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Legenda Major - Aurorae Mundi

Geschichte Info
Teil 3 der Serie Legenda Major.
69.7k Wörter
4.67
16.3k
9
Geschichte hat keine Tags

Teil 2 der 3 teiligen Serie

Aktualisiert 06/11/2023
Erstellt 06/08/2022
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Kapitel 1

Ich sitze erneut in meinem Sessel im Erker und halte nun das dritte kleine Büchlein in der Hand. Ich weiß immer noch nicht, was ich von den Geschichten halten soll. Einerseits waren sie so unglaublich realistisch und doch wieder utopisch. Wie soll sich jemand in einen Drachen verwandeln können oder magische Kräfte besitzen? Doch genau diese Ungewissheit macht das ganze wieder interessant. Ich wünsche mir, eine Erklärung für das alles zu bekommen.

Auch dieses dritte Büchlein sieht genauso aus, wie die anderen. Ich wollte eine längere Pause einlegen, weil ich nun schon seit einer gefühlten Ewigkeit hier sitze und lese. Ich habe meine Glieder nur notdürftig bewegen können, sie kribbeln noch immer und mein Hintern tut mir weh vom vielen Sitzen. Aber die Neugier hat mich schon wieder gepackt.

Die beiden Geschichten, die ich bisher gelesen habe, waren so fesselnd, dass ich es nie übers Herz gebracht hätte, eine Pause einzulegen. Noch nie habe ich so tief in eine Geschichte, ja sogar in eine mir völlig fremde Welt, eintauchen können. Es war so unglaublich realistisch, dass ich den Eindruck hatte, selbst Teil des Geschehens zu sein. Ich war Aurora, ich war Serena und in diesem Buch, wer werde ich dieses Mal sein?

Der Titel dieses Buches spricht mich diesmal besonders an. „Legenda Major -- Aurorae mundi" lautet er bei diesem dritten Teil. Da ich selbst ja auch Aurora heiße, spricht mich das natürlich besonders an. Einen Moment flackert erneut die Frage bei mir auf, warum die Prinzessin im ersten Band denselben Namen trug, wie ich, Aurora Simons.

Moment! Da gab es doch noch eine Aurora Simons. Am Ende des zweiten Buches brachte Königin Serena ein Mädchen zur Welt und hat ihm den Namen Aurora gegeben. Sie wollte damit der früheren Aurora auf diese Weise die Ehre erweisen und da sie den Namen ihres Vaters angenommen hatte, hieß auch dieses Kind nun Aurora Simons. Zufall?

Spätestens nach dieser Erkenntnis hat es mich gepackt, ich will nun definitiv wissen, ob und was ich mit dieser Königsfamilie zu tun habe. Erst jetzt wird mir richtig bewusst, dass ich anders heiße als meine Eltern. Sie heißen Berglund, ich dagegen Simons. Sie haben mir nie verheimlicht, dass ich als kleines Kind adoptiert wurde und da bei der Adoption mein richtiger Name bekannt war, haben sie sich bewusst dafür entschieden, es dabei zu belassen. Ich habe trotz Adoption nicht den Schreibnamen meiner neuen Eltern angenommen.

Ich habe bisher nie das Bedürfnis verspürt, zu erfahren, wer oder was meine leiblichen Eltern waren, wo sie leben, ob sie noch leben und ob ich ihnen ähnlichsehe. Ich habe es einfach so hingenommen. Meine Adoptiveltern haben einmal im Gespräch erwähnt, dass meine leiblichen Eltern mich abgeben mussten. Den Grund dafür kennen auch sie nicht oder sie wollten ihn mir bisher einfach nicht sagen. Sie haben mir aber versichert, dass es nicht daran lag, dass sie mich nicht liebhatten.

Erst durch diese Bücher ist mein Interesse an meiner Herkunft gewachsen. Vermutlich spielt dabei auch der Umstand eine Rolle, dass die beiden bisherigen Bücher unglaublich faszinierend waren. Das verbindende Element ist natürlich der Name. Ich frage mich, ob ich mir nicht insgeheim wünsche, Teil dieser Geschichten zu sein. Obwohl es etwas verwegen anmutet, dass ich eine Prinzessin sein sollte, bleibt trotz allem ein Funke Hoffnung. Und welches Mädchen träumt nicht insgeheim davon, eine Prinzessin zu sein?

Ich klammere mich an die Namensgleichheit mit zwei Akteurinnen der Erzählungen und hoffe entgegen jeder Logik, es könnte doch irgendeine Verbindung geben. Dazu kommt auch, dass sich die Bücher plötzlich in ganz normale Märchen verwandeln, sobald ich sie gelesen habe. Kann das alles wirklich nur ein Zufall sein? Gibt es womöglich doch eine logische Erklärung für alles?

Ich schlage das Buch auf und komme erneut ins Staunen. Auch in diesem Band steht eine Widmung auf der ersten Innenseite. Nur mit dem Unterschied, diesmal kann ich sie lesen.

An mein geliebtes Drachenmädchen,

wenn du diese Zeilen liest, wirst du gerade 18 Jahre alt geworden sein. Das gibt dir die Fähigkeit diese Zeilen zu lesen. Damit bist du aber auch alt genug, um das Abenteuer deines Lebens in Angriff nehmen zu können.

Ich, deine Mutter, werde immer bei dir sein, denn ich liebe dich von ganzem Herzen.

Serena

Verwirrt lese ich die wenigen Zeilen ein zweites und ein drittes Mal. Hastig nehme ich mein Handy zur Hand und schaue nach. Ich hatte gestern Geburtstag! Ich bin 18 Jahre alt. Der Umstand, dass ich die Widmung früher nicht habe lesen können, jetzt aber schon, bestätigt die wenigen Worte, die schwarz auf weiß auf dem Papier stehen.

Aber sind die wirklich an mich gerichtet? Wie kann das sein? Ich lebe in einer ganz anderen Welt, ich habe mit diesen magischen Wesen, mit den Rittern und Kriegern so ganz und gar nichts zu tun. Ich selbst habe noch nie ein Schwert oder ein Schloss gesehen, ich lebe im 21.Jahrhundert. Oder lebe ich in einer Parallelwelt?

Fragen über Fragen brechen über mich herein. Wenn tatsächlich ich mit diesen Zeilen angesprochen werden soll, warum nennt mich dann diese Frau „Drachenmädchen"? Kann es sein, dass diese Serena, die meine Mutter sein soll, Königin Serena aus dem zweiten Buch ist?

Ich überlege fieberhaft. Das Mädchen, das Königin Serena zur Welt gebracht hat, hieß Aurora Simons - gleich wie ich. Sie hat schon bei der Geburt gefühlt, dass sie nicht nur in zweiter Gestalt ein Drache ist, sie soll auch alle fünf Elemente beherrschen. Sie würde dieses Kind definitiv „Drachenmädchen" nennen. Was, wenn tatsächlich genau ich dieses Mädchen bin, wenn ich eine zweite Seite an mir habe und magische Kräfte besitze, starke magische Kräfte?

Alles Grübeln wird mich vermutlich nicht weiterbringen. Ich werde wohl oder übel auch dieses dritte Buch lesen müssen. Deshalb blättere ich schnell um und da steht keine Warnung mehr, sondern eine Prophezeiung.

Der Menschen Niedertracht

Die Welt hat in Gefahr gebracht

Das Mädchen aus einer andern Welt

Hat Ordnung wieder hergestellt

Soweit ich aus den ersten beiden Büchern weiß, haben sich die Prophezeiungen immer auf eine Königin oder einen König bezogen. Sollte sich dieser Reim tatsächlich auf mich beziehen, dann steht mir eine wichtige Aufgabe bevor. Allerdings wie um alles in der Welt, soll ich das anstellen? Ich bin allein, habe keine Ahnung von gar nichts und soll nun losziehen und alle retten? Allein auf mich zu zählen, kommt mir dann doch etwas sehr gewagt vor. Wenn tatsächlich ich die letzte Hoffnung bin, dann steht es echt schlecht um die Welt und die Menschen dort.

Ich erhebe mich, gehe zum Kühlschrank und hole mir ein Joghurt. Ich brauche etwas Abstand, um nachzudenken. Hatte ich mir nicht vor wenigen Minuten noch erhofft, in eine der Geschichten eintauchen zu können, Teil dieser fantastischen Welt, sogar eine Prinzessin zu sein? Und jetzt, jetzt da sich die Möglichkeit dazu tatsächlich immer deutlicher abzeichnet, bekomme ich gewaltiges Muffensausen? Das kann es doch nicht sein? Wenn das, was ich vermute stimmt, dann bin ich eine Simons und habe eine Verpflichtung.

Mein Joghurt langsam löffelnd gehe ich zurück zum Erker, setze mich in den Sessel zurück und grüble. Das Mädchen aus der anderen Welt, wie es in der Prophezeiung so schön heißt, muss zunächst die Grenze zwischen den Welten finden und überschreiten. Aber wie? Wo kann ich diese Grenze oder Tür oder was immer das sein mag, finden? Wer hilft mir dabei?

Wie soll das denn bitte gehen? Ich habe keine Ahnung von dieser anderen Welt, ich kann nicht kämpfen, ich beherrsche womöglich nicht einmal die Sprache. Was habe ich mir da nur eingebrockt?

Als mein Blick wieder auf das Buch vor mir fällt, wird mir klar, dass dieses die einzige Verbindung zwischen den Welten ist. Dieses dünne und unscheinbare Werk muss der Schlüssel zu allem sein. Also stelle ich den fast leeren Joghurtbecher zur Seite und nehme das Buch wieder zur Hand. Das kann ja lustig werden.

Als ich mich in die Zeilen vertiefen will, geschieht jedoch etwas ganz Sonderbares. Noch bevor ich das erste Wort lesen kann, kommt es mir so vor, als würde ich in ein immens tiefes Loch fallen. Alles um mich herum wird immer grauer, ist plötzlich dunkel, ja rabenschwarz. Ich verliere völlig jede Orientierung. Ich weiß nicht mehr, wo oben und unten ist, ich habe kein Zeitgefühl mehr und ich fühle mich schwerelos, der Welt vollständig entrückt. Es ist ein durch und durch unbekanntes Gefühl.

Erst nach einiger Zeit wird meine Umgebung wieder konkreter, ich erkenne in der Ferne ein Licht. Ich versuche mich durch Ruderbewegungen auf diesen Punkt zuzubewegen und es gelingt mir. Das gibt mir Mut und treibt mich an, mich weiter anzustrengen. Mir ist instinktiv klar, ich muss diesen Punkt erreichen und weil ich ungeduldig bin, will ich, dass es so schnell wie möglich passiert.

Als ich den erleuchteten Bereich endlich erreiche und betrete, finde ich einen Raum vor, der irgendwie im Nichts steht. In diesem Bereich steht eine bequeme Sitzecke. Ich schaue mich erst einmal neugierig um. Mir kommt es so vor, als wäre ich auf einer Theaterbühne. Ein Scheinwerfer beleuchtet die Couch und alles drum herum verschwindet in der Dunkelheit. Außer der Couch kann ich aber nichts und niemand entdecken. Ich bin allein. Was nun?

Ich setze mich zum Nachdenken hin. Was soll ich als nächstes tun? Aber noch bevor sich meine Gedanken wirklich in Bewegung setzen können, betritt eine Frau wie aus dem Nichts den Raum. Ich erkenne sie sofort und springe auf. Sie sieht genau so aus, wie ich sie in der zweiten Geschichte erlebt hatte. Erst jetzt bemerke ich auch die Ähnlichkeit zu meinen Gesichtszügen.

„Königin Serena", grüße ich voller Ehrfurcht. Dabei verbeuge ich mich leicht.

„Sag doch nicht Königin Serena zu mir, mein Drachenmädchen. Nenn mich doch Mutter."

„Mutter?", frage ich leicht überfordert.

„Komm, setzen wir uns, dann können wir reden."

Sie nimmt mich bei der Hand dirigiert mich so, dass wir schließlich nebeneinander sitzen und uns leicht zugewandt sind. Ich lasse alles mit mir machen, weil ich zu nichts mehr fähig bin. Die Situation überfordert mich völlig. Unzählige Gedanken schießen wie wild durch meinen Kopf und lassen nicht zu, dass ich auch nur einen klaren Gedanken fassen kann. Selbst die Kontrolle über meinen Körper scheine ich verloren zu haben.

„Was hätte ich darum gegeben, hätte ich dich großziehen dürfen", meint sie. Eine unstillbare Sehnsucht schwingt in ihrer Stimme mit. „Du bist eine wunderschöne, junge Frau geworden."

„Warum hast du es dann nicht getan, mich großzuziehen?", frage ich mechanisch.

„Weil ich tot war."

Schockiert schaue ich sie an. Sie war gestorben und hat mich deshalb hergegeben. Aber wie komme ich in eine so völlig andere Welt? Eine einzige Antwort wirft schon wieder unzählige neue Fragen auf.

„Wo sind wir hier?"

„In der Zwischenwelt. Du kennst sie aus meiner Geschichte. Damals war ich, wie du es heute bist, als Lebende in dieser Welt zwischen den Welten. Damals bin ich meiner Mutter begegnet, heute stehe ich nun meiner Tochter gegenüber. So ändert sich das Blatt."

„Aber warum bist du tot? Erzähl!"

Langsam kommt wieder Leben in mich. Eine unbändige Neugier hat mich erfasst und ich will plötzlich alles wissen. Begierig warte ich auf die Antwort meiner Mutter. Sie beginnt aber nicht sofort, zu sprechen. Sie überlegt, wo sie anfangen soll.

„Du hast das zweite Buch gelesen und weißt, dass ich ein paar Jahre Königin war. Ich habe viel verändert und das Leben der Menschen hat sich deutlich verbessert. Das hat aber offenbar nicht allen gefallen. Graf von Aarenberg und der oberste Berater meines Vaters, Lord Kemenor, haben es sogar aus dem Gefängnis heraus geschafft, einen Widerstand aufzubauen."

„Sie haben dich abgesetzt?", frage ich neugierig dazwischen.

„Nicht direkt. Sie haben einen Diener auf ihre Seite ziehen können, der bei uns im Speisesaal gearbeitet hat. Ihn haben sie angestiftet, mir ein langsam wirkendes, aber sehr effizientes Gift, immer wieder in kleinen Mengen unter das Essen zu mischen.

Zunächst habe ich nicht viel gespürt. Das ist auch das Heimtückische an dem Gift, das sie verwendet haben. Erst mit der Zeit wurde ich schwach und kränklich. Ich bekam Ausschlag, Husten und heftige Bauchschmerzen. Als ich wegen der Beschwerden endlich zum Heiler ging, war es leider schon zu spät. Die Vergiftung war bereits zu weit fortgeschritten."

„Du bist an dem Gift gestorben? Was wurde aus mir?"

„Als mir klar wurde, dass ich sterben würde, dass das Reich in Gefahr war, habe ich dich genommen und bin mit letzter Kraft ins Land der magischen Wesen geflogen. Luna, die zu einer guten Freundin geworden war, sollte dich großziehen. Ich hatte gehofft, dass du bei ihr in aller Ruhe erwachsen werden und dich auf deine Aufgaben und einen eventuellen Kampf vorbereiten kannst. Sie aber war der Meinung, du solltest sogar in die Welt der Menschen gebracht werden. Nur dort würdest du in Sicherheit sein und unbeschwert groß werden können."

„Du hast mich dann in diese Welt gebracht, in der ich aufgewachsen bin? Wie alt war ich da?"

„Du warst knapp drei Jahre alt, als das passiert ist. Und nein, ich habe es nicht mehr geschafft, dich zu den Menschen zu bringen. Das hat wohl Luna nach meinem Tod übernommen. Sie hat Eltern gesucht, die dich wie ihr eigenes Kind aufziehen sollten."

„Wie ihr eigenes Kind", sage ich nachdenklich. „Ob das geklappt hat?"

„Was willst du damit sagen?"

„Nun ja, mir hat es an nichts gefehlt. Ich darf mich deswegen nicht beklagen. Aber meine Adoptiveltern waren nicht die liebevollsten. Ich glaube allerdings nicht, dass es daran lag, dass ich nicht ihr eigenes Kind bin. Ich denke vielmehr, es sind Menschen, die nicht in der Lage sind, viel Liebe zu schenken oder zumindest sie zu zeigen. Selbst sie als Ehepaar wirken eher wie eine Zweckgemeinschaft als wie Verliebte."

„Das tut mir leid."

„Das muss es nicht. Ich bin mit dem Leben, das ich bisher geführt habe, zufrieden. Ich hätte es schlimmer treffen können. Ich hatte ein Dach über dem Kopf, immer genügend zu Essen und ich habe Freunde."

„Dann bin ich einigermaßen beruhigt."

Es entsteht eine Pause, in der wir beide nachdenken. Ich muss erst mit den Informationen zurechtkommen, welche ich gerade erhalten habe und meine Mutter hält sich wohl zurück, um mir die nötige Zeit zu geben.

„Was ist mit meinem leiblichen Vater. Es ist doch Lord Rasmus?"

„Ja, Peter ist dein Vater. Er hat dich über alles geliebt und es hat ihm fast das Herz gebrochen, mich mit dir ziehen zu lassen. Aber auch er war der Meinung, dass du im Reich der Mitte und des Südens nicht sicher bist. Deshalb hat er meinem Plan zugestimmt, dich zu Luna zu bringen."

„Was ist aus ihm geworden? Wurde er auch vergiftet?"

„Ich glaube nicht, dass er vergiftet wurde. Er zumindest hat keine Symptome gezeigt. Ich weiß auch nicht, was aus ihm geworden ist. Ich habe ihn nie mehr gesehen, da ich wenige Stunden nach meiner Ankunft bei Luna gestorben bin. Ich hatte gerade noch die Zeit und die Kraft, mit ihr deine Zukunft zu besprechen."

„Das ist traurig."

„So ist das Leben."

„Und warum sitzen wir hier? Ich bin doch nicht fast tot, wie du damals."

„Du bist hier, weil du das Buch liest und ich, weil ich es mir so sehr wünsche, wie nichts anderes auf der Welt. Du darfst nicht vergessen, dass uns eine sehr starke Macht verbindet. Wir sind beide Drachen und verfügen über gewaltige magische Kräfte."

„Wir beide? Ich also auch? Gewaltige magische Kräfte, hast du gesagt?"

„Du bist noch eine kleine Spur mächtiger als ich."

„Ich? Ich habe noch nie etwas von meiner Magie gespürt. Das hätte mir doch auffallen müssen."

„Du hast nur nie danach gesucht."

„Kann ich das jetzt auch noch versuchen?"

„Ja könntest du, aber ich denke, wir sollten die Zeit besser nutzen."

„Einverstanden, was soll ich tun? Warum erscheinst du mir jetzt?"

„Du bist nun 18 Jahre alt und ich habe versucht, dich über die beiden ersten Bücher bereits vorzubereiten."

„Du hast die Bücher manipuliert?"

„Das sind ganz normale Märchenbücher. Mit Magie ist es mir jedoch gelungen, sie für kurze Zeit in etwas anderes zu verwandeln. Ich wusste keinen anderen Weg, um dir die Geschichte deiner Familie näherzubringen, damit du leichter eine Entscheidung treffen kannst."

„Welche Entscheidung?"

„Ob du dein Leben wie bisher weiterleben willst, oder ob du dazu bereit bist, das Reich der Mitte und des Südens aus den Klauen machtgieriger und nimmersatter Adeliger zu befreien."

„Und wie soll ich mich entscheiden?"

„Das kann ich dir nicht sagen. Das ist und bleibt deine Entscheidung. Ich will und darf dich nicht beeinflussen."

„Wie sieht es im Reich derzeit aus?"

„Das weiß ich auch nicht. Ich lebe nun an einem Ort, an dem ich keinen Einblick in meine alte Welt habe"

„Kann ich es mir anschauen?"

„Du könntest zu Tante Luna fliegen und von dort aus die weiteren Schritte planen. Wenn du keine Machtansprüche erheben willst, kannst du als magisches Wesen bei Luna bleiben oder in dein altes Leben zurückkehren. Alle drei Möglichkeiten stehen dir offen."

„Muss ich das jetzt entscheiden?"

„Du kannst dir Zeit lassen. Wegen ein paar Tage früher oder später, kommt es jetzt auch nicht an. Ich kann dir allerdings nicht sagen, ob das Volk schon leidet.

„Kann ich dich wiedersehen?"

„Nein, das ist nicht möglich."

„Aber wer sagt mir, was ich machen soll?"

„Da kann auch ich dir nicht helfen. Der einzige Tipp, den ich dir noch geben kann, ist die Information, dass sich über dem Kapitol in Washington ein Portal befindet, das ins Land der magischen Wesen führt."

„Und wie verwandle ich mich?"

„Das musst du selbst herausfinden. Ich muss jetzt los."

„Mutter?", sage ich fast panisch. „Verlass mich nicht."

Wir sind beide aufgestanden. Sie zieht mich in eine liebevolle Umarmung und ich lasse mich fallen. Zum ersten Mal spüre ich die Liebe meiner Mutter. Mir läuft eine Träne die Wange hinab.

„Es ist gut, mein Kind. Ich werde in Gedanken immer bei dir sein, auch wenn du mich nicht siehst."

„Ich will dich aber nicht verlassen", schluchze ich.

„Es ist schon ein großes Entgegenkommen der Götter, dass sie mir erlaubt haben, dich zu treffen. So lange Zeit nach meinem Tod ist das eine absolute Ausnahme."

„Du willst mir sagen, dass ich ab jetzt auf mich allein gestellt bin?"

„Nein, ich will dir sagen, dass du ganz viele Freunde haben wirst. Tante Luna wird dich, auch wenn sie nicht wirklich deine Tante ist, tatkräftig unterstützen und ich denke, es gibt auch viele andere Menschen im Reich, auf die du zählen kannst. Ich weiß, dass du es schaffen kannst und das Reich von einer unsäglichen Gefahr befreien wirst."

„Aber ich habe keine Ahnung, was ich machen soll."

„Folge deinem Herzen. Du bist eine reine Seele und du hast unermessliche Kräfte. Vergiss das nie."

Mit diesen Worten lässt sie mich los und tritt einen Schritt zurück. Sie mustert mich noch einmal sehr eingehend mit einem warmen Lächeln im Gesicht, so als ob sie sich mein Bild genau einprägen möchte, um es für die Ewigkeit im Gedächtnis behalten zu können.

„Du bist eine ausgesprochen hübsche und kluge junge Frau. Du schaffst das!"

„Noch eine Frage, Mutter."

„Sag!"

„Dir waren die Menschen im Reich der Mitte und des Südens immer wichtig. Warum?"

„Ich habe als Magd erlebt, wie es ist, ein Mensch zweiter oder gar dritter Klasse zu sein. Ich habe die Unterschiede gesehen, die Adelige geschaffen haben, damit sie es besser haben als die anderen, über Gebühr besser. Ich hatte die Möglichkeit etwas daran zu ändern und habe meine Chance ergriffen. Leider war mein Wirken nicht von langer Dauer."

„Ich soll nun vollenden, was du begonnen hast?"

„Nein, mein Kind! Du musst deinen eigenen Weg finden, deine eigenen Entscheidungen treffen und folge nicht meinem Beispiel. Ich habe alles gegeben, weil ich es so wollte und mich dabei gut gefühlt habe. Das muss aber für dich nicht Verpflichtung sein. Dein Weg muss nicht der meine sein. Ich verlange ganz sicher nicht von dir, dass du meine Träume und meine Hoffnungen lebst. Du musst deinen Weg finden, wissen, was dir am Herzen liegt."