Swipe, um zu sehen, wer jetzt online ist!

Lara

ÖFFENTLICHE BETA

Hinweis: Sie können die Schriftgröße und das Schriftbild ändern und den Dunkelmodus aktivieren, indem Sie im Story-Infofeld auf die Registerkarte "A" klicken.

Sie können während unseres laufenden öffentlichen Betatests vorübergehend zu einem Classic Literotica® Erlebnis zurückkehren. Bitte erwägen Sie, Feedback zu Problemen zu hinterlassen oder Verbesserungsvorschläge zu machen.

Klicke hier

Wir diskutierten hitzig. Oder wohl eher: Ich diskutierte. Sie stand nur da und schüttelte wiederholt den Kopf.

»Du weißt, dass ich dann nicht schlafen kann.« sagte sie traurig.

Ich taxierte herausfordernd ihr Gesicht. Ihr Mitleid machte mich hilflos. Aber das feuchte und nahe verzweifelte Glitzern in ihren Augen war echt. Sie schämte sich selbst für das, was sie von mir forderte. Und ich begriff, dass ihr Einkauf in der blickdichten Plastiktüte da ihr ebenso unangenehm sein würde wie mir. Was würde sie tun, wenn ich mich weigerte? Mich rauswerfen?

»Also gut. Was hast Du in der Tüte?« lenkte ich schließlich ein.

Sie zog ihre Schultern verklemmt ihren Nacken hinauf, indem sie die Tüte lüftete. »Eine Lösung für dein Problem. Mit dem Arm.« murmelte sie und nuschelte immer mehr, als hätte ich sie beim Verpacken meines Weihnachtsgeschenks überrascht. »Ich habe mir Sorgen gemacht, ob das nicht gefährlich sein kann, wenn der nachts so abgespreizt daliegt.«

Sie hatte sich Sorgen gemacht, um mich; und nun genierte sie sich, weil ich ihr Kümmern so grob zurückwies. Ich resignierte; sie deutete mein Mienenspiel entsprechend und fummelte endlich den Karton und das knisternde Packpapier auseinander.

Darunter zum Vorschein kam, aus schwarzem Leder ein Halsband; Im Karton klirrte es, als sie es heraushob und mir bescheiden präsentierte. Vorne war eine metallener Ring daran befestigt, während es hinten mittels einer dicken Lasche um eine kleine weitere Öse zu schließen war. Dicke ockerfarbene Nähte waren durch die Ränder gesteppt.

»Wenn Du nichts dagegen hast, würde ich es Dir jetzt anlegen.« vermerkte sie mit einem bittenden Blick auf ihre Armbanduhr. Ich verstand erst, als sie umständlich eine Gliederkette aus Metall und zwei kleine goldene Vorhängeschlösser aus dem Karton kramte. Sie wollte, dass ich auch angekettet bequem schlafen konnte. Für einen Moment rührte mich ihre Fürsorge, und ich vergaß die Abstrusität der Situation.

Da ich weiter nichts zu widersprechen hatte, trat sie heran und beugte sich einfach zu mir vor und nahm das Halsband hoch. Meine Arme hingen erschlafft zur Seite hinab auf dem Bett; ich genoss gar ihre Nähe und fragte mich, ob dass der Beginn einer Gehirnwäsche war. Wahrscheinlicher eher, dass ich selber die Silberfäden um meine Stirn sponn, als dass sie mich umgarnte.

»Du wirst sehen, es ist ganz bequem.« säuselte sie, indem sie jetzt ziemlich nahe an meinem Ohr hantierte. Und da behielt sie Recht. Das fest geformte Leder schloss sich erstaunlich weich um meinen Hals, noch weit unter meinem Adamsapfel anstatt dass es hätte unangenehm werden können beim Atmen oder beim Schlucken. Kurz ruckelte es etwas drückend, als sie das Lederband um meinen Nacken fixierte, dann entspannte ich meinen Hals, zur gleichen Zeit wie ich das helle Klicken des Vorhängeschlosses vernahm.

Jetzt holte sie die Kette und hielt sie gespannt zwischen ihren Händen, stand vor mir mit höflicher Distance und ich harrte dem schicksalsergeben. Wartete sie darauf, dass ich sie heranbat und es ihr gestattete? Fragend blickte ich sie an.

»Wenn Du so schlafen willst wie gestern...« begann sie, die Ellenbogen reserviert am Körper, »müsstest Du dich jetzt fertigmachen. Wegen der Kette.«

Nun gestattete ich mir doch eine missmutige Miene, als ich mich stumm Pullover und Shirt entledigte und sie schließlich ohne viel Brimborium die Kette durch den Ring an meinem Hals zog, und mittels des zweiten Vorhängeschlosses an einem Querbarren des Bettgestells befestigte; Dazu musste ich mich ein wenig runterbeugen.

»Alles gut?« fragte sie. Jetzt konnte ich das Bett nicht mehr verlassen. Bis zum morgen, wo sie kommen würde, um mich loszubinden. Für einen Moment fühlte ich mich tatsächlich etwas gedemütigt bei dem Gedanken solcherart ins Bett gewiesen und wieder desselben befreit zu werden, wie ein kleines Kind. Nur mit einem Halsband, das mich hierbehielt. Eine leichte Röte stieg mir ins Gesicht.

»Ich lasse mein Handy auf laut.« schloss sie im Aufstehen. »Dann kannst Du mich nachts mit einem Anruf aufwecken, wenn irgendwas ist. Wo hast Du...«

»In meinem Rucksack.« unterbrach ich sie, mit etwas rauer Stimme. Beim Sprechen merkte ich den Druck des Riemens doch. Ich wollte schon aufstehen, aber im letzten Moment besann ich mich vor dieser demütigenden Szene und wies sie an, in welchem Fach sie mein Handy fände. Sie kramte ungeniert in meinen Sachen, meinem Deo und meinen Unterhosen, bis sie das kleine blau leuchtende Ding fand, das sogleich fordernd vibrierte.

»Du hast eine Nachricht von Vanessa.« zitierte sie ernst. »Ich lege es Dir hier hin, gleich auf den Nachttisch. Möchtest Du jetzt schon schlafen?«

Die Frage überrumpelte mich. Wollte sie mich zudecken oder was? Ich musste ja schließlich noch meine Hose ausziehen. Aber ich konnte ja nicht einmal aufrecht sitzen. Was sollte ich schon tun als schlafen?

»Tut mir Leid, ist ja nicht meine Sache.« revidierte sie, als ich noch eine Antwort suchte. »Das steigt mir wohl etwas zu Kopf diese Sache mit der Kontrolle.« Ihr Blick war für einen Moment vernebelt und sie starrte dämmerig ins Leere. »Eine Schwäche, nichts weiter.« murmelte sie.

Sie sah sehr sorgenvoll aus. »Gute Nacht.« sagte ich laut.

Dann schüttelte sie hastig den Kopf und hockte sich vor mich hin. Beantwortete meinen Gruß mit einem Nicken. Sah mir in die Augen, schlug die ihrigen sogleich nieder. Sie glitzerten feucht im warmen Lampenschein. Dann fuhr es wie eine Regung durch sie;

»Danke.« flüsterte sie, beugte sich vor und drückte auf meine Wange einen kleinen Kuss.

Eine wortlose Krönung.

Und sie verschwand im Dämmer des Türrahmens, schneller als mein Blick ihr folgen konnte.

Und wie sich ihr Duft im Raum langsam zerstob, war es mir, als sei das Straßenlicht ein wenig heller geworden, prahlender, das Gewicht meiner Schultern ein wenig leichter und als schmiegte sich das Leder weicher um meinen Hals, ähnlich einer warmen Mädchenwange.

*

Später am Abend wurde ich noch einmal aufgestört vom langen, pochenden Einschlafen. Sie war es selbst. Aber sie huschte nur herein, mehr eine schattige Manifestation meiner Träume als das Mädchen, das mich heute durch die Stadt geführt hatte.

Als sie sah, dass ich noch wach war, sprach sie mich direkt an, hastig: »Ich stelle dir meine High-Heels wieder nebens Kissen. Die du bekomplimentiert hast. Und... mach dir da keine Gedanken, also -- es ist voll in Ordnung für mich, wenn du irgendwie daran schnüffeln willst oder so. Nur mach sie nicht dreckiger als sie schon sind. Ich lass die dir hier, in Reichweite deiner Kette, ja?«

»Lara!« lallte ich protestierend. Aber da war sie auch schon wieder verschwunden und ich einfach zu müde, um noch darüber nachzugrübeln. Als nähme sie den Tag einfach mit.

*

Ich erwachte mit einer pulsierenden Erektion. Ich hatte geträumt, natürlich von ihr:

Sie hatte mit verträumter Miene über mir gesessen und der Druck auf der Matratze hatte mich geweckt. Draußen war es noch dunkel gewesen. Sie hatte einen ihrer schwarzen High-Heels in der Hand gehalten, so dass ich ihn sehen konnte, ohne den Kopf zu bewegen.

»Da ist ja der Staub von gestern Abend noch dran.« hatte sie geraunt und beinahe enttäuscht den Lack an der Spitze des schnittigen Damenschuhs beäugt.

Dann hatte sie ihn mir in den Mund geschoben, ich hatte gehorsam das Maul geöffnet und daran genuckelt, wie sie die Spitze in zärtlichen Schüben hinein und hinaus gerieben hatte aus meinen aufgestülpten Lippen.

Dann hatte sie mich lange und zufrieden angesehen. Schließlich den Schuh gedreht und mir auch noch die schmale Stilettospitze in zwischen meine Zähne geschoben, fast bis hinten zu meinem Gaumen.

»Zunge raus.« hatte sie ruhig befohlen. Indem ich meine Zunge rausschob ließ sie die Spitze des Absatzes darauf mitwandern, bis er schließlich wieder aus meinem Mund herauskam. Ich lag mit ausgestreckter Zunge vor mir.

»Morgen --«, sie tippte mit ihrem freien Zeigefinger auf die Stilettospitze, »bekommst Du das hier in den Arsch.« Ihre Finger hatten meine Lider kurzerhand selbst geschlossen.

Kurz hatte sie noch neben meinem Kopf hantiert, vermutlich den Schuh wieder neben den anderen drapiert. Damit hatte ich weitergeschlafen beziehungsweise der Traum geendet.

*

Nun vermied ich es krampfhaft, zu den beiden High-Heels neben meinem Kopf hinüberzusehen, die gegen das Morgenlicht schwarz in meine Augenwinkel flackerten. Sie war gestern extra noch einmal hereingekommen, um sie neben mir abzustellen; Von wegen vergessen. Und was war ihr Kommentar gewesen? ...Wenn ich daran schnüffeln wollte...? Ich sollte heute mal einiges klarstellen. Dass ich mich dieser Fesselungsnummer unterzog war das eine und das auch nur aus Mitleid mit der -- offensichtlich psychotisch veranlagten -- Freundin, aber derartigen Fetischismus musste ich mir nicht unterstellen lassen. Zugegeben, in ein oder dem anderen Porno mochte es eine Nebenrolle gespielt haben. Aber das Halsband war nun einmal ihr Metier.

Prompt erschien sie lächelnd in der Tür, bevor ich mich wieder darüber hätte ärgern können, dass sie mich abermals nicht losgemacht hatte, vorzugsweise bevor ich aufwachte.

»Na, gut geschlafen?« lachte sie, da sie mich etwas grummeliger vorfand, als sie mich zurückgelassen hatte. Tatsächlich erinnerte mich der Gedanke erst an den Wangenkuss von gestern Abend und prompt begannen meine Wange und mein Herz (und tieferes immer noch von eben) bei ihrem Anblick zu pochen. Und tatsächlich hatte ich auch sehr bequem geschlafen, um einiges besser als mit der Handschelle. Ich fühlte mich frisch und erholt und noch wichtiger, unter der missmutigen Fassade, voller Lebensfreude. Ich musste mich selbst ermahnen, ihr nicht doch wieder dankbar zu sein.

Immerhin wollte ich nicht zu zufrieden mit der menschenunwürdigen Behandlung erscheinen, zu der ich nur notdürftig und betont kulant zustimmte. Noch erbärmlicher als ein nackter Junge, der ganz selbstverständlich angekettet im Halsband schlief, mochte einer aussehen, der beim Auftreten seiner Kerkermeisterin noch hündische Fröhlichkeit demonstrierte.

»Na nun!« forderte ich sie auf mit Blick auf meine Kette und erntete ein kurzes »Ja Ja!« dafür. Sie kramte die Schlüssel aus der Tasche.

»Ach Gott.« stieß sie auf einmal hervor und fingerte noch hektischer an ihrer engen Hosentasche herum.

»Was?« Sie hielt doch bereits einen kleinen Schlüsselbund in der Hand!

»Die sind für die Kette... Die Schlüssel für das Halsband -- Ich erinnere mich nicht, wo ich sie hingetan habe!«

»Was?!« rief ich und meine Kette spannte sich mit einem lauten Schlag, als ich hochschnellen wollte -- es blieb bei dem Versuch.

Instinktiv trat sie einen hastigen Schritt zurück, wie um vor einem wilden Hund schützend außer Reichweite zu treten. Dabei schaute sie aufgelöst drein. Schließlich trat sie doch vor und begann mit hektischen Fingern an meiner Kette zu fummeln. Die fiel rasselnd ins Bettgestell. Ich blieb unter meiner Decke, weil ich ja nichts anhatte und außerdem immer noch die Erektion gegen meine Unterhose drängeln spürte -- Nun war sie so nahe...

Sie schaute etwas geknickt drein, aber schien sich wieder beruhigen zu wollen. »Ich werde sie gleich suchen gehen. Aber waschen kannst Du dich ja trotzdem.«

Und damit schlug sie freihin meine Decke weg. Sie schnappte hörbar ein und ihre Hand schnellte an ihre Wange. Meine Unterhose spannte sich in einer ausgemachten Beule, eine dicke Erektion die offen in den Raum prangte. Für einen Moment noch starrte ich sie trotzig an, dann gewann die Scham die Oberhand.

Verachtung gewitterte In ihrer Miene. Und als sie sich fortdrehte um hinauszustürzen, meinte ich noch in letzter Sekunde ein verletztes Zittern in ihren Augen wahrgenommen zu haben.

*

In der Dusche hustete ich mehrmals, um nicht loszuheulen. Scham, Zorn, Trotz und Hilflosigkeit gaben sich die Waage. Alles wurde nur noch verschlimmert von dem schweren Lederriemen mit dem Eisenring um meinen Hals, unter den ich kaum meine Finger oder den heißen Wasserstrahl der Dusche hebeln konnte. Ein Halsband, dass sie mir angelegt hatte, weil sie meiner sexuellen Zurückhaltung nicht traute. Und eben hatte sie den Beweis präsentiert bekommen, dass sie damit vollständig richtig gelegen hatte, ja, sie sehr vernünftig und vorausschauend damit handelte, mich nachts an ein Bett zu fesseln, da ihre Tür sich ja nunmal nicht abschließen ließ!

Sie würde jetzt, wenn sie den Schlüssel überhaupt noch suchte, zweimal überlegen, mich davon zu befreien, dachte ich bitter. Wahrscheinlich hatte ich in ihren Augen durchaus verdient dieses Mal der Schande für mindestens einen Morgen zu tragen. Wer weiß, was an Sexualängsten in ihrem Kopf tobten. Normal war das nicht. Jungen hatten nunmal eine Morgenlatte, man bedenke die Umstände! Ärgerlich schloss ich die Hand darum. Ich musste mir eingestehen, dass es eigentlich überhaupt nicht irgendeine Morgenlatte gewesen war, sondern wenn, dann war es ihre.

Das alles hier konnte auch gar nicht anders, als mich zu sexualisieren. Mich begierlich zu stimmen. Verbot man einem Kind explizit den Keks, würde man die Dose am nächsten Morgen leer finden, wo es sonst gar nicht daran gedacht hätte.

Unwillkürlich hatte ich angefangen zu masturbieren. Den Druck meiner Hand pulsierend um meinen Schaft und die Eichel zu reiben. Immer schneller in meine feuchte Hand zu stoßen, und in meiner Phantasie wurde es wie selbstverständlich zu ihrer Muschi. Ihrer Hand auf meiner Brust und ihre Zunge, die in meine Mundhöhle drang.

Diese Dusche dauerte länger als gewöhnlich.

*

»Ich hoffe, du hast sie dir in der Dusche abgewichst.« begrüßte sie mich kühl.

»Was?« Woher wusste sie...

»Deine Latte.«

»Ich hatte geträumt.« verteidigte ich mich.

»Ah -- ja. Von deiner Schwester.«

»Was? Nein! Von...«

»So genau will ichs gar nicht wissen.« versetzte sie. Und ich wusste nicht mehr, ob ich darüber froh sein oder mich noch hilfloser fühlen sollte, wie ich so an ihrer kalten Schulter abprallte.

Wir saßen beim Frühstück. Da sie den Schlüssel gesucht hatte, hatte sie keine Zeit für den Bäcker gehabt und so schaufelte sie bereits Löffel um Löffel Müsli in sich hinein, kaute und schluckte hastig.

Sie stand auf, noch bevor ich überhaupt den ersten Löffel herunterwürgen konnte. »Ich muss heute viel für die Uni machen. Wolltest Du nicht diesen -- wie hieß er nochmal... besuchen?«

»Levin.«

»Ja, den besuchen.«

Verdammt, das hatte ich so gut wie vergessen. Nicht dass der schon wartete. Levin war ein Studienfreund, der in diese Stadt umgezogen war. Ich hatte ihm versprochen, den Sonntag mit ihm zu verbringen. Und wieder stand ich vor dem Dilemma: War es mir nun Recht der dicken Luft zu entfliehen, oder litt ich darunter, die Angelegenheit mit ihr nicht richtigstellen zu können?

Ich räusperte mich. »Das...« Ich wollte auf das Halsband deuten, aber da unterbrach sie mich schon:

»Zweitschlüssel liegt auf der Flurkommode.«

Und damit klirrten die halbgespülten Teller noch ein wenig zu hektisch für ihren Groll in die Spüle zurück und sie schnellte davon. Allein und mit einem tiefen Stechen in der Seele blieb ich in der Küche sitzen, die auf einmal allen diesen studentisch gemütlichen Charme einbüßte und nur noch morgendlich düster war und grau.

*

Als ich mich aufmachte, um meinen Mantel anzuziehen, und vorher noch mein Halsband löste, hörte ich auf einmal ihre Stimme aus ihrem Zimmer, das mit der geschlossenen Tür direkt an den Flur grenzte. Nein -- sie sprach nicht -- sie schluchzte.

Mit wenigen beherzten Schritten aber bis zum Hals wummerndem Puls drückte ich lautlos ihre Zimmertür auf. Das Schluchzen steigerte sich zu einem Heulen.

Ich sah ihr Zimmer nun zum ersten Mal. Es war rundum mit Stoff ausgelegt, lange dicke Vorhänge hingen bis zum Boden, Teppiche dämpften den Laminat und zur rechten Seite, der dicken Schrankwand gegenüber, stand ein massives Bett, auf dem sie lag und heulte, das Gesicht in die Kissen getaucht.

»Geh weg!« knarrzte sie, als ich einen Schrittweit ins etwas muffige, aber nach ihrem Parfum duftende Zimmer trat. Dann heulte sie nur noch hemmungsloser und ich blieb neben ihrem Bett stehen, unschlüssig.

So weinte niemand, der einfach nur zornig war. Und sie war ja auch kein kleines Mädchen mehr. Es musste mehrere Gründe haben, aus denen es ihr zu viel wurde.

»So eine Scheiße --« fluchte sie unvermittelt und schluchzte wieder.

Ich horchte in mich hinein. Die letzten beiden Tage waren angespannt gewesen von ihren seltsamen nächtlichen Angstzuständen. Ich erinnerte mich gleich an mehrere Situationen, wo sie selbst davon belastet schien, wie flapsig sie es am Tag auch hinwegplauderte.

Das war ja nicht meine Schuld, aber...

Beklommen gedachte ich weiter ihrem Kuss gestern Abend. So liebevoll hatte sie mich angeblickt; als ahne sie gar nicht, was dort unter der Decke schlummerte, nur noch auf einen Hauch der Zuneigung wartend, um geweckt zu werden.

Endlich fasste ich mir ein Herz und setzte mich auf die Bettkante -- sie zuckte sichtlich zusammen, obgleich ihre Schultern ohnehin schon bebten.

Tröstend bettete ich meine Hand darauf. Da fuhr sie mit einem Mal hoch und saß an die Wand gepresst halb hinter mir, ihre Augen rasten; Meine Finger drosch sie mit einer brutalen Feige von sich.

»Muss ich jetzt also auch tagsüber deine Übergriffe fürchten?« fauchte sie.

Ihr Gesicht glühte. Überhängende Strähnen wilderten feucht darüber. Obwohl sie sich an die Wand presste wirkte sie kampfeslustig. Wie eine Katze, die sich auf den Rücken legt, um mit ihren Klauen zu schlagen.

Mir platzierte es einen Stein in die Kehle. Ich konnte nichts sagen. Ihr Vorwurf war unfair, aber auf irgendeiner, von mir nicht wirklich zugrifflichen Ebene meiner selbst, gerechtfertigt.

Mit einem gemurmelten »Tschuljung.« rannte ich hinaus. Hinter mir verstummte das Schluchzen; Ich hatte jetzt meine eigenen Tränen. Und eine ganz bestimmte Stelle auf meiner Wange, die wie Feuer brannte und die ich mir am liebsten herausgeschnitten hätte.

*

Der Tag mit Levin verlief in schleppender Ausgelassenheit. Da ich ihm was mir wirklich auf dem Herzen brannte nicht mitteilen mochte, vor allem nicht in der Detailschärfe, flüchtete ich mich in die üblichen Witze, die wir über alles und jeden trieben, was uns auf dem Weg durch die Stadt begegnete. Er zeigte mir noch einige coole Ecken: Subkulturflohmärkte und Szeneclubs, an denen tagsüber natürlich außer einer Flut von Graffiti und Aufklebern nichts zu bestaunen war.

Innerlich aber zerging ich in Schwermut. Oft musste mein Freund mich mehrmals geradezu wachrütteln, wenn die Gedanken an sie mich einlullten in bloßes Dahinstarren und müdes Hinterhertaumeln.

Ich fühlte mich hilflos; sie verhielt sich einfach unberechenbar. Sie suhlte sich und mich in Koketterie, anzüglichem Geplausche und fesselte mich ans Bett, und flippte dann aus von einer Morgenlatte. -- Hatte sie das wirklich als Übergriff empfunden? Oder nur, weil der Wangenkuss ihre erste echte und schüchterne Annäherung gewesen war?

Es schien mir nun offensichtlich, dass sie unter einer Art Psychose litt, oder auch einfach einer extremen Empfindlichkeit gegenüber Tag und Nacht. Die Dunkelheit schien ihre Gedankenwelt auf eine Weise zu verkehren und verzerren, dass sie in abgründige Angstzustände verfiel.

Ein ernster Zustand, den sie am besten mit einem Psychologen besprach. Zum ersten Mal durch all meine egoistische Verprelltheit und Perplexität kam mir der Gedanke, dass sie durchaus unter den Nachwehen einer tragischen Kindheit leiden könnte. -- Sei es zum Beispiel, wenn es denn wirklich um Sex ging oder Jungfräulichkeit, dass an ein jüngeres Mädchen dieses delikate Umspiel ihres erblühenden Körpers just von der falschen Person herangetragen worden war -- oder gar im falschen Alter.