Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Klassenfahrt

ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

Julia zerstampfte ihre Kartoffeln als würde sie überprüfen wollen, was dieser Teller wohl so alles aushalten konnte. Irritiert schaute Ben zu Nadine.

"Ich bin in keiner Beziehung. Wie kommst du darauf?", fragte er.

"Oh, ich hatte das sowas gehört", erwiderte sie scheinheilig und süffisant lächelnd, „aber dann habe ich das vielleicht falsch verstanden und du bist nur interessiert an jemandem?"

Ben, der sich zusehends fühlte, als sei er der Hauptverdächtige einer Ermittlung, schaute sich hilfesuchend zu Julia um. Sah aber direkt, dass er aus dieser Richtung nichts zu erwarten hatte. Ihr Kopf war rot. Sehr rot. Und er hätte schwören können, die Luft um sie herum vor Hitze flimmern zu sehen. Ihr Gesichtsausdruck hatte etwas Blutrünstiges an sich. Was war nur mit den beiden Frauen los?

"Ähm. Ich weiß nicht worauf du hinaus willst. Wieso interessierst du dich so sehr dafür?", wich er der Frage aus. Nicht sehr geschickt, aber zumindest blieb er ihr so eine Antwort schuldig.

"Och naja, ich dachte, wir zwei könnten ja sonst heute Abend eine Runde spazieren gehen. Und ein wenig die Gegend erkunden".

*KNALL*

In unmittelbarer Nähe zuckte jeder zusammen. Julia hatte ihr Besteck auf den Tisch geschmettert und stand ruckartig auf. Um ein Haar wäre auch noch der Stuhl umgeworfen worden.

"Entschuldigt mich!", presste sie mit zusammengebissenen Zähnen aus sich heraus und verließ fluchtartig den Saal. Sie hinterließ einen Haufen teils belustigt, teils entsetzt aussehende Schüler. Herr Nagel war schon auf halbem Wege hinterher, in der Annahme, einer seiner Schülerinnen ging es schlecht oder schlimmeres. Nadine, die damit aber gerechnet hatte, sprang auf und überzeugte ihn in wenigen Worten, dass es nichts dergleichen ist und sie nur eine Freundin brauchte.

Ben, der völlig sprachlos auf seinem Stuhl saß und sich ernsthafte Sorgen machte erklärte sich erstmal dazu bereit Julias Platz zu säubern.

Nadine eilte ihrer Freundin hinterher. Wo war sie hin? Aufs Zimmer? Raus an die frische Luft? Sie entschied sich für die Möglichkeit des Zimmers. Schließlich hatte niemand eine Jacke mitgenommen und es war eisig draußen. Sie sollte damit Recht behalten. Als sie das Zimmer vorsichtig betrat, sah sie erstmal nichts. Das Zimmer war nicht beleuchtet und ihre Augen mussten sich erstmal an die schwachen Lichtverhältnisse gewöhnen. Gut zu erkennen waren allerdings die Umrisse Julias. Sie saß zusammengekauert in der Fensterbank und blickte nach draußen.

"Hey", begrüßte Nadine sie vorsichtig. Sie befürchtete, dass sie viel zu weit gegangen war und bereute ihr radikales Vorgehen nur um sich selbst zu beweisen, dass sie mit Ihrer Vermutung richtiglag.

Julia schwieg. Blickte nicht einmal auf. Nadine trat näher an sie heran und setzte sich zu ihr in die Fensterbank. Im schwachen Mondlicht konnte sie erkennen, dass sie ihre beste Freundin zum Weinen gebracht hatte. Diese Tatsache versetzte ihr einen schmerzhaften Stich.

‚Was habe ich mir nur dabei gedacht?', schalt sie sich.

"Julia...", begann sie mit belegter Stimme, „es tut mir so leid! Ich wollte dich nicht verletzen!", entschuldigte sie sich mit bebender Unterlippe.

Julia schwieg und starrte weiterhin hinaus.

Nadine griff nach ihrer Hand.

"Es ist Ben richtig?", fragte sie Julia mit ernstem Blick.

Diese regte sich erschrocken. Damit hatte sie nicht gerechnet. Tränen rannen ihr erneut über die Wangen. Sie nickte kaum merklich. Die bloße Tatsache, dass es jemand aussprach und aus einem Gedanken und einem Gefühl eine Tatsache schuf, sorgte dafür, dass sie von einem Wirrwarr aus Angst, Scham, Verwirrung, aber irgendwie auch Erleichterung überflutet wurde.

"Ach Süße..."

Nadine erhob sich und kam auf sie zu, um sie in die Arme zu schließen. Dankbar ließ Julia sich darauf ein und weinte stumm, ihren Kopf an die Brust ihrer Freundin gelehnt.

Es dauerte mehrere Minuten bis Julia die Umklammerung mit Nadine freiwillig löste. Sie schniefte und wischte sich die Tränen aus den geröteten Augen. Heiser und flehend fragte sie:

"Was soll ich jetzt nur machen?"

"Ich weiß es nicht", antwortete Nadine, "das kommt darauf an, was du möchtest."

Julia schwieg und die Frage blieb offen im Raum stehen. Sie wusste nicht einmal was genau sie empfand. Wie sollte sie da wissen was sie wollte? War es Eifersucht? Missgunst? Wieso um alles in der Welt wurde sie derart wütend, wenn ein anderes Mädchen, selbst ihre beste Freundin, der sie nur das Allerbeste wünschte, sich an ihren Bruder schmiss? Und gleichzeitig fühlte sie sich nirgends so wohl, so zufrieden und ausgeglichen, als wenn sie mit Ben zusammen war. Das war doch verrückt!

"Ich kann doch nicht wirklich in meinen Bruder verliebt sein?!", lachte sie unsicher.

Nadine lächelte. Sie fand es irgendwie süß. Solange sie die beiden kannte, und das war ihr ganzes Leben, waren Ben und Julia ein Herz und eine Seele.

"Och...", formulierte sie vorsichtig, „Ben ist doch eine fantastische Partie soweit ich das beurteilen kann. Intelligent, gutaussehend, total lieb...Wie sollte man sich da nicht in ihn verlieben? Mal davon abgesehen ist er nur dein Bruder!"

Den Rest des Abends unterhielten sich die beiden Freundinnen über Julias Gefühle und die einhergehende Situation und Problematik. Weit nach Mitternacht wollten die Mädchen doch endlich zu Bett gehen. Julia konnte sich dank der einfühlsamen und aufrichtigen Worte ihrer Gesprächspartnerin mit ihrer Gefühlswelt auseinandersetzen und es auch irgendwie akzeptieren. Sie war Ben verfallen. Eine neue Angst packte sie mit dieser Einsicht. Sie empfand eine Liebe, die womöglich niemals erwidert werden würde. Nadine, die diese Ängste natürlich sofort erkannte meinte:

"Du solltest es ihm sagen. Redet miteinander. Ich kann nicht glauben, dass, sollte er nicht so empfinden, dich wegstoßen würde oder schlecht von dir denken würde. So ein Mensch ist er nicht!"

Nein. So ein Mensch ist ihr Ben nicht. Mit diesem beruhigenden Gedanken schlief sie ein.

Eine vielsagende Geste

Ben wachte am nächsten Morgen sehr früh auf. Es war noch dunkel. Verschlafen schaute er auf sein Telefon. Kurz nach Fünf. Verdrossen prüfte er, was ihn geweckt hatte. Innerhalb eines Herzschlags war er munter.

"Bist du schon wach?" leuchtete ihm entgegen.

"Jetzt schon ;-P ", schickte er zurück.

Die nächsten zwei Minuten erschien nur ‚Julia schreibt' im Chatfenster. Neugierig wartete er auf ihre Nachricht. Was war so dringend, dass sie um diese Uhrzeit schrieb und nicht bis zum Frühstück warten konnte? Es muss mit gestern Abend zu tun haben, schlussfolgerte er.

Ein einzelnes Wort erschien im Chat.

„Spazieren?"

Ben wurde immer nervöser. Wieso war Julia so kryptisch? Er machte sich Sorgen. Es war nicht ihre Art so schnell aus der Haut zu fahren. Auch diese Geheimniskrämerei war nicht üblich für sie. Irgendetwas belastete sie schwer.

Eilig schrieb er ihr sein okay, schlüpfte so schnell er konnte aus dem Bett ohne großartig Geräusche zu verursachen und zog sich in fast absoluter Dunkelheit an. Das fahle Mondlicht reichte gerade so aus um die Umrisse der einzelnen Möbel wahrzunehmen. Augenblicke später schlich er aus dem Raum hinaus auf den Flur. Das Haus war still. Die spärliche Nachtbeleuchtung gepaart mit der Ruhe, hatte etwas Unheimliches an sich. Er konnte sein eigenes Blut rauschen hören. Schnell lief er die Treppen ins Erdgeschoss hinunter und Schritt durchs Foyer zur Eingangstür. Aus dem Speisesaal waren bereits die Vorbereitungen für das Frühstück zu hören. Er erschauderte bei dem Gedanken so früh bereits arbeiten zu müssen.

Als er nach draußen trat schnappte er nach Luft. Es war eisig. Ben zog sein Handy aus der Innentasche seines Mantels. 5:25 Uhr schien ihm entgegen. Er tippte auf seine Wetter-App.

-17°C. Ein Schauer lief ihm den Rücken hinunter. Glücklicherweise war er so warm eingepackt. Es dauerte nur wenige Augenblicke und er hörte die Tür sich öffnen und sah Julia heraus huschen.

Als Ben sie sah fing er an zu strahlen.

„Guten Morgen", begrüßte er sie fröhlich.

„Hey", kam schwach zurück.

Julia bemühte sich um ein Lächeln. Es gelang ihr aber nur schwer. Sie sah verunsichert und durcheinander aus. Beinahe ängstlich. Bens Lächeln schmolz dahin und wich einem sorgenvollen Ausdruck. Was war nur los mit ihr? Er entschied sich nicht direkt zu fragen und sie auf ihn zukommen zulassen. Dieser Spaziergang, dessen war er sich sicher, würde viele Antworten liefern.

„Wollen wir am See entlanggehen?", fragte sie tonlos. Ben nickte und zusammen schlenderten sie um den Gasthof herum in Richtung Badesee, welcher nur wenige Gehminuten entfernt war.

Zwischenzeitlich wich die Dunkelheit stetig einem Purpur. Die Sonne ging auf und es versprach ein wunderschöner Morgen zu werden. Einige Minuten gingen sie schweigend nebeneinander her. Allerdings empfanden die zwei es nicht als unangenehm, oder bedrückend. Im Gegenteil. Sie genossen die Ruhe und die frische klare Bergluft, den atemberaubenden Ausblick und nicht zuletzt die vertraut intime Gesellschaft des jeweils anderen.

So verstrich die Zeit. Mit jedem Schritt wurde Julia angespannter. Sie hatten jetzt schon fast die Hälfte des Weges um den See zurückgelegt. Aber wie sollte sie bloß anfangen? Ihr wurde schlecht vor Aufregung. Mittlerweile bezweifelte sie, ihm ihre Gefühle offenbaren zu können. So vieles könnte dadurch für immer zerstört werden.

Dreiviertel des Weges...

Den Purpurnen Himmel durchzog nun ein sattes orange-rot als die Sonne am Horizont aufging und den Frühnebel unaufhörlich zurückdrängte.

Julia hörte ihr eigenes Blut rauschen. Ihr wurde beinahe schwindelig. Sie nahm all ihren Mut zusammen. Julia ergriff seine Hand. Sie sagte nichts. Änderte nicht die Geschwindigkeit des Gehens. Nur spazierten sie plötzlich Hand in Hand. Überrascht sah Ben zu ihr herab. Sie schaute hoch. Blickte in seine braunen Augen und versuchte verzweifelt all ihre Gefühle, alles was sie ihm eigentlich sagen wollte und doch nicht traute in ihren Blick zu legen und hoffte er würde es verstehen. Tränen ließen ihre Sicht verschwimmen. Ben blieb stehen. Er verstärkte leicht seinen Griff und zwang Julia somit ebenfalls zu stoppen und sich ihm zuzuwenden. In diesem Moment wurde Zeit bedeutungslos. In diesem einen Moment welcher ein Augenblick, oder eine Ewigkeit hätte sein können. In dem sich diese beiden Menschen bei Sonnenaufgang an einem zugefrorenen See Hand in Hand gegenüberstanden. Umgeben von dichtem Morgennebel, der langsam über den Boden zog und den wärmenden Sonnenstrahlen wich, existierten nur Ben, Julia und ihre erblühenden Gefühle füreinander. Niemand sagte ein Wort und doch verstanden sie alles.

Aller Anfang ist schwer

Wie lange die beiden da standen, wussten sie nicht. Doch irgendwann wurden sie aus ihrer Trance gerissen. Sie hörten es brummen. Julia erschrak und griff schnell zu ihrer Gesäßtasche in der ihr Handy vibrierte. Hier am See war es so leise, dass Ben das Telefonat ohne Schwierigkeiten mithören konnte.

"Julia, wo bist du? Geht es dir gut? Du kannst doch nicht einfach so verschwinden und mir keine Nachricht hinterlassen!", hörte er die vorwurfsvolle Stimme Nadines. Schuldbewusst dreinblickend beruhigte Julia ihre Freundin.

"Es tut mir leid Nadine, sorry! Es war recht spontan und dann hab ich's vergessen. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen, ich bin nur am See spazieren. Es ist alles gut!"

Zu Ben aufschauend, der ihrem Blick diesmal standhielt, ergänzte sie glücklich lächelnd:

"Sogar sehr gut. Wir sind auch gleich wieder da. Ne viertel Stunde schätze ich. Das Gasthaus ist schon in Sichtweite."

Nadine, die schnell schaltete flüsterte jetzt ins Telefon.

"Wir? Was heißt hier 'wir'? Süße, du musst mir gleich alles erzählen! Ich platze sonst vor Spannung! Und trödelt nicht ihr beiden Turteltauben! In einer halben Stunde beginnt das Frühstück!"

Mit den letzten Worten legte sie auf. Das war aber normal für Nadine. Julia kannte es gar nicht anders. Mit fragenden Ausdruck blickte Ben zu ihr. Julia grinste ihn immer noch etwas unsicher an.

"Das war Nadine. Sie hat sich Sorgen gemacht. Ich hatte vergessen ihr eine Nachricht da zu lassen. Und sie hatte noch daran erinnert, dass..."

Sie zögerte einen Augenblick, wollte ihn aber keinesfalls belügen.

"Sie wollte uns noch daran erinnern, dass wir uns sputen müssen um nicht zu spät zum Frühstück zu kommen."

Ben fragte sich in dem Moment, was Nadine wusste. Was sie vermutete und was ihr nicht bekannt war. Ihm wurde etwas flau im Magen.

"Sie...", wollte er gerade fragen, als sie ihm ins Wort fiel.

"Ja", ergriff sie schnell die Initiative. Sie wollte es jetzt erzählen bevor sie anfing darüber nachzudenken und den Mut zu verlieren.

"Ich musste mich ihr anvertrauen. Sonst wäre ich wahrscheinlich daran zerbrochen. Wir haben gestern bis in die Nacht geredet und sie hatte mir den Mut gegeben das hier heute Morgen zu tun und..."

Während sie sprach blickte sie peinlich berührt zu Boden und begutachtete ihre Turnschuhe. Sie glänzten vor Reif.

Julia hatte nicht mal aussprechen können, als Ben sie in eine innige Umarmung zog und fest an sich drückte.

"Dann muss ich mich wohl gleich bei ihr bedanken", flüsterte er ihr ins Ohr.

Sie schaute überrascht auf und erblickte ein paar feuchte, vor Glück strahlende, braune Augen. Bens Herz schlug ihm bis zum Hals. Sein Magen verkrampfte. So nahe waren sie sich noch nie. Er spürte ihren warmen Atem im Gesicht. Nahm ihren Geruch wahr. Sah in die smaragdgrünen Augen, in denen er sich so gerne verlor und bemerkte ihre vollen Lippen, die er so sehnlichst fühlen wollte.

Er kam ihr ein Stück näher.

Julia erlitt einen kleinen Herzinfarkt. Ihr wurde schlagartig bewusst, wie nahe sie Ben war. Ihr wurde gleichzeitig heiß und kalt. Ihre Finger taub und ihre Knie weich. Sein Gesicht kam näher. Sie spürte die Wärme seines Atems. Nur noch eine Handbreit trennte sie von dem Mann den sie so sehr begehrte. Nur noch eine Handbreit trennten sie von einer Fantasie und Realität. Sie schloss die Augen und überwand die Distanz.

Warme, weiche Lippen trafen auf zarte. Erst zögerlich, fast ängstlich. Doch dann immer intensiver und fordernder, als sei dieser Kuss viele Jahre überfällig gewesen. Julias Geist schaltete sich ab. All die Angst, all die Qual war vergessen. Sie ließ sich fallen. Wissend, dass ihr Ben sie auffangen würde.

Nach Ewigkeiten, vielleicht auch nur Sekunden, lösten sie ihren ersten Kuss. Beide waren außer Atem. Julia öffnete ihre Augen und musste erst einmal blinzeln. Sie strahlte Ben vor Glück an. Dieser lachte zwar auch, konnte seine Tränen aber nicht länger zurückhalten und wollte sich peinlich berührt wegdrehen. Julia hielt ihn davon ab und funkelte ihn böse an.

"Wehe du schämst dich jemals davor mir deine Gefühle offen zu zeigen! Das ist eine wundervolle Eigenschaft du Hirni!"

Ben lachte auf. Tiefe Dankbarkeit durchflutete ihn. Er wischte sich die Tränen aus dem Gesicht und ergriff ihre Hand.

"Danke", krächzte er mit belegter Stimme.

"Wir sollten jetzt wirklich zum Frühstück. Sonst kriegen wir Ärger. Oder man schöpft Verdacht!", mahnte jetzt Julia mit einem besorgten Blick auf ihre Armbanduhr.

Sie ergriff seine Hand und zog ihn mit sanfter Gewalt in Richtung Herberge. Als sie in die Straße des Gasthofes einbogen, ließen sich die beiden widerwillig, doch in stiller Übereinkunft los und gingen eilig durch den Eingang und in den Speisesaal. Leicht außer Atem ließen Ben und Julia sich links von Nadine auf die Stühle fallen. Sie waren nicht einmal die letzten Schüler im Raum und es war niemanden aufgefallen, dass jemand fehlte. Niemanden bis auf Nadine. Diese grinste über beide Ohren ihre Freunde an.

"Guten Morgen ihr zwei!", feixte sie, "habt ihr gut geschlafen?"

Scheinheilig lächelnd antwortete Julia zuerst.

"Hey! Also erstmal alles Gute zum Geburtstag meine Süße!", gratulierte sie und nahm ihre beste Freundin stürmisch in den Arm.

"Ich für meinen Teil, joa. Und du, Ben?"

"Wie ein Stein. Auch von mir alles Gute zum Geburtstag!", kommentierte er.

"Und ich hab einen Bärenhunger! Entschuldigt mich.", setzte er nach.

Ben stand auf und ging zum Buffet.

Nadine hibbelte aufgeregt auf ihrem Platz herum und wirkte ein wenig wahnsinnig auf Julia, die anfing zu kichern.

"Nicht hier und nicht jetzt! Beherrsch dich!", mahnte sie.

So aufregend und fantastisch sie selbst es auch empfand und so gerne sie sofort alles erzählen wollte, so war die Situation ernster und gefahrvoller als man vielleicht glauben wollte. Und das musste allen dreien bewusst sein. Auch wenn sie natürlich nichts Verbotenes taten, wäre es für die Schüler sicherlich ihr gesellschaftliches Aus.

Nadine begriff natürlich sofort und versuchte sich weitestgehend zu zügeln, da stand auch schon Ben wieder neben ihnen. Mit einem Tablett und je drei Mal Kaffee und Orangensaft in den Händen.

"My Ladys", sagte er grinsend und mit übertriebener Höflichkeit, als er auch schon wieder verschwand um sich diesmal tatsächlich etwas zu Essen zu organisieren.

"Lass diesen Schatz nie wieder gehen!", murmelte Nadine Julia ins Ohr, als beide sich ebenfalls erhoben, um sich ihr Frühstück zu besorgen.

Nachdem nun alle gegessen hatten und sich der eine oder andere noch ein Brötchen für später einwickelte, erhob sich Herr Nagel. Er wollte noch ein paar Sätze loswerden.

"Guten Morgen zusammen! Ich hoffe ihr hattet alle eine erholsame Nacht? Wir werden gleich unsere Ausrüstung empfangen. Aber vorher müssen wir uns in zwei Gruppen aufteilen. Alle die Snowboard fahren wollen, bitte die Hände hoch!"

Ein Großteil der Klasse hob die Hand.

"Bedenkt bitte, dass diese Entscheidung endgültig ist! Ein späterer Wechsel ist Kursbedingt nicht möglich!"

Einige Hände gingen unsicher runter. Woher sollten sie denn auch wissen, was sie wollten? Fast jeder hier in der Klasse würde heute das erste Mal Ski- bzw. Snowboard fahren.

Julia und Ben brauchten nicht überlegen. Sie wollten Skilaufen. Herr Nagel hatte auf der Fahrt nämlich erwähnt, dass das technisch einfacher sei. Nadine hingegen ließ sich nicht beirren. Snowboards waren viel cooler!

Nach einigem hin und her waren endlich zwei halbwegs gleich große Gruppen geschaffen worden und die Klasse wurde entlassen. Sie sollten sich in ihre Skiklamotten werfen und sich vor dem Gasthof sammeln um die Ausrüstung zu empfangen und dann per Bus zur hiesigen Skipiste zu fahren. Kaum waren die beiden Mädchen im Zimmer und die Tür hinter ihnen geschlossen, wurde Julia mit Fragen bombardiert.

Diese wehrte aber ab.

"Ich erzähle dir das nachher in aller Ruhe, ja? Wir müssen uns doch jetzt beeilen!"

"Jetzt gib mir doch zumindest einen Brocken!", jammerte Nadine.

Julia seufzte. "Nagut, nagut."

Nach einer übertrieben langen Kunstpause platzte es letztlich aus ihr heraus.

"Wir haben uns geküsst!", quietschte sie förmlich, errötete wie eine Tomate und fing an auf der Stelle zu hüpfen.

Nadine war eine Sekunde lang baff, doch dann stieg sie in das Freudengehüpfe mit ein und löcherte ihre Freundin, nicht weniger quietschig, mit noch mehr Fragen. Diese lehnte Julia nun aber doch ab. Sie mussten sich wirklich beeilen. Versprach aber, bei nächster Gelegenheit mit ihr darüber zu reden.

Nadine war damit nicht gerade glücklich, konnte es aber natürlich verstehen. Zügig zogen die beiden sich um und eilten zum Bus.

Am Skiort angekommen wurden die Schüler von den beiden Skilehrern munter empfangen und es begann mit ein bisschen Theorie und anschließenden Trockenübungen für alle. Nach einer Stunde ging es dann Richtung Skilift und die Stimmung wurde ausgelassener. Der anfängliche Nebel am Morgen war längst einem strahlend blauen Himmel gewichen.

"Oh mein Gott, ich bin so aufgeregt!", plauderte Nadine plötzlich los, als sie durch den Schnee stapften.

"Ich hoffe ich kann mir das alles merken was wir gerade gelernt haben. Ich werde bestimmt die ganze Zeit hinfallen oder aber vergessen wie man bremst und die Klippen herunterschießen!"