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Magische Welten 03

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„Erst, wenn sich die Elemente zeigen?"

„Nein, schon heute Abend. Vor den Elementen müssen wir das Kämpfen üben."

„Muss das sein?"

„Eine Königin muss kämpfen können, sie muss sich verteidigen können. Bei dir wird das noch wichtiger sein als bei Siena."

„Warum bei mir wichtiger?"

„Ich fürchte, dass sich bereits in den letzten Jahren und Jahrzenten Günstlinge am Hof in Position gebracht haben, um ihre Interessen durchsetzen zu können, sollte sich die Gelegenheit dazu ergeben. In den letzten Tagen und Wochen ist es sicher noch schlimmer geworden."

„Wie das?"

„Die Königinnen sind schwach geworden. Ihre Magie und ihre Macht sind geschrumpft. Bereits Yara war nicht mehr so mächtig wie ihre Mutter und von da an ging es rapide bergab."

„Und in den letzten Tagen und Wochen?"

„Der Hofstaat denkt, dass es nach Serina keine Nachfolgerin mehr geben wird, sie erwarten ein Machtvakuum und wetzen bereits die Messer, in der Hoffnung, selbst an die Macht zu gelangen."

„Wie werden sie dann auf mein Erscheinen reagieren?"

„Einige werden dich umwerben und versuchen deine Gunst zu erlangen, andere werden versuchen, sich aufzulehnen und es könnte auch einen oder gar zwei geben, die dir nach dem Leben trachten."

„Na, das sind ja schöne Aussichten."

„Niemand hat gesagt, dass es leicht wird."

„Das war mir schon klar. Keine Sorge, ich werde nicht kneifen", versichere ich ihm.

„Das hätte mich auch gewundert. Du bist ein Mensch, der sich nicht leicht abschrecken lässt."

Er lächelt mich aufmunternd an. Es ist tatsächlich eine völlig neue Welt für mich. Bei mir zu Hause würde mir niemand nach dem Leben trachten. An so etwas muss ich mich erst gewöhnen. Vermutlich sollte ich das aber schnell tun. Die Tage der Königin sind gezählt, wenn ich Gordin richtig verstanden habe.

Schließlich mache ich mich auf den Weg. Mit Divina fliege ich zum Geheimgang, verabschiede mich von ihr und steige in den Tunnel ein. In weiser Voraussicht habe ich von zu Hause eine Taschenlampe mitgenommen und darauf geachtet, dass sie mit Sonnenlicht aufgeladen werden kann. Der Akku ist voll.

Trotz des Lichts gehe ich nur langsam und vorsichtig vorwärts. Mir kommt die Stelle im ersten Buch in den Sinn, wo beschrieben wird, wie Aurora in völliger Dunkelheit sich diesen Gang entlangtastet. Auch ich höre das Fiepsen von Mäusen, wie es die großen Königinnen beschrieben haben und auch ich nehme den leicht modrigen Geruch wahr.

Ich komme am Ende des Tunnels an, lege meine Taschenlampe in eine Einbuchtung im Felsen und betätige den Mechanismus, um die geheime Tür zu öffnen. Ich schaue vorsichtig hinaus in den Gang und als ich dort niemanden ausmachen kann, trete ich hinaus, schließe die Tür und mache mich auf die Suche.

Es dauert nicht lange, da höre ich Schritte und das Klirren von Metall. Plötzlich tauchen vier Männer vor mir auf. Es müssen Wachen sein. Sie sind bewaffnet und bei meinem Anblick ziehen sie sofort die Schwerter und eilen auf mich zu. Alle vier Spitzen ihrer Waffen sind auf mich gerichtet. Ein komisches Gefühl!

„Halt! Was machen Sie da? Wer sind Sie? Was wollen Sie?", plappert einer drauflos. Ich spüre, dass er aufgeregt ist.

„Keine Angst, ich bin unbewaffnet. Ich bin eine Verwandte von Königin Serina, mein Name ist Amy, Amy von Siryn."

Ich habe im letzten Moment noch die Ergänzung angehängt, in der Hoffnung, dass ich damit mehr Eindruck bei den Männern mache. Ich kann mir gut vorstellen, dass nicht jeder, der in den Gängen des Schlosses aufgegriffen wird, zur Königin vorgelassen wird.

„Könnt ihr das beweisen?"

„Wie soll ich das machen? Die Königin hat nach mir geschickt und ich bin gekommen."

„Wie kommt Ihr ins Schloss?"

„Das tut jetzt nichts zur Sache. Bringt mich zur Königin!", sage ich entschlossen.

Der Anführer der Wachen gibt einem der Männer einen Befehl. Er entfernt sich eiligen Schrittes.

„Folgt mir!", sagt er an mich gerichtet.

Er dreht sich um und geht davon. Ich folge ihm, wobei die zwei verbleibenden Männer sich hinter mir einreihen. Der Weg führt uns eine Zeit lang durch verschiedene Gänge. Ich versuche mir zwar zu merken, wie wir gehen, allerdings ist alles für mich neu und verwirrend.

Wir erreichen einen anderen Flügel des Schlosses, der deutlich prächtiger ausgestattet ist. An der Kreuzung zweier Gänge treffen wir auf den vierten Wachmann von vorhin sowie einen Mann, der eine dicke Kette um den Hals trägt. Ich gehe davon aus, dass dies ein Statussymbol ist und der Träger eine wichtige Funktion innehat.

„Kanzler, wir haben diese Frau im Ostflügel des Schlosses aufgegriffen. Sie will mit der Königin sprechen", sagt der Anführer der Wachen zu dem Mann.

„Die Königin ist krank und kann keinen Besuch empfangen. Das ist doch klar", bellt er den Wachmann an.

„Ich bin Amy von Siryn, eine Verwandte der Königin, die nach mir geschickt hat."

„Das kann jeder sagen", tut er meinen Einwand ab.

„Dann fragt die Königin. Sie wird es Euch bestätigen."

„Ich weiß aber nichts davon."

„Herr Kanzler, es ist mir egal, ob Sie informiert waren oder nicht. Die Königin hat nach mir geschickt und ich bin gekommen. Ich werde mich sicher nicht abwimmeln lassen."

Ich sage dies ausgesprochen energisch, entschlossener als ich es mir je zugetraut hätte. Offenbar kommt langsam meine Macht zum Vorschein.

Der Kanzler schaut mich verdutzt an. Er überlegt kurz und ich kann spüren, wie er mit sich kämpft. Ein Blick zu den Wachen lässt mich vermuten, dass er sich nicht vor Zeugen einem Wunsch der Königin widersetzen will.

„Ich frage die Königin."

Er geht in den Gang, klopft an eine Tür und tritt ein. Wenig später kommt er wieder heraus und auf uns zu.

„Es tut mir leid, die Königin will niemanden sprechen", meint er.

Da geht die Tür, hinter der er verschwunden war, erneut auf und ein junges Mädchen kommt heraus. Ich schätze sie auf etwa 20 Jahre. Sie blickt sich um und ihr Blick bleibt an mir hängen.

„Amy von Siryn soll bitte kommen. Die Königin wünscht sie zu sprechen", ruft die junge Frau.

Der Kanzler blickt erschrocken in meine Richtung. Sein Blick huscht zu den Wachen und schließlich erkenne ich, wie verärgert er die junge Frau anschaut.

„Sie hat wohl ihre Meinung gewechselt", meint er lapidar.

„Oder da wollte jemand verhindern, dass ich vorgelassen werde", sage ich laut, damit es auch die Wachen hören. „Da vertritt jemand seine eigenen Interessen."

Der Kanzler wird kreidebleich und beginnt etwas Unverständliches zu stottern. Die Situation ist ihm sichtlich unangenehm.

„Ihr kommt mit und stellt euch vor der Tür auf", sage ich zu dem, den ich für den Anführer der Wachen halte.

Dieser schaut mich etwas irritiert an. Ich lasse ihm aber gar nicht die Zeit, mir zu widersprechen. Ich mache mich auf den Weg und gehe auf die junge Frau zu. Die Wachen folgen mir, der Kanzler dagegen bleibt eine Zeit lang unentschlossen stehen.

„Hallo, ich bin Ferina, die Privatsekretärin der Königin. Bitte tretet näher."

„Freut mich, ich bin Amy", grüße ich.

„Kommt herein. Die Wachen warten hier", sagt Ferina.

Sie führt mich in ein geräumiges Zimmer. Die Vorhänge sind zugezogen und der Raum liegt im Halbdunkel. In einer Ecke steht ein bequemer Sessel vor einem Kamin, in dem ein wärmendes Feuer brennt. Ich erblicke eine Frau. Sie ist etwa in meinem Alter, ist aber sehr in sich zusammengefallen und ich sehe auf den ersten Blick, dass sie nicht mehr lange zu leben hat.

Ich gehe auf den Sessel zu. Neugierig betrachte ich dabei die Frau. Sie ist die Königin. Trotzdem kann ich keine Ähnlichkeit mit Aurora oder Siena erkennen. Das liegt nicht nur am schlechten Gesundheitszustand.

„Guten Morgen, Königin Serina, ich bin Amy. Ihr habt nach mir schicken lassen", grüße ich.

„Guten Morgen. Ich bin froh, dass du gekommen bist. Du hast keine Ahnung, wie erleichtert ich nun bin. Aber lassen wir die Förmlichkeiten. Ich bin Serina und du bist Amy.

Ich habe nicht mehr viel Zeit und möchte deshalb auch keine verlieren. Ich weiß, dass es mit mir zu Ende geht und mir ist auch klar, dass das Land eine gute Königin braucht. Du bist die einzige in der Thronfolge und ich hoffe innständig, dass du das Mädchen aus der Prophezeiung bist."

„Von dieser Prophezeiung habe ich bereits gehört."

„Ferina, lass den Hauptmann der Wache rufen und wenn er da ist, sollen er und der Kanzler eintreten", wendet sie sich an ihre Sekretärin.

Diese macht sich sofort auf den Weg zur Tür, um den Wachen Bescheid zu sagen. Serina blickt ihr versonnen hinterher.

„Wenn Ferina nicht wäre, hätten mich diese Geier schon lange entmündigt. Nur ihr ist es zu verdanken, dass es noch nicht so weit gekommen ist. Sie ist eine kluge und loyale Frau. Bitte belohne ihre Treue."

„Du gehst davon aus, dass ich Königin werden will?"

„Deine Urururgroßmutter hat es abgelehnt. Ich hoffe, du bist nicht so töricht."

„Ich glaube nicht, dass meine Urururgroßmutter töricht war. Ich glaube eher, sie war eine kluge Frau und hat das getan, was ihr das Herz sagte."

„Aber du kannst nicht ablehnen. Du bist die einzige Hoffnung für dieses Reich."

„Ich werde nicht ablehnen, auch wenn ich gezögert habe."

„Was hat dich umgestimmt?"

„Aurora und Siena haben mich umgestimmt."

„Die großen Königinnen? Das ist unmöglich!"

„Dank eines mächtigen Magiers durfte ich mit den beiden sprechen."

„Es gibt diese magische Welt tatsächlich? Du hast sie besucht?"

„Du hast die beiden Bücher gelesen?"

„Ja, sie stehen in der Bibliothek an einem besonderen Platz. Königin Yara hat es so verfügt und ihr Wunsch wurde bis zum heutigen Tag respektiert. Allerdings hielt ich diese Bücher für Märchen."

„Soweit ich es beurteilen kann, stimmt alles, was darin erzählt wird. Ich habe die magischen Wesen getroffen und ich habe mit Gordin gefrühstückt."

„Meine Vorfahren haben diese Welt vergessen. Ich nehme an, das war der Fehler. Wir haben uns von unseren Wurzeln entfernt. Mach du es bitte besser!"

In dem Moment klopft es an der Tür. Auf das „Herein" der Königin hin, öffnet Ferina die Tür und der Kanzler sowie ein weiterer Mann betreten gebückt den Raum. Der Mann, den ich bisher noch nicht gesehen habe, trägt eine Art Rüstung, wie die anderen Wachen, sowie ein Schwert. Ich nehme an, dass es sich bei ihm um den Hauptmann der Wache handelt.

„Eure Majestät, Ihr habt nach mir gerufen", meint der Mann, immer noch tief verbeugt.

Der Kanzler dagegen schleicht etwas unsicher hinter dem Hauptmann her und stellt sich neben ihn. Er bückt sich weniger tief, bei ihm ist es eher eine Verneigung.

„Hauptmann, darf ich Euch die neue Königin vorstellen, Königin Amy von Siryn. Ihr werdet ihr dienen und treu ergeben sein. Ich verlasse mich auf Euch!", sagt Serina.

„Wie, die neue Königin?", platzt der Hauptmann hervor.

„Amy lebte bisher in einer anderen Welt. Sie ist eine Verwandte von mir und in der Thronfolge die nächste und einzige. Ich bin krank und werde es nicht mehr lange machen. Sie wird von diesem Moment an die Amtsgeschäfte übernehmen."

„Aber Eure Majestät! ...", setzt der Hauptmann an.

„Das ist Eure neue Königin", unterbricht ihn Serina. Dabei reicht sie mir ein Schreiben mit dem königlichen Siegel. „Das ist meine Abdankung und deine Ernennung. Ich hoffe, du bist dem Volk eine bessere Königin als ich es war."

„Königin Amy, ich schwöre Euch meine Treue."

„Das erkenne ich nicht an. Das Haus Siryn wird nicht weiter dieses Reich regieren. Ich werde die Amtsgeschäfte übernehmen. Mit dir, du Bastard, stirbt das Geschlecht der Siryn aus", faucht mich der Kanzler hasserfüllt an.

Alles geht unglaublich schnell. Plötzlich hat er einen Dolch in der Hand und stürzt sich auf mich. Zum Glück habe ich als junges Mädchen und noch während meiner Studienjahre Selbstverteidigung trainiert. Ich schaffe es gerade noch, seine vorschnellende Hand zur Seite zu drücken. Der Dolch streift meinen Hals und ich spüre einen kurzen brennenden Schmerz.

Ich habe jedoch nicht die Zeit, die Verletzung genauer unter die Lupe zu nehmen. Ich stelle ihm ein Bein und bringe den Kanzler damit zu Fall, entreiße dem Hauptmann, der sich in Schockstarre zu befinden scheint, das Schwert und halte es dem am Boden liegenden Kanzler an die Kehle.

„Hauptmann, nehmen Sie diesen Fettsack gefangen und werfen Sie ihn in den Kerker. Er wird sich wegen Hochverrats vor Gericht verantworten müssen", sage ich entschlossen.

Serina, die während des Kampfes einen Schrei von sich gegeben hat, atmet erleichtert auf. Trotzdem kann ich ihr den Schreck deutlich ansehen. Auch der Hauptmann reagiert nun endlich und nimmt das Schwert, das ich ihm reiche.

„Aufstehen, du hast die neue Königin gehört!", bellt er den Kanzler an. Mir dagegen schenkt er ein Lächeln. Ich glaube, er mag den Kanzler auch nicht sonderlich. Oder ihm hat gefallen, dass ich mich wehren kann.

„Nennt mich zunächst Kronprinzessin, ich bin noch nicht gekrönt und möchte das auch nicht, solange Serina lebt. Das verlangt der Respekt. Es kann nur eine Königin geben."

„Sehr wohl Kronprinzessin", antwortet der Hauptmann. Er schenkt mir ein zufriedenes Lächeln.

„Du musst jetzt schnell handeln. Lass den Rat und die Berater im Thronsaal zusammenrufen und setze sie über die geänderten Machtverhältnisse in Kenntnis. Das Land hat schon zu lange darunter gelitten, dass ich die Amtsgeschäfte nicht mehr richtig habe ausführen können."

„Ferina, könntest du bitte dem Wunsch der Königin folgen und die Versammlung einberufen?", bitte ich die junge Frau.

„Natürlich, Kronprinzessin. In einer Stunde werden alle im Thronsaal auf Euch warten."

Kapitel 7 -- Die Machtübernahme

Ich bin auf dem Weg zum Thronsaal. Hauptmann Xerimus begleitet mich. Die Stunde ist viel zu schnell verflogen. Ich habe mich mit Serina über alles Mögliche unterhalten. Vor allem aber musste ich ihr von der magischen Welt und meiner Begegnung mit Aurora und Siena erzählen.

„Könntest du veranlassen, dass auch ich in der Grotte der Königinnen beigesetzt werde?", bat sie mich zum Abschluss unseres Gesprächs.

„Darauf gebe ich dir mein Wort!"

Dann musste ich mich auch schon auf den Weg machen. Gedankenverloren folge ich Xerimus und gehe die Gänge entlang. Er scheint ein guter Hauptmann zu sein und ich spüre, dass ich ihm vertrauen kann.

Es ist nicht weit. Offenbar befinden sich die königlichen Gemächer in der Nähe des Thronsaals. Vor einer Tür bleibt der Hauptmann stehen. Er dreht sich zu mir um. In seinem Blick liegen Neugier und Erwartung.

„Warte, bevor wir da hineingehen, möchte ich dir etwas sagen. Ich werde dich mit Du ansprechen und du mich auch. Ich bin Amy. Wir werden keine leichte Zeit haben und es werden große Aufgaben auf uns zu kommen. Ich werde aber alles in meiner Macht stehende tun, um dem Land eine gute Regentin zu sein."

„Ich kann Euch doch nicht mit Du ansprechen", meint er. „Das ist ausgeschlossen!"

„Wir kämpfen auf der gleichen Seite und es wird ein Kampf, das ist uns beiden klar. Also sollten wir uns wie Krieger vertrauen und zueinander stehen. Dazu gehört es auch, dass wir Förmlichkeiten unterlassen. Die sind im Falle eines Angriffs nicht hilfreich."

„Wenn Ihr es so wünscht."

„Wenn du es so wünschst", verbessere ich ihn.

„Na gut, wenn du es so wünschst."

Ich lächle zufrieden und nicke als Zeichen, dass wir eintreten können. Er macht einen Schritt auf die Tür zu und öffnet sie. Die Wache dahinter kommt ihm zu Hilfe und hält die Tür auf. Er selbst macht einen Schritt in den Raum und stellt sich dann neben die Tür.

„Kronprinzessin Amy von Siryn", kündigt er mich an.

Ich schreite in den Saal. Nein, eher nicht, ich gehe und erst in diesem Moment wird mir bewusst, dass ich wohl nicht sonderlich passend gekleidet bin. Ich trage noch immer meine Kleidung, die ich von zuhause mitgenommen habe. Es ist Freizeitmode und keine königliche Garderobe. Doch das ist im Moment egal.

Ich gehe auf das kleine Podest zu, auf dem zwei große Stühle stehen. Ich erkenne sofort die Drachen, die darauf abgebildet sind. Sie sind so, wie sie in den Büchern beschrieben sind. Am Fuße des Podestes steht Ferina. Sie schenkt mir ein aufmunterndes Lächeln, das ich dringend brauche.

Etwas unsicher schaue ich mich um und als Ferina merkt, dass ich Bedenken habe, mich auf den Thron zu setzen, gibt sie mir mit dem Kopf ein Zeichen. Trotzdem bin ich nicht sicher, ob ich das machen soll.

„Setzt Euch auf den Thron. Besser könnt Ihr den Machtanspruch nicht geltend machen", raunt sie mir zu als ich sie erreicht habe.

„Wir reden danach noch", flüstere ich zurück.

Dann steige ich die zwei Stufen empor, stelle mich vor den Thron und lasse mich darauf nieder. Es herrscht eine fast unheimliche Stille im Saal. Ich höre Menschen flüstern, die sich fragen, wer die da ist, was ich auf dem Thron zu suchen habe und einige Dinge mehr. Ich kann sie nur dank meines geschärften Gehörs verstehen. Als normaler Mensch würde ich die Stimmen nur als unverständliches Geräusch wahrnehmen. Wegen der Bücher weiß ich, dass meine Sinne dank der Verbindung zu Divina geschärft sind.

„Meine Damen und Herren. Ich bin Amy von Siryn, Kronprinzessin dieses Reiches und im Auftrag von Königin Serina übernehme ich von diesem Moment an die Regierungsgeschäfte. Wer an meinen Aussagen zweifelt, hier ist das Ernennungschreiben mit dem königlichen Siegel."

Ich halte den Brief, den Serina mir überreicht hat, in die Höhe und sofort verstummt das Getuschel. Offenbar traut sich niemand, an meinen Worten zu zweifeln.

„Der Herr Kanzler sitzt im Kerker. Er hat die Entscheidung der Königin nicht akzeptieren wollen und wird sich einem Verfahren wegen Hochverrats stellen müssen. Er hat versucht, mich zu töten"

Ich lege eine Pause ein. Durch die Anwesenden geht erneut ein Raunen. Aus den Wortfetzen, die ich aufschnappen kann, entnehme ich, dass es Eindruck macht, dass ich bereits einem Mordanschlag entgangen bin.

„Ich denke, das Land kann es sich nicht leisten, in dieser Zeit ohne Kanzler dazustehen und darum ernenne ich Ferina zur neuen Kanzlerin. Sie wird das Amt unverzüglich antreten."

Der Kopf der jungen Frau schießt zu mir und sie schaut mich überrascht an. Mit einem Kopfnicken versuche ich ihr klarzumachen, dass ich mir das gut überlegt habe.

„Dieses Mädchen kann doch nicht Kanzler werden", mischt sich ein Mann ein, der rechts vom Thron steht.

„Und warum nicht?", erkundige ich mich.

„Sie besitzt doch keinerlei Erfahrung. Das Land braucht jemand, der den Aufgaben gewachsen ist. Wir haben eine junge Königin, Ihr seid auch noch sehr jung, da braucht es jemand mit Stehvermögen."

„Wer seid Ihr? Es wäre schön, wenn Ihr Euch vorstellen könntet."

Ein Schnauben ist zu hören. Der Mann kann es kaum glauben, dass ich nicht weiß, wer er ist. Woher auch?

„Ich bin Korim, der Hauptberater der Königin."

„Ihr sagt es richtig, der Königin. Da aber nun ich die Amtsgeschäfte übernehme, wird auch Euer Amt auf den Prüfstand gestellt, wie jedes andere in diesem Reich. Wer fähig und mir treu ergeben ist, wird sein Amt behalten, wer unfähig ist, der wird entlassen. Nun scheint mir das Argument, Ferina wäre zu jung, nicht stichhaltig, weil das Alter in meiner Beurteilung keine Rolle spielt. Ich halte sie sogar für ausgesprochen fähig. Sie hat es bewiesen und deshalb sehe ich keinen Grund, an ihrer Ernennung zu zweifeln."

„Woher wollt Ihr wissen, dass sie fähig ist", protestiert Korim.

„Ich habe sie beobachtet und die Königin hat mir einiges erzählt. Ich glaube, ich kann mich auf meine Menschenkenntnis verlassen und deshalb entlasse ich Euch, Korim, als Hauptberater und werde in den nächsten Tagen einen neuen bestellen."

„Das könnt Ihr nicht machen!", brüllt er. „Schon mein Vater war Hauptberater der Königin."

„Dann wird es wohl Zeit zu wechseln", sage ich kurz angebunden.

„Morgen werden wir mit den Audienzen beginnen und auch die ersten Gerichtsverfahren durchführen. Wer ist der Zeremonienmeister?"

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