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Alle Kommentare zu 'Kiki96 (2015)'

von GhostSong

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  • 2 Kommentare
Auden JamesAuden Jamesvor mehr als 8 Jahren
Das erste Mal gegen Bezahlung

Der vorliegende Text bietet dem geneigten Leser eine im Prinzip nicht schlecht angedachte Miniatur über die erstmalige Flucht eines sexuell frustrierten Ehemanns aus dem Ehebett in die Arme einer Prostituierten. Leider aber büßt diese Grundidee in der vorliegenden Umsetzung durch „GhostSong“ durch viele mehr oder minder schwere Störfaktoren erheblich an ihrem Lesegenuss ein.

Das beginnt auf der höheren Ebene mit der uneindeutigen Erzählperspektive, die zwischen der von „Erich“ und „Kiki“ schwankt, ohne wirklich auktorialen Charakter anzunehmen, was bei einem so kurzen Text wie dem vorliegenden nicht funktioniert. Zudem bleibt das Verhalten der „Kiki“ völlig unverständlich, dass deren plötzliche Hingezogenheit zu „Erich“ ergibt aus nichts, was im Text zu finden wäre, sondern scheint außerhalb desselben – durch die Hand des Autors – erklärbar. Ferner finden sich diverse kleine Unstimmigkeiten im Text, die nichtsdestominder den Lesefluss erheblich stören:

Zu Beginn wird der Preis ausgemacht, der sich auf 150 € beläuft, was drei 50er Scheinen entspräche. Im Text aber „zückte [Erich] fünf fünzig Euro Scheine“, wobei 5 x 50 € nach Adam Riese 250 € ergibt. Die Rechnung geht also nicht auf! (Und was mit der Differenz passiert bzw. was es mit dieser auf sich hat, bleibt unerklärt.) Des Weiteren sorgen diverse Formulieren für Irritationen, wie z. B. die Rede vom Ausschnitt, der die „üppigen Titten nur so aus dem Dekolletee quellen“ ließe, denn der Ausschnitt ist ja schon das Dekolleté, was zum einen Redundanz und zum anderen Begriffsverwirrung bedeutet, denn gemeinhin sind Ausschnitte nicht in der Lage irgendetwas zu veranlassen (wie z. B. das Hervorquellen von Titten), oder ein „beinahe lautlos[es]“ Öffnen des Hosenkopfes, das die Frage aufwirft, seit wann das Öffnen desselben sonderlich viel Krach machen würde, etc. Darüber hinaus wirken zudem die beständigen Wechsel in der Bezeichnung der männlichen Hauptfigur zwischen „Erich“ und „der Alte“ befremdlich, aber sie mögen symptomatisch sein für die eingangs kritisierte uneindeutige Erzählperspektive.

Positiv wiederum fällt die Schilderung der Fellatio im Auto auf, die die Intensität des Akts stärker einzufangen vermag, als dies vielen anderen vergleichbaren Texten der jüngeren dt. LIT-Vergangenheit gelungen ist. Trotzdem: Die Entscheidung für die Perspektive einer der beiden handelnden Figuren – „Erich“ oder „Kiki“ – hätte die Wirkung der Szene, denke ich, noch verstärkt, denn so, wie sie jetzt geschrieben ist, lässt sie ein gewisses Maß an Einsicht in die jeweiligen Figuren vermissen: Die Schilderung ist weder hautnah dabei noch kühl distanziert, ein Mittelding, das letztlich, wie der gesamte Text, nur teilweise überzeugt.

Ausdrücklich zu loben ist abschließend der erkennbare Wille des Autors, eine richtige erotische Kurzgeschichte zu veröffentlichen. Daran sollten sich viele andere ein Beispiel nehmen!

Fazit: Ein Text, der seine gute Grundidee – das erste Mal mit einer Prostituierten – nur bedingt gut umzusetzen vermag, aber immerhin dem geneigten Leser eine richtige Geschichte bietet. Kann man bei Interesse durchaus lesen!

–AJ

Auden JamesAuden Jamesvor mehr als 8 Jahren
∴ { ◊ • 1 ½ STERNE • ◊ }

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