Weg scheint ja überhaupt kein Ende zu nehmen."

"Wir haben es gleich geschafft. Wenn wir die Felsen dort vorne umrundet haben, können wir ihn sehen."

Im Zentrum des Cader Idris befindet sich ein hufeisenförmiger Kessel. Ein riesiges natürliches Amphitheater, an dessen gegenüberliegendem Ende der Kratersee lag, der Llyn Cau, das tiefblau schimmernde Tor zur keltischen Unterwelt. Der Mythologie zufolge trieb der Totengott jede Nacht mit seiner Hundemeute die Seelen der Verstorbenen zusammen und geleitete sie durch den Llyn Cau ins Jenseits.

"Bist Du einverstanden, wenn wir dem See keinen Besuch abstatten und ihn uns nur aus der Vogelperspektive ansehen. "

Lisa nickte. "Dieser Anblick erzeugt eine merkwürdige Beklemmung. Es ist alles so..." sie suchte nach dem passenden Wort "... leer hier. Und bedrückend still. Kein Vogel, nicht einmal das ansonsten so allgegenwärtige Blöken der Schafe."

Das einzige Geräusch stammte tatsächlich von dem Bach, der dem Llyn Cau entsprang und sich gurgelnd und plätschernd an der Nordseite des Talkessels seinen Weg bahnte.

Wir bogen also von dem Weg ab, der zum See führte, stiegen linker Hand die Innenseite des südlichen Sattels hoch und überquerten den Kamm. Auf der von leuchtend weißen Quarzadern durchzogenen Außenseite des Cader Idris, laut Karte ziemlich genau oberhalb unseres Campingplatzes, der aber von dort nicht mehr sichtbar war, hielten wir eine kurze Rast.

"Wie ich sagte, es ist alles andere als ein Spaziergang" bemerkte ich. "Man hält es nicht für möglich, aber hier kommen tatsächlich von Zeit zu Zeit Leute um, die sich bei schlechtem Wetter verirren und abstürzen."

Wir wanderten weiter über öde Geröllfelder. Der Weg war teilweise kaum zu erkennen; wäre die Strecke nicht durch im Abstand von ungefähr hundert Metern aufgeschichtete Steinhaufen markiert gewesen, hätten wir uns mit Sicherheit verirrt.

"Eine Landschaft wie auf dem Mars" meinte Lisa.

"Nicht ganz. Auf dem Mars wäre alles von rotem Staub überzogen... Aber hier kann man tatsächlich glauben, daß man sich nicht in Wales, sondern im Himalaja oder in den Anden befindet... Oder eben doch auf dem Mars."

Wir erreichten einen Nebengipfel, von dort führte der Weg dicht am Rand des Kraters wieder ein gutes Stück bergab. An der tiefsten Stelle, bevor der Anstieg zum Penygadair, dem eigentlichen Gipfel, begann, bogen wir vom Pfad ab. Wenig später standen wir direkt über dem Llyn Cau. Ein heftiger Aufwind blies uns ins Gesicht und erzeugte dort, wo er sich in den Felsen verfing, merkwürdig klagende Geräusche. Als würden die Toten ihr Schicksal beweinen.

Lisa zitterte leicht, als ob sie fröstelte, aber das lag sicher nicht an der Lufttemperatur. Ihr war sichtlich unwohl an diesem Ort.

"Du spürst es auch, nicht wahr? Dieses vage Gefühl, daß dies kein Ort für die Lebenden ist... Der Llyn Cau ist wunderschön, vor allem wenn er an bewölkten Tagen seine Farbe immer und immer wieder verändert. Aber man hält sich dort nicht lange auf."

Lisa ging nicht darauf ein sondern sagte nur: "Laß' uns bitte weitergehen, ich möchte gern den Gipfel sehen."

Der Penygadair lag nur dreitausend Fuß über dem Meer. Weniger als tausend Meter also, aber man hatte das Gefühl, auf dem Dach der Welt zu stehen. In drei Himmelsrichtungen umgaben uns die walisischen Berge, und im Westen lag am Ende eines langen Tales hinter einem breiten goldenen Strand das Meer, wie eine vage Verheißung. Ein Stück unter dem Gipfel befand sich eine kleine Hochebene auf der eine Handvoll anderer Wanderer Rast hielt, die wahrscheinlich den leichteren Aufstieg von Dolgellau aus genommen hatten und sich an der Aussicht und dem schönen Wetter erfreuten. Dorthin begaben auch wir uns.

Wir saßen schweigend Seite an Seite auf einer Wolldecke, tranken Tee aus der Thermoskanne und schauten immer wieder auf das Meer. Nach einiger Zeit tauchte ein Mutterschaf mit seinem Jungen auf. Ich griff in meinen Rucksack, nahm eine Packung Cracker, stand auf und näherte mich langsam den Tieren, die zwar neugierig, aber auch nervös waren. Dennoch flohen sie nicht, selbst dann nicht, als ich direkt vor ihnen stand. Ich ging in die Hock, streckte vorsichtig die linke Hand aus und gab dem größeren Tier etwas zu fressen. Gleichzeitig kraulte ich mit der Rechten ganz sanft den Kopf des Schafs. Ich warf ihm noch einen Cracker zu, erhob mich dann und ging zu unserem Rastplatz zurück.

Lisa sah mich staunend an. "Wie hast Du das denn geschafft?"

Ich grinste. "Jacob's Cream Cracker. Die Schafe hier sind derart wild auf Salz..." Ich setze mich wieder und drehte uns Zigaretten von dem Tabak, den wir in Belgien gekauft hatten. Kurz darauf kam eine Heringsmöwe angeflogen und landete neben uns. Gedankenverloren zerbrach ich einen weiteren Cracker und fütterte den Vogel damit. Der würdigte mich allerdings keines Blicks sondern hatte seine Augen statt dessen ebenfalls auf das Meer gerichtet; als wollte er herausfinden, was es dort zu sehen gab. Die fremden Wanderer blickten fasziniert zu uns herüber. Aus der Distanz mußte es so aussehen, als würde die Möwe zu uns gehören. Dann schaffte ich es doch, Blickkontakt mit dem Vogel herzustellen und ihm wie den Schafen kurz über den Kopf zu streichen. Offen gestanden war ich hinterher froh, keine Bekanntschaft mit dem Schnabel gemacht zu haben, aber ich dachte, daß es Lisa gefallen würde.

"Schatz, kannst Du bitte feststellen, ob es ein Junge oder ein Mädchen ist. Wenn wir sie mitnehmen wollen, müssen wir ihr doch einen Namen geben."

Lisa lachte laut auf. "Du Spinner! Das fehlte noch, eine Möwe in meinem Auto. Aber Deine Tricks sind faszinierend."

Ich zuckte mit den Achseln. "Diese Möwen sind so gierig, die versuchen es bei jedem. In Barmouth kann man sie mit Fish und Chips anlocken... Aber man kann nie wissen, vielleicht ist sie auch einer der Geister des Berges, und die muß man versöhnen, bevor man versucht hier zu übernachten.."

Die Möwe leistete uns noch über eine halbe Stunde Gesellschaft, so daß ich mich zu fragen begann, ob wir uns vielleicht in einem früheren Leben begegnet waren. "Eigentlich nicht so schlecht, als Heringsmöwe reinkarniert zu werden," dachte ich laut, und Lisa lachte erneut. Irgendwann flog der Vogel aber doch davon, ich gab ihm noch einen ganzen Cracker mit auf den Weg, vielleicht gab es Kinder, die zu versorgen waren.

Als die anderen Wanderer verschwanden, breiteten wir in einer Mulde unsere Schlafsäcke aus. Wir aßen die mitgebrachten Sandwiches, tranken Cider und sahen der Sonne zu, die sich langsam dem Horizont näherte, um in die Unterwelt hinabzusinken.

"Glaubst Du an Wiedergeburt?" fragte Lisa mich unvermittelt.

Ich schüttelte den Kopf. "Nicht wirklich. Aber es ist eine schöne Vorstellung, die Menschen die man liebt in einem anderen Leben wiederzutreffen... Und in einem anderen Leben erneut eine Chance zu bekommen, sich zu vervollkommnen... Aber wie die Dinge liegen, müssen wir das eine Leben, das wir haben, so gut wie möglich nutzen."

Lisa nahm meine Hand. "Ich glaube auch nicht daran. Aber als ich mich in Dich verliebt habe war das wie ein Wiedererkennen. Wir stiegen vor meiner Wohnung aus dem Taxi, und plötzlich wußte ich, wer Du bist... Ich hätte Dich niemals gebeten, meinen Hintern zu verarzten, hätte ich nicht das Gefühl gehabt, daß Du mich ohnehin in und auswendig kennst, und ich nichts vor Dir verbergen muß."

Ich nickte, sagte aber nichts. Dann stand ich auf, und brachte den Geistern des Berges ein Opfer aus Tabak und Cidre. Auf dem Cader Idris zu übernachten war riskant, am Morgen erwachte man entweder als großer Poet, oder war wahnsinnig geworden.

Kurz vor Sonnenuntergang flüsterte Lisa mir zu: "Ich möchte Dich in mir spüren, bevor die Sonne im Meer versunken ist."

Wir zogen uns langsam aus, die Luft war angenehm kühl, aber nicht kalt. Lisa legte sich auf ihren Schlafsack und spreizte die Beine. Ich befeuchtete sie mit der Zunge, und drang dann vorsichtig in sie ein. Dann lagen wir einfach nur still da. Schließlich küßte sie mich und flüsterte: "Ich möchte jetzt auch eine Opfergabe von Dir."

Ich begann mein Becken zu bewegen. Als die Sonnenscheibe das Wasser berührte, spritzte ich in ihr ab. Es fühlte sich tatsächlich an wie ein feierlicher Augenblick, ein heiliges Ritual.

Lisa strich mir durch die Haare. "Ich liebe Dich" sagte sie leise.

"Und ich liebe Dich" antwortete ich. Es war wie ein Schwur. Aber würde Liebe allein ausreichen, um uns glücklich zu machen? Ich ahnte daß uns nicht gelingen würde, vor der Realität zu fliehen, so weit wir auch davonfuhren.

*

Vierzehn Tage später stiegen wir erneut auf einen Berg. Dieses Mal war es der Mont Aigoual in den Cevennen. Wir wanderten Hand in Hand im Licht des Mondes durch den Garten Gottes. Das alte Arboretum, das diesen poetischen Namen trug, erstreckte sich über mehr als fünfhundert Höhenmeter bis fast zum Gipfel. Wir schwiegen und lauschten den Geräuschen des Waldes. Ein Rascheln hier, der Ruf eines Käuzchens dort. Und dann wieder vollkommene Stille. Immer wenn der Weg schwieriger wurde, schalteten wir unsere Stirnlampen an. Es dauerte Stunden, bis wir das Gipfelplateau erreicht hatten. Der Mond ging gerade unter. Wir breiteten unsere Schlafsäcke auf einer kleinen Erhebung in Sichtweite des Observatoriums aus, setzten uns, blickten nach Osten, tranken etwas Wein, rauchten und erwarteten den Sonnenaufgang. Der Himmel hatte sich nur unmerklich verfärbt, als der Horizont an mehreren Stellen schwach zu leuchten begann.

"Das sind die schneebedeckten Gipfel der Alpen" flüsterte Lisa. Der Himmel hellte sich weiter auf, das Leuchten verschwand, und die dunkle Silhouette des Bergmassivs wurde sichtbar.

"Komm, wir müssen uns umdrehen."

Wir blickten nun nach Westen. Dort war der Himmel noch tiefdunkel. Dann ebenfalls ein Leuchten, dieses Mal ein blasses Orange. Die Pyrenäengipfel reflektierten das Licht der Sonne. Das Schauspiel dauerte nur wenige Minuten. Dann tauchte die Sonne über dem östlichen Horizont auf. Lisa bedeutete mir, mich erneut umzudrehen. Im Südwesten sah man nun hinter einer Kette von Bergkuppen die sonnenbeschienene See. Das Mittelmeer wirkte wie eine Verheißung.

Wir liebten uns im Licht der aufgehenden Sonne, und wieder war es wie ein Ritual. Danach schmiegten wir uns aneinander und schliefen ein. Als die ersten Autos die Straße zum Observatorium hochkamen, erwachten wir, aßen eine Kleinigkeit und machten uns an den Abstieg. Dann fuhren wir nach Beauvoisin. Der Ort lag nur vierzig Kilometer Luftlinie vom Aigoual entfernt, aber wir brauchten auf den engen und gewundenen Straßen über eine Stunde. Wir frühstückten in einem Café am Rand des Marktplatzes, saßen im Schatten unter römischen Arkaden. Wieder einmal erstaunte mich, welche Urbanität diese kleinen Landstädtchen im Süden ausstrahlten. Der Ort hatte höchstens fünftausend Einwohner, dem Treiben nach zu urteilen hätte man sich ebenso gut in einer Großstadt befinden können. Dann nahmen wir uns ein Zimmer in St. Firmin, einem nahegelegenen Ort, der wie Beauvoisin im Tal der Devèze lag. Die Pension befand sich in einem umgebauten Bauernhof. Lisa kannte die Eigentümer, Marie und Pierre. Es stellte sich heraus, daß die beiden früher als Ethnologen gearbeitet, sich dann aber in die Cevennen zurückgezogen hatten. Nach einem ausgedehnten Mittagsschlaf war es zu spät, um noch etwas zu unternehmen. Also setzten wir uns in den Garten und lasen. Irgendwann erhob sich Lisa, um Marie bei den Vorbereitungen zum Abendessen zu helfen, während ich unsere Wäsche aufhängte, die wir gleich nach der Ankunft in der Maschine verfrachtet hatten.