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Magische Welten 03

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An der rechten Seite neben dem Eingang führt eine weitere Treppe weiter nach unten. Entschlossen gehe ich diese hinab, auch wenn mich Xerimus unsicher anschaut. Im unteren Stock, der nun vollständig unter der Erde liegt, sieht es ähnlich aus, wie in dem darüber. Allerdings sind hier die Zellen alle voll. In einigen sitzt nur jeweils ein Mann oder eine Frau, in anderen sitzen mehrere Personen.

Hier unten riecht es nach Urin, Schweiß und noch einige andere Dingen. Da die Zellen nur aus Gittern bestehen, haben die Häftlinge absolut keine Privatsphäre. Ich gehe den Gang entlang. Die Inhaftierten beginnen zu betteln, zu schreien und zu schimpfen. Als einer schreit „Die Königin", wird das Gebrüll noch lauter.

Schockiert bin ich, als ich zuschauen muss, wie eine Frau auf einem Eimer ihre Notdurft verrichten muss. Der Kerl in der Zelle daneben bedrängt sie dabei und pöbelt sie auf das Übelste an.

„Ich möchte, dass Männer und Frauen in unterschiedlichen Stockwerken untergebracht werden", sage ich zu Xerimus. „Die Frauen werden nach oben gebracht, die Männer bleiben hier. Bevor dies passiert, möchte ich, dass oben die Metallgitter mit Holzbrettern verdeckt werden. Die Gitter sind gut, um vor einem Ausbruch zu schützen, allerdings sollen die Häftlinge einen Ort haben, an dem ihnen nicht jeder bei allem, was sie machen, zuschauen kann."

„Aber das wird ein gewaltiger Aufwand", wirft der Hauptmann ein.

„Der Bau dieses Kerkers war auch nicht in zwei Tagen erledigt", antworte ich.

„Das ist wohl wahr", stimmt er zu.

„Ich möchte, dass jedes Urteil, das vor meiner Zeit gefällt wurde, neu überprüft wird", sage ich zum Ankläger. „Holen Sie sich die Unterlagen und wir bewerten die Lage neu."

„Ihr wollt Häftlinge freilassen?"

„Ich will von vorneherein niemand frei lassen. Ich nehme allerdings an, dass einige, die hier ihr Leben fristen, nach anderen Gesichtspunkten verurteilt wurden, als wir sie heute anwenden."

„Das könnte sein", gesteht er.

„Na also, dann möchte ich zu jedem Häftling wissen, was er verbrochen hat, zu welcher Strafe er verurteilt wurde und wie viel davon er bereits abgesessen hat", sage ich zum Ankläger.

„Ich kümmere mich darum", versichert er mir.

Eine weitere Treppe führt nach unten. Da weder der Ankläger noch Xerimus bisher auch nur ein Wort bezüglich des früheren Kanzlers und des inhaftierten Königs verloren haben, nehme ich an, dass sie noch einen Stock tiefer einsitzen, und gehe auf die Treppe zu, um hinunterzugehen. Die Luft wird immer stickiger je weiter hinab ich komme.

Im untersten Stockwerk des Kerkers erhellen nur noch einige wenige Fackeln notdürftig den Raum. Er ist kleiner. Es gibt zwar den Mittelgang, aber zwischen den Säulen sind nicht mehr Gitterstäbe, hier gibt es Wände mit einer schweren Tür aus Holz, die aber mit Eisen beschlagen ist.

„Wo ist dieser Geridun?", erkundige ich mich.

„Hier drinnen", meint Xerimus.

Er geht auf eine dieser Holztüren zu und öffnet sie. Dahinter befindet sich ein kleiner Raum, der von einem weiteren durch massive Gitter abgetrennt ist. Groß ist dieser Raum auch nicht. Hier drinnen ist es feucht, moderig und es stinkt fürchterlich. Selbst in einem Schweinestall könnte es nicht schlimmer riechen. In der hintersten Ecke hockt ein Mann. Ich würde ihn auf etwa 40 Jahre schätzen.

Wenn ich bedenke, dass Serina etwa in meinem Alter war, so muss ein beträchtlicher Altersunterschied bestanden haben. Vermutlich ist der Mann geschickt im Umgang mit Frauen und hatte damit leichtes Spiel mit der jungen Königin. Er sieht zwar nicht schlecht aus, auch wenn sein äußerlicher Zustand erbärmlich ist. Trotzdem kann ich mir vorstellen, dass er beim weiblichen Geschlecht leichtes Spiel hatte, als er noch am Hof war.

„Das ist Geridun?", frage ich.

„König Geridun", knurrt der Mann in seiner Ecke. „Hat man Euch nicht beigebracht, wie man sich einem König gegenüber verhält? Wo bleibt die Verbeugung? Bei Euch, hübsche Dame, wäre ich auch mit einem Knicks zufrieden."

Mühsam erhebt er sich vom Boden und kommt auf die Gitterstäbe zu. Er humpelt dabei. Bei genauerem Hinsehen erkenne ich, dass sein rechtes Bein steif ist, er kann das Knie nicht mehr abbiegen. Er hält sich aber auch die Schulter, die ich mir daraufhin etwas genauer anschaue. Aus der Schonhaltung, die der Mann einnimmt, und wie er den Arm bewegt, schließe ich, dass er eine Schulterverletzung davongetragen hat, die nicht mehr richtig zusammenheilen konnte. Ich nehme an, dass er, nachdem das Volk ihn übel zugerichtet hat, direkt in den Kerker geworfen wurde. Die ärztliche Versorgung in diesem Land lässt sowieso zu wünschen übrig. Dem Mörder der Königin hat man da wohl erstrecht keine Behandlung zuteilwerden lassen.

Geridun lässt sich zwar nichts anmerken. Dennoch gehe ich davon aus, dass der Mann bei jeder kleinsten Bewegung Schmerzen hat. Je nachdem, wie er den Arm bewegt, müssen diese heftig sein, denn ab und zu zuckt er zusammen und hält in der Bewegung inne.

„Ihr seid ja großzügig heute", lache ich. „Erwartet Euch aber nicht zu viel vom Leben. Nicht mehr, nach dem, was Ihr getan habt."

„Was habe ich denn getan?", antwortet er spöttisch. „Wer seid Ihr überhaupt?"

„Ich bin Amy."

„Was ist eine Amy? Was hat eine Dame wie Ihr, in so einem Loch zu suchen?"

„Was macht ein König in so einem Loch?", stelle ich eine Gegenfrage.

„Das ist alles nur ein schrecklicher Irrtum. Man wirft mir vor, meine Frau vergiftet zu haben."

„Und habt Ihr?"

„Ja, natürlich, ich habe sie vergiftet. Aber deshalb hat keiner das Recht, mich, den König, hier einzusperren. Ich bin das Gesetz und der Richter. Niemand steht über mir!"

Xerimus will schon etwas sagen. Ich bemerke es und bremse ihn mit einer beruhigenden Handbewegung. Ich verstehe gut, dass er aufgebracht ist. Er war Königin Serina treu ergeben. Aber ich will dem Mann nicht die Genugtuung geben, zu sehen, dass ich ihm gegenüber auch nur irgendein Gefühl verspüre. Ich habe für ihn nicht einmal Hass übrig.

„Das mit dem Richter und dem Gesetz ist dann wohl nicht ganz so einfach, wie Ihr Euch das vorstellt, Eure Durchlaucht", antworte ich. „Eure geschätzte Gattin hat abgedankt und mich zur neuen Königin ernannt."

„Aber das geht doch nicht! Sie kann nicht einfach irgendein dahergelaufenes Mädchen zur Königin ernennen. Es gibt doch Traditionen und Gesetze in diesem Land. Die müssen doch eingehalten werden und diese sprechen in diesem Fall eine deutliche Sprache. Es gibt keinen Zweifel, ich bin der König dieses Landes."

„Warum sollte es nicht gehen, dass ich ihr nachfolge? Sie war die Königin und Ihr nur Ihr Gemahl."

„Aber es gab doch niemanden mehr in der Erbfolge. Damit besteigt der Gemahl der Königin den Thron."

„Bin ich niemand?"

„Aber niemand aus der Thronfolge", beharrt er.

„Wenn Ihr Euch da nur nicht täuscht. Ich bin eine direkte Verwandte von Königin Yara."

„Das kann nicht sein, das darf nicht sein! Warum wusste ich nichts von Euch?"

„Diese Frage kann ich Euch nicht beantworten. Aber feststeht, Ihr habt die Königin ermordet, sie hat abgedankt und mir die Krone überlassen, Ihr seid damit nur noch ein normaler Bürger und ich werde mit aller Härte des Gesetzes über Euch richten."

„Dann werdet Ihr mich zum Tode verurteilen, nehme ich an. Ihr wollt Rache."

„Es geht hier nicht um Rache, es geht um Strafe. Niemand darf einen anderen Menschen einfach ermorden. Ich werde dem Rat Eurer Gattin folgen. Sie persönlich hat mir die Strafe genannt, die Ihr verdient und daran werde ich nichts ändern."

„Habt doch Gnade", jammert er. „Ich hatte falsche Informationen."

Ich achte jedoch nicht mehr auf ihn, drehe mich um und verlasse, ohne ein weiteres Wort zu äußern den Raum. Die Überheblichkeit des Mannes ist offenbar gebrochen. Er ist sich dessen bewusst, dass er keine Gnade zu erwarten hat. Doch Reue kann ich bei ihm trotzdem nicht erkennen. Xerimus und der Ankläger folgen mir und verschließen die Tür.

Ich bleibe stehen und stütze mich mit den Händen auf meinen Knien ab. Es hat mich sehr viel Überwindung gekostet, dem Mann gelassen und doch entschlossen gegenüberzutreten. Es war mir jedoch wichtig, ihm zu zeigen, dass ich mich von ihm nicht beeindrucken lasse.

„So ein niederträchtiger Mann", faucht der Hauptmann. „So viel Arroganz und das auch noch hier herinnen. So etwas habe ich noch nie gesehen."

„Da kann es nur eine Strafe geben", fügt der Ankläger an. Auch in seinen Augen blitzt Hass auf, unbändiger Hass.

„Richtig! Es kann nur die Strafe geben, jene die Königin Serina selbst für ihn bestimmt hat", antworte ich. „Wo ist der frühere Kanzler?"

Xerimus führt mich zwei Türen weiter. Als wir diesen Raum betreten, bietet sich mir ein völlig anderes Bild. Der recht beleibte Mann hockt direkt neben dem Gitter. Noch bevor er erkennen kann, wer zur Tür hereinkommt, beginnt er auch schon zu jammern.

„Lasst mich raus, ich entschuldige mich bei der Königin. Ich wollte das nicht. Das könnt ihr nicht mit mir machen."

„Dann habt Ihr jetzt die Gelegenheit dazu", grinse ich. „Denkt aber nicht, das würde etwas an Eurer Strafe ändern."

„Ihr seid doch nicht die Königin. Noch nicht", meint er mit Verachtung.

„Irrtum, mein Lieber. Königin Serina ist leider verstorben und nun bin ich die Königin."

„Die Krönungsfeier hat schon stattgefunden?", will er wissen.

„Sagt man Euch hier unten nicht, was auf der Welt so vor sich geht?"

„Die Wachen reden nicht mit mir. Wenn ich frage, dann bekomme ich immer nur eine freche Antwort oder gar nur einen Fußtritt."

„Warum sollten die Wachen Euch eine Antwort geben?"

„Ich war immerhin der Kanzler und zähle immer noch zum Adel."

„Nun ja, soweit ich weiß, verliert man hier unten alle seine Titel und Rechte", grinse ich ihn frech an.

„Ich habe der Krone immer treu gedient", jammert er. „Ein bisschen Dank dafür hätte ich mir schon verdient."

„Ihr habt nur darauf hingearbeitet, selbst König zu werden", antworte ich. „Wir sehen uns bei der Gerichtsverhandlung. Dann erfahrt Ihr, was Ihr Euch verdient habt."

„Das könnt Ihr nicht tun!", bettelt er.

„Ich kann und ich werde, darauf könnt Ihr Euch verlassen."

Auch diese Zelle verlasse ich und Xerimus sperrt hinter uns wieder ab. Ich schaue mich um.

„Sitzt der frühere Berater für die Finanzen auch hier unten?", erkundige ich mich.

„Nein, der ist einen Stock höher. Er hat schließlich nicht versucht eine Königin zu ermorden. Hier unten sitzen nur die Schwerverbrecher. Außer diesen beiden ist im Augenblick kein weiterer Gefangener hier unten."

„Gut, dann lasst uns nach oben gehen."

Damit wende ich mich wieder der Treppe zu und wir machen uns auf den Weg nach oben. Der Hauptmann führt mich zu einer Zelle, in der ein einzelner Mann sitzt. Als er mich sieht, kommt er grinsend auf die Gitterstäbe zu.

„Eure Majestät", meint er mit einem spöttischen Unterton. „seid Ihr gekommen, weil Ihr mich braucht? Ich habe Euch ja gleich gesagt, dass diese Göre nichts taugt."

Xerimus packt den Mann beim Kragen und zieht ihn zu den Gitterstäben her, dass er hart auf die Eisenstangen gedrückt wird. Vor allem der Bauch wird, soweit es geht, zwischen den Stäben hervorgepresst.

„Lass ihn, er ist es nicht wert", sage ich gelassen zum Hauptmann. „Er gibt sich tatsächlich immer noch der Illusion hin, dass ich ihn brauchen könnte. Dabei macht Bella einen ausgezeichneten Job. Sie macht ihn jetzt schon besser, als er es je gekonnt hätte. Sie ist klug und umsichtig, er ist nur gierig und dumm. Ich wollte ihn nur sehen, bevor ich morgen das Urteil fälle."

„Ihr wollt Gericht über mich halten?", meint er empört.

„Was tut man normalerweise mit korrupten Beamten?", frage ich spöttisch.

„Das könnt Ihr nicht machen", wimmert er.

„Wir gehen!", sage ich aber nur.

Mir reicht es. Ich habe genug gesehen und bereits meine Ideen, wie ich diese Männer bestrafen werden. Ihren Hochmut werden sie noch bereuen.

Den Rest des Tages verbringe ich mit wesentlich angenehmeren Dingen. Bella und Ferina haben einen Plan ausgearbeitet, um in den wichtigsten Orten im Land eine Anlaufstelle zu errichten. Dort werden Krankenstationen eingerichtet, sobald die nötigen Sanitäter ausgebildet sind. Diese Einrichtungen sollen aber auch Wohnungen und eine Essensausgabe für Arme umfassen. Ich bin begeistert.

„Wir haben uns Armogren zum Vorbild genommen", erklärt Bella. „Dort funktioniert diese Struktur sehr gut und muss nur noch um die Krankenstation erweitert werden."

„Habt ihr etwas von Gerda gehört?", frage ich.

„Sie hat einen Boten geschickt. Es handelt sich um Krepse, oder wie hast du die Krankheit genannt", meint Ferina.

„Nicht Krepse, sondern Grippe", lächle ich.

„Auf jeden Fall scheint alles unter Kontrolle zu sein. Sie wird nun die Kranken versorgen und hofft in drei bis vier Tagen zurück zu sein. Gerda scheint die Krankheit keine größeren Sorgen zu bereiten. Nur einen älteren Mann scheint es stark getroffen zu haben. Sie hofft, ihn durchzubringen, will aber noch dortbleiben, um ihn zu beobachten."

„Das ist gut. Dann dürfte auch dieses Problem gelöst zu sein."

Am Abend gehe ich früh zu Bett. Ich kuschle mich an Arinor und schlafe auch schon bald ein. Die letzten Tage waren für mich doch sehr anstrengend gewesen und am nächsten Tag stehen auch schon wieder die Urteile an. Auch wenn ich bereits weiß, welche Strafen ich verhängen werde, so muss ich mich immer noch daran gewöhnen, über Menschen zu urteilen.

Der Zeremonienmeister hat die Audienzen am nächsten Tag gestrichen. Er war wohl davon ausgegangen, dass die Gerichtverfahren mehr Zeit in Anspruch nehmen würden. So schlecht war seine Entscheidung nicht, denn der Thronsaal ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Es hatte sich wohl herumgesprochen, dass Geridun verurteilt werden soll.

Seit ich verfügt habe, dass auch an ganz normalen Tagen nicht nur Adelige an den Audienzen und den Gerichtsverhandlungen teilnehmen dürfen, kommen immer wieder einfache Bürger, um diesen beizuwohnen.

Heute sind es allerdings besonders viele. Die Wachen sind heillos überfordert. Der Saal ist brechend voll und draußen scheinen immer noch Menschen zu stehen und auf Einlass zu warten.

„Ruhe!", rufe ich in die Menge. „Wir lassen alte und kranke Besucher auf den Stühlen Platz nehmen. Alle anderen müssen stehen. Da so viele Leute gekommen sind, kommt weiter nach vorne und schaut, so viele wie möglich nachrücken zu lassen."

Ausgesprochen folgsam verteilen sich die Leute im Raum. Ich lade sie immer wieder ein, auch weiter nach vorne zu kommen, damit möglichst viele Platz finden. Sie tun das nur zögerlich. Offenbar sind sie es nicht gewohnt, dem Thron so nahe zu kommen.

„Lasst die Türen offenstehen, damit jene, die keinen Platz mehr finden, hören können, was hier drinnen gesprochen wird. Seid deshalb bitte leise!", fordere ich die Leute auf.

Am Ende drängen sich die Leute bis vor zum Podium und einige setzen sich sogar auf die Stufen. Als ein Wachmann sie von dort vertreiben will, bremse ich ihn sofort.

„Lass sie nur. Da ist doch Platz."

„Aber Eure Majestät, die Würde des Thronsaales", meint er entschuldigend.

„Schau, das ist ein Saal, in dem wichtige Ereignisse und Entscheidungen für dieses Land stattfinden und getroffen werden. Das will ich nicht abstreiten. Hier drinnen findet aber vor allem Gemeinschaft statt. Was hier herinnen geschieht, betrifft die Menschen im ganzen Land und es ist gut, wenn sie an diesen Dingen teilnehmen und dabei sein wollen", erkläre ich ihm. „Das heißt für mich aber auch, dass je mehr Menschen in diesen Saal drängen, umso mehr nehmen sie an dieser Gemeinschaft aktiv teil. Dies ist deshalb nicht mein Saal, es ist der Saal des Volkes und ich nehme darin nur eine besondere Rolle ein. Deshalb sehe ich keinen Grund, dass es die Würde des Thronsaales schmälern sollte, wenn die Menschen hierherkommen. Ich würde mir erst dann Sorgen machen, wenn keiner käme."

Zunächst herrscht Schweigen, dann aber bricht Applaus und Jubel aus. Die Menschen scheinen meine Meinung zu teilen. Als der Beifall abflaut, meldet sich ein Adeliger.

„Aber was ist mit der Würde der Königin und der Krone."

„Besteht die Würde einer Königin darin, dass sie gefürchtet wird und allein in einem riesigen Thronsaal sitzt, von allen scheinbar vergessen und alleingelassen oder doch eher darin, dass die Menschen sie lieben und zu ihr aufsehen, weil sie ein Vorbild, aber trotzdem eine von ihnen ist? Ich will keine Entscheidungen im stillen Kämmerlein treffen, ich stehe zu dem, was ich tue und es kann jeder wissen, was ich mache und was ich entscheide", stelle ich klar. „Ich glaube, erst wenn man in diesem Saal allein ist, verliert man den Bezug zum Volk und trifft falsche Entscheidungen."

„Es lebe Königin Amy", ruft plötzlich ein Mann.

Ein weiterer Zwischenruf ist zu hören, dann immer mehr und schließlich stimmt der ganze Saal ein. Ich bin beeindruckt, dass mein Volk mich so sehr liebt.

„Wir beginnen", brüllt der Zeremonienmeister, als der Jubel halbwegs abgeflaut ist. „Zunächst wird über das Schicksal von Geridun verhandelt. Ihm wird vorgeworfen, Königin Serina vergiftet zu haben."

Daraufhin kommen vier Wachleute mit Geridun und müssen sich durch die Menge quälen. Die Zuschauer versuchen zwar Platz zu schaffen, aber der Saal ist so voll, dass es sehr mühsam ist. Es dauert deshalb deutlich länger und ist für den Mann, wie ein Spießrutenlauf. Die Zuschauer, an denen er vorbeikommt, beschimpfen und bespucken ihn. Alle zeigen ihm, wie sehr sie ihn verabscheuen.

Vor dem Podium bleibt die Gruppe stehen. Sie ist immer noch von den Zuschauern umgeben. Es ist ausgesprochen eng.

„Kommt auf das Podium", weise ich die Wachleute an.

„Aber das ist ein Verbrecher", ruft jemand aus dem Publikum.

„Ihr wollt ihn doch alle sehen", rufe ich zurück. „Ich denke nicht, dass ihm eine besondere Ehre zuteilwird, wenn er in Ketten hier auf dem Podium stehen muss, wo er gerne als König auf dem Thron sitzen würde. Seht ihn euch doch an. Er strahlt doch keine Würde aus. Er ist jämmerlich und eine Schande für das Land."

„Sie hat Recht, ich will sein Gesicht sehen, wenn er zum Tode verurteilt wird", ruft ein Mann aus dem Publikum.

„Wir wollen der Verhandlung nicht vorgreifen", rufe ich. „Ankläger, sie sind an der Reihe."

„Wir haben hier Geridun, der beschuldigt wird Königin Serina vergiftet zu haben. Es war eine niederträchtige Tat gegen die Krone und gegen das Land."

„Ich möchte hinzufügen, dass er ohne jede Scham eine junge Frau hinters Licht geführt hat, ihr die große Liebe vorgespielt und sie zutiefst enttäuscht hat. Ich finde, das war das Niederträchtigste was er hätte begehen können", füge ich hinzu.

„Aus diesem Grund fordere ich die Todesstrafe, die durch den Strang vollstreckt werden soll", ergänzt er.

Jubel bricht im Publikum aus. Nicht einer hält sich zurück. Alle sind mit der Strafe einverstanden. Das Volk will ihn hängen sehen. Ich atme einmal tief durch und frage mich, ob ich die Menschen von Serinas Wunsch überzeugen kann.

„Ich habe mit Königin Serina vor ihrem Tod darüber gesprochen, was mit diesem Mann geschehen soll", sage ich und unverzüglich kehrt Ruhe im Saal ein. „Auch ich hatte mich dafür ausgesprochen, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Sie aber hat mich gebeten, ihn am Leben zu lassen."

Lauter Protest kommt auf, das Volk bringt seinen Unmut offen zum Ausdruck. Ich denke, das wäre früher nicht möglich gewesen. Aber ich lasse die Menschen gewähren.

„Lasst mich erklären!", rufe ich. „Königin Serina hat sich das genau überlegt."

Langsam, langsam legt sich der Protest und es kehrt Ruhe ein, eine gespannte Ruhe. Alle wollen hören, was ich zu sagen habe.

„Sie hat mich gebeten diesen Mann am Leben zu lassen, damit er mitbekommt, wie sich das Land entwickelt, wie es erblüht und wie es dem Volk gutgeht und das ohne sein Zutun. Der Tod wäre viel zu gnädig für ihn."

Ich lege erneut eine Pause ein und diesmal kann ich auch zustimmende Worte hören. Das Publikum bleibt weiterhin ruhig.