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Legenda Major

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Nina hat tatsächlich nicht die größten Brüste, aber ich finde sie ausreichend. Warum wollen immer alle so Riesendinger haben. Ich bin froh, dass meine nicht zu klein, aber auch nicht zu groß sind. Ich besitze weibliche Attribute, die in einem Kleid einen schönen Ausschnitt formen, die mir aber nicht im Weg stehen, wenn ich mich bewege. Vor allem beim Kampftraining können große Brüste ganz schön stören. Ein Mädchen, das unbedingt zur Garde wollte und mit mir zusammen die Ausbildung beginnen wollte, musste aufgeben.

Ich würde Nina gerne sagen, dass an ihr alles schön ist. Kann ich das etwa? Ramon hat so etwas gesagt, oder war es Nina? Ich versuche mich zu konzentrieren, ihr den Gedanken in den Kopf zu setzen, dass sie eine wundervolle Frau ist. Aber ich habe keine Ahnung, wie man das machen könnte.

Plötzlich beginnt Nina zu strahlen. Sie betrachtet sich auf eine ganz neue und viel positivere Weise im Spiegel.

„Ja, ich bin schön, eine wundervolle Frau", sagt sie leise zu sich.

Offenbar kann ich sogar die Augen und Ohren anderer Menschen wie meine eigenen nutzen. So wie es aussieht, gelange ich an die Informationen, die von den Augen und Ohren an das Hirn der anderen Person gesendet werden.

Aber nicht nur das. Offenbar kann ich sogar die Gefühle spüren, denn zusammen mit Ninas neuer Erkenntnis zu ihrem Körper, kann ich auch spüren, wie sie allmählich glücklich über ihre Brüste ist.

Langsam reichts mit meinen Versuchen und ich ziehe mich vorsichtig aus Ninas Geist zurück. Ich hoffe, sie hat nicht bemerkt, dass ich in ihrem Kopf war und sie ausgehorcht habe. Irgendwie komme ich mir deshalb schlecht vor, als hätte ich etwas Unrechtes getan.

Ich bin aber trotzdem mit mir und meinen Versuchen zufrieden. Ich besitze offenbar alle fünf Elemente. Plötzlich überkommt mich ein Gedanke: Soll ich den anderen davon berichten? Wie würden sie es aufnehmen? Ich beschließe, es vorerst für mich zu behalten. Bevor ich mir nicht sicher bin, wie ich selbst mit diesem Wissen umgehen soll, so lange werde ich es für mich behalten.

Kapitel 6

Es klopft an meiner Tür. Nina muss sich angezogen und fertig für das Frühstück gemacht haben. Da ich aufgrund meines Versuchs mit dem Element Geist schon vorher wusste, dass meine Mentorin wach ist, habe auch ich mir ein Kleid übergezogen und mich bereit gemacht. Deshalb können wir sofort los.

Wir sitzen am Tisch des Speiseraumes, als es draußen plötzlich laut wird. Zunächst verstehe ich nicht, was die Leute rufen. Dann aber höre ich, wie ein Bote auf einem Pferd vorbeireitet und einem Mann zuruft, dass Ramon von der königlichen Garde gefangen genommen wurde.

„Ramon wurde gefangen genommen?", frage ich Nina. „Ich muss ihm helfen!"

„Du?", meint meine Mentorin skeptisch. „Du bist erst zwei Tage hier. Außerdem wissen wir noch gar nicht, was passiert ist."

„Komm, wir gehen zum Vorsitzenden, der muss informiert sein", sage ich entschlossen.

Bei diesen Worten stehe ich auch schon auf und ziehe Nina am Arm mit hoch. Ich schaue sie so flehend an, dass sie nachgibt und mir nach draußen folgt. Ohne ein Wort zu verlieren, eile ich zum Haus des Vorsitzenden, wo sich bereits eine Traube aus Leuten gebildet hat. Pupso steht im Türrahmen und drum herum zahlreiche Männer.

Ich kann von hinten aus nicht viel hören oder sehen. Deshalb zwänge ich mich durch die umstehenden Leute nach vorne und ernte immer wieder missbilligende Blicke. Doch das ist mir egal. Ich will wissen, was mit Ramon ist. Bevor ich in der Menschentraube verschwinde, erhasche ich noch einen Blick auf meine Mentorin, die mehr als unglücklich dreinschaut. Ich fürchte, sie hat sich meine Betreuung auch leichter vorgestellt.

„Wir können Ramon nicht hängen lassen", meint einer der Männer. Ich kenne ihn nicht.

„Wir haben keine Wahl. Oder sollen wir das Mädchen gegen ihn eintauschen? Was soll dann aus der Prophezeiung werden? In dem Fall hätte die Welt von Anfang an schon verloren und Ramons jahrelange Bemühungen, sie in Sicherheit zu bringen, war umsonst", antwortet der Vorsitzende entschlossen.

„Es muss doch noch eine andere Lösung geben", ruft ein anderer.

„Wir sollten eine Sitzung des Rates einberufen. In einer halben Stunde im Versammlungssaal", meint Pupso.

„Moment", rufe ich nun dazwischen. „Wer ist dieses Mädchen und was hat es mit der Prophezeiung zu tun?"

Ich frage das, obwohl ich bereits stark vermute, dass es sich dabei nur um mich handeln kann. Warum sonst, sollen sie so viel Aufhebens um mich machen und mich so lange beobachten und dann retten lassen.

„Äh, das tut hier nichts zur Sache", versucht der Vorsitzende meiner Frage auszuweichen.

„Ich denke schon, dass es das tut. Bin ich es?"

Ich sage dies sehr entschlossen und höre, wie einige um mich herum überrascht Luft holen. Alle schauen gebannt zum Vorsitzenden.

„Sag es ihr doch", ruft ein jüngerer Mann. Ich schätze ihn auf Mitte Zwanzig.

„Sigur!", ruft der Vorsitzende tadelnd.

„Was denn? Früher oder später kommt sie doch drauf."

„Ja, gut, du bist es", bestätigt der Vorsitzende nach einer kurzen Pause. Es ist mehr als offensichtlich, dass es ihm schwerfällt, mir das zu sagen.

„Dann sollte ich an der Sitzung teilnehmen. Schließlich geht es um mich", sage ich bestimmt.

„Keine Angst, wir werden dich nicht ausliefern", versucht der Vorsitzende mich zu beruhigen.

„Und wenn ich will, dass ihr mich gegen Ramon austauscht?"

Nun geht ein Raunen durch die Anwesenden. Sie schauen mich plötzlich anders an, so als könnten sie nicht glauben, was ich gerade gesagt habe.

„Ihr habt schon richtig gehört. Ich kneife nicht, wenn es darum geht, Ramon zu befreien."

„Aber die Legenda Major", wirft Pupso ein.

„Die kenne ich nicht. Zumindest nicht genau!"

Nun ist es der Vorsitzende, der scharf Luft holt. Er scheint langsam mit der Situation überfordert zu sein. Sein Blick ruht überlegend auf mir.

„Na dann, komm mit!" sagt er.

„Ich möchte, dass Nina dabei ist", lege ich schnell nach.

„Das auch noch! Warum?"

„Sie ist meine Mentorin. Ich gehe ganz stark davon aus, dass ich nicht alles verstehe, was in der Versammlung gesagt wird und dass ich jemand brauche, der mir so einiges erklärt."

„Na gut, von mir aus auch das noch", stimmt der Vorsitzende auch diesmal zu.

Die Menschenmenge löst sich daraufhin auf und ich bleibe so gut wie allein vor dem Haus des Vorsitzenden stehen. Gedankenverloren sehe ich mich um und stelle fest, dass Nina immer noch etwas abseits dasteht. Sie hat die Hände in die Hüften gestemmt und schaut mich mit einem vorwurfsvollen Blick an. Was habe ich denn jetzt schon wieder angestellt? Ich hole Luft und gehe auf sie zu.

„Du kannst doch nicht den Vorsitzenden bei einer wichtigen Besprechung stören", meint Nina.

„Lass uns das später besprechen. Wir müssen zur Ratssitzung."

„Was? Wir sollen zur Ratssitzung?"

„Ja, komm schon."

„Wie kommen wir zu dieser Ehre?"

„Ich bin die Auserwählte aus der Prophezeiung und du meine Vertraute."

„Du bist was?"

„Die Auserwählte irgendeiner komischen Prophezeiung."

„Der Legenda Major?"

„Ja, genau, so hat sie der Vorsitzende genannt."

Nina schaut mich mit riesengroßen Augen an und deutet eine Verneigung an. Sie brummelt etwas vor sich hin. Ich höre es nur dank meiner ausgezeichneten Ohren, verstehen kann ich es aber nicht.

„Ich konnte so etwas doch nie im Leben wissen. Das hätte man mir sagen müssen", meint sie leicht aufgebracht.

Ich nehme sie in den Arm. Ich habe das Gefühl, als sei sie am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Doch dann löst sie sich.

„Aurora, verzeih bitte, wenn ich mich ungebührlich verhalten habe."

„Wenn du was hast?", frage ich völlig von der Rolle.

„Wenn ich mich ungebührlich verhalten habe."

„Was soll das denn heißen, ungebührlich. Das hast du nicht, wie auch. Wir sind doch so etwas wie Freundinnen", frage ich unsicher. „Hatte ich zumindest gehofft."

„Du meinst ...", will sie ansetzen etwas zu sagen.

„Dass wir uns auf das konzentrieren sollten, was an Problemen ansteht."

„Mein Gott!", ruft sie plötzlich.

„Was ist?", frage ich besorgt. Was hat sie denn jetzt schon wieder?

„Der Vorsitzende hat die Auserwählte zum Abspülen eingeteilt. Wie konnte er das nur machen?"

„Ich habe ja drauf bestanden", grinse ich. „Außerdem wollte er mich im Glauben lassen, eine ganz normale Magierin zu sein. Ich denke, er wollte mich damit beschützen. Für mich war es ja schon viel, mich an den Gedanken zu gewöhnen, dass ich kein normaler Mensch bin."

„Trotzdem, mir zumindest hätte er etwas sagen können", schimpft sie noch immer.

„Sag mal Nina", wechsele ich das Thema. „Was hat es mit der Prophezeiung denn auf sich."

„Du kennst sie nicht?"

„Woher denn?"

„Sie lautet:

Mädchen kommt daher

Macht hat Prinzessin sehr

Welt steht vor Zerfall

Es bricht fast jeder Wall

Dem Untergang geweiht

Wird Welt doch noch befreit

Mehr weiß ich auch nicht."

„Verstehe! Wegen der Prinzessin seid ihr auf mich gekommen."

„Wir magischen Wesen beobachten die Prinzessinnen schon seit Generationen. In all den Jahren kamst nur du in Frage, dass das, was in der Prophezeiung gesagt wird, zutrifft."

„Ich bin Prinzessin und ganz offenbar Magierin."

„Du hast ganz dunkle blaue Augen."

„Das heißt, ich könnte mächtig sein."

„Alle hier hoffen, dass du mehr als ein Element beherrschen kannst."

„Komm, lass uns gehen. Die Sitzung beginnt bald", lenke ich ab, um die Frage nicht beantworten zu müssen.

„Wir müssen zum Versammlungssaal", meint sie. Die Ablenkung funktioniert tatsächlich.

Es ist nicht weit und so kommen wir schon nach wenigen Minuten dort an. Ich bleibe vor dem Haus stehen, weil mich noch etwas interessiert.

„Wer war übrigens der junge Mann, der den Vorsitzenden aufgefordert hat, mir die Wahrheit zu sagen."

„Wen meinst du, ich habe nichts gehört, weil ich ganz hinten stand."

„Er ist groß, Mitte Zwanzig, hat schwarze Haare. Der Vorsitzende nannte ihn Sigur oder so ähnlich."

„Dann kann es nur Sigur, der Sohn des Vorsitzenden sein. Nur er wagt es, seinem Vater etwas zu sagen -- außer dir natürlich", meint sie nachdenklich. „Sei bei ihm auf der Hut. Er ist irgendwie komisch."

„Wie komisch?"

„Er ist ein Einzelgänger, sehr stark, kampferfahren, klug und niemand weiß viel über ihn. Er treibt sich die meiste Zeit in der Gegend herum, ist dabei immer allein und dabei weiß keiner, wo er sich gerade befindet. Doch, wenn es die Situation erfordert, ist er wie durch ein Wunder immer zur Stelle. Er beherrscht übrigens das Element Feuer."

„Wie schätzt du ihn ein?", frage ich.

„Er ist immer freundlich und zuvorkommend, ich könnte nichts Negatives über ihn sagen. Aber viel Positives auch nicht. Wie gesagt, er ist mysteriös. Warum willst du das wissen?"

„Nur so, ich habe das Gefühl, dass er eine Rolle spielen wird."

„Bei was?"

„Bei allem, was kommt."

Ich sage das und zucke dabei mit den Schultern. Genau kann ich es auch nicht erklären, warum mich ausgerechnet dieser Mann interessiert. Es ist eher ein Gefühl und bisher konnte ich mich auf mein Gefühl immer verlassen.

Doch im Moment gibt es Wichtigeres und ich nicke Nina aufmunternd zu, damit sie mir ins Gebäude folgt. Wir betreten einen riesigen Saal, in dessen Mitte ein großer, runder Tisch steht. Etwa 20 Leute finden daran Platz. Tatsächlich sind auch schon alle Stühle außer einem sowie dem des Vorsitzenden noch leer.

Ich schaue mich etwas hilfesuchend um. Der leere Stuhl steht genau neben Sigurs Platz. Aber es fehlt noch einer für Nina. Sigur scheint mein Suchen als einziger zu bemerken oder zumindest er ist der Einzige, der darauf reagiert. Er steht sofort auf. Manieren hat der Mann.

„Bitte nimm Platz."

Dabei deutet er auf den Stuhl neben sich und schenkt mir ein sehr offenes Lächeln. Ich glaube, ich mag ihn. Sein Blick wandert aber gleich zu Nina und er zieht seinen Stuhl näher an meinen und gibt auch meiner Freundin zu verstehen, sich zu setzen. Dann macht er sich auf die Suche nach einem neuen Stuhl für sich.

Als er diesen bringt und neben den von Nina stellt, schaut mich diese etwas irritiert an. Sie scheint sich ein wenig unwohl in ihrer Haut zu fühlen.

„Nimm du diesen Stuhl", meint sie.

Dabei deutet sie auf den Stuhl neben Sigur und setzt sich auf den anderen. Damit lässt sie mir keine andere Wahl und ich setze mich eben neben den Sohn des Vorsitzenden, der sich nach mir ebenfalls auf seinem Stuhl niederlässt. Damit bin ich zwischen dem Vorsitzenden und seinem Sohn. Nina hat ihren Stuhl etwas nach hinten gezogen, um nicht direkt am Tisch zu sitzen. Das scheint ihr unangenehm zu sein. Als Prinzessin bin ich da schon ein wenig entspannter. Ich war bereits öfters in ähnlichen Situationen.

„Du bist mutig, das gefällt mir, und du sagst, was du denkst, verteidigst deine Position und behauptest dich sogar gegen meinen Vater. Du hast das Zeug zur Auserwählten", meint Sigur.

„Schmeichler", necke ich ihn.

Allerdings lächle ich dabei, um ihm zu zeigen, dass ich es nicht allzu ernst meine und bekomme ein wunderschönes Lächeln zurück. Habe ich schon gesagt, dass mir dieser Mann sympathisch ist?

„Ich meine das ehrlich. Du wirst deinen Weg machen, da bin ich mir sicher."

„Dabei weiß ich nicht, was mir als Auserwählte überhaupt für eine Aufgabe zugedacht wurde."

„Das wirst du dann schon sehen. So klar ist die Prophezeiung dann auch wieder nicht", grinst er.

„Du hast es leicht und kannst lachen. Ich dagegen soll Großes vollbringen, ohne Ahnung davon zu haben, was von mir erwartet wird. Allerdings nehme ich mal stark an, dass das nicht so einfach und vor allem nicht angenehm wird. Die Rolle der Helden ist immer die schwierige und schmerzvolle."

„Du sollst die Welt retten. Nicht mehr und nicht weniger."

„Ah ja, danke. Jetzt ist alles klar", kichere ich.

Auch er lacht und wirkt dabei offen und gar nicht so verschlossen und unnahbar, wie ihn Nina beschrieben hat. Es kann ja auch daran liegen, dass ich am Hof meines Vaters immer die Prinzessin war, der sich keiner nähern wollte oder durfte. Nun endlich mit jemand ganz ungezwungen zu scherzen ist für mich ein riesiger Fortschritt. Was ich schon für ausgesprochen offen empfinde, könnte für Nina womöglich immer noch als verschlossen gelten, weil sie es anders kennt.

Ich werde in meinen Überlegungen unterbrochen, als der Vorsitzende den Raum betritt und vor seinem Stuhl stehen bleibt.

„Meine Herren ...", er wirft einen Blick zu mir und Nina."... und Damen, ich eröffne hiermit die Sitzung. Wir müssen beraten, was wir tun. Sollen wir auf die Forderung von König Jury Simons eingehen? Er will, dass wir ihm für Ramon die Außerwählte übergeben."

„Das können wir nicht machen", höre ich einen Mann rufen. „Dann ist die Welt verloren."

Ich höre sehr viele zustimmende Rufe. Ich schätze, fast alle sind dagegen, mich auszuliefern.

„Wer kann mir erklären, was passiert ist?", melde ich mich zu Wort.

Alle schauen tadelnd zu mir. Nina scheint geschockt zu sein, zieht den Kopf etwas ein und beugt sich zu mir vor.

„Du kannst nicht einfach so dazwischenreden. Du bist nur Gast", raunt sie mir zu.

„Ich bin eine der beiden Hauptpersonen, um die es in dieser Beratung geht. Ramon soll gegen mich ausgetauscht werden. Das Leben von einem von uns beiden, von uns beiden oder wenn wir Glück haben, von keinem von uns, hängt von dieser Entscheidung ab. Da ist es mir doch egal, ob ich die Hand hochheben muss, damit ich sprechen darf. Wir sind hier nicht in der Schule. Wir sind alles erwachsene Leute und ich habe keinem dazwischen gequatscht", sage ich laut, damit alle wissen, was ich denke.

„Bravo!", flüstert mir Sigur zu.

„Also, was ist passiert?", frage ich fordernd nach.

„Ramon wollte nachschauen gehen, was im Königreich nach deinem Verschwinden entschieden wird. Dabei wurde er geschnappt. Ein Bote hat den Brief mit der Forderung in die Schlucht gelegt, die uns als Zugang zur Welt dient."

„Warum habt ihr Ramon gehen lassen. Das ist doch völliger Irrsinn. Im Königreich wusste man, dass er mir zur Flucht verholfen hat. Natürlich lässt man ihn nicht laufen, wenn man seiner habhaft wird", sage ich etwas genervt.

„Er wollte unbedingt selbst gehen", verteidigt sich der Mann, der mir erklärt hat, was passiert ist.

„Kann ich den Brief sehen?", frage ich nach.

Der Mann von vorhin schaut unsicher zum Vorsitzenden. Dieser zuckt unsicher mit den Schultern und blickt etwas ratlos durch die Runde.

„Mann, was seid ihr für ein Verein. Ich habe nicht um Erlaubnis gefragt, ich möchte, dass man mir den Brief zeigt. Da brauchst du nicht zum Vorsitzenden zu schauen", brumme ich. „Der Brief wird wohl kein Geheimnis sein."

„Von mir aus, gib ihr das Schreiben", lenkt der Vorsitzende ein. Ich fürchte, er ist von mir leicht genervt, aber in der momentanen Situation, ist mir das egal.

Mir wird eine Briefrolle gereicht, die ich öffne und das Blatt hervorhole. Das Wappen ist jenes vom Kommandanten der Garde. Das gefällt mir gar nicht. Börior ist ein scharfer Hund, macht aber nichts, ohne ausdrücklichen Befehl oder zumindest nicht ohne Erlaubnis meines Vaters.

Ich lese das Schreiben aufmerksam durch. Dort steht nicht nur, dass man mich gegen Ramon austauschen will, ich werde in diesem Schreiben auch als Gefahr für die Welt bezeichnet, die es gilt auszulöschen. Ich muss Luft holen, als ich das lese. Langsam lasse ich das Blatt sinken.

„Darf ich?", meint Sigur leise.

Ich halte ihm bereitwillig den Brief hin. Er nimmt ihn, liest ihn durch und fängt an zu lachen. Als ihn alle tadelnd anschauen und ihm das bewusst wird, hört er schlagartig auf.

„Entschuldigt, so war das nicht gemeint", sagt er etwas kleinlaut.

„Ist ja schön, dass mindestens du dich amüsierst", sage ich etwas beleidigt. „Ich bin doch nur eine Gefahr."

„Sei mir nicht böse, aber dich als eine Gefahr zu bezeichnen ist schon ausgesprochen dreist."

„Ah ja! Du hältst mich für ein braves, kleines Mädchen?"

„Nein, du bist schon irgendwie eine Gefahr, aber nicht so, wie die das meinen."

„Du traust mir aber auch gar nichts zu", antworte ich genervt.

Ich gehe kurz in mich, greife nach dem blauen Faden in meinem Magieband, erschaffe eine Wasserkugel hinter Sigur, lasse sie über seinen Kopf kurz schweben und dann fallen. Das alles geschieht so schnell, dass die Anwesenden ihn nicht warnen können und er patschnass dasitzt und einem begossenen Pudel gleicht.

„Das ist kein Kindergarten hier!", ermahnt mich der Vorsitzende.

„Ich wollte doch nur zeigen, dass ich meine Magie bereits beherrsche", verteidige ich mich.

„Du hast ihn etwas nass gemacht. Das wird dir im Kampf gegen dein Königshaus aber nicht viel helfen", mault einer der älteren Männer am Tisch.

„Ich kann ihm wohl nicht gleich einen Eisblitz mitten ins Herz jagen", stöhne ich.

Dabei schieße ich einen in die Decke, dass er sich dort tief in die Täfelung bohrt und stecken bleibt. Nun schauen mich alle mit Ehrfurcht an.

„Mit dir ist doch nicht gut Kirschenessen", meint Sigur.

Er findet das alles offenbar trotz allem noch recht unterhaltsam. Ein strafender Blick von mir bringt ihn aber schnell wieder zum Schweigen.

„So, jetzt reden wir Klartext. Welche Möglichkeiten haben wir?", greife ich sofort wieder den Faden auf und reiße erneut das Gespräch an mich. „Wir können Ramon im Kerker meines Vaters verrotten lassen und ich bin mir sicher, dass das für ihn nicht lustig wird, oder ich gehe hin und werde gegen ihn ausgetauscht."

„Dann verrottest du im Kerker deines Vaters", wirft Sigur ein.

„Keine Sorge, ich verrotte ganz sicher nicht so schnell im Kerker. Mich werden sie öffentlichkeitswirksam hinrichten, damit jeder sehen kann, dass Menschen mit magischen Fähigkeiten keinen Platz im Königreich meines Vaters haben."

„Ach ja, das Prinzesschen wird ja nur hingerichtet. Das ist aber auch nicht lustig", meint Sigur neben mir.

„Ich will ja auch nicht hingerichtet werden und habe dabei hoffentlich auch ein Wörtchen mitzureden."

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