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Legenda Major

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Hauptmann Samon scheint sich in dieser Gegend bestens auszukennen, denn schon nach einer kurzen Strecke treffen wir auf einen weiteren Weg, der aber kaum benützt wird und von Gras bedeckt ist.

„Ich hoffe, wir haben unsere Spuren einigermaßen verwischt und haben damit Zeit gewonnen", meint er. „Wir sollten uns aber nicht darauf verlassen."

Auf dem Weg reiten wir zunächst vorsichtig dahin, um das kurze Gras nicht zu sehr zu beschädigen, damit man unsere Spuren nicht sofort erkennt. Hinter der nächsten Biegung jedoch zieht der Hauptmann das Tempo wieder scharf an und wir preschen erneut in einem Höllentempo dahin.

„Wir scheinen sie abgehängt zu haben", meint der Hauptmann. Das Tempo verlangsamt er jedoch nicht.

Kapitel 3

Eine weitere Stunde später sind wir noch immer mit hohem Tempo unterwegs. Unsere Pferde sind schon nass vom Schweiß, aber der Hauptmann kennt offenbar kein Erbarmen. Ich erkenne in seinem Blick, ehrliche Sorge. Diese gilt mir und nun weiß ich mit Sicherheit, dass ich die richtige Entscheidung getroffen habe, ihm zu vertrauen.

Plötzlich gibt der Hauptmann das Zeichen langsamer zu reiten, biegt wenig später in eine enge Schlucht ein und wir folgen dieser. Sie ist so schmal, dass wir hintereinander reiten müssen und keine Chance hätten, das Pferd schnell zu wenden. Ich hoffe innständig, dass wir nicht in der Falle sitzen.

Plötzlich mündet die Schlucht in einen kleinen Platz, der etwa zehn Meter im Durchmesser hat. Allerdings scheint an dieser Stelle auch das Ende der Schlucht erreicht zu sein. Wir sind von hohen Felsen eingeschlossen und nur der Weg, den wir gekommen sind, führt auch wieder hinaus. Wenn unsere Verfolger bereits in die Schlucht eingebogen sind, dann ist das unser Ende. Ich schaue Samon irritiert an und frage mich, ob er sich vertan hat.

Der Hauptmann allerdings scheint sich keine Gedanken zu machen. Er legt Daumen und Zeigefinger aneinander, führt sie an seinen Mund und stößt einen lauten Pfiff aus. Das wollte ich immer schon können, bei mir hat es aber nur für ein komisches Blasgeräusch gereicht. Wenn wir in Sicherheit sind, muss ich ihn unbedingt bitten, mir zu zeigen, wie das geht. Im Moment aber warte ich ab, was nach dem Pfiff geschieht.

In der Felswand weit über uns erscheint ein Mann mit einem Speer. Er winkt dem Hauptmann zu und murmelt ein paar Worte in einer Sprache, die ich noch nie gehört habe. Die Situation scheint mir ein wenig eigenartig zu sein. Doch wie durch Geisterhand, schiebt sich eine riesige Steinplatte zur Seite und gibt einen Durchgang frei.

„Was ist das?", frage ich.

„Später!", meint der Hauptmann aber nur.

Gleichzeitig drückt er sanft seinem Pferd die Fersen in die Flanke und schon reitet er hindurch in eine Art Tunnel.

„Los!", ruft mir einer seiner Männer zu.

Damit reißt er mich aus meiner Starre und auch ich presse meine Fersen leicht zusammen und Furioso folgt dem Hauptmann. Auch unsere Begleiter folgen uns. Ich bekomme gerade noch mit, wie hinter ihnen die Steinplatte wieder an ihren angestammten Platz rückt und damit den Zugang versperrt. Unsere Verfolger sind wir damit definitiv los und wir in Sicherheit.

Im Tunnel hält der Hauptmann an und steigt ab. Wir anderen tun es ihm gleich. Er tätschelt den Hals seines Pferdes, schaut sich zu uns um und setzt dann seinen Weg zu Fuß fort. Sein Pferd zieht er am Zügel führend hinter sich her.

Wir gehen ein ganzes Stück. Alle schweigen. Ich dagegen schaue mich neugierig um. So etwas habe ich noch nie gesehen. Immer wieder tropft mir, wenn ich nach oben schaue, Wasser ins Gesicht. Zumindest hoffe ich, dass es sich um Wasser handelt.

Kurze Zeit später erkenne ich Licht am Ende des Tunnels. Auch, wenn es wie ein Klischee klingt, bin ich erleichtert, dass der Ausgang in Sicht kommt. Doch bevor wir ihn erreichen, bleibt der Hauptmann stehen.

„Prinzessin, hier kennt Euch niemand. Man wird Euch nur Aurora nennen, Ihr genießt keine Privilegien und man wird Euch nur nach Euren Fähigkeiten beurteilen."

„Nach meinen Fähigkeiten?"

Er atmet tief durch, blickt mich ein wenig unsicher an und schaut etwas Hilfe suchend zu seinen Männern. Seine Zweifel beunruhigen nun auch mich.

„Haltet Euch einfach an mich. Wenn wir angekommen sind und ich Euch Eure Hütte gezeigt habe, dann setzen wir uns zusammen und ich erkläre Euch alles. Dafür brauchen wir allerdings Zeit."

Er klingt besorgt und das kenne ich in dieser Form nicht an ihm. Für mich war Hauptmann Samon immer ein sehr umsichtiger und sehr kluger Mann, der immer weiß, was er zu tun hat. Auch deshalb habe ich ihm vertraut. Sein Zögern ist ausgesprochen ungewöhnlich.

„Ich habe Euch bis hierher vertraut, also werde ich es auch weiterhin tun", antworte ich.

Damit setzen wir unseren Weg fort. Als wir den Ausgang des Tunnels erreichen, bleiben wir alle kurz stehen, damit sich unsere Augen an das helle Licht gewöhnen. Ich habe instinktiv die Augen geschlossen und öffne sie zunächst nur einen kleinen Spalt, dann immer weiter und halte dabei eine Hand schützend gegen die Stirn, um Schatten zu machen. Zuerst sehe ich nicht viel, weil ich geblendet bin. Doch mit der Zeit formt sich vor mir ein breites Tal. Es ist grün und bunt gleichermaßen und einfach nur wunderschön. Ich fühle mich auf Anhieb wohl.

Die Bäume sprühen vor Leben und überall sehe ich wunderschöne Blumen. Einen Moment überlege ich, ob dies hier das Paradies sein kann. Ich werde jedoch von einem lauten Schrei aus meinen Gedanken gerissen. Es ist kein Schmerzensschrei, auch kein warnender Schrei. Ich habe den Eindruck, als würde er geballte Lebenskraft ausdrücken und habe deshalb auch keine Angst davor.

„Auch, wenn Ihr gleich Dinge seht, die Ihr nicht für möglich haltet, bleibt ruhig und haltet Euch an mich."

„Was sind das für Dinge?", frage ich etwas besorgt.

Ich erkenne, wie sich der Himmel verdunkelt, kann aber im ersten Moment nicht erkennen, was es ist. Ich strenge mich zwar an, kann aber nur einen Schatten erkennen.

„Ein Drache zum Beispiel", meint der Hauptmann.

„Ein Drache?", frage ich entgeistert.

„Es wird gleich ein Drache bei uns landen. Fürchtet Euch nicht!"

„Das ist leicht gesagt", sage ich leise, eher zu mir selbst.

Hallo, ich soll mich nicht fürchten, wenn gleich ein Drache neben mir landen wird. Wie kommt er nur auf die abwegige Idee, ich könnte wegen so einer Kleinigkeit Angst empfinden, überlege ich sarkastisch.

Doch tatsächlich wird der Schatten immer größer, erneut ertönt ein Schrei und wenig später sehe ich die Umrisse am Himmel. Es könnte sich tatsächlich um einen Drachen handeln und je näher er kommt, umso klarer wird das Bild. Ich frage mich, ob es wirklich möglich sein kann, dass es sich um einen Drachen handelt. Offenbar schon. Die Umrisse lassen bald keinen Zweifel mehr zu. Als er einige Zeit später tatsächlich vor uns zur Landung ansetzt, blicke ich vermutlich drein, wie ein Kind, das ein lebendes Einhorn sieht.

Ein kräftiger Wind entsteht um uns, Staub wirbelt auf und der Drache streckt die Beine aus. Plötzlich kommt ein anderer Wind auf und treibt den Staub von uns weg, noch bevor wir völlig verdreckt sind. Ich wundere mich, aber auch der Hauptmann blickt sich überrascht um. Seine Männer schütteln nur mit dem Kopf oder zucken mit den Schultern.

„Bist du das?", raunt er mir zu.

„Was?"

„Der Wind!"

„Den macht doch der Drache", flüsterte ich zurück.

„Nicht den Wind."

„Welchen dann?"

„Da ist noch ein zweiter Luftstrom, der den Staub von uns fernhält", meint er.

„Wind ist doch Wind", erwidere ich schulterzuckend.

„Eben nicht", meint er. Wer soll so etwas verstehen?

Ein etwa fünf Meter hoher Drache landet vor uns. Er schüttelt sich und verwandelt sich vor meinen Augen in einen Menschen, genauer gesagt in einen alten Mann mit weißem Haar. Ich beobachte die Verwandlung mit weit aufgerissenen Augen. Mein Mund steht weit offen. Ich fürchte, ich träume das alles nur. Doch in dem Moment werde ich aus meinen Überlegungen gerissen.

„Wem passt es nicht, wenn ich lande?", knurrt der alte Mann.

„Ich weiß es nicht, ehrwürdiger Vorsitzender", antwortet der Hauptmann.

„Ich nehme an, es ist das kleine Fräulein", meint er.

„Kleines Fräulein? Ich?", frage ich überrascht. „Wie denn?"

„In Aurora ist die Magie noch nicht erwacht, wenn sie überhaupt Magie in sich trägt. Sie ist noch nicht 18 Jahre alt", meint Samon.

„Kann es sein, dass sie ihre Macht unbewusst benutzt hat?", will der alte Mann wissen.

„Das würde dann aber bedeuten, dass sie ausgesprochen mächtig ist."

„Ich und mächtig, ja, ja. Sonst noch was?"

„Die Kleine ist aber sehr vorlaut für ihr junges Alter", meint der alte Mann.

„Das ist Prinzessin Aurora aus dem Haus der Simons", erklärt Samos.

Ich halte beim Lesen der Geschichte inne und lege das Buch kurz zur Seite. Wie ist so etwas möglich? Mein Schreibname im richtigen Leben lautet auch Simons. Ich heiße Aurora Simons, genau gleich, wie die Prinzessin. Wie um alles in der Welt, kann das Königshaus in dieser Geschichte den gleichen Namen tragen? Ist das nur Zufall oder stamme ich tatsächlich von Königen ab?

Ich versuche zu kombinieren, komme aber trotz Nachdenkens zu keinem wirklichen Ergebnis. Mein Vater hat dieses sonderbare Buch in seiner Bibliothek, welches im Grund aber doch nur ein Märchenbuch ist. Allerdings gibt es einige auffällige Parallelen. Kann es sein, dass mein Vater die Geschichte hat schreiben lassen, um mir dieses Buch zum Geburtstag zu schenken?

Das wäre zwar eine Erklärung, aber glauben kann ich es trotzdem nicht. Mein Vater käme nie auf eine so schöne Idee. Ich bin ihm nicht wichtig genug und er zu beschäftigt, um sich so etwas auszudenken. Außerdem würde dann die Widmung in einer Sprache verfasst sein, die ich verstehe. Trotzdem hätte ich mich über eine solche Geste sehr gefreut. Es wäre endlich einmal etwas Persönliches, das ich von ihm zum Geburtstag bekomme.

Ein wenig traurig nehme ich das Buch erneut zur Hand, lese weiter und bin wenig später schon wieder mitten im Geschehen. Es fühlt sich alles so real an, als würde ich es selbst erleben. Ich zapple sogar etwas hin und her, weil mir mein Hintern weh tut, als wäre ich selbst geritten.

„Du bist in dieser Welt Aurora, nur Aurora und sonst nichts. Bei uns gibt es keine Prinzessin aufgrund der Geburt", meint der alte Mann schnippisch. „Du solltest deshalb etwas bescheidener sein."

„Was ist dann ausschlaggebend?", frage ich.

Der Hauptmann gibt mir zwar einen leichten Rempler, mit dem er wohl sagen will, ich sollte endlich den Mund halten, aber da ist es schon gesagt. Der alte Mann jedoch reagiert überraschend locker. Er lächelt sogar.

„Wir haben keine Prinzessin. Wir haben nur einen König oder eine Königin. Aber im Moment ist dieser Platz unbesetzt."

„Und wie wird er besetzt?"

„Du bist sehr wissbegierig", grinst der Alte. „Hast du Interesse, den Thron zu besteigen?"

„Gott bewahre!", lehne ich ab. Dabei mache ich eine abwehrende Bewegung mit den Händen. „Ich soll schon ein anderes Land regieren. Da brauche ich nicht auch noch eines, über das ich nichts weiß."

„Du scheinst eine kluge, junge Frau zu sein", meint der Alte.

„Ich versuche nur logisch zu denken, Herr Vorsitzender."

„Du kannst mich Pupso nennen, das ist mein Name", sagt der Mann.

„Pupso, das ist nicht wahr", sage ich und pruste laut los.

Der Hauptmann schaut mich entsetzt an. Mir ist schon klar, dass mein Verhalten etwas sehr an Respekt vermissen lässt und mein Lehrer für Etikette würde sich jetzt die Haare raufen, aber ich kann einfach nicht anders. Bei diesem Namen muss ich lachen. Auch die Männer, die mich und den Hauptmann begleitet haben, strengen sich sichtlich an, das Lachen zu verkneifen. Allerdings ist ihnen die Situation gleichzeitig auch ein wenig peinlich.

„Was gibt es da zu lachen?", erkundigt sich der Alte. „Pupso bedeutet in der Sprache der Drachen, der Weise."

„Da hast du aber Glück, bei uns könnte es etwas anderes bedeuten", lache ich immer noch.

„Ich weiß", grinst nun auch der Alte. „In jungen Jahren wurde ich deswegen gehänselt."

„Es tut mir leid, aber ich kann nicht anders", bringe ich unter Lachen hervor. „Ich wollte wirklich nicht respektlos wirken."

„Schon gut. Bringt die lustige, junge Dame zum Gästehaus. Erklärt ihr alles und morgen wird sie für die ihr angemessene Arbeit eingeteilt", meint er Vorsitzende.

Er nickt mir noch schnell zu, verwandelt sich zurück in den Drachen und erhebt sich wieder in die Lüfte. Ich rufe ihm noch einen Gruß hinterher und schaue mich um. Mein Blick bleibt beim Gesicht des Hauptmannes hängen. Oh, oh!

„Was hast du dir nur dabei gedacht?", fährt mich Samon an.

„Wobei?", frage ich. „Weil ich lachen musste? Der Name ist doch auch zu lustig."

„Hast du nicht gelernt, den Alten Respekt entgegenzubringen?"

„Doch, aber es gibt Situationen, da kann man nicht anders", grinse ich schon wieder los, weil ich an den Namen denken muss.

„Kinder!", meint Samon etwas abfällig. „Aufsitzen!", befiehlt er in scharfem Ton.

Hat der mich ein Kind genannt? Ist das sein Ernst? Ich bin echt schockiert! Zugegeben, mein Verhalten war womöglich schon etwas kindisch, aber der Alte hat doch locker reagiert. Keine Ahnung, warum der Hauptmann jetzt so ein Drama daraus macht.

Wir reiten weitere zwei Stunden. Aber es kommt mir nicht so ewig lang vor. Die Zeit verfliegt sogar überraschend schnell. Ich bewundere die Landschaft, die Vegetation und vor allem die Menschen. Sie schauen alle fröhlich und zufrieden drein. In diesem Land scheint es den Bürgern gut zu gehen.

Als wir endlich an unserem Ziel ankommen, bin ich echt müde. Ich war heute doch außergewöhnlich lange im Sattel. Ich bin zwar recht sportlich, aber der heutige Tag war trotzdem nicht ohne. Hinzu kommt die Aufregung, vor allem durch die Verfolgung.

Wir stehen vor einem Haus, einem netten kleinen Häuschen mit einem unglaublich schönen Garten. Am liebsten würde ich aus dem Sattel springen und mich auf die kleine Wiese legen, um einfach in den Himmel zu schauen und die Blumen rund um mich herum zu bewundern. Aber da hat wohl der Hauptmann etwas dagegen.

„Absitzen", meint er.

Wir lassen uns alle vom Rücken unserer Pferde gleiten. Auf ein Zeichen von Samon hin, nimmt einer der uns begleitenden Wachleute die Zügel von Furioso und ich bleibe mit dem Hauptmann allein zurück.

„In diesem Land sprechen sich alle mit Du und dem Vornamen an. Ich hoffe, das geht für dich in Ordnung", meint er leicht verlegen.

„Ich habe kein Problem damit. Allerdings musst du mir noch deinen Vornamen nennen."

„Ich heiße Ramon", meint der Hauptmann etwas verlegen.

„Gut, Ramon, was nun?"

„Wir gehen etwas essen und setzen uns dann zusammen, damit ich dir das Wichtigste erkläre."

„Wir gehen essen? Ist das eine Einladung in ein Wirtshaus?"

„Nein, Aurora, wir gehen nicht in ein Wirtshaus. Damit bei uns nicht jeder kochen muss, gibt es eine gemeinschaftliche Essensausgabe. Könnte gut sein, dass du dort zur Arbeit eingeteilt wirst."

„Zum Arbeiten?"

„Ja, warum? Jeder in diesem Land muss arbeiten. Wie ich dir schon gesagt habe, wird es auch für dich keine Ausnahme geben."

„Das meine ich doch nicht", stelle ich grinsend klar. „Ich hoffe nur für die Leute hier, dass ich abspülen und nicht kochen muss.".

„Du kannst nicht kochen?"

„Wie denn? Kochen, das ist doch nichts für eine Prinzessin."

Nun muss auch er lachen. Er hat ein schönes Lachen, fällt mir in diesem Moment auf. Dies zu sehen hatte ich bisher noch keine Gelegenheit. Er war die ganze Zeit unserer Flucht angespannt. Bis auf die Begebenheit mit Pupso gab es heute herzlich wenig zum Lachen und auch da ist er als Einziger ernst geblieben.

„Gut, dann gehen wir", meint er.

Diesmal gehen wir zu Fuß. Ich bin ganz froh, dass ich meine steif gewordenen Beine etwas vertreten kann.

„Sind alle hier Magier?", frage ich.

„Nein, bei weitem nicht alle. Schau mich an."

„Kommst du von hier?"

„Ja, ich bin hier geboren und aufgewachsen."

„Wie kommst du dann zur Garde meines Vaters?", frage ich etwas verwirrt.

„Bei uns gibt es eine Prophezeiung, die Legenda Major. Diese besagt, dass es in eurem Land eine Prinzessin geben wird, die eine mächtige Magierin werden soll. Deshalb wurde ich eingeschleust."

„Du bist also, wenn man es genau nimmt, ein Spion?", frage ich überrascht.

„Ich will euch ja nichts Böses und dir schon gar nicht."

„Deshalb hast du mich in Sicherheit gebracht und nicht panisch reagiert wie alle anderen", überlege ich. Endlich geht mir ein Licht auf. „Deine Leute sind auch von hier."

„Wir wurden zusammen in dein Reich geschickt. Ich hatte das Glück Hauptmann zu werden. Im Grunde aber sind wir alle gleich."

„Als es darum ging, die Prinzessin in Sicherheit zu bringen, war eure Mission erledigt und ihr seid alle zurückgekehrt", mutmaße ich.

„Nicht alle. Einige sind geblieben, um die weiteren Entwicklungen zu beobachten."

Wir sind inzwischen bei einem großen Haus angekommen. Es herrscht geschäftiges Treiben. Ramon wird von der Frau am Eingang freundlich begrüßt und umarmt.

„Mutter, darf ich dir Aurora, die Prinzessin aus dem Haus Simons vorstellen?", sagt er.

„Einfach nur Aurora bitte. Hier gelten Titel nicht und das finde ich auch gut", stelle ich sofort klar. Dabei strecke ich der etwas pummeligen Frau die Hand entgegen. „Es freut mich, dich kennenzulernen."

„Ich bin Antonia. Ich habe diesen Lausebengel großgezogen. Weiß er sich auch zu benehmen?", schmunzelt sie.

„Dein Sohn zeigt ein vorbildliches Verhalten, ist mutig und klug. Du kannst stolz auf ihn sein."

Die Frau strahlt. Dass ich ihren Sohn lobe, scheint ihr sehr viel zu bedeuten.

„Solches Lob aus dem Mund einer Prinzessin", schwärmt sie.

„Ich bin ein normales Mädchen, das dein Sohn gerettet hat", stelle ich klar.

„Trotzdem", kichert sie. „Wenn alle schon seit Jahren nach dir suchen, musst du etwas Besonderes sein. Und jetzt geht essen. Ihr habt bestimmt großen Hunger."

Wie auf Kommando knurrt mein Magen. Tatsächlich haben wir seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Auf der Flucht war schließlich keine Zeit dafür.

„Ich könnte einen ganzen Ochsen alleine verspeisen", grinse ich.

„Das wäre dann wohl doch zu viel", grinst nun auch Ramon.

Damit schiebt er mich galant, aber bestimmt ins Gebäude hinein. Ich nicke seiner Mutter zum Abschied freundlich zu, bevor wir durch die Tür verschwinden. Ramon und ich gelangen in einen großen, aber dennoch gemütlichen Saal, wo wir an einem der Tische Platz nehmen. Schon beim Betreten des Raumes werden wir von fast allen angestarrt. Ich nehme an, dass die Aufmerksamkeit vor allem mir gilt. Etwas, was ich gar nicht mag. Allerdings hat sich vermutlich bereits herumgesprochen, dass eine Neue da ist.

Wir sitzen noch gar nicht lange am Tisch, da kommt ein junges Mädchen mit Getränken und kurz danach mit einer Platte vorbei, auf der eine Auswahl an verschiedenen Speisen liegt, die alle ausgesprochen lecker aussehen.

„Bediene dich!", bietet Ramon an.

Dabei macht er mit der Hand eine einladende Geste in Richtung des Essens. Ich schiebe nach kurzem Zögern meinen Teller näher an die Platte heran und nehme mir von allem etwas. Anfänglich bin ich noch etwas zurückhaltend, was Ramon wohl bemerkt.

„Wir sind hier nicht im Schloss. Du brauchst nicht auf die Etikette zu achten", meint er.

Ich lächle etwas verlegen, dann aber macht sich doch mein Bärenhunger bemerkbar und ich lange ordentlich zu. Mir ist egal ob die anderen wissen, dass ich eine Prinzessin bin. Ich habe Hunger!

Ich probiere zunächst eine Gabel von jedem der verschiedenen, für mich unbekannten Gerichte und muss feststellen, dass sie nicht nur gut aussehen, sondern auch vorzüglich schmecken. Danach lege ich mir die Reihenfolge zurecht, in der ich mich über die einzelnen Speisen hermache. Wie schon als kleines Kind, spare ich mir das, was ich denke, dass es mir am besten schmeckt, für zuletzt auf.