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Legenda Major - Generatio Proxima

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„Hallo Jelena, da sind wir", meint Markwart.

„Wer von den beiden ist die Königin?", will sie wissen. Dabei steht sie auf und kommt auf uns zu. Sie mustert uns beide eingehend.

„Ich bin die Königin. Wir können uns aber auch beim Vornamen nennen und mit Du ansprechen. Ich bin hier, um ehrliche und zielgerichtete Gespräche zu führen. Mir geht es darum, endlich etwas zu verbessern. Da kann ich gerne auf Förmlichkeiten verzichten."

„Wie soll ich dich dann nennen", grinst sie.

„Ich heiße Serena, so hat mich meine Mutter schon genannt."

„Du bist die verschollene Prinzessin. Wo hast du gesteckt."

„Ich habe ganz im Norden auf einem Landsitz eines Adeligen gelebt."

„Aha, so ein verwöhntes Gör."

„Ich habe zuerst bei meiner Mutter gelebt. Sie war Heilerin und hat mir viel von ihrem Wissen beigebracht. Als sie starb, wurde ich von den Herrschaften als Magd aufgenommen."

„Als Magd?", will Jelena erstaunt wissen.

„Ich habe Markwart bereits gesagt, ich weiß, wie es den Menschen draußen geht. Ich bin kein verwöhntes Prinzesschen, das den Hintern gepudert bekam. Ich habe gearbeitet, von früh bis spät und wenn ich etwas falsch gemacht habe, gab es Hiebe, mehr als einmal."

Sie schaut mich überrascht an. Offenbar habe ich ihr Bild von der Königin gehörig durcheinandergebracht.

„Deshalb der Erlass gegen die Prügelstrafe."

„Das war ein erster Schritt."

„Was ist mit deiner Freundin?", will sie wissen. Dabei deutet sie auf Lili.

„Lili war Zofe bei Graf Aarenberg."

„Das ist sie heute nicht mehr?"

„Sie ist meine rechte Hand."

„Warum?"

„Weil sie klug ist, weil sie loyal ist und weil sie meine beste Freundin ist."

Jelena beginnt mich zu umkreisen. Sie bleibt plötzlich hinter mir stehen, macht eine blitzschnelle Bewegung und ich spüre, wie sie mir etwas gegen den Hals drückt. Ich nehme stark an, dass es ein Messer ist.

„Was passiert, wenn ich dir einfach so die Kehle durchschneide?"

„Dann bin ich tot", antworte ich gelassen.

Mir ist klar, dass es eine Machtdemonstration ist. Sie will auch testen, wie ich reagiere. Wenn sie klug ist und davon bin ich überzeugt, dann tut sie mir nichts. Lili neben mir hingegen hat einen spitzen Schrei ausgestoßen, als ihr bewusst wird, dass mir ein Messer an den Hals gedrückt wird. Sie blickt geschockt zwischen mir und der Rebellenführerin hin und her.

„Und alles ist vorbei."

„Was meinst du, wenn du sagst, dass dann alles vorbei ist? Dass ihr versagt habt?"

„Warum sollten wir dann versagt haben?"

„Ich habe es Markwart schon erklärt. Wenn er es dir nicht gesagt hat, euer Problem."

„Sag du es mir noch einmal."

„Ich muss nicht für euch denken."

„Du bist ganz schön mutig ... oder dumm?"

„Ich denke nur logisch."

„Ich mag dich. Auch, wenn das blöd klingt, aber ich mag dich."

Dabei nimmt sie das Messer von meinem Hals und kommt wieder hinter mir hervor. Nun sind es die beiden Männer am Feuer, die verwundert schauen.

„Was soll das heißen, du magst sie?", will einer von ihnen wissen.

„Sie hat Mut und ist klug."

„Warum hast du sie nicht umgebracht. Wenn sie klug und mutig ist, dann ist sie eine Gefahr für uns."

„Sie ist unsere Chance etwas zu verändern", kontert Jelena.

„Ach was, sie ist die Königin. Sie ist der Feind, wir müssen sie vernichten!", brüllt der zweite der Männer. Er springt auf und hält ein Messer in der Hand. Sein Blick ist bedrohlich. Viel Hirn scheint er nicht zu besitzen. Er ist wohl eher der Kämpfer.

„Wenn ihr nur das Ziel habt, den König und die Königin zu stürzen, dann tötet mich. Wenn ihr etwas verändern wollt, wenn ihr für das Volk wirklich etwas erreichen wollt und das nicht nur leere Worte sind, dann redet mit mir. Gemeinsam können wir es schaffen und eine bessere Welt Wirklichkeit werden lassen", sage ich.

„Warum sollte sie uns helfen?", meint der erste der beiden.

„Weil sie eine von uns ist", meint Jelena.

„Ich verabscheue Gewalt, aber ja, ich teile eure Ziele."

„Dann lass uns reden", meint Jelena und bietet mir und Lili Platz am Feuer an.

Wir reden lange und diskutieren manchmal recht hitzig. Die Männer sind zunächst sehr misstrauisch, aber mit der Zeit tauen auch sie auf. Wir sind nicht immer einer Meinung, aber das Gesprächsklima ist gut. Wir gehen auf die Argumente des anderen ein und hören uns zu. Lili hat alle Hände voll zu tun, um alle Punkte zu notieren und damit dafür zu sorgen, dass wir später noch wissen, was wir alles besprochen haben.

„Ich habe jetzt Hunger", meint Jelena nach einiger Zeit.

„Ich auch, wenn ich ehrlich bin", gestehe ich.

„Wir haben aber nur Fleisch, das wir über dem Feuer braten können."

„Oh ja, das wäre super!", schwärme ich.

Jelena schaut mich an und beginnt zu lachen. Sie kriegt sich fast nicht mehr ein. Erst mit der Zeit beruhigt sie sich langsam.

„Was war jetzt so lustig?", frage ich.

„Die Königin freut sich, wenn es gebratenes Fleisch gibt, ich kann's nicht glauben", bringt sie unter Japsen hervor.

„Es ist noch nicht so lange her, da habe ich zum ersten Mal in meinem Leben Fleisch gegessen."

„Nicht wahr?"

Ich erzähle ihr, dass meine Mutter gut für uns gesorgt hat und wir keinen Mangel leiden mussten. Fleisch jedoch wäre für uns ein Luxus gewesen, den wir uns nicht leisten konnten. Und als Magd war es undenkbar, dass ich Fleisch zu essen bekommen hätte. Ich erzähle auch, wie Lord Rasmus mich begeistert beobachtet hat, als ich mein erstes Fleisch zwischen die Zähne bekam.

„Nicht wahr", meint Lili. „Da ist es mir ja noch gut ergangen. Als Zofe habe ich zu großen Festtagen doch ab und an Fleisch bekommen."

„Aber üppig hattet ihr es auch nicht?", frage ich.

„Üppig nicht. Dazu ist der Graf ein wenig zu geizig."

Langsam steigt mir der Duft von gebratenem Fleisch in die Nase. Schon allein beim Beobachten, wie einer der Rebellen ein Stück Reh über das Feuer hält und dieses langsam braun und knusprig wird, läuft mir das Wasser im Mund zusammen.

„Ich mache dir einen Vorschlag", sage ich zu Jelena. „Ihr kommt ins Schloss und wir sprechen dort weiter. Ich würde auch vorschlagen, dass du zu meiner obersten Beraterin wirst und damit die Möglichkeit bekommst, an den Entscheidungen mitzuwirken."

„Und wir?", meint einer der Männer.

„Auch ihr könnt eine Aufgabe übernehmen und euch einbringen. Ich weiß jetzt nicht auf Anhieb, was das genau sein könnte, aber da finden Jelena und ich sicher eine Lösung, mit der ihr zufrieden sein könnt. Ich vermute, das ergibt sich im Laufe der Gespräche."

„Du nimmst mich auf den Arm", meint Jelena.

„Warum sollte ich?"

„Wo hat es das schon einmal gegeben, dass die Anführerin der Rebellen zur obersten Beraterin der Königin wurde?", hält sie dagegen.

„Wo hat es das schon gegeben, dass die Königin und die Anführerin der Rebellen um ein Lagerfeuer herumsitzen und über die Zukunft des Landes reden? Ja, ich gebe zu, es sind neue Weg. Aber dieses Land braucht neue Wege, es braucht, dass sich die Kräfte, die etwas zum Besseren verändern wollen, auch zusammenarbeiten und gemeinsam etwas bewirken."

„Du kannst verdammt gut reden. Wo hast du das gelernt?", neckt mich Jelena.

„Ich bin von der Sache überzeugt, das ist alles."

Sie schaut mich nachdenklich an. Sie überlegt. Ich kann in ihren Augen noch letzte Reste von Zweifel erkennen.

„Ich garantiere für deine Sicherheit."

„Dir traue ich, das ist nicht das Problem. Aber ich bin mir nicht sicher, ob die adeligen Herren da mitspielen. Was ist, wenn sie dich zum Teufel jagen und mich köpfen?"

„Glaube mir, ich bin mächtig und an mir kommen diese adeligen Herren nicht vorbei."

„Da spuckt das kleine Mädchen aber große Töne", spottet Jelena.

„Glaub mir oder nicht. Wir könnten Geschichte schreiben. Es hängt nur von deinem Mut ab."

„Das sagt sich so leicht", meint sie nachdenklich. „Du bist ja noch radikaler in dem, was du im Kopf hast, als wir es je waren."

„Der einzige Unterschied ist, dass ich die Veränderungen voranbringen kann", antworte ich. „Mit deiner Hilfe!"

Kapitel 24

Wir reiten hoch zu Ross auf das königliche Schloss zu. Jelena hat sich entschieden und reitet an meiner Seite. Ich gebe mich bewusst selbstsicher. Jelena hingegen ist weniger überzeugt. Ich merke, wie sie nervöser wird, je näher wir unserem Ziel kommen.

Als die Wachen am äußeren Tor mich erkennen, verbeugen sie sich tief und lassen uns ungehindert passieren. Jelenas Augen huschen nervös über den Schlosshof und versuchen jede Regung zu erblicken und einzuordnen. Wir reiten weiter auf das zweite Tor zu, das uns zum inneren Bereich führt.

„Rebellen, ergreift sie!", ruft plötzlich eine der Wachen.

Alle drehen sich zu uns um und als wir vor dem Tor stehen bleiben, werden wir von Wachen umringt. Ich bleibe noch auf dem Pferd sitzen und schaue mich um. Jelenas Augen sind leicht panisch auf mich gerichtet.

Sie hat auch jeden Grund, vorsichtig zu sein. Etwa zwei Dutzend Wachen haben uns umringt und bedrohen uns mit Lanzen oder Pfeil und Bogen. Ich bleibe bewusst gelassen.

„Wer hat euch erlaubt, eure Posten zu verlassen", donnert meine Stimme über den Hof.

„Aber wir dachten ...", versucht sich der Mann zu rechtfertigen, der gerufen hatte, die Rebellen sollten ergriffen werden.

„Du solltest wohl eher nicht denken, sonst geht es daneben."

„Aber ich dachte, Ihr wärt in Gefahr, Eure Majestät."

„Wenn ich hoch zu Ross mit meinen Gästen auf den Hof meines Schlosses reite, wie kann ich da in Gefahr sein?"

„Man weiß nie?", wird er schon kleinlauter.

„Geht an die Arbeit und lasst mich meine machen. Ich bin die Königin und als solche durchaus in der Lage mich zu wehren."

„Aber das sind Rebellen."

„Das sind Menschen, denen das Wohl dieses Landes am Herzen liegt, wie mir auch."

Kleinlaut ziehen die Wachen ab. Als ich zu Jelena blicke, kann ich die Anerkennung in ihren Augen sehen.

„Die Wachen konntest du überzeugen, mit dem Adel wird es schwieriger", meint sie.

„Das werden wir auch schaffen. Komm!"

Wir steigen ab und betreten das Schloss. In der großen Eingangshalle kommt uns Samantha entgegen.

„Serena, wie schön, du bist wieder da. Sind das Gäste?", begrüßt sie mich.

Sie umarmt mich und ich bekomme mit, wie die Rebellenführerin die Szene überrascht verfolgt. Mir ist klar, dass es so etwas früher nie gegeben hätte. Die Königin einfach so zu umarmen, wäre nicht denkbar gewesen.

„Samantha, darf ich dir Jelena, die Anführerin der Rebellen vorstellen. Jelena, das ist meine gute Freundin Samantha, sie trägt die Verantwortung für die Organisation im Schloss und wird euch Zimmer zuweisen. Macht euch frisch und wir treffen uns in zwei Stunden. Ich werde den obersten Rat einberufen."

Im selben Moment kommt Peter daher. Ich bitte ihn zu uns und stelle auch ihn Jelena vor. Diese mustert ihn mit Misstrauen.

„Könntest du bitte zwei Wachen abstellen, welche für die Sicherheit von Jelena garantieren? Sie steht unter meinem persönlichen Schutz und das bedeutet, wer Jelena ein Haar krümmt, wird des Hochverrats angeklagt, weil ich es als Angriff auf meine Person werte."

„Ich werde für die Sicherheit deines Gastes persönlich sorgen", versichert er mir.

„Mit dir müsste ich sprechen. Stell Männer ab, denen wir beide zu 100 Prozent vertrauen können."

„Kann ich bei eurem Gespräch dabei sein?", erkundigt sich Jelena. „Sicher ist sicher."

„Wie du möchtest", sage ich zu Jelena. Danach wende ich mich an Peter. „Dann in einer Stunde im Kaminzimmer. Du begleitest meinen Gast persönlich."

Während Peter Jelena zum Zimmer bringt, veranlasse ich alles Erforderliche, damit der Rat einberufen wird. Lili steht noch bei mir und schaut mich skeptisch an.

„Du bist mutig", meint sie.

„Wir müssen etwas verändern, dringend."

„Mit dem Adel wird es ein hartes Stück Arbeit."

„Was hältst du von Jelena", wechsle ich das Thema.

„Ich finde, sie ist mutig, sehr mutig sogar. Als Frau die Rebellen anführen, ist eine Leistung, sich aber in die Höhle des Löwen zu begeben, ist bewundernswert", meint meine Freundin.

„Das denke ich auch und Mut soll belohnt werden."

Eine Stunde später warte ich mit Lili im Kaminzimmer. Es dauert nicht lange und Peter kommt mit Jelena. Sie trägt neue Kleider aber immer noch eine Hose und ein Hemd. Ich kann sie verstehen, sie will Bewegungsfreiheit.

„Hallo Serena, danke für das schöne Zimmer."

„Du bist der Ehrengast der Königin", grinse ich. „Einen Vorteil muss es doch haben, die mächtigste Frau des Landes zu sein."

„Die zweitmächtigste Frau", grinst nun Jelena.

„Du glaubst die Rebellenführerin ist mächtiger als die Königin?", lache ich.

„Das wird sich zeigen."

„Egal, wer nun die Nase vorne hat, ich hoffe innständig, dass diese zwei Frauen das Land zum Guten verändern", sage ich. „Das meine ich ernst."

„Ich sehe es."

„Peter, nun zu dir. Ich werde Jelena zur obersten Beraterin der Königin ernennen und alle Rebellen, welche von nun an der Gewalt abschwören, sind begnadigt."

„Bist du dir sicher?", meint er. „Das lassen sich die Adeligen nicht gefallen."

„Es muss sich etwas ändern, sonst lässt es sich das Volk nicht mehr gefallen", antworte ich.

„Gut, was ist meine Aufgabe?"

„Du hältst mir den Rücken frei, indem du die Wachen und das Heer auf unsere Seite bringst. Wir wollen das Leben der Menschen verbessern. Jeder bei den Wachen und im Heer hat Familie. Deshalb müsste das, was wir erreichen wollen, auch in ihrem Interesse sein."

„Gut, ich werde gleich mit den Wachen im Schloss reden. Morgen ist das Heer an der Reihe."

Er verschwindet und lässt uns allein. Jelena schaut mich lange an, dann steht sie auf und kommt auf mich zu. Sie bleibt kurz vor mir stehen. Als auch ich mich erhebe, zieht sie mich in eine Umarmung.

„Du bist eine von den Guten. Dich hat das Land dringend gebraucht", meint sie.

Ich glaube dabei sogar eine Träne in ihrem rechten Auge zu erblicken. Sie ist sichtlich gerührt.

„Du bist auch eine von den Guten und ich habe großen Respekt vor dir. Einfach so der Königin zu vertrauen und sich in die Höhle des Löwen zu begeben, braucht verdammt viel Mut."

„Man braucht Mut, wenn man etwas verändern will", meint sie.

„Genau und deshalb gehen wir beide nun in die Versammlung. Es wird nicht leicht werden, aber wir schaffen es."

„Zusammen!", meint sie.

Ich nehme nun auch Lili in unsere Umarmung und zu dritt machen wir uns auf den Weg in den Thronsaal. Er ist bereits brechend voll, weil es sich offenbar herumgesprochen hat, dass die Rebellenführerin im Schloss ist. Ich nehme an, alle wollen sie sehen und alle hoffen, dass sie hängen wird. Das wird noch lustig werden.

Ein Raunen geht durch den Saal als ich ihn betrete und Jelena Seite an Seite mit mir vor zum Thron schreitet. Ich kann Rufe hören, die ihre Verhaftung, ihren Tod und noch einiges mehr fordern.

„Was will die Verbrecherin hier?", ruft Graf Aarenberg.

„Meint Ihr mich?", frage ich provozierend.

„Nein, Euch doch nicht."

Ich habe ihn mit meinem Ablenkungsmanöver sichtlich aus der Bahn geworfen. Er bleibt zwar immer noch stehen, schaut aber unsicher zu mir her. Vor diesem Mann werde ich mich hüten müssen. Mir fällt auch auf, dass er mich nicht mit dem üblichen Respekt anspricht. Sonst hätte ein „Eure Majestät" folgen müssen.

„Das möchte ich hoffen. Ich verlange aber auch, dass mein Gast behandelt wird, wie es sich ziemt."

Ich habe inzwischen den Thron erreicht. Jelena ist leicht verunsichert bereits etwas früher stehen geblieben. Demonstrativ zeige ich auf den zweiten Thron.

„Nimm bitte an meiner Seite Platz", bitte ich sie.

Mit diesen Worten gehe ich auf meinen Thron zu und setze mich hin. Jelena schaut mich zweifelnd an, tut dann aber doch das, worum ich sie gebeten habe.

„Eine Rebellin auf dem Thron. Wo kommen wir da hin? Das Königreich verfällt", meldet sich Graf Aarenberg erneut zu Wort.

„Ruhe im Saal", ruft plötzlich ein Mann. „Lasst die Königin sprechen."

Ich schaue in die Runde und erkenne meinen Patenonkel. Ich lächle ihm dankbar zu. Es tut gut, zu wissen, jemand im Saal zu haben, der unvoreingenommen ist.

„Ja, sprecht, Eure Majestät", meint Samanthas Vater. Das „Eure Majestät" betont er besonders.

Langsam erhebe ich mich und gebe Jelena ein Zeichen, sitzen zu bleiben. Ich lächle ihr auch aufmunternd zu.

„Das Reich unserer Ahnen ist aus dem Lot geraten. Ein Teil des Adels hat in den letzten Jahren und Jahrzehnten alles unternommen, um noch vermögender und noch einflussreicher zu werden. Gewiefte Berater und ein schwacher König, ja, ich sage bewusst ein schwacher König, auch wenn es mein Vater ist, haben dazu geführt, dass das Volk leidet. Es hat keinen Mut mehr zum Leben, weil ihm jegliche Zukunftsperspektive fehlt."

„Das Volk soll arbeiten", ruft Aarenberg dazwischen.

„Nicht nur das Volk. Manche verhökern ihre eigene Tochter, nur um noch mehr Einfluss und Macht zu erlangen. Aber so kann es nicht weitergehen", halte ich dagegen.

Betretenes Schweigen herrscht im Saal. Alle schauen Aarenberg an. Viele wissen nicht, was ich meine, dass sich meine Worte gegen den Grafen wenden, ist dagegen allen klar. Ich erkenne, dass er rot anläuft.

„Sie, Graf Aarenberg, haben ein junges Mädchen hinter dessen Rücken an den König verscherbeln wollen, ihre eigene Tochter. Sie sollte einen mehr als dreimal so alten Mann heiraten und ihm Kinder schenken. Wie krank ist das denn? Wer nicht einmal mehr vor seiner eigenen Familie Halt macht, der kann doch keine Grafschaft und kein Land anständig verwalten.

Einem Land geht es gut, wenn es allen Bevölkerungsschichten gleichermaßen gut geht. Ja, es werden auch harte Zeiten kommen und dann werden wohl alle den Gürtel enger schnallen müssen. Wenn aber in guten Zeiten die übergroße Mehrheit der Bevölkerung leidet und nur einige wenige in Saus und Braus leben, dann stimmt etwas nicht mehr. Und genau das ist in diesem Königreich der Fall."

„Sagt wer?", muckt Aarenberg schon wieder auf.

„Ach halt den Mund Aarenberg und hör der Königin zu", ruft ein Lord.

„Diese Frau, Jelena, ist eine von vielen, denen dieses Land nicht einfach egal ist, die sich für die Menschen, die dort leben, einsetzt und versucht etwas zu verändern. Ich gebe zu, die Mittel waren nicht immer richtig und ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass die Rebellen auch Fehler gemacht haben. Schließlich wurde mehrfach versucht, mich zu töten."

Ein Raunen geht bei meinen Worten durch den Saal. Jelena schaut mich schuldbewusst an und formt mit den Lippen ein lautloses „Entschuldigung". Doch ich rede weiter.

„Wie gesagt, sie haben Fehler gemacht, wir aber auch. Wir sogar noch die größeren, die unmenschlicheren, weil wir ein ganzes Volk haben leiden lassen, weil wir Menschen geknechtet haben. Es muss sich etwas ändern und das so schnell wie möglich."

„Aber nicht mit ihr!", brüllt Aarenberg.

Mir ist klar, er wird immer mehr zum Gegenspieler. Aber vor diesem Mann habe ich keine Angst, vor ihm werde ich ganz sicher nicht klein beigeben. Er hat keine Ehre im Leib, das macht ihn zwar gefährlich, aber davon lasse ich mich ganz sicher nicht abschrecken.

„Ich werde Jelena zu meiner obersten Beraterin ernennen. Mit ihr zusammen werden wir dieses Land wieder für alle lebenswert machen. In dieser Situation müssen alle, die sich für das Land einsetzen, zusammenarbeiten."

„Das ist doch Wahnsinn", brüllt der Graf.

Er ist immer weiter nach vorne gekommen. Ich kann den Hass in seinen Augen erkennen. Plötzlich hat er ein Messer in der Hand, macht einen Sprung auf mich zu und rammt mir die Klinge in die Seite.

Ein stechender Schmerz fährt mir durch den Körper. Wie in Trance greife ich an die Stelle, an der das Messer in mich eingedrungen ist und presse die Hand drauf. Ich kann etwas Warmes spüren, das mir über die Hand rinnt.

Mit Schrecken sehe ich, wie er mit dem blutverschmierten Messer in der Hand auch auf Jelena zuspringt. Ich schreie auf und falle zu Boden. Ich habe versagt, ist mein letzter Gedanke, bevor ich die Besinnung verliere und alles um mich herum schwarz wird.