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Legenda Major - Aurorae Mundi

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Greta hebt nur die Augenbrauen und mir ist klar, sie weiß nicht, was ich damit meine. Aber ich nehme an, dass im Land der magischen Wesen noch nie eine Revolution oder ein politischer Umsturz stattgefunden hat. Wie soll sie also wissen, was genau ich mit meinen Worten sagen will.

Für mich interessant ist allerdings, dass ich schon weiß, mit wem ich es zu tun habe. Dass ich nun gegen den alten Widersacher meiner Mutter antreten soll oder - besser gesagt - muss, kommt mir durchaus gelegen. Damit kann ich in einem Aufwischen auch die Ermordung meiner Mutter rächen. Meine Entschlossenheit steigt damit noch mehr.

Kapitel 6

„Hast du schon mal ein Schwert in der Hand gehalten?", will Leo wissen.

Nach dem Mittagessen steht Kampftraining auf dem Programm. Greta hat den Plan so eingeteilt, dass immer am Vormittag die Theorie ansteht, weil ich da noch geistig frisch bin. Am Nachmittag bin ich immer mit Leo zusammen und kann mich, so hat es meine Mentorin ausgedrückt, so richtig abreagieren.

„Wie denn? Ich komme aus einer friedlichen Welt", halte ich dagegen.

„Das wird dann aber lustig", jammert er.

„Soll ich mir einen anderen Lehrer suchen", zicke ich ihn an.

„Nein, schon gut. Ich bin der Beste!"

Er drückt mir ein Holzschwert in die Hand und erklärt mir, dass wir für den Anfang mit ungefährlichen Waffen üben, damit ich mir nicht selbst weh tun kann. So ein Idiot. Als ob ich so ungeschickt wäre.

„Los, in Kampfposition", meint er.

Ich versuche mich so aufzustellen, wie ich mir eine Kampfposition vorstelle. Sofort greift er an und wenig später liege ich auch schon auf dem Boden. Von Leo kommt nur ein hämisches Grinsen.

„Du musst dich verteidigen!", schimpft er.

„Wie denn? Zeig mir doch zuerst, wie das geht!"

„Du musst meine Schläge abblocken."

„Ja super, aber wie?"

„Das musst du herausfinden."

Ich bin mir sicher, er tut das absichtlich. Es ist seine Rache dafür, dass ich ihn bei meiner Ankunft gedemütigt habe. Aber ich lasse mich davon nicht unterkriegen. Ich mache weiter, immer weiter. Etwas anderes lässt mein Stolz ja gar nicht zu.

Trotzdem geht es ganze zwei Stunden lang so, wie das Training angefangen hat. Wir kämpfen gegeneinander und ich habe nicht die geringste Chance, ihn zu Boden zu bringen. Ich glaube ich habe am ganzen Körper blaue Flecken. Ich bin vermutlich ein einziger, großer, blauer Fleck. Alles tut mir weh.

„Kannst du nicht etwas mehr Rücksicht nehmen?", motze ich.

„Im Kampf nimmt dein Gegner auch keine Rücksicht", hält er dagegen.

„Dann bin ich aber hoffentlich besser."

„Lassen wir den Schwertkampf und gehen zum Bodenschießen über. Hast du schon mal einen Bogen in der Hand gehalten?"

„Ja, ein paar Mal schon. Ich habe das in einem Feriencamp versucht. Hat Spaß gemacht."

„Hat Spaß gemacht? Na, dann kann ja nichts schiefgehen", meint er. Ich bin mir sicher, er meint es sarkastisch.

Leo führt mich zu einer großen Wiese. In einiger Entfernung stehen die typischen Zielscheiben aus Stroh. Sie haben einen ganz kleinen schwarzen Punkt in der Mitte. Drum herum ziehen sich verschiedene Kreise in unterschiedlichen Farben. Ganz außen ist er weiß.

„Ich zeige dir, wie es geht und du machst es mir nach. Wenn du den weißen Kreis triffst, kannst du dir etwas einbilden", meint er.

Wie angekündigt zielt er und trifft den vorletzten Kreis, den roten. Die Mitte hat er allerdings verfehlt. Ein wenig scheint sich Leo darüber zu ärgern, lässt sich dies aber nicht anmerken.

„Soll ich nun ins Schwarze zielen oder dorthin, wo du getroffen hast?", frage ich grinsend.

„Wenn du es so gut machst, wie ich, dann knie ich mich vor dich hin", lacht er laut auf.

Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Ich nehme den Bogen, lege den Pfeil ein und spanne. Ich ziele auf seinen Pfeil und lasse los. Meiner schießt auf die Scheibe zu, trifft seinen Pfeil und spaltet diesen. Leo schaut mich mit großen Augen an.

„Das nenne ich Glück", meint er.

Ohne ein Wort zu sagen und mit einem frechen Grinsen im Gesicht, nehme ich einen zweiten Pfeil, ziele diesmal genau in die Mitte und lasse los. Erneut schwirrt mein Pfeil auf die Scheibe zu und bleibt perfekt in der Mitte stecken. Besser ist nicht möglich.

„Glück?", frage ich provozierend.

„Wow, nicht schlecht", gesteht er.

„Nicht schlecht? Dass ich nicht lache!", antworte ich entschlossen. „Mach mir das erst einmal nach!"

Verärgert nimmt er erneut den Bogen, legt einen Pfeil ein und schießt. Diesmal trifft er nur in den weißen Kreis. Er war zu verbissen und nicht locker genug. Dass ich besser bin als er, ärgert ihn offenbar sehr. Ich kann mir ein hämisches Lachen nicht verkneifen.

„Übe bis morgen", necke ich ihn.

Damit mache ich mich auf den Weg. Über Geist kontaktiere ich Lea, um zu wissen, wohin ich kommen soll. Sie informiert mich, dass sie, Greta und Luna sich am Nachmittag getroffen haben, um alles vorzubereiten und ich zu einer Lichtung in der Nähe des Hauses kommen soll, das ich bei meiner Ankunft in Schutt und Asche gelegt habe.

„Da bist du ja. Wie war es mit Leo?"

„Er ist ein arroganter Arsch", rutscht mir heraus.

„Das ist er", bestätigt Greta. „Aber er ist der beste Kämpfer."

„Aber der schlechteste Lehrer."

„Wie meinst du das?"

„Er zeigt mir nichts. Er lässt mich nur gegen sich kämpfen und besiegt mich dabei natürlich. Da kann ich nichts lernen. Er hat mir nicht einmal gezeigt, wie man die korrekte Kampfposition einnimmt."

„Dann werde ich dir wohl auch beim Schwertkampf die Theorie zeigen, damit du dann in der Praxis diesem Arsch den Hintern versohlen kannst", grinst Greta.

„Das kannst du?"

„Natürlich, ich habe auch gelernt, mit dem Schwert zu kämpfen."

„Das ist super. Ich freu mich schon drauf, ihn zu besiegen."

„Das wirst du. Aber jetzt lass uns zum Abendessen geht."

„Das ist eine gute Idee. Ich habe schon mächtig Hunger. Ich muss mich schließlich stärken, danach mache ich mich mit Lea auf den Weg."

„Mit Lea?"

„Sie ist schon auf mir geflogen und, wenn sie mich schon antreibt, dann soll sie auch etwas leisten", grinse ich.

„Es könnte aber gefährlich werden. Sie kann doch auch nicht kämpfen", wirft Greta ein.

„Aurora kann uns beide verteidigen. Das hat sie schon zwei Mal gemacht", mischt sich nun auch Lea ein. Sie hat bisher nur zugehört und geschnauft, weil wir über sie gesprochen haben.

„Zwei Mal?", frage ich.

„Zunächst bei den Typen im Park und dann bei Leo", zählt sie auf.

„Ah, Leo rechnest du auch mit."

„Klar, da hatte ich immerhin ein Messer an der Kehle."

„Trotzdem solltest du auch lernen, zu kämpfen", mischt sich Greta wieder ein.

„Mit Leo?", meint Lea skeptisch.

„Nein, mit mir. In der Zeit, in der Aurora mit Leo trainiert, übe ich mit dir."

„Das ist eine super Idee", stimmt Lea zu. „Aber heute reicht es ohne Kampftraining."

„Wie hast du dir das vorgestellt?", frage ich Lea und wechsle damit das Thema. „Sollen wir die Lebensmittel einfach irgendwo abstellen?"

„Ja, eine andere Möglichkeit haben wir nicht, wenn geheim bleiben soll, dass du ein Drache bist."

„Das soll geheim bleiben?", frage ich.

„Ich denke, das ist besser."

„Dann stellen wir die Sachen einfach so hin?"

„Wie wäre es, wenn wir einen Brief dazu legen, in dem wir Anweisungen geben, dass die Nahrungsmittel aufgeteilt werden sollen?", meint Greta.

„Das müssen wir", antworte ich.

„Wir schreiben dazu, dass sie von der Königin kommen, die schon bald kommen wird, um das Reich und die Menschen zu befreien", meint Lea entschlossen.

„Meinst du wirklich?", frage ich unsicher.

„Sie sollen wissen, dass Hilfe kommt und Hoffnung besteht", antwortet sie überzeugt.

„Ich stimme in diesem Punkt mit Lea überein", pflichtet ihr Greta bei.

„Wenn ihr meint", gebe ich mich geschlagen.

Wir machen uns auf den Weg zum Abendessen, setzen noch schnell einen Brief auf, in dem wir sagen, was mit den Nahrungsmitteln passieren soll. Ich unterschreibe dann als Königin Aurora. Danach gehen wir zurück zur Lichtung. Dort wartet bereits Luna auf uns. Sie hat alles vorbereitet. In einem großen Netz liegen verschiedene Säcke mit Lebensmitteln. Langsam bricht die Dämmerung an.

„Wo sollen wir anfangen?", erkundige ich mich.

„In den Außenbezirken der Hauptstadt. Dort dürfte der Hunger der Menschen am größten sein", meint Lea.

Sie scheint beeindruckt zu haben, dass die Frauen und die Kinder betteln mussten. Sie scheint es aber auch geärgert zu haben, dass sie nur weggeschickt wurden. Die Verzweiflung in den Augen der Frauen war echt beeindruckend. Es hat mir tief im Herzen weh getan. Vor allem diese Hartherzigkeit hat mir einen Stich versetzt. Aber auch Lea ist stinksauer. Ich glaube, sie würde Lord Kemenor auf der Stelle erwürgen, würde sie ihm begegnen.

„Dann wollen wir mal", sage ich.

Ohne, dass ich etwas sagen muss, hält sich Lea von hinten an mir fest und ich verwandle mich in den Drachen. Ich nehme das Netz, da wo es zusammengebunden ist, mit einer Klaue und fliege los. Schon bald sind wir hoch oben und nehmen Kurs auf die Hauptstadt des Reiches.

„Bei dir alles in Ordnung?", erkundigt sich Lea.

„Was soll denn nicht in Ordnung sein?"

„Das Netz stört dich nicht?"

„Welches Netz", frage ich grinsend.

„Na dann!"

Lea kichert etwas, sagt aber nichts weiter. Ich fliege geradewegs auf unser Ziel zu. Den Weg kenne ich schon von unserer Ankunft her noch. Von weit oben studieren wir die Situation. Schließlich macht Lea eine Stelle aus, an der wir problemlos landen können.

„Dort unten ist es perfekt", meint Sie.

Ich halte darauf zu, setze zuerst das Netz ab, lande dann selbst daneben und verwandle mich zurück. Lea und ich öffnen das Netz und schleppen die schweren Säcke und Kisten zur Seite. Schließlich wollen wir nur die Ladung dalassen, das Netz brauchen wir für einen weiteren Transport.

Schließlich haben wir es geschafft und legen noch schnell den Brief auf eine der Kisten. Ich will schon wieder gehen, da höre ich ein Geräusch. Überrascht und leicht besorgt drehe ich mich um. Ich stelle mich bereits darauf ein, einem Krieger von Kemenor gegenüberzustehen. Lea neben mir, atmet hörbar aus. Auch sie ist überrascht.

„Du bist ein Drache?", will ein kleines Mädchen wissen.

Vor mir steht ein etwa fünf Jahre altes Kind. Mit großen, neugierigen Augen beobachtet sie mich eingehend.

„Ein wunderschöner, roter Drache", schwärmt sie.

Ich gehe auf sie zu und knie mich vor ihr hin, damit wir auf Augenhöhe sind. Noch immer sind die Augen des Mädchens weit aufgerissen und auf mich gerichtet. Sie hat offenbar keine Angst.

„Wie heißt du?", erkundige ich mich. „Ich bin Aurora."

„Ich heiße Serafina."

„Du darfst niemandem erzählen, dass du einen Drachen gesehen hast, versprichst du mir das?"

„Warum denn?"

„Weil es niemand erfahren soll. Noch nicht."

„Soll es eine Überraschung werden?"

„Ja, es soll eine Überraschung werden."

„Dann verspreche ich es dir."

„Du bist ein braves Mädchen. Aber was machst du so spät noch hier draußen?"

„Ich habe so wahnsinnigen Hunger", klagt sie.

„Wir haben Lebensmittel gebracht. Wenn wir wieder weg sind, rufst du bitte deine Eltern, sagst ihnen, du hast eine Frau gesehen, die hat Lebensmittel gebracht und sie sollen diese verteilen."

„Das mache ich. Bekomme ich dann etwas zu essen?"

Ich gehe zu einer der Kisten, öffne sie und hole einen Laib Brot heraus. Ich reiße ein Stück davon ab und gebe es Serafina. Ich reiche ihr das Stück Brot sowie auch den Rest des Laibes.

„Da, iss! Den Rest nimmst du mit zu deinen Eltern, damit sie dir auch glauben."

Sie schaut mich mit großen Augen an. Ganz ehrfürchtig nimmt sie das Brot, beißt in das heruntergerissene Stück und kaut mit geschlossenen Augen. Ich kann in ihrem Gesicht lesen, wie sehr sie es genießt.

„Danke, du bist eine gute Frau", sagt sie.

„Ich komme in ein paar Tagen wieder und bringe noch mehr. Verrat es aber niemand. Wenn ich komme rufe ich dich vorher, dann treffen wir uns wieder."

„Du willst nicht gesehen werden?", meint sie.

„Noch nicht!"

„Sind wir Freundinnen?"

„Wenn du das möchtest."

„Ja, ich hätte gerne eine Freundin, die sich in einen Drachen verwandeln kann. Du musst unglaublich stark sein."

„Ich hoffe es."

Zu meiner Überraschung kommt das Mädchen auf mich zu und umarmt mich. Dabei sehe ich, wie eine Träne ihre Wange hinunterläuft.

„Danke für das Brot und bis bald", sagt sie. „Flieg los, andere brauchen sicher auch etwas."

Dann lässt sie mich los und tritt ein paar Schritte zurück. Lea, welche die Begegnung wortlos beobachtet hat, nimmt das Netz und hält sich an mir fest. Ich verwandle ich mich und fliege auch schon davon. Aus dem Augenwinkel heraus kann ich noch die großen, staunenden Augen von Serafina sehen. Sie lacht und winkt mir hinterher.

„Wir machen definitiv das Richtige", sagt nach einiger Zeit Lea.

„Das tun wir", bestätige auch ich. „Ganz bestimmt!"

„Wir sollten das Abladen verbessen, das muss schneller gehen", meint Lea.

„Ich glaube, wir sollten das Netz so zusammenbinden, dass ich in jeder Klaue ein Ende habe und wenn wir an Ort und Stelle sind, nur eines davon auslasse. Dann sollte die Ladung aus dem Netz kullern und ich fliege gleich wieder los."

„Und der Brief?"

„Den befestigen wir mit einem Nagel an einer der Kisten."

Zufrieden mit unserer Mission machen wir uns auf den Rückweg. Ich muss noch lange an das Strahlen in den Augen des Mädchens denken, als ich ihm das Brot überreicht habe und mit welchem Genuss Serafina den ersten Bissen gekaut hat. So kann sich nur ein Mensch über ein kleines Stück Brot freuen, der wirklich großen Hunger hat.

Kapitel 7

Die Tage ziehen sich hin. Am Vormittag habe ich Unterricht mit Greta, am Nachmittag werde ich von Leo gequält und immer wieder zu Boden geworfen. Am Abend unternehme ich mit Lea immer zwei bis drei Flüge, um Lebensmittel auszuliefern. Wir haben unsere Technik tatsächlich so weiterentwickelt, dass wir ohne Verwandlung abladen und weiterfliegen können. Wir haben auch zwei Netze, sodass das zweite beladen wird, während wir das erste ausliefern.

Zum Glück bringt mir Greta nicht nur Wissen über das Reich der Mitte und des Südens sowie über Bräuche, Etikette und Gepflogenheiten bei, sie hilft mir auch meine Kampfkünste zu verbessern.

Ich nehme inzwischen eine ganz passable Grundhaltung ein, mein Stand hat sich verbessert und die einzelnen Kämpfe mit Leo dauern zunehmend länger. Er hat sichtlich mehr Mühe, mich zu Fall zu bringen. Trotzdem habe ich es bisher noch nicht geschafft, ihn zu besiegen.

Dank der theoretischen Tipps von Greta, kann ich diese nicht nur in die Tat umsetzen, wenn ich mit Leo kämpfe, mein Verständnis für den Kampf hat sich in den letzten Tagen deutlich verbessert und ich schaue mir von Leo immer wieder Tricks und Finten ab. Ich versuche zu lernen, schnell zu lernen. Ich lechze förmlich danach, endlich auch einmal ihn aufs Kreuz zu legen.

„Du bist eine Minute zu spät", motzt Leo, als ich heute an unserem Trainingsplatz erscheine.

„Mann, eine Minute! Was ist schon eine Minute?", zicke ich zurück.

„Dann wollen wir schauen, ob du gestern etwas gelernt hast", grinst er hämisch.

Sofort gehe ich in die Grundhaltung. Das Holzschwert liegt inzwischen gut in meiner Hand. Ich habe auch gelernt, nicht ungeduldig zu sein und nicht gleich anzugreifen. Ich lasse immer öfter Leo angreifen. Gretas Rat war, den Gegner den ersten Schritt machen zu lassen, zu parieren und darauf zu warten, dass ihm ein Fehler unterläuft. Diesen soll ich erkennen und sofort zu meinem Vorteil nutzen.

Bisher hatte ich Mühe, die Fehler zu erkennen und vor allem habe ich es noch nicht geschafft, schnell zu kontern und meinen Vorteil zu nutzen. Doch heute, das nehme ich mir fest vor, soll es anders werden. Ich hatte schließlich genügend Zeit, Leos Technik zu studieren und mich auf ihn einzustellen.

Leo wird tatsächlich ungeduldig, greift an und ich pariere. Mit einer geschmeidigen Bewegung greife nun ich an und kann einen Treffer gegen seine linke Schulter landen.

„Nicht schlecht", meint er. „Aber das reicht noch nicht, einen Gegner auszuschalten."

Nun greift er an, ich weiche zur Seite und stelle ihm dabei instinktiv ein Bein. Es ist keine bewusste Handlung, ich habe fast den Eindruck, als würde mein Körper die Kontrolle über mich übernehmen. Doch es ist genau der richtige Konter. Leo kommt aus dem Gleichgewicht, taumelt und fällt der Länge nach hin. Immer noch, ohne nachzudenken, setze ich meinen Fuß auf seinen Rücken und halte mein Schwert gegen sein Genick.

„Tot!", sage ich triumphierend.

„Auch ein blindes Huhn findet manchmal ein Korn", meint er leicht verärgert. „Gleich nochmal!"

Ich lasse von ihm ab, Leo steht auf und wir stellen uns wieder in Kampfposition hin. Erneut greift Leo an, er will offenbar seinen Fehler so schnell wie möglich wieder ausbügeln. Aber ich pariere und weiche geschickt aus. Er hat sichtlich Mühe, während es mir zunehmend leichter fällt, seine Angriffe zu blocken oder ins Leere laufen zu lassen. Erneut warte ich darauf, dass er einen Fehler macht. Irgendwann, so hat mir Greta geraten, macht jeder einen Fehler und dann bist du am Zug.

So passiert es dann auch tatsächlich. Leo achtet nicht auf einen Angriff von mir und sofort übernimmt mein Körper, als sei er ein eigenständiges Wesen. Ich weiß zwar, dass das immer noch ich bin, aber ich muss nicht mehr nachdenken und überlegen, ich weiß sofort, was ich machen muss und schon liegt er wieder auf der Erde, diesmal auf dem Rücken und ich kann meine Holzklinge mit einem gemeinen Grinsen an seinen Hals setzen.

Verärgert schnaubt Leo und fordert mich auf, weiterzumachen. So geht es den ganzen Nachmittag. Nur einmal schafft er es, mich zu besiegen. Alle anderen Kämpfe kann ich für mich entscheiden.

Sichtlich verärgert beendet Leo den Unterricht. Er klopft sich den Staub aus seinen Kleidern und zieht mit hängendem Kopf ab. So geknickt habe ich ihn noch nie gesehen.

Als ich Greta und Lea von meinem Erfolg erzähle, jubeln beide. Auch sie sind nicht gerade Fans von Leo und seiner überheblichen Art. Ich muss ehrlicherweise aber auch zugeben, dass er von diesem Tag an, wie ausgewechselt war. Schon am nächsten Tag war er umgänglich, hat mit mir über Finten und Angriffe gesprochen und von da an hat der Unterricht mit ihm richtig Spaß gemacht. Ich denke, er musste erst einsehen, dass ich ein Gegner auf Augenhöhe und kein verwöhntes Mädchen bin.

Etwa eine Woche später kommt Lea zum Trainingsplatz, als wir dabei sind, uns zu verabschieden. Leo macht sich grüßend auf den Weg.

„Was gibt´s?", erkundige ich mich.

„Luna möchte mit uns sprechen", informiert mich meine Freundin.

„Dann lass uns losgehen."

Wir machen uns auf den Weg zum Abendessen. Dort will Luna zu uns stoßen. Aber zunächst sitzt nur Greta am Tisch, den wir inzwischen zu unserem Stammplatz erwählt haben.

„Weißt du, was Luna will?", frage ich neugierig.

„Nein, leider nicht. Du wirst dich also etwas gedulden müssen."

Wir sind schon beim Essen, als auch Luna sich endlich zu uns gesellt. Sie setzt sich an den Tisch und lächelt mir aufmunternd zu. Wir grüßen sie, aber keine von uns wagt sich, sie anzusprechen, warum wir uns treffen.

„Meine Späher sagen mir, dass Königin Aurora in aller Munde ist."

„Welche?", frage ich überrascht.

„Na du natürlich."

„Aber ich bin doch keine Königin", wehre ich ab.

„Oh doch, das Volk hat dich schon akzeptiert."

„Das ist wegen der Briefe", entgegne ich entgeistert.

„Und wegen eines kleinen Mädchens, das behauptet, die Königin gesehen zu haben."

„Serafina?", rutscht mir heraus.

„Ihr habt das Mädchen also tatsächlich getroffen?", meint Luna.

„Sie stand bei unserer ersten Lieferung plötzlich da."

„Die Wachen des Königs haben sie abgeführt. Weil sie wissen wollen, wie du aussiehst."

„Wann?"

„Heute Mittag."

„Ich muss sie befreien", antworte ich entschlossen.

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